Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162849/2/Br/Ps

Linz, 29.01.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M K, geb., F, Z, gegen die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9.1.2008, Zl. VerkR96-18635-2007, ausgesprochene Ermahnung, zu Recht:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 21, § 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Berufungswerberin wurde mit dem o.a. Bescheid zur Last gelegt, sie habe die Straße dadurch gröblich verunreinigt, indem sie Holzstücke mit Nägeln u. drei Ziegelsteine auf die Fahrbahn legte, obwohl jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten ist.

Tatort: Gemeinde Z, Gemeindestraße Freiland, Güterweg F, vor dem Haus F.

Tatzeit: 28.08.2007, 09:00 Uhr.

Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift § 92 Abs.1 StVO iVm der Strafnorm des § 99 Abs.4 lit.g StVO verletzt.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus, dass bei Vorliegen einer Verwaltungsübertretung ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden könne, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Um die Berufungswerberin jedoch von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Ermahnung auszusprechen.

 

2. Auch diesem unter Absehung von der Bestrafung ausgesprochenen Schuldspruch tritt die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch eingebrachten Berufung entgegen.

Dies mit der Begründung, es handle sich bei dem fraglichen Straßenstück um einen Privatgrund.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte hier angesichts der unbestritten bleibenden Faktenlage unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3.1. Wie dem im Akt erliegenden Bildmaterial anschaulich zu entnehmen ist, befinden sich auf dem vielleicht drei Meter breiten als Güterweg ausgewiesenen Straßenzug – offenbar als Rest eines abgetragenen Bretterzauns – morsche Holzteile und Ziegel an dem neben einer Wiese verlaufenden Straßenrand. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass dies dem Schutzweck der Straßenverkehrsordnung entgegensteht.

Die Berufungswerberin bestreitet weder hiefür verantwortlich zu sein, noch behauptet sie, dass diese Straße, genannt "F" nicht für jedermann unter gleichen Bedingungen benützbar wäre. Diesbezüglich gibt die im Akt erliegende Verhandlungsschrift v. 8.1.1975, AZ: 671/10 – 1975, Aufschluss. Damals wurde dieser Güterweg für sechs Liegenschaften als für Autos befahrbare Zufahrtstraße  gewidmet. Die Berufungswerberin war  Partei oder Beteiligte dieses Verfahrens. Auch die Berufungswerberin hat für dieses Projekt Grund in das öffentliche Gut unentgeltlich abgetreten. Sie nahm jedoch trotz Ladung an dieser Verhandlung nicht teil.

Ein Auszug aus dem Katasterplan mit der Darstellung des Verlaufes dieses Straßenzuges liegt dem Akt ebenfalls bei.

 

4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Geltungsbereich der Straßenverkehrsordnung erstreckt sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können (§ 1 StVO 1960). Es kommt dabei nicht auf die Eigentumsverhältnisse an (vgl. VwGH 29.2.1975, ZVR 1975/233 u.v.a.). Ergänzend festgestellt wird, dass sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses der Tatvorwurf hinsichtlich aller Tatbestandselemente vollständig ergibt (§ 44a Abs.1 VStG).

 

4.1. Der § 92 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehrricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung ist verboten. Haften an einem Fahrzeug, insbesondere auf seinen Rädern, größere Erdmengen, so hat sie der Lenker vor dem Einfahren auf eine staubfreie Straße zu entfernen.

 

4.2. Diese Bestimmung enthält demnach zwei Tatbilder; nämlich die gröbliche Verunreinigung der Straße und die die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße (VwGH 28.2.2001, 2000/03/0312 mit Hinweis auf Messiner, Straßenverkehrsordnung10, 1999, 1248). Während § 99 Abs.4 lit.g StVO 1960 die Sanktionsnorm für den ersten Fall darstellt, fällt eine die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung unter die Strafdrohung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO. Mit Blick auf das Beweisergebnis (Gefährdung von Straßenbenützern) hat die Behörde erster Instanz das Tatverhalten unzutreffend subsumiert und demnach die falsche Strafnorm angewendet. Eine diesbezügliche Korrektur des Spruches konnte jedoch angesichts der Aufhebung des Strafausspruches unterbleiben (vgl. Pürstl/Sommereder, Straßenverkehrordnung11, zu § 99 Abs.4 StVO, Rz 24).

 

4.2.1. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen und/oder eine Ermahnung ausgesprochen werden, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Wegen der offenbar völlig fehlenden Unrechtseinsicht scheint eine Ermahnung als das ohnedies gerade noch geringste Mittel durchaus milde.  

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld (nur) dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Ob hiervon überhaupt die Rede sein kann, muss auf sich bewenden bleiben. Unter Anwendung der objektiv gebotenen Sorgfalt hätten diese Hindernisse auf der auch von anderen Verkehrsteilnehmern benützten Straße alleine mit Blick auf die Sicherheit für Lenker von einspurigen Fahrzeugen (Kraftfahrzeugen) vom Straßenrand entfernt werden müssen. Dies wäre hier wohl in jeder Richtung hin für die Berufungswerberin zumutbar gewesen. Mit Blick darauf erscheint der bloße Ausspruch einer Ermahnung als geradezu überdurchschnittliche Milde im Vergleich zu sonstigen Sanktionsmechanismen im Zusammenhang mit Fehlverhalten im Straßenverkehr.

Der Begriff der Folgen der Übertretung im § 21 Abs.1 VStG ist wie jener der Folgen der Tat im insoweit vergleichbaren § 42 StGB weit zu verstehen. Er bezieht sich auf alle Auswirkungen der Tat in der sozialen Wirklichkeit (vgl. Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 23 zu § 42).

Der von der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Ermahnung kann demnach mit Blick auf das Verschlechterungsverbot im Strafverfahren nicht entgegen getreten werden.

Da die Berufungswerberin offenbar von einer irrigen Rechtsauffassung ausging, den Tatvorwurf aber an sich und auch nicht die Benutzbarkeit dieses Straßenzuges für jedermann bestreitet, musste ihrer Berufung der Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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