Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520008/4/Gf/Km

Linz, 22.12.1997

VwSen-520008/4/Gf/Km Linz, am 22. Dezember 1997 DVR0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung des J K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Oktober 1997, Zl. VerkR-392776/6-1997/Si, wegen Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Oktober 1997, Zl. VerkR-392776/6-1997/Si, wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 2. Jänner 1997, Zl. VerkR21-8-1997/Br, insoweit Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkerberechtigung von zwölf auf neun Monate herabgesetzt wurde.

1.2. Gegen diesen dem Rechtsmittelwerber am 23. Oktober 1997 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 6. November 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Beschwerdeführer zum einen wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m § 5 Abs. 2 StVO bestraft worden sei; andererseits hätten sich die ihm angelasteten gerichtlich strafbaren Tatbestände nicht als stichhaltig erwiesen, sodaß die Entzugsdauer entsprechend herabzusetzen, jedoch deshalb nicht gänzlich aufzuheben gewesen sei, weil diesbezüglich Personen, die die Durchführung des Atemalkoholtestes verweigern, gegenüber jenen, die an der Sachverhaltsfeststellung mitwirken, grundsätzlich nicht bessergestellt werden dürften.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß er mangels Lenkereigenschaft die Durchführung des Atemalkoholtestes zu Recht verweigert habe und sich deshalb die Entziehung der Lenkerberechtigung von vornherein als Willkürakt dargestellt habe.

Daher wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. VerkR-392776, die Akten der BH Braunau zu Zlen. VerkR21-8-1997 und VerkR96/7810/1992 und die h. Akten zu Zlen. VwSen-104949 und 600007; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die vorliegende Berufung lediglich gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde richtet, konnte im übrigen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 123 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/1997 (im folgenden: KFG), entscheidet - nur - dann, wenn eine Lenkerberechtigung für die Dauer von mindestens fünf Jahren entzogen wurde; das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, aberkannt wurde; oder der Landeshauptmann in erster Instanz tätig geworden ist, über eine gegen einen derartigen Bescheid eingebrachte Berufung der unabhängige Verwaltungssenat. Diese Bestimmung wurde durch das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 (im folgenden: FSG), insbesondere durch dessen §§ 35, 36 und 43, nicht berührt.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber die Lenkerberechtigung mit dem - im Devolutionsweg ergangenen und sohin erstinstanzlichen - Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Oktober 1997, Zl. VerkR-392776/6-1997/Si, - wie sich aus Spruch, Begründung und Bezugnahme auf die Rechtsgrundlagen (§ 74 Abs. 1 und nicht § 73 Abs. 1 KFG) insgesamt unzweifelhaft ergibt - nicht auf (unbestimmte) Dauer, sondern bloß für einen Zeitraum von neuen Monaten entzogen und das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern ebenfalls für diesen Zeitraum festgesetzt.

Der Oö. Verwaltungssenat ist daher zuständig, über die vorliegende Berufung zu entscheiden und hat hiebei gemäß § 41 Abs. 1 FSG noch die Bestimmungen des VII. Abschnittes des KFG anzuwenden.

4.2. Nach § 74 Abs. 1 KFG ist die Lenkerberechtigung (in sinngemäßer Anwendung des § 73 KFG) u.a. dann vorübergehend zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr i.S.d. § 66 KFG verkehrszuverlässig ist und anzunehmen ist, daß nach Ablauf von nicht mehr als 18 Monaten die Gründe für die Entziehung nicht mehr gegeben sind.

Als verkehrsunzuverlässig gilt eine Person gemäß § 66 Abs. 1 und 2 lit. e KFG insbesondere dann, wenn sie ein Kraftfahrzeug gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 i.V.m. § 5 StVO begangen hat.

4.2.1. Vorweg ist festzuhalten, daß dem Beschwerdeführer gegenwärtig - welchem Aspekt auch die belangte Behörde nicht entgegentritt - nur mehr der Verdacht der Verweigerung des Atemalkoholtestes am 19. November 1996 als eine die nicht mehr gegebene Verkehrszuverlässigkeit begründende Tatsache angelastet werden kann. Das diesbezüglich vom Bezirkshauptmann von Perg erlassene Straferkenntnis wurde mittlerweile allerdings vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 19. November 1997, VwSen-104949, wegen örtlicher Unzuständigkeit aufgehoben.

Zum gegebenen Zeitpunkt kann sohin jedenfalls das dezidierte Vorliegen des Unzuverlässigkeitsgrundes i.S.d. § 66 Abs. 2 lit. e KFG nicht konstatiert werden.

4.2.2. Aber auch jenes Gefahrenmoment, das den Entzugsbescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau i.S.d. § 57 Abs. 1 KFG ursprünglich vielleicht noch getragen haben mag, allein kann die Entziehung der Lenkerberechtigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht rechtfertigen.

Denn anders als etwa im Bereich des Fremdengesetzes (BGBl.Nr. 838/1992, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 436/1996, im folgenden: FrG), wo die Möglichkeit der Vereitelung der Abschiebung etc. breits ex lege als eine solche Gefahr in Verzug, die die Erlassung eines Mandatsbescheides ohne vorangehendes Ermittlungsverfahren bedingt, festgelegt ist (vgl. § 41 Abs. 2 FrG), kann hier - weil eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Vermutung fehlt - ein Mandatsbescheid unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG nur solange erlassen und aufrechterhalten werden, als eine derartige Gefahr auch tatsächlich vorliegt, m.a.W.: Der Verdacht auf eine Übertretung des § 5 StVO rechtfertigt per se noch nicht die Erlassung eines Mandatsbescheides.

Konnte nun im gegenständlichen Fall schon zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Braunau am 2. Jänner 1997 - d.i. eineinhalb Monate nach dem Tag der vermuteten Atemalkoholtestverweigerung - bezweifelt werden, ob damals überhaupt noch die entsprechenden Anforderungen vorlagen, so vermag nunmehr, wo seit über einem Jahr noch immer nicht - nicht einmal im Wege eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses - feststeht, ob die Annahme der Verweigerung begründet ist, allein ein Verdacht einen neunmonatigen Entzug der Lenkerberechtigung mit Sicherheit nicht zu rechtfertigen.

Wie insbesondere ein Vergleich zwischen KFG und FrG zeigt, ist der Gesetzgeber hier offenkundig davon ausgegangen, daß die Entziehung der Lenkerberechtigung in der Regel nur nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens erfolgen darf, wobei hiefür zunächst das Ergebnis des Strafverfahrens abzuwarten ist. Nur wenn ausnahmsweise aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalles die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 57 Abs. 1 AVG vorliegen, kann wegen Gefahr im Verzug ein derartiges Ermittlungsverfahren entfallen, wobei sich hier aber die Behörde von vornherein darüber klar sein muß, daß sie - wie allgemein in den Fällen der Erlassung von Mandatsbescheiden - das Risiko der "Rückabwicklung" für den Fall der Rechtswidrigkeit ihrer Vorgangsweise trägt, das umso höher ist, je länger auf dieser unsicheren Basis die Entzugszeit festgelegt wird.

4.3. Kann aber - wie dargetan - zum gegenwärtigen Zeitpunkt letztlich kein tragfähiger Grund für die Annahme des Vorliegens einer Verkehrsunzuverlässigkeit und damit eines Entzugsgrundes i.S.d. § 74 Abs. 1 i.V.m. § 66 KFG gefunden werden, so erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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