Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162819/10/Br/Ps

Linz, 04.02.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb. am, K, M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P A, H, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. Dezember 2007, Zl. VerkR96-4851-2007 Be, wegen Übertretungen der StVO 1960 u. des FSG 1997, nach der am 4. Februar 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.                  Die Berufung wird im Schuldspruch des Punktes 1.) als unbegründet abgewiesen; im Strafausspruch wird der Berufung jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 872 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn (10) Tage ermäßigt wird.

In den übrigen Punkten wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungs­straf­verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 ‑ AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008  ‑ VStG.

 

 

II.              Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigen sich demnach auf 87,20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 [zu 1.) u. 2.b)] u. nach § 39 Abs.5 iVm § 37 Abs.1 und 3 FSG 1997 [zu 2.a)] insgesamt drei Geldstrafen [1.) 950 Euro, 2.a) 363 Euro u. 2.b) 870 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit als Ersatzfreiheitsstrafen dreizehn, fünf und zwölf Tage verhängt, weil er

1.     am 13.06.2007 um 15.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Rennerstraße in östliche Fahrtrichtung im Ortsgebiet von Marchtrenk gelenkt habe, wobei er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,60 mg/l befunden habe.

2.     am 13.06.2007 gegen 17.05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen von der Rennergasse kommend auf der Kirchengasse im Ortsgebiet von Marchtrenk gelenkt habe,

a)    obwohl ihm der Führerschein abgenommen worden war und das Lenken von Kraft­fahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommen Führerscheines unzulässig ist;

b)    wobei er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Alkoholgehalt der Atemluft von 0,60 mg/l).

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Sie haben am 13.06.2007 um 15.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Rennerstraße in östliche Fahrtrichtung im Ortsgebiet von Marchtrenk gelenkt, wobei Sie sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,60 mg/I befanden.

Obwohl Ihnen auf Grund dieser Fahrt der Führerschein abgenommen wurde, haben Sie am 13.06.2007 am gegen 17.05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen von der Renner­gasse kommend auf er Kirchengasse im Ortsgebiet von Marchtrenk gelenkt, wobei Sie sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigenden Zustand befanden, (Alkoholgehalt der Atemluft 0,60 mg/1).

 

Dieser Sachverhalt ist auf Grund der Anzeigen der Polizeiinspektion Marchtrenk vom 14.06.2007 und 29.06.2007 im Zusammenhalt mit dem Ergebnis der Alkomatuntersuchung und der Zeugenaussage von Insp. P als erwiesen anzusehen.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 02.07.2007 bringen Sie folgendes vor:

"Es werde zugestanden, dass Ihrerseits um 15.20 Uhr der PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde.

Zu dem zweiten Tatbestand sei auszuführen, dass es nicht richtig sei, dass der PKW von Ihnen gelenkt worden sei, sondern das Fahrzeug nur abgeschleppt worden sei und Sie im Fahrzeug gesessen seien. Das Fahrzeug sei deswegen weggeschleppt worden, weil es verkehrsbehindernd gestanden sei. Bei der Abschleppung seien Sie im Fahrzeug gesessen.

Es werde daher lediglich der erste Tatbestand im vollem Umfang gestanden.

Es sei daher Ihrer Meinung nach kein Lenken des Fahrzeuges, da dieses nur abgeschleppt worden sei und nie mehr nach dem Unfall in Betrieb genommen worden sei."

 

Bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 20.07.2007 gab Insp. P folgendes an:

 

"Mir wurde die Rechtfertigung des Beschuldigten zur Kenntnis gebracht. Diese Angaben entsprechen nicht den Tatsachen.

Herr K wurde nach der ersten Amtshandlung - Abnahme des Führerscheines- von mir darüber in Kenntnis gesetzt, dass er das Fahrzeug nicht mehr lenken darf. Weiters wurde diesem angeboten, dass mit seiner Zustimmung ein Abschleppdienst angerufen werden kann, welcher die Abschleppung des beschädigten Fahrzeuges durchführt.

Am 13.06.2007 gegen 17.00 Uhr fuhr ich im Zuge des Außendienstes am Tatort vorbei, wo ich gesehen habe, wie K gerade abgeschleppt wurde und das Fahrzeug lenkte. Der PKW selbst wurde von K gelenkt, obwohl der Reifen beschädigt war und die Fahrt auf der Felge durchgeführt wurde. Ich wendete das Dienstkraftfahrzeug und fuhr K - welcher sich nunmehr bereits vor dem Haus Kirchengasse Nr. 18 befand, nach und teilte diesen mit, dass er neuerlich angezeigt werde.

Obwohl K wusste, das er nach der Führerscheinabnahme kein Kraftfahrzeug mehr lenken darf, hat dieser seinen PKW neuerlich gelenkt.

Betonen möchte ich noch, dass der Zündschlüssel angesteckt war, ansonsten wegen der Lenkrad­sperre das Fahrzeug nicht lenken hätte können.

 

Da K keinerlei Einwände bezüglich Konsulnation von Alkohol seit der Führerscheinab­nahme geltend machte, war es nicht erforderlich, diesen neuerlich zur Durchführung eines Alkotestes aufzufordern, da ja feststand, dass dieser sich nach wie vor in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand."

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 04.10.2007 bringen Sie im wesentlichen vor, bisher vollkommen unbescholten zu sein, verweisen darauf, dass kein neuerlicher Alkotest durchge­führt worden sei und dadurch ein anderes Ergebnis herausgekommen wäre. Außerdem seien die Angaben des Zeugen widersprüchlich, da das Begehungsdatum mit 15.20 Uhr angegeben worden sei, laut Beweismittel jedoch um 14.26 Uhr ein Vortestgerät verwendet worden sei. Der Verkehrsunfall werde nicht bestritten, sei dafür jedoch das Verschulden auf einen unbekannten Fahrzeuglenker zurückzuführen. Auch sei Ihrerseits nie gegenüber dem Polizeibeamten eine Äußerung gemacht worden."

 

Laut ergänzender Mitteilung von Insp. P handelt es sich bei der angegeben Zeit 14.26 Uhr um einen Irrtum. Tatsächliche Zeit war jedoch 15.26 Uhr.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 18.10.2007 verweisen Sie auf einen Fehler des Protokolles und bringen vor, mit dem Exekutivbeamten keinen Wortwechsel geführt zu haben. In der Stellungnahme vom 07.12.2007 bemängeln Sie lediglich, dass Ihnen keine neuerlichen Beweismitteln übermittelt worden seien.

 

Dazu ist vorab sofort festzuhalten, dass infolge Wechsel des Beschuldigtenvertreters irrtümlich die Mitteilung von Insp. P nicht sofort zur Kenntnis gebracht wurde.

 

Die erkennenden Behörde hat hierüber erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/1 oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 39 Abs. 5 StVO 1960 ist das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines oder das Lenken von Motorfahrrädern, Invalidenkraftfahrzeugen oder vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Mopedausweises verboten.

 

Gegen diese gesetzlichen Bestimmungen haben Sie verstoßen.

 

Wie sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens herausstellt, sind Ihre Angaben sehr widersprüchlich. Wird in der ersten Stellungnahme bezüglich Tatzeit 15.20 Uhr diese zugegeben, stellen Sie diese wegen des Vortestgerätes in Frage, obwohl diesbezüglich laut Zeugen lediglich hier nur andere Zeit irrtümlich angegeben wurde.

Nach der ersten Fahrt wurde Ihrerseits bezüglich Unfallgeschehen nie das Verschulden einer dritten Person vorgebracht, sondern gaben Sie lediglich an, dass wegen dem bisserl Alkohol nicht so ein Trara gemacht werden soll. Mit der Obrigkeit hat es jedoch keinen Sinn, zu reden.

 

Auch geben Sie an, den Anweisungen der Polizei Marchtrenk Folge geleitstet zu haben. Dies erscheint ebenso nicht glaubhaft, da Ihnen nach dem ersten Einschreiten eindringlich klar gemacht wurde, dass Sie kein Kraftfahrzeug nach der Führerscheinabnahme mehr lenken dürfen.

 

Hätten Sie tatsächlich die Anweisungen der Polizei Folge geleistet, hätten Sie nicht mehr neuerlich das Kraftfahrzeug gelenkt.

 

Auch wird Ihrerseits im gesamten Verfahrensablauf nie in Abrede gestellt, bei der zweiten Fahrt, wo Ihr Fahrzeug abgeschleppt wurde, hinterm Lenkrad gesessen zu haben. Bezüglich der Durchführung eines zweiten Alkotestes ist festzuhalten, dass der erste Alkotest um 16.11 Uhr und 16.13 Uhr durchgeführt wurde. Es war sehr wohl rechtens, nachdem Sie zwischenzeitlich nichts über einen weiteren Alkoholgenuss vorbrachten, auf den zweiten Alko­test zu verzichten. Diesbezüglich ist die Höhe des Alkoholgehaltes der Atemluft lediglich für das Strafverfahren von Bedeutung, dem auch insoferne Rechnung getragen wurde, als die Bestrafung des zweiten Alkoholdeliktes niedriger erfolgte als beim ersten Tatbestand.

Zu dem Vorbringen, beim Abschleppen handelte es sich um kein Lenken, ist auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 28.2.2003, ZI. 2002/02/0192, 0193) wurde folgende Entscheidung getroffen:

 

Bei der Lenkung und Inbetriebnahme handelt es sich um zwei voneinander getrennte Tatbe­stände (Erk.7.11.1963, VwSlg 6143A/1963), die auch unabhängig voneinander erfüllt sein können. Bereits das Ingangsetzen des Motors stellt eine vollendete Inbetriebnahme des Fahrzeuges dar, und zwar auch dann, wenn das Fahrzeug mit dem (= Lenken des) Fahrzeuge(s) unmöglich ist. Umgekehrt ist auch das Lenken ohne Anwendung von Maschinenkraft möglich.

 

Auf Grund der von Ihnen vorgetragenen widersprüchlichen Aussagen konnten Ihren Angaben kein Glaube geschenkt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Angaben des Zeugen sehr prägnant und glaubhaft waren.

Auch sind die Angaben, mit dem Exekutivbeamten kein Wort geredet zu haben, nicht glaubhaft, da zumindest auf dessen Fragestellungen bzw. Aufforderungen mit Sicherheit eine Konversation stattfand. Dies bezieht sich genauso auf das Unfallgeschehen. Wäre der Unfall durch eine dritte Person verschuldet worden, kann aus der Erfahrung festgehalten werden, dass dies Ihrerseits vor Ort unverzüglich vorgebracht worden wäre.

Ihrerseits wurde jedoch lediglich am Tatort vorgebracht, wegen dem bisserl Alkohol (1,2 %o) keinen so Trara zu machen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie seitens des Meldungslegers, ohne dass dies Ihrerseits gesagt worden wäre, derartige Angaben aufgezeigt werden.

 

Es steht daher für die erkennende Behörde fest, dass Sie gegen die oben zitierten Bestimmungen verstoßen haben und Gründe, die ein Verschulden Ihrerseits ausschließen würden, im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Bei der Strafbemessung im Sinne des. 19 VStG wurde auf Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögens Verhältnisse Bedacht genommen.

 

Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht zu berücksichtigen.

 

Zur Strafbemessung wegen Übertretung nach § 5 StVO 1960 ist besonders auszuführen:

 

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen verwirklichten Verwaltungsübertretung wird darüber hinaus dadurch gesteigert, dass Sie die Tat mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug begangen haben, wovon eine wesentlich höhere Gefahr, Schaden für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer zu verursachen, ausgeht, als dies z.B. bei alkoholisierten Fahren mit einem Fahrrad der Fall ist. Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten strafbaren Handlung liegt daher bezögen auf die gelindeste Art der Begehung dieses an sich schwersten Deliktes nach der Straßenverkehrsordnung 1960 relativ hoch. § 19 Abs. 1 VStG fordert bei der Strafzumessung dominant (arg. "stets") die Berücksichtigung des Ausmaßes der Gefährdung oder Schädigung der vom Gesetz geschützten Interessen. Die objektive Seite der begangenen Tat für sich alleine genommen erforderte daher schon, eine deutlich über dem gesetzlichen Mindeststrafsatz liegende Strafe auszumessen.

 

Auf Grund der bei Ihnen vorgelegenen hohen Alkoholisierungsmerkmale konnten keine Zweifel obwalten, dass Sie die Tat vorsätzlich, nämlich wissend hinsichtlich Ihrer erheblichen Alkoholisierung und damit mit einem hohen Grad des Verschuldens begangen haben. Die Tat ist Ihnen daher als besonders verwerflich anzulasten, was in der ausgesprochenen Strafsanktion zum Ausdruck zu bringen war.

 

Die leider weit verbreitete mangelnde hinreichende gesellschaftliche Ächtung des alkoholisierten Lenkens von Fahrzeugen und die dadurch stark abgefederte Abhaltewirkung erfordert es, bei der Strafzumessung generalpräventiven Erwägungen Ausdruck zu verleihen. Dies umso mehr, als es im politischen Bezirk Wels-Land letztlich auch deshalb gelungen ist, durch relativ hohe Strafen und eine generell verstärkte Verkehrsüberwachung mit Schwerpunkt Alkohol die Zahl der im Straßenverkehr getöteten und verletzten Personen gegen den sonstigen Trend in Oberösterreich drastisch zu senken.

 

Zur Strafhöhe wegen § 1 Abs. 3 FSG ist auszuführen, dass gemäß § 37 Abs. 3 FSG eine Mindeststrafe von 363 Euro für das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Lenkberechtigung zu sein, zu verhängen ist.

 

Strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit zu werten, straferschwerend war die Höhe des Alkoholgehalt der Atemluft zu werten.

 

Die verhängten Geldstrafen erscheinen unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe scheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten und besitzt darüberhinaus auch generalpräventive Wirkung.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt wie folgt:

"Der   Beschuldigte   erstattet   durch   seine   ausgewiesene   rechtsfreundliche   Vertretung   aufgrund   des Straferkenntnisses der BH Wels-Land, zugestellt am 13.12.2007, sohin fristgerecht, nachstehende

 

BERUFUNG:

 

1.     Eingangs festgehalten sei, dass ich keinerlei Verkehrsdelikte im Zusammenhang mit Alkohol zu vertreten  hatte.   Ferner gibt es  auch  sonst keinerlei Tatsachen,   die  die Verkehrszuverlässigkeit des Beschuldigten in Zweifel  setzen würden. Trotzdem  diese Beweisergebnisse bereits vorliegen, wurden mildernde Umstände nur erwähnt, tatsächlich jedoch in nicht ausreichender Weise, dies völlig zu Unrecht, ins Kalkül durch die erkennende Behörde gezogen.

 

2.     Richtig ist, dass der Beschuldigte am 13. Juni 2007 einem Alkotest unterzogen worden ist, wobei ich bereits  in  meiner Stellungnahme vom  04.  Oktober 2007  ausgeführt  habe,  dass  die Angaben  der Polizeiinspektion Marchtrenk zu den Daten der Vorfälle höchst widersprüchlich sind. Diese Widersprüche klären  sich  auch  nicht durch  die von  der  Behörde in  der  Begründung  Ihres  Bescheides  zitierten zeugenschaftlichen Einvernahme des Inspektor P auf. In völlig unzulässiger Weise geht die Behörde im bekämpften Bescheid davon aus, dass ich bei der zweiten Betretung überhaupt einen Delikt begangen habe und ferner, dass ich zum Betretungszeitpunkt alkoholisiert gewesen sein soll. Zum einen habe ich das Fahrzeug nicht gelenkt sondern bin nur am Vordersitz gesessen, eine Lenkung der Vorderräder war aufgrund des Unfalls gar nicht mehr möglich gewesen. Zum anderen jedoch hatte ich nicht einmal den Zündschlüssel in das Zündschloss des Pkw gesteckt gehabt, sodass mein ledigliches Sitzen am Vordersitz des Pkw keinesfalls tatbestandsmäßig war. Im Übrigen war ich zum Betretungszeitpunkt der mir vorgeworfenen zweiten Tat des 13. Juni 2007auch gar nicht (mehr) alkoholisiert.

 

3.     Ferner hätte die Behörde jedenfalls ins Kalkül zu ziehen gehabt, dass ich - selbst wenn man unzulässiger- und rechtswidriger Weise davon ausgeht, dass ich auch beim zweiten Betretungszeitpunkt als alkoholisiert zu gelten habe - durch das gegenständliche Abschleppmanöver auch nur irgendjemanden gefährdet habe. Dies war nicht der Fall, der Pkw wurde im Schritttempo geschleppt, und hätte ich ebenso gut neben dem Pkw herlaufen können, ich habe es jedoch vorgezogen mich auf den Fahrersitz zu setzen. Dieses Setzten auf den Fahrersitz verwirklicht noch nicht eine Verwaltungsübertretung, selbst dann nicht, wenn ich alkoholisiert gewesen wäre, was ich jedoch zum zweiten Betretungszeitpunkt nicht (mehr) war. Die Behörde hätte jedoch zwingend im Beweisverfahren Berechnungen hinsichtlich des Alkoholabbaus vorzunehmen gehabt, da sie dann zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass ich mich zum Betretungszeitpunkt der angeblichen zweiten Tat des 13. Juni 2007 in keinem alkoholisierten Zustand (mehr) befunden habe. Diesbezüglich wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, was sie jedoch nicht tat.

 

4.     Geradezu obskur ist die Argumentation des Inspektor P wonach es, weil ich keine Einwände bezüglich Konsumation von Alkohol seit der Führerscheinabnahme geltend gemacht habe, deshalb nicht erforderlich gewesen wäre, einen neuerlichen Alkotest anzufordern. Dies hieße jedoch nichts anderes, als dass jeder durch die Exekutive beim Lenken eines Fahrzeuges kontrollierte Rechtsunterworfene so lange als alkoholisiert zu gelten hätte, solange er nichts Gegenteiliges dem Exekutivbeamten mitteilt, Dies ist eine völlig rechtswidrige Anschauung dieses Exekutivbeamten, die nichts anderes belegt, als dass die Exekutive geradezu danach getrachtet hat. mir eine Verwaltungsübertretung beim zweiten angeblichen Betretungszeitpunkt anzulasten. Dies ist jedoch unzulässig und hätte die belangte Behörde dies zu relevieren gehabt.

 

5.   Auch hat die belangte Behörde in widerrechtlicher Weise und entgegen den verwaltungsrechtlichen Vorschriften den von mir genannten Zeugen P gar nicht erst einvernommen, was darüber hinaus noch evident macht, dass die belangte Behörde an meiner Person ein völlig rechtswidriges Exempel unzulässiger Weise zu statuieren gedenkt. Ich war zu keinem Zeitpunkt uneinsichtig - warum dies behauptet wird, ist für mich nicht nachvollziehbar - und habe auch beim Abschleppen das Kfz gar nicht gelenkt. Das von der Behörde verhängte Strafausmaß ist völlig überzogen, insbesondere aufgrund meiner bisherigen völligen Ungescholtenheit in dieser Hinsicht und auch weil ich lediglich 705,-- monatlich ins Verdienen bringe. Das gegenständliche Strafausmaß ist für mich geradezu Existenz gefährdend, ich würde für den Fall der Rechtskraft meine Miete nicht mehr begleichen können. Obdachlosigkeit würde mir drohen. Und dies lediglich, weil ich - dies habe ich stets zugestanden - nachweislich ein einziges mal in meinem Leben alkoholisiert am Steuer meines KFZ betreten betreten wurde, wobei niemand zu Schaden gekommen ist. Die angebliche zweite Tat existiert nicht, das Fahrzeug war nicht mehr lenkfähig, sondern wurde, wie dies der Zeuge P selbst angibt, auf der Felge geschleppt. Ich habe nicht gelenkt. Rechtsrichtig hätte die Behörde mit einem Strafmaß von allerhöchstens 550,-- zu erstens das Auslangen zu finden gehabt. Zweitens und Drittens habe ich nicht begangen, fluch wenn die Behörde zu dieser Ansicht gelangt ist, was rechtswidrig ist, da jeglicher Beweis für diese Annahme fehlt, wäre mir für zweitens und drittens maximal 363,-- und 250,--zu verhängen gewesen. Die Ausführungen zum Strafausmaß werden - Angesichts der Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses aufgrund evidenter Verfahrensmängel - eventualiter ausgeführt.

Die Behörde hat schlicht eine Vermutung ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt, dies jedoch unzulässiger und rechtswidriger Weise.

Erkennbar wird auch der Umstand, dass die Behörde lediglich daran interessiert ist an meiner Person ein Exempel zu statuieren, daran, dass die Behörde festhält, ich hätte in meiner Stellungnahme lediglich bemängelt, dass keine neuerlichen Beweismitteln übermittelt worden wären". Die Behörde führt jedoch nicht aus, dass sie etwa neuerliche Beweismittel ohnehin zur Stellungnahme zugestellt hätte, die Behörde hat auch niemals diese neuerlichen Beweismitteln mir zukommen lassen, sondern widerrechtlicher Weise trotz Bemängelung dieses Umstandes durch mich, der Einfachheit halber in vorverurteilender Weise das gegenständliche, bekämpfte. Erkenntnis erlassen, welches jedenfalls als rechtwidrig aufzuheben sein wird. Die von mir beantragten Zeugen wurden, da sie mich ja eventuell hätten entlasten können, erst gar nicht einvernommen, der Zeuge P, welcher mich in für die Behörde vorhersehbarer Art und Weise ja eventuell belasten konnte, wurde hingen sehr wohl einvernommen.

 

6.     Die belangte Behörde führt in ihrem bekämpften Bescheid selbst aus, dass zwischen Lenkung und Inbetriebnahme rechtsrichtig zu unterscheiden wäre. Dem ist beizupflichten, doch habe ich weder das Fahrzeug während des Abschleppens in Betrieb genommen, noch habe ich gelenkt. Wie Wahrnehmungen der Exekutive unterstreichen, war das Fahrzeug auch ganz offenbar nicht mehr lenkbar. Wie die Behörde dann darauf kommt, dass ich dennoch einen strafrechtlichen Tatbestand verwirklicht hätte, bleibt im Dunkeln. Dies ist nur damit zu erklären, dass die Behörde danach trachtet an meiner Person ein Exempel zu statuieren. Dies gesteht sie im Grunde auch ein, wenn sie - offenbar mit Stolz - ausführt, dass - gemeint offenbar allein -aufgrund derartiger völlig überzogener Strafausmaße, der Bezirk BH Wels-Land einen gegenläufigen, positiven, Trend, bezüglich Verletzungen und Todesfälle im Verkehr hätte. Zum einen stellt derartiges eine reine Behauptung der Behörde dar um ihr rechtswidriges Vorgehen zu rechtfertigen, zum anderen kommt darin in geradezu erschreckender Art und Weise ein Gedankengut hervor, welches eigentlich längst überwunden geglaubt war und ein offenbares Relikt einer Zeit ist, als Behörden noch mit unbeschränkter Gewalt ohne faktischer rechtsstaatlicher Kontrolle ausgestattet waren. Letztlich entscheiden die Obersten Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts jedoch nicht nach derartigen Gesichtspunkten sondern im Sinne der Rechtsstaatlichkeit. Die BH Wels-Land hingegen stützt sich beim gegenständlichen Straferkenntnis in weiten Teilen lediglich Vermutungen, negiert widersprüchliche Protokolle und zeitliche Angaben der Exekutive und verfällt mich rechtswidriger Weise in Taten, welche ich nicht begangen habe und Strafen, die auch in generalpräventiver Hinsicht völlig überzogen sind.

 

Ich stelle daher den

 

Antrag:

 

Die Behörde möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, eventualiter aufheben und das Beweisverfahren ergänzen und das Verfahren einstellen, eventualiter das Strafausmaß auf maximal 550.-- für erstens und 363,-- und 250,-- für zweitens und drittens herab zu setzen.

 

7.     Ferner wird gestellt vorsichtshalber der

 

Antrag

 

auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung. Ich begründe dies wie folgt:

Die verhängte Strafe bedroht meine Existenz nachhaltig, ich beziehe lediglich 705,-- monatlich. Im Übrigen ist die Einbringlichkeit nicht gefährdet, ich bin österreichischer Staatsbürger und in stets hier aufhältig.

 

W, am 27. Dezember 2007                                                                  J K"

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier in Wahrung der sich aus Art. 6 Abs.1 der EMRK ergebenden Rechte auf ein faires Verfahren erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und dessen Erörterung im Rahmen der Berufungsverhandlung. Eingeholt wurde in Vorbereitung der Berufungsverhandlung ein Straßenkartenauszug aus dem System Doris über die tatsächliche Abschleppdistanz, sowie durch Einholung einer Stellungnahme vom zwischenzeitig in der Steiermark tätigen Meldungsleger über die Modalität dieser Abschleppung. Ferner wurde der Zeuge P anlässlich der Berufungsverhandlung zur Art des Lenkens bzw. dessen Möglichkeit im Zuge des Abschleppens des Fahrzeuges des Berufungswerbers einvernommen. Der Berufungswerber wurde als Verfahrenspartei gehört. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm unbegründet an der Berufungsverhandlung nicht teil. Der Berufungswerber legte ferner zwei Fotos über die Wegstrecke des Abschleppens und ein weiteres über Spureinzeichnungen an der Unfallstelle vor (Beilagen 2 u. 3 u. 4). Einbezogen wurden auch die Inhalte des gleichzeitig verhandelten Führerscheinentzugsverfahrens (VwSen-521821).

 

4. Der Berufungswerber gelangte am 13.6.2007 um 15:20 Uhr mit seinem Pkw in Marchtrenk, Rennerstraße, unweit von seinem Wohnort in der gleichsam um die Ecke liegenden Kirchengasse Nr. 18 entfernt, gegen eine Baustellenabsperrung. Dadurch wurde sein Fahrzeug so schwer beschädigt, dass es unlenkbar u. somit fahruntauglich wurde. Der um 16:11 Uhr und 16:12 Uhr beim Berufungswerber auf der PI in Marchtrenk durchgeführte Atemlufttest erbrachte einen Atemalkoholgehalt von 0,60 mg/l.

Noch von der Polizeiinspektion Marchtrenk rief der Berufungswerber den zwischen Wels und Marchtrenk an seinem Arbeitsplatz befindlichen Zeugen P an und ersuchte diesen, das Fahrzeug bis zu seinem Wohnort abzuschleppen. Der Zeuge P traf noch vor dem Berufungswerber an der Unfallstelle ein. Der Berufungswerber kam direkt nach Beendigung der Amtshandlung auf der Polizeiinspektion Marchtrenk dorthin.

Während der Vorbereitung der Abschleppung erschien nochmals der Meldungsleger an der Unfallstelle, welcher sich jedoch ohne dagegen Bedenken zu äußern wieder entfernte.

Um 17:05 Uhr traf man schließlich mit dem havarierten Fahrzeug in der Kirchengasse Nr. 18 ein, wobei das unlenkbare Fahrzeug mit einem etwa 2,5 m langen Seil im halben Schritttempo maximal 150 m weit von der Unfallstelle gezogen wurde. Der Berufungswerber saß dabei auf dem Fahrersitz, hatte den Motor aber nicht in Betrieb. Offenbar wartete dort bereits die gleiche Funkstreifenbesetzung, um den Berufungswerber wegen einer neuerlichen Alkofahrt zu beamtshandeln.

Ein zweiter Alkotest wurde nicht gemacht, jedoch wurde in der zwei Wochen später verfassten Anzeige (C2/6592/2007-Pol v. 29.6.2007) das gleiche Atemalkoholergebnis als eine Stunde vorher zu Grunde gelegt.

 

5. Im Zuge der Berufungsverhandlung blieb der Tatvorwurf im Punkt 1.) im Ergebnis zur Gänze unbestritten.

Im Punkt 2.) kann im Gegensatz zur Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz von einem Lenken oder einem Inbetriebnehmen des unlenkbaren Unfallfahrzeuges nicht ausgegangen werden. Die Berufung erweist sich als berechtigt u. nachvollziehbar.

Dies wurde insbesondere durch die Aussage des die Abschleppung durchführenden Zeugen P sehr anschaulich und nachvollziehbar dargetan. Dass dieser Zeuge in der Anzeige letztlich nicht erfasst wurde, fällt durchaus als bemerkenswert auf, was bei der Würdigung der Darstellungen in der Anzeige nicht unberücksichtigt bleiben konnte.

Der zwischenzeitig in der Steiermark Dienst versehende Meldungsleger qualifizierte zwar auch in der über h. schriftliches Ersuchen v. 16.1.2008 in der am 21.1.2008 übermittelten Stellungnahme das Sitzen am Fahrersitz des abgeschleppten Unfallfahrzeuges als Lenken. Die Darstellung der Abschleppdistanz mit ca. 300 m (tatsächlich jedoch maximal 150 m bis zum Wohnort) erweist sich zumindest als übertrieben. Inwiefern der Meldungsleger von einer Beweislage für einen auch noch zu diesem Zeitpunkt gleichen Alkoholisierungsgrad mit 0,60 mg/l ausgehen konnte, wird weder in der Meldung noch sonst erklärt. Es kann bei einer theoretisch möglichen Abbaurate von bis zu 0,15 mg/l ausgeschlossen gelten, dass dieser Wert nach fast einer Stunde noch vorgeherrscht haben könnte. Vielmehr könnte in der Abbauphase der Grenzwert von 0,40 mg/l sogar bereits knapp erreicht gewesen sein.

Da letztlich von einem unlenkbaren u. damit betriebsuntauglichen technischen Zustand des Fahrzeuges auszugehen ist, kann im bloßen Sitzen am Fahrersitz ein Lenken bzw. eine Inbetriebnahme eines solchen Fahrzeuges nicht die Rede sein.

Der Berufungswerber machte in der Berufungsverhandlung durchaus in nachvollziehbarer Weise plausibel, dass er keinesfalls die Zündung eingeschaltet hatte und er sich sozusagen bei der Schleppung seines schwer havarierten Fahrzeuges, mit bloß halber Schrittgeschwindigkeit, genau so gut in das Zugfahrzeug setzen oder daneben hergehen hätte können. Dies bestätigte auch der Zeuge P, welcher auch einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck hinterließ und zum Ausdruck brachte, dass er niemals von einem Lenken des von ihm geschleppten Fahrzeuges ausgegangen wäre.

P erklärt ferner durchaus übereinstimmend mit dem Meldungsleger, dass durch den Anstoß an einen Betonvorsprung der rechte Reifen geplatzt war und die Radaufhängung stark beschädigt und nach links verdreht bzw. das linke Rad etwa in "11 Uhr Position" blockiert war. Dies hatte seiner Beurteilung nach eine Lenkbarkeit verunmöglicht. Im Gegensatz dazu sind die Darstellungen des Meldungslegers im Detail lückenhaft u. unpräzise. So wird einerseits die Abschleppdistanz mit 300 m doppelt so weit dargestellt. Keine Angaben finden sich darüber, warum das Abschleppen nicht unterbunden wurde, sondern dessen Ende mit einer zweiten Amtshandlung begleitet abgewartet und kein neuerlicher Alkotest mehr durchgeführt wurde.

Dem Zeugen P wurde vor Ort sogar eine Anzeige wegen Anstiftung zu alkoholisiertem Lenken angedroht, letztlich wurde seine Identität aber nicht einmal in der Anzeige erwähnt. Dies ist insbesondere mit Blick auf die unmittelbar am Unfallort wahrgenommene Vorbereitung der Abschleppung bemerkenswert.

Offenkundig unzutreffend ist laut dem vom Berufungswerber vorgelegten Foto auch die Darstellung des Meldungslegers, wonach durch das Abschleppen ein tiefer Kratzer in der Fahrbahn verursacht worden sei. Die subjektive Einschätzung des Meldungslegers zur vermeintlichen Lenkbarkeit des Fahrzeuges findet mangels konkreter Feststellungen über den Schadensumfang weder in der Anzeige noch in den nachfolgenden Darstellungen Deckung. Von einer Inbetriebnahme scheint zumindest selbst der Meldungsleger nicht ausgegangen zu sein. Sohin erweist sich im Lichte der nachvollziehbaren Angaben des Vorfallszeugen P die Lenkeigenschaft durch den Berufungswerber im Sinne dessen Verantwortung als widerlegt.

Hätte der Meldungsleger tatsächlich im Abschleppen einen Rechtsverstoß erblickt, wäre er wohl verhalten gewesen, diesen zu unterbinden. Da dies unterblieb, unterstützt auch dies die Verantwortung des Berufungswerbers.

Ob beim Meldungsleger - wie dies der Berufungswerber und auch der Zeuge anlässlich der Berufungsverhandlung anklingen ließen - durch die offenkundige sorgfältige Beobachtung des Abschleppens unsachliche Motive hinter dieser Doppelanzeige stehen könnten, hat auf sich bewenden zu bleiben. Das Zuschauen bei der Vorbereitung der Abschleppung und die erst zwei Wochen später verfasste zweite Anzeige lässt auf eine erst nachfolgende Meinungsbildung der Polizeiorgane schließen.

Durchaus logisch scheint, dass der Berufungswerber die Abschleppung wegen des Hineinragens des verunfallten Fahrzeuges in die Fahrbahn mit gutem Grund veranlasste und er sich angesichts seines geringen Einkommens eines Freundes, anstatt eines mehrere Hundert Euro teuren Abschleppdienstes bediente.

Aus unerfindlichen Gründen wurden dem Führerscheinakt Strafregisterauszüge über bis zu 47 Jahre zurückliegende Vorfälle angeschlossen. Ebenso finden sich Auszüge aus der kriminalpolizeilichen Applikation im Akt, während sich andererseits der angezeigte Sachverhalt fast nur auf die Umschreibung des Tatbestandes beschränkt und einer inhaltlichen Substanz weitgehend entbehrt. Wenn der Meldungsleger schließlich in seiner Aussage vor der Behörde erster Instanz am 20.7.2007 lapidar von einem Lenken spricht, ohne jedoch über die Beschädigung des Fahrzeuges je eine Feststellung getroffen zu haben, überzeugt dies wenig. Diese Zeugenaussage des Meldungslegers verschweigt den Lenker des abschleppenden Fahrzeuges zur Gänze – aus welchen Gründen auch immer –, wobei der Meldungsleger jedoch dezidiert ausführt, "der Pkw selbst wurde von K gelenkt". Der objektive Erklärungsinhalt dieser Aussage stellt so die Lenkereigenschaft beim Abschleppen in geradezu auffälliger Weise in den Vordergrund, indem der wahre Lenker unerwähnt bleibt.

Auch der Hinweis auf das mit dem Vortestgerät angeblich mit 0,74 mg/l erzielte Ergebnis - in der erst am 29.6.2007 gelegten zweiten Anzeige – deutet dem objektiven Anschein nach ebenfalls auf eine erhöhte Belastungstendenz des Berufungswerbers hin. Auf Seite drei der sogenannten Gendis-Anzeige ist andererseits wiederum von einer Verweigerung der Vortestung die Rede.

Diese Darstellungen des Meldungslegers stellten sich im Rahmen des Berufungsverfahrens nachhaltig anders dar, sodass jedenfalls der Einschätzung des Meldungslegers über die Lenkereigenschaft im Zuge des Abschleppens über knappe 150 m nicht gefolgt werden kann.

Der Berufungswerber machte sein Pensionseinkommen mit lediglich etwas über 700 Euro glaubhaft.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, ...

wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 Promille oder mehr, aber weniger als 1,6 Promille oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,60 mg/l oder mehr aber weniger als 0,80 mg/l beträgt.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach Abs.3 leg.cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Im Punkt 2.a) u. b) hat der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Tat schon objektiv tatseitig nicht begangen. Der Berufungswerber wäre auch darin im Recht, dass er von der subjektiven Überzeugung getragen war, durch das bloße Sitzen im fahrunfähigen Fahrzeug eine Zuwiderhandlung gegen das eine Stunde vorher ausgesprochene Lenkverbot nicht zu begehen.

Es wäre letztlich insbesondere mit Blick auf das Analogieverbot im Strafrecht rechtsstaatlich bedenklich, wenn eine Verbotsnorm so weit ausgedehnt würde, dass selbst noch Verhalten in die Strafbarkeit fiele, welches vom Schutzzweck einer Rechtsvorschrift nicht mehr umfasst gesehen werden kann. Ein Vorwurf des "Lenkens eines unlenkbaren Fahrzeuges" wäre schon in sich widersprüchlich.

Selbst die Rechtsprechung stellt dezidiert auf den Beweis der Inbetriebnahme und differenziert dies vom Lenken, welches grundsätzlich auch ohne Anwendung von Maschinenkraft möglich ist (VwGH 30.4.2007, 2006/02/0305 mit Hinweis VwGH 7.11.1963, VwSlg 6143 A/1963). Wenn aber ein Lenken – die Kontrolle des Fahrzeuges durch die Lenkvorrichtung – wegen technischer Lenkunfähigkeit nicht möglich ist, kann daher ein bloßes Sitzen am Fahrersitz nicht strafbar sein. Ein solcher Schuldspruch wird daher mit Rechtswidrigkeit belastet.

Das Verfahren war demnach in den genannten Punkten nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der im jeweiligen Alkoholisierungsgrad vertypte Unrechtsgehalt wird durch den Gesetzgeber mit der Normierung der jeweils unterschiedlichen Strafrahmen einer abstrakten Unrechtsbewertung unterworfen.

Demnach kann hier unter Bedachtnahme auf das im mit etwas über 700 Euro liegende Einkommen des Berufungswerbers mit dem Mindeststrafsatz durchaus das Auslangen gefunden werden. Als strafmildernd ist auch die Unbescholtenheit zu werten. Hinzuweisen ist ebenfalls, dass sich der Berufungswerber exakt an der Schwelle von 0,60 mg/l befunden hat, sodass er gerade noch oder eben schon in die höhere Strafnorm des § 99 Abs.1a StVO fiel. Würde man etwa dem Gebot der Beweissicherheit folgen wollen – was jedoch die dzt. noch herrschende Judikatur des VwGH zum Eichfehler verbietet –, würde der Berufungswerber in den niedrigeren Straftatbestand des § 99 Abs.1b StVO mit der Mindeststrafe von nur 581 Euro fallen.

Abschließend muss noch festgestellt werden, dass die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) nicht in Betracht kommen kann. Dies wäre lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig, wobei im Falle von Alkoholdelikten auf eine diesbezügliche Spruchpraxis nicht verwiesen werden kann.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss ‑ von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen ‑ jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum