Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-390163/6/Lg/Hue

Linz, 29.01.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des R W, S, R, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. November 2006, Zl. 0003990/2006, betreffend die Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. März 2006, Zl. 0003990/2006, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

(§ 24 VStG iVm §§ 66 Abs.4, 71 AVG)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 18. Mai 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. März 2006, Zl. 0003990/2006, abgewiesen.

 

Begründend führt der angefochtene Bescheid aus, mit Strafverfügung vom 31. März 2006 sei über den Bw eine Geldstrafe von insgesamt 210 Euro wegen Übertretungen des Oö. Feuerpolizeigesetzes verhängt worden. Nach dem im Akt aufliegenden Rückschein sei die Strafverfügung am 11. April 2006 vom Bw persönlich übernommen worden und somit als ordnungsgemäß zugestellt anzusehen. Ab Zustellung habe der Lauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist begonnen, sodass der Einspruch spätestens am 25. April 2006 hätte erhoben werden müssen. Die Strafverfügung sei daher mit Ablauf des 25. April 2006 in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Schreiben vom 27. April 2006 (zur Post gegeben am 28. April 2006) habe der Bw Einspruch gegen diese Strafverfügung erhoben. Mit Schreiben vom 2. Mai 2006 sei dem Bw mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, den verspäteten Einspruch zurückzuweisen. Mit Eingabe vom 18. Mai 2006 habe der Bw Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

 

In rechtlicher Hinsicht wird nach Zitierung des § 71 AVG festgehalten, ein Ereignis sei dann unabwendbar, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden könne. Unvorhergesehen sei es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit eingerechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten habe können. Die am Ende der Einspruchsfrist liegende – und geplante – Ortsabwesenheit stelle weder ein unabwendbares noch ein unvorhersehbares Ereignis dar. Die terminliche Verwechslung aufgrund der Zustellung der Strafverfügung in der Karwoche und der anschließenden Feiertage hätte bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Voraussicht verhindert werden können. Auch die behauptete berufliche Arbeitsanhäufung reiche nicht, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (Hinweis auf VwGH vom 28.6.2001, Zl. 2001/11/0175).

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Bei der beruflichen Abwesenheit Ende April 2006 handelte es sich um eine länger geplante Dienstveranstaltung meiner Frau, bei der ihre Anwesenheit unbedingt erforderlich war. Die Anreise war mit dem PKW vorgesehen und diese konnte meine Frau aufgrund persönlicher Umstände nicht mit 100 %-iger Verkehrstauglichkeit durchführen, sodass ich gezwungen war sie zu chauffieren. Dieser Umstand war weder geplant noch beabsichtigt und führte zu den Terminanhäufungen und unvorhergesehenen Absenzen, welche ich in meinem Schreiben vom 18.5.2006 bereits dargelegt habe."

 

Im bezogenen Schreiben vom 18.5.2006 wird ausgeführt:

 

"Nach Durchsicht unserer Unterlagen stellen wir fest, dass das ursprünglich Schreiben tatsächlich am 11.4.06 eingegangen ist.

Da der Eingang in der Karwoche erfolgte, ist aufgrund der Anhäufung der Feiertage sowie einer privaten Abwesenheit in der Karwoche (nur in der Karwoche möglich, da meine Frau im Schuldienst tätig ist) mit anschließender beruflicher Abwesenheit vom 24.4. bis 25.4.06 gemäß Beilage und der damit verbundenen Arbeitsanhäufung vor der Abreise und nach der Ankunft offensichtlich eine terminliche Verwechslung erfolgt."

 

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass ihm bekannt sei, dass die Strafverfügung vom 31. März 2006 am 11. April 2006 zugestellt worden und die Rechtsmittelfrist somit am 25. April 2006 abgelaufen sei. Am Sonntag, den 23. April am Abend habe sich ergeben, dass der Bw seine Gattin nach E habe fahren müssen. Die Rückkehr sei am 25. April abends erfolgt. Danach sei sofort Einspruch erhoben worden. Zuvor sei die Karwoche einschließlich Ostermontag gelegen.

Der Bw sei 2002 vom Hochwasser betroffen gewesen und habe zwischendurch mehrere Pflegefälle in der Familie,  eine Steuerprüfung und eine Feuerbeschau bei allen vier Liegenschaften gehabt. Daher sei der Bw auch in der Karwoche viel beschäftigt gewesen. Die Pflegefälle seien aber nicht während der Karwoche gewesen. Außerdem sei der Bw der Meinung, dass die gegenständliche Strafverfügung nicht der Rechtsordnung entspreche. Der Bw habe bei allen anderen Feuerpolizeiangelegenheiten Fristverlängerung erhalten. Vor der gegenständlichen Strafverfügung habe der Bw schon einige Bescheidauflagen erfüllt gehabt, was jedoch von der Behörde nicht geprüft worden sei. Daher fühle sich der Bw ungerecht behandelt.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Als Wiedereinsetzungsgründe machte der Bw geltend:

·         eine Anhäufung der Feiertage in der Karwoche;

·         eine private Abwesenheit in der Karwoche;

·         eine berufliche Abwesenheit vom 24. April bis 25. April 2006 (näher hin: ein beruflicher Termin der Gattin des Bw iVm der unvorhergesehenen Notwendigkeit des Lenkens des PKW durch den Bw wegen mangelnder "Verkehrstauglichkeit" der Gattin);

·         eine Arbeitsanhäufung vor der Abreise und nach der Rückkehr;

·         eine dadurch verursachte "terminliche Verwechslung".

 

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, durch eine "terminliche Verwechslung" an der rechtzeitigen Einbringung des Einspruchs gehindert gewesen zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Antragsteller unbestritten die Strafverfügung am 11. April 2006 persönlich übernommen hat und die Strafverfügung eine korrekte Rechtsmittelbelehrung (insbesondere hinsichtlich des Fristenlaufs) enthält. Bei entsprechend sorgfältiger Lektüre der Rechtsmittelbelehrung musste daher dem Bw der letztmögliche Termin für die Einbringung des Einspruchs klar sein. Die Berechnung und (zumindest mentale) Präsenthaltung des Termins ist einem durchschnittlich disponierten Menschen zumutbar. Zwar mögen Terminverwechslungen im allgemeinen Fehler darstellen, die gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen; dieses Kriterium ist jedoch in Relation zur gehörigen Aufmerksamkeit zu setzen, die Rechtsmittelfristen udgl. zu schenken ist. Bei Beachtung eines angemessenen Sorgfaltsmaßstabs ist davon auszugehen, dass im Zusammenhang mit Rechtsmittelfristen (udgl.) Gedächtnisdefizite (hier in Form einer "terminlichen Verwechslung") keinen minderen Grad des Versehens darstellen. Dies ist auch dann der Fall, wenn, wie hier, während der Frist Umstände auftreten, die die Aufmerksamkeit ablenken und/oder ein zeitliches Gedränge bewirken.

 

Sollte der Antragsteller sein Vorbringen so verstanden wissen, dass er durch die Anhäufung von Feiertagen (in der konkreten Rechtsmittelfrist fällt ein einziger Feiertag auf einen Wochentag), eine private Abwesenheit, eine berufliche Abwesenheit und eine Arbeitsanhäufung an der Einbringung des Einspruchs gehindert war, so wäre dem entgegenzuhalten, dass diese Gründe – weder je für sich noch in Summe – ein Hindernis für die Einbringung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung darstellen. Dies umso weniger, als ein Einspruch mit keinem Begründungsaufwand verbunden und die (schriftliche – zur alternativen Mündlichkeit vgl. § 49 Abs.1 VStG) Einbringung von jedem beliebigen Ort aus möglich ist, wobei überdies auf die Möglichkeit einer Vertretung hinzuweisen ist. Dazu kommt, dass der Bw den bei weitem überwiegenden Teil der Rechtsmittelfrist (11. April bis zum Zeitpunkt seiner Abreise am 24. April 2006 – immerhin 13 Tage!) ungenutzt verstreichen ließ und sich für die berufliche Reise der Gattin des Bw auch ein öffentliches Verkehrsmittel (z.B. Zug) angeboten hätte.

 

Zu den in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgebrachten weiteren Wiedereinsetzungsgründe (Hochwasser 2002, Pflegefälle, Steuerprüfung, Feuerbeschau) wird darauf hingewiesen, dass im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Partei an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden ist und eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren rechtlich unzulässig ist (vgl. neben vielen VwGH 99/17/0317 v. 28.2.2000 und VwGH 98/09/0008 v. 18.3.1998).

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ist noch festzuhalten, dass ein 4 Jahre vor Zustellung der Strafverfügung stattgefundenes Hochwasserereignis, nicht in den Zeitraum der Rechtsmittelfrist gelegene Pflegefälle, durchgeführte Steuerprüfungen und Feuerbeschau den Bw im gegenständlichen Zusammenhang keinesfalls daran gehindert haben kann, rechtzeitig ein Rechtsmittel zu ergreifen und dies deshalb als verschuldet iSd § 71 Abs.1 AVG anzusehen ist.    

 

Wenn der Bw vermeint, er fühle sich mit der Strafverfügung vom 31. März 2006 "ungerecht behandelt" und er habe bei allen anderen Feuerpolizeiangelegenheiten eine Fristverlängerung erhalten, ist zu erwidern, dass dies nicht Gegenstand dieses Verfahrens und eine Rechtsmittelfrist nicht erstreckbar ist.  

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum