Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400932/5/BP/AB

Linz, 04.02.2008

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Schubhaftbeschwerde der S U, vertreten durch S E W. D in W, H, vom 30. Jänner 2008 beschlossen:

 

 

Die Beschwerde wird zuständigkeitshalber an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich weitergeleitet.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG iVm § 6 Abs. 1 AVG.

 

 

Begründung:

 

1. Mit Schubhaftbeschwerde vom 30. Jänner 2008 wendet sich die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) durch rechtsfreundliche Vertretung gegen die aufgrund des Schubhaftbescheides vom 18. Jänner 2008 durch die Bundespolizeidirektion Linz angeordnete Anhaltung in Schubhaft auf Basis des § 76 Abs. 1 FPG, die bis 21. Jänner 2008 im PAZ Linz vollzogen wurde.

 

Unter anderem führt sie aus, dass die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Überprüfung der gegenständlichen Beschwerde in § 6 Abs. 7 FPG begründet liege.

 

Die Bf sei am 18. Jänner 2008 um 15:45 Uhr im ICE 22 (Wien-Westbahnhof in Fahrtrichtung Linz-Hauptbahnhof) zwischen St. Pölten und Linz, jedoch noch in Niederösterreich, angehalten worden und in der Folge sei über sie um 16:50 Uhr in Linz von Organen der Bundespolizeidirektion Schubhaft verhängt worden. Selbst, wenn ihre Anhaltung um 15:45 Uhr in Niederösterreich begonnen habe, sei gemäß § 6 Abs. 7 FPG der UVS zur Behandlung ihrer Beschwerde zuständig.

 

1.2. Mit Telefax vom 31. Jänner 2008 übermittelte die belangte Behörde vorab den gegenständlichen Schubhaftbescheid sowie die diesem zugrundeliegende Anzeige vom Stadtpolizeikommando Linz, Polizeiinspektion Hauptbahnhof vom 18. Jänner 2008, GZ A2/3236/2008. Daraus geht eindeutig hervor, dass die Bf gemäß § 39 FPG um 15:45 Uhr im ICE 22 festgenommen wurde.

 

In der Folge wurde auch der gesamte Verwaltungsakt noch am selben Tag übermittelt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat nahm Einsicht in die Fahrplanauskunft der ÖBB, wonach hinsichtlich des ICE 22 am 18. Jänner 2008 unter anderem folgende Daten erhoben wurden: Abfahrtszeit Wien Westbahnhof 14:40 Uhr, Ankunftszeit St. Pölten Hbf 15:20 Uhr, Abfahrtszeit St. Pölten Hbf 15:22 Uhr, Ankunftszeit Linz/Donau Hbf 16:13 Uhr.

 

Zum Zeitpunkt der Festnahme der Bf befand sich der ICE 22 wohl ungefähr auf Höhe Amstetten jedenfalls in Niederösterreich.

 

3.  Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 83 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 4/2008 ist zur Entscheidung über eine nach § 82 Abs. 1 eingebrachte Schubhaftbeschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Wird der Fremde in einem öffentlichen Beförderungsmittel während einer Reisebewegung gemäß § 39 festgenommen, richtet sich gemäß § 6 Abs. 7 FPG die örtliche Zuständigkeit für alle Maßnahmen, die aufgrund der Festnahme zu setzen sind, nach der nächstgelegenen Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Bf auf Basis des § 39 FPG auf niederösterreichischem T am 18. Jänner 2008 um 15:45 Uhr festgenommen wurde. Fraglich ist, ob die Regelung des § 6 Abs. 7 FPG die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates begründet, wie die Bf ausführt.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass § 83 Abs. 1 FPG, der wohl hinsichtlich der Zuständigkeitsregelung als lex specialis für die örtliche Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate anzusehen ist, eindeutig auf den Ort der Festnahme abstellt. Darüber hinaus könnte § 6 Abs. 7 FPG als zuständigkeitsbegründend im vorliegenden Fall nur dann herangezogen werden, wenn er die Festnahme als an der erstmöglichen Ausstiegsstelle des Beförderungsmittels als erfolgt gelten ließe. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 7 FPG wird jedoch klar, dass er nicht die örtliche Zuständigkeit zur Festnahme an sich regelt und damit die räumliche Wirkung der Festnahme auf die nächstgelegene Ausstiegsstelle verlagert, sondern – wohl aus verwaltungsökonomischen Gründen – die örtliche Zuständigkeit für alle Maßnahmen, die aufgrund der Festnahme zu setzen sind, der Behörde zumisst, deren örtliche Zuständigkeit die erstmögliche fahrplanmäßige Ausstiegsstelle betrifft. Diese Bestimmung war im vorliegenden Fall grundsätzlich zweifellos auf das Einschreiten der Sicherheitsorgane am Hauptbahnhof Linz/Donau anzuwenden, führt jedoch nicht dazu, dass die Behandlung einer Schubhaftbeschwerde durch den Oö. Verwaltungssenat als eine von der Wortfolge "alle Maßnahmen, die aufgrund der Festnahme zu setzen sind" anzusehen wäre.

 

3.3. In seinem Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/21/0032, stellt der Verwaltungsgerichtshof grundsätzliche Überlegungen zur örtlichen Zuständigkeit an. Hinsichtlich des Sachverhalts geht dieses Erkenntnis jedoch davon aus, dass eine Person vor Verhängung der Schubhaft aufgrund eines strafgerichtlichen Tatbestandes festgenommen worden war und unmittelbar nach Verbüßung dieser Strafhaft in Schubhaft genommen hätte werden sollen. Dazu wird festgestellt: "Nun ist weder dem Gesetzestext (vgl. in diesem Zusammenhang auch die einleitenden Formulierungen in § 74 Abs. 1 FPG und in § 76 Abs. 1 FPG) noch den Materialien zu entnehmen, dass dem in § 83 Abs. 1 FPG verwendeten Begriff `festgenommen` eine andere Bedeutung zugemessen werden sollte als in den Vorgängerbestimmungen (im Ergebnis offenbar ebenso Riel/Schrefler-König/Szymanski/Wollner, FPG, Anm. 2 zu § 83). Ein extensives Verständnis in dem Sinne, dass damit auch die Festnahme im Rahmen einer Strafverfolgung gemeint sein könnte, kommt daher – entgegen der Meinung der belangten Behörde – nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht. Aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers, es sei der Ort der (zukünftigen) voraussichtlichen Festnahme nach dem Ende der Gerichtshaft maßgeblich, findet in dem eine bereits erfolgte Festnahme voraussetzenden Gesetzestext jedenfalls keine Grundlage. Vielmehr scheint der Gesetzgeber auf die oben dargestellte, durch das FPG neu geschaffene Erweiterung der Beschwerdemöglichkeit an den unabhängigen Verwaltungssenat bei der Fassung der nur auf Fälle der vorhergehenden Festnahme des Fremden – insbesondere für Zwecke der Schubhaft – abstellenden Zuständigkeitsbestimmung des § 83 Abs. 1 FPG nicht Bedacht genommen zu haben. Es liegt daher eine planwidrige Lücke vor."

 

Im vorliegenden Fall ist aber gerade die Festnahme aufgrund des FPG und als vorbereitende Grundlage für die Verhängung der Schubhaft erfolgt, weshalb dieser Sachverhalt nicht im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Gesetzeslücke zu beurteilen ist, sondern § 83 Abs. 1 FPG nach der vorrangig vorzunehmenden grammatikalischen Auslegung, die – wie oben dargestellt zu einem eindeutigen Ergebnis führt – zu erörtern. Es mag zwar aus verwaltungsökonomischen und im Interesse des Rechtsmittelwerbers gelegenen Gründen effizient scheinen, die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates an den Ort der Verhängung der Schubhaft oder der Anhaltung in Schubhaft zu knüpfen, jedoch würde eine solche Annahme eindeutig gegen den Wortlaut des § 83 Abs. 1 FPG stehen, zumal eine wie im angeführten Erkenntnis konstatierte planwidrige Regelungslücke im vorliegenden Fall nicht besteht.

 

3.4. Zur Entscheidung über die vorliegenden Schubhaftbeschwerde ist somit der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich zuständig, weshalb § 6 Abs. 1 AVG zur Anwendung zu bringen ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Bernhard Pree

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum