Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420262/12/Gf/KmVwSen420263/12/Gf/KmVwSen420264/12/Gf/Km

Linz, 25.08.1999

VwSen-420262/12/Gf/Km

VwSen-420263/12/Gf/Km

VwSen-420264/12/Gf/Km Linz, am 25. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der A T Kraftfutterwerke und Mühlen AG, vertreten durch RA Mag. R R, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 16. und 17. Juni 1999 in M durch Organe des Bundesamtes für Agrarbiologie in Linz zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesamt für Agrarbiologie) Kosten in Höhe von 3.500 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a Abs. 3 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. In ihrer am 13. Juli 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen, auf Art. 129a Abs. Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerde bringt die Rechtsmittelwerberin in drei Schriftsätzen vor, daß Organe des Bundesamtes für Agrarbiologie in ihrem Werk in M näher bezeichnete Futtermittel - nämlich: am 16. Juni 1999 gegen 11.30 Uhr fünfzehn 30-kg-Säcke "Diät-Vital" der Chargen-Nr. T 5223 (VwSen-420262), am 16. Juni 1999 gegen 14.00 Uhr zehn 30-kg-Säcke "Diät-Vital" der Chargen-Nr. T 5220 (VwSen-420264) und am 17. Juni 1999 einhundertneununddreißig 30-kg-Säcke "Hennengold" (VwSen-420263) - rechtswidrig in Beschlag genommen und jeweils erst am 17. Juni 1999 vormittags (Diät-Vital) bzw. nachmittags (Hennengold) wieder herausgegeben hätten.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Maßnahmenbeschwerde, mit der eine Verletzung der Rechtsmittelwerberin in ihrem durch Art. 5 StGG verfassungsmäßig sowie in ihren durch das Futtermittelgesetz, BGBl.Nr. 905/1993 (im folgenden: FMG 1993), einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend gemacht wird.

Begründend wird dazu im wesentlichen ausgeführt, daß im gegenständlichen Fall weder die - jeweils eine Beschlagnahme ermöglichenden - Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 VStG noch jene des § 27 Abs. 1 FMG 1993 erfüllt gewesen seien, weil kein (begründeter) Verdacht für das gesetzwidrige Inverkehrbringen eines Futtermittels oder die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorlag; denn die anhand der entnommenen Proben festgestellten Dioxinwerte hätten sich auch nach Auffassung der belangten Behörde keinesfalls als für Mensch oder Tier gesundheitsgefährdend erwiesen.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch die angefochtene Beschlagnahme beantragt.

1.3. Das Bundesamt für Agrarbiologie hat als belangte Behörde weder einen bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt noch eine Gegenschrift erstattet.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat daher Beweis erhoben im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. August 1999, zu der als Parteien zum einen der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und andererseits Dr. J W als Vertreter des Bundesamtes für Agrarbiologie sowie die (sachverständigen) Zeugen Ing. R (Aufsichtsorgan beim Bundesamt für Agrarbiologie) und Dr. A Z (Leiter der Futtermittelforschung im Betrieb der Beschwerdeführerin) erschienen sind.

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Über generelle Weisung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (im folgenden: BMLF) wurden im Juni 1999 im Gefolge des "Belgischen Dioxin-Skandals" in ganz Österreich stichprobenartige Kontrollen in Futtermittelproduktionsbetrieben durchgeführt; soweit die Probenanalyse einen den sog. "vorläufigen Vorsorge-Aktionswert" (VVA) von 1.000 picogramm/kg (im folgenden: pg/kg) übersteigenden Dioxingehalt ergab, waren die zugehörigen Produktchargen in Beschlag zu nehmen.

In Entsprechung dieses Erlasses hat das Bundesamt für Agrarbiologie u.a. auch in der Betriebsstätte der Rechtsmittelwerberin in M entsprechende Proben gezogen, deren Analyse am 14. Juni 1999 ergab, daß sämtliche Muster der hier verfahrensgegenständlichen Futtermittel einen Dioxinwert von über 1.000 pg/kg aufwiesen.

Am 16. und 17. Juni 1999 wurde daher die Beschlagnahme der entsprechenden Produktchargen - durch Absonderung und Versiegelung - im Werk M durchgeführt.

Nachdem der VVA am 17. Juni 1999 seitens des BMLF auf 2.000 pg/kg zuzüglich einer 20%igen Analysetoleranz angehoben wurde, hat die belangte Behörde an diesem Tag sämtliche beschlagnahmten Futtermittel - weil deren Dioxingehalt damit jeweils unter dem nunmehr aktuellen VVA lag - wieder freigegeben.

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den insoweit übereinstimmenden, glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Aussagen der in der mündlichen Verhandlung unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen und Parteienvertreter.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 24 Abs. 1 des Futtermittelgesetzes 1999, BGBl.Nr. I 139/1999 (FMG 1999), ist das FMG 1993 zwar mit dem Inkrafttreten des FMG 1999 außer Kraft getreten; dies war - da das FMG 1999 hinsichtlich seines Inkrafttretens selbst keine Anordnung enthält - nach Art. 49 Abs. 1 B-VG der 24. Juli 1999.

Im gegenständlichen Fall einer Beschwerde nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG ist jedoch die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme nach der zum Zeitpunkt ihrer Setzung maßgeblichen Rechtslage zu beurteilen (vgl. z.B. R. Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 7. Auflage, Wien 1999, RN 548/23); der Oö. Verwaltungssenat hat daher hier noch das FMG 1993 anzuwenden.

3.2.1. Gemäß § 27 Abs. 1 FMG 1993 hatten Aufsichtsorgane - nämlich: nach § 24 Abs. 2 FMG 1993 fachlich befähigte Personen, derer sich die Überwachungsbehörden (wozu gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 lit. b FMG 1993 auch die belangte Behörde zählt) zu bedienen hatten - Futtermittel u.a. dann vorläufig zu beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht bestand, daß sie entgegen § 3 Abs. 2 FMG 1993 in Verkehr gebracht wurden.

3.2.2. Nach § 3 Abs. 2 FMG 1993 war die Inverkehrbringung von Futtermitteln verboten, wenn diese bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Verwendung geeignet waren, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit nachteilig zu beeinflussen oder die Gesundheit von Tieren zu schädigen.

3.2.3. Gemäß § 30 Abs. 1 der Futtermittelverordnung, BGBl.Nr. 273/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 79/1999 (im folgenden: FMV), durfte der Gehalt an unerwünschten Stoffen in Futtermitteln jeweils den in Anlage 4 zur FMV festgesetzten Höchstgehalt nicht überschreiten. Nach Anl. 4 waren "Dioxine (Summe von PCDD und PCDF, ausgedrückt in internationalen toxischen Äquivalenten)" solcherart unerwünschte Stoffe, wobei deren Höchstgehalt im Futtermittel "Zitrustrester" den Wert von "500 pg I-TEQ/kg (obere Nachweisgrenze)" nicht übersteigen durfte.

Zusammenfassend betrachtet war daher Dioxin weder als verbotener Stoff i.S.d. § 31 Abs. 1 i.V.m. Anl. 5 FMV noch als generell unerwünschter Stoff, sondern lediglich als ein unerwünschter Stoff, der im besonderen Futtermittelrohstoff Zitrustrester den Höchstwert von 500 pg/kg nicht übersteigen durfte, anzusehen.

3.3. Entscheidend ist somit hier allein die Frage, ob zum Zeitpunkt des Einschreitens der Aufsichtsorgane die Prognose der belangten Behörde dahin, daß die Verwendung anderer Futtermittelrohstoffe (Zitrustrester wurde nämlich vorliegendenfalls allseits unstrittig nicht eingesetzt) mit einem Dioxingehalt von über 1.000 pg/kg gemäß § 27 Abs. 1 FMG 1993 einen begründeten Verdacht dahin, daß entweder i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 1 FMG 1993 die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse im Hinblick auf deren Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit nachteilig beeinflußt oder i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 2 FMG 1993 die Gesundheit von Tieren geschädigt wird, bilden konnte, vertretbar war.

Dies ist im Ergebnis zu bejahen.

3.3.1. Denn zum einen ist zu bedenken, daß die (ursprüngliche) Festlegung eines generellen VVA für Dioxin mit 1.000 pg/kg von einer fachlich hiezu befähigten und vor allem sachlich hiefür zuständigen Behörde, nämlich dem BMLF (vgl. § 37 Abs. 3 FMG 1993), erfolgte.

Dies bedeutet zwar nicht, daß allein schon der Umstand, daß organisationsintern ein entsprechender Erlaß der Oberbehörde vorlag, das Vorgehen der belangten Behörde auch nach außen hin gegenüber der normunterworfenen Beschwerdeführerin jedenfalls als rechtmäßig erscheinen ließ, vermag doch eine derartige Weisung die einschreitenden Organe grundsätzlich stets nur verwaltungsintern, also v.a. in dienst- und haftungsrechtlicher Hinsicht, zu entlasten.

Objektiv besehen gab es aber zum Zeitpunkt ihres Einschreitens keinen Grund für die belangte Behörde, daran zu zweifeln, daß die Festsetzung des VVA für Dioxin mit 1.000 pg/kg seitens des BMLF auch entsprechend fachlich begründet war.

3.3.2. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil - wie vorhin gezeigt - zumindest hinsichtlich des spezifischen Futtermittelrohstoffes "Zitrustrester" bereits ein verordnungsmäßig festgelegter und insoweit auch nach außen hin allgemein verbindlicher Dioxin-Grenzwert existierte (500 pg/kg), von dem einerseits feststand, daß dessen Überschreitung geeignet ist, die Gesundheit von Menschen und Tieren zu beeinträchtigen (vgl. den Zusammenhang zwischen § 4 Abs. 1 Z. 4 FMG 1993 [" ..... soweit dies zum Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren ..... geboten ist ....."] und der auf dieser gesetzlichen Ermächtigung basierenden Anlage 4 zur FMV) und der andererseits noch dazu deutlich unter jenem nunmehr für sämtliche Futtermittelrohstoffe einzuführenden Höchstgehalt (1.000 pg/kg) lag. Resultierte sohin im Ergebnis für alle anderen Futtermittelrohstoffe gleichsam ohnehin eine Verdoppelung dieses spezifischen Grenzwertes, so hätten nur bei besonderen Begleitumständen - für deren Vorliegen sich im gegenständlichen Verfahren jedoch keinerlei Anhaltspunkte ergaben - Zweifel hinsichtlich der sachlichen Begründetheit dieser Festlegung entstehen können bzw. müssen.

3.3.3. Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß im Gefolge des "Belgischen Dioxinskandals" Anfang Juni 1999 in weiten Bevölkerungskreisen bereits eine große Verunsicherung in Bezug auf die Unbedenklichkeit bzw. Genußfähigkeit tierischer Produkte eingetreten war. Seitens der zuständigen Behörden war daher grundsätzlich ein rasches Einschreiten gefordert. Insbesondere wäre es unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich gewesen, zunächst das Ergebnis langwieriger wissenschaftlicher Versuche (dahin, in welchem Umfang ein bestimmter Dioxingehalt im Tierfutter vom tierischen Organismus aufgenommen wird und dort nach der Verarbeitung bis zur Nahrungsaufnahme durch den Menschen erhalten bleibt) abzuwarten.

3.3.4. All dies berücksichtigend gelangt der Oö. Verwaltungssenat daher zu der Überzeugung, daß die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihres Einschreitens deshalb, weil aufgrund zuvor gezogener Stichproben ein über dem damaligen VVA von 1.000 pg/kg liegender Dioxinwert festgestellt wurde, vertretbar davon ausgehen konnte, daß der begründete Verdacht vorliegt, daß die Rechtsmittelwerberin Futtermittel, die geeignet sind, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit nachteilig zu beeinflussen bzw. die Gesundheit von Tieren zu schädigen, durch Lagern in ihrem Produktionsbetrieb in Marchtrenk in Verkehr bringt. Die Beschlagnahme der gesamten zu den Proben gehörigen Produktchargen am 16. und 17. Juni 1999 erwies sich sohin im Lichte des § 27 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 FMG 1993 grundsätzlich nicht als rechtswidrig.

3.3.5. Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, daß dieses Ergebnis - wie stets in Konstellationen, wo die Verwaltung zum Schutz hochwertiger Rechtsgüter rasch eingreifen muß, aber eine dieses Handeln explizit deckende Rechtsgrundlage i.S.d. Art. 18 Abs. 1 B-VG fehlt - auf den ersten Blick als rechtsstaatlich bedenklich erscheinen mag.

3.3.5.1. Grundsätzlich ist ihr unter diesem Aspekt zunächst darin zu folgen, daß die belangte Behörde die Beschlagnahme im gegenständlichen Fall nicht auf § 39 VStG hätte stützen können.

Insoweit über § 27 Abs. 1 FMG hinausgehend sieht diese Bestimmung nämlich vor, daß der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, gegeben sein muß, um eine Beschlagnahme anordnen zu können.

Unter Berücksichtigung der Anordnung des Art. 7 Abs. 1 erster Satz MRK, wonach niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden darf, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war, kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die Festlegung eines Grenzwertes im Erlaßweg - nämlich des VVA für Dioxin in Futtermitteln mit 1.000 pg/kg - und damit in Form einer bloß verwaltungsinternen Weisung gemäß dem Prinzip "nulla poena sine lege" als gesetzliche Grundlage für eine Bestrafung der Rechtsmittelwerberin nach § 31 Abs. 1 Z. 1 lit. b i.V.m. § 3 Abs. 2 FMG 1993 hätte herangezogen werden können (die gleichzeitig einen Verfall gemäß § 32 FMG 1993 nach sich gezogen und damit aber letztlich erst die Beschlagnahme nach § 39 VStG gedeckt hätte).

Art. 7 Abs. 1 MRK und Art. 18 Abs. 1 B-VG entsprechend sieht § 39 VStG, der eine Bestimmung für den Regelfall des Verwaltungsstrafverfahrens darstellt (das VStG basiert auf Art. 11 Abs. 2 B-VG), eben eine schon ex ante bestehende - hier mangels entsprechender Außenwirksamkeit des VVA jedoch nicht gegebene - konkrete gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff, wie ihn eine Beschlagnahme fraglos verkörpert, vor.

3.3.5.2.1. Da sich demgegenüber § 27 Abs. 1 FMG 1993 gerade nicht auf ein Strafverfahren bezieht, kann diese Bestimmung sohin aus verfassungsrechtlicher Sicht auch von vornherein nicht in Konflikt mit Art. 7 Abs. 1 erster Satz MRK geraten.

3.3.5.2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat aber auch nicht das Bedenken, daß die letztgenannte Bestimmung nicht dem Determinierungsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG entspricht, wenn sie im Ergebnis einen Grundrechtseingriff ermöglicht, weil ein Grenzwert bloß in verwaltungsinterner Form festgelegt wird.

Im Widerstreit zwischen infolge von Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlichen Grundrechtseingriffen einerseits und Rechtsstaatsprinzip auf der anderen Seite ist zunächst davon auszugehen, daß für den Gesetzgeber nicht jede mögliche Art der Beeinträchtigung von schutzwürdigen Rechtsgütern der Allgemeinheit schon konkret vorhersehbar ist.

Um den allgemeinen Schutz dieser Rechtsgüter von behördlicher Seite möglichst effektiv handhaben zu können, gleichzeitig aber sicherzustellen, daß aus diesem Grund erforderliche Eingriffe in die Rechtssphäre des einzelnen auf das unumgängliche Mindestmaß beschränkt bleiben, muß § 27 Abs. 1 FMG daher - um von der Unbedenklichkeit seiner weit gefaßten Formulierung im Hinblick auf Art. 18 Abs. 1 B-VG ausgehen zu können - verfassungskonform dahin interpretiert werden, daß dementsprechende behördliche Eingriffsakte unter dem Aspekt des Art. 2 StGG stets am Prinzip der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu grundlegend Th. Öhlinger, Verfassungsrecht, 3. Auflage, Wien 1997, 284 ff) zu messen sind.

3.3.5.2.3. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich daher vor diesem Hintergrund nicht dazu veranlaßt, hinsichtlich § 27 Abs. 1 FMG 1993 gemäß Art. 129a Abs. 3 i.V.m. Art. 89 Abs. 2 B-VG einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

3.3.5.3. Im Verhältnis zum angestrebten, zweifelsfrei im öffentlichen Interesse gelegenen Ziel - Schutz der Menschen und Tiere vor Dioxin-Kontamination - erweist sich der gegenständliche Eingriff (nämlich die Beschlagnahme von Futtermitteln der Beschwerdeführerin durch Aufsichtsorgane der belangten Behörde) in der Form, in der dieser konkret durchgeführt wurde, gleichermaßen als zweckmäßig und möglichst maßhaltend. Denn die beanstandeten Futtermittel wurden zwar auf der Verpackung entsprechend gekennzeichnet und versiegelt, aber dem § 27 Abs. 5 FMG 1993 gemäß ansonsten unverändert im Betrieb der Rechtsmittelwerberin belassen. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Hinaufsetzung des VVA für Dioxin auf 2.000 pg/kg durch den BMLF hat die belangte Behörde die Futtermittel am 17. Juni 1999 wieder freigegeben, sodaß diese der Beschwerdeführerin im Ergebnis höchstens lediglich für einen Zeitraum von einem Tag nicht zur Disposition standen.

3.4. All dies berücksichtigend war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a Abs. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 5 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, Kosten in Höhe von 3.500 S (nur Verhandlungsaufwand; s.o., 1.3.) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 23.11.2000, Zl.: 99/07/0169

 

 

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