Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162864/4/Br/Ps

Linz, 05.02.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M V, geb., S, F, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. S B – Dr. J W, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck vom 22. November 2007, Zl. VerkR96-6666-2007, wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG, zu Recht:

 

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 60 Stunden verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des KFZ, Kennzeichen, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck v. 4.6.2007, Zl. VerkR96-6666-2007, zugestellt am 11.6.2007, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 25.6.2007, der Behörde Auskunft darüber erteilt hätte, wer dieses Fahrzeug am 9.3.2007 um 16.39 Uhr lenkte oder wer diese Auskunft erteilen könne.

Tatzeit: 26.06.2007

Fahrzeug: Kennzeichen, Personenkraftwagen M, P, w.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:.

"Gemäß § 103 Abs. 2 KFG.1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG.1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,— Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt begründet sich darin, dass Sie die Strafverfügung der hs. Behörde vom 13.03.2007, persönlich übernommen am 23.03.2007, mit Datum vom 28.03.2007, beeinsprucht haben.

 

Darin haben Sie angeführt, dass Sie am 09.03.2007 in der Zeit von 08.38 Uhr bis 19.38 Uhr in E beim X gearbeitet haben.

Daraufhin wurde Ihnen eine Lenkererhebung übermittelt, der eine Stellungnahme des Meldungslegers angeschlossen wurde. In dieser Stellungnahme des anzeigenden Beamten wurde angeführt, dass ein Irrtum seitens des Meldungslegers ausgeschlossen werden kann.

 

Die Lenkererhebung haben Sie mit Datum vom 14.06.2007 beantwortet und dabei angemerkt, dass Ihr Fahrzeug den ganzen Tag über auf dem Personalparkplatz abgestellt war.

 

Nunmehr wurde Ihnen eine Strafverfügung zugestellt, wonach Ihnen der im Spruch angeführte Sachverhalt zur Last gelegt wurde. Diese wurde Ihnen durch persönliche Übernahme am 13.07.2007 zugestellt.

 

In Ihrem rechtzeitig eingebrachtem Einspruch vom 18.07.2007 haben Sie erneut angemerkt, dass Ihr Fahrzeug am Personalparkplatz abgestellt war.

 

In weiterer Folge wurde der Meldungsleger in seiner Eigenschaft als Zeuge, durch die hs. Behörde, zur Einvernahme geladen. In seiner Aussage als Zeuge teilte der anzeigende Beamte mit, dass er sich das Kennzeichen, die Marke und Type sowie die begangene Verwaltungsübertretung (Grunddelikt: § 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960) notiert hat. Anschließend habe er bei der Erstellung der Anzeige im EKIS nachgesehen, um seine Notizen mit den Angaben im EKIS abzugleichen, um einen Irrtum auszuschließen.

 

Dieser Verfahrensschritt wurde Ihnen mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, wobei w.o. angeführt argumentierten. Sie teilten weiters mit, dass Sie immer selbst mit dem Auto in die Arbeit fahren.

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung ist durch die dienstliche Wahrnehmung eines Beamten des Gendarmeriepostens T, so ausreichend erwiesen, dass spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Hiebei ist festzuhalten, dass durch die Aussage des erhebenden Exekutivbeamten der Sachverhalt mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit feststeht. Die Behörde ist nämlich verpflichtet, bei widersprechenden Angaben zu berücksichtigen, dass der zeugenschaftlich einzuvernehmende Exekutivbeamte bei der Abgabe einer falschen Zeugenaussage mit strengen disziplinären und auch gerichtlich zu ahndenden Folgen zu rechnen hat, während es dem Beschuldigten freisteht, sich unter Umständen auch mit falschen Aussagen zu rechtfertigen, ohne hiefür zur Verantwortung gezogen werden zu können.

 

Zu den Bestimmungen des § 19 VStG.1991 wird festgestellt, dass Sie trotz schriftlichem Ersuchen keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von Euro 1270,00, Sorgepflicht für zwei Kinder und kein Vermögen angenommen.

 

Strafmildernd ist ihre bisherige verfahrensrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Straferschwerende Umstände lagen nicht vor.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin aus:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache hat die Berufungswerberin in Dr. S B - Dr. J W, Rechtsanwälte in M, S Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 AVG und § 8 RAO erteilt. Die einschreitenden Rechtsanwälte berufen sich ausdrücklich auf die Ihnen mündlich erteilte Vollmacht.

 

Die Berufungswerberin in erhebt gegen das ha. Straferkenntnis vom 22.11.2007, zuge­stellt am 30.11.2007 AZ. VerkR96-6666-2007 innerhalb offener Frist

 

Berufung

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten. Die gegenüber der Berufungswerberin in erhobenen Vorwürfe sind unbegründet und hat diese die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung gem. § 103 Abs 2 KFG 1967 nicht begangen. Weiters ist ihr gegenüber auch der Vorwurf laut Strafverfügung vom 13.03.2007, der ha. Behörde, zu Unrecht erfolgt.

 

Mit dieser Strafverfügung vom 13.03.2007 wurde der BW vorgeworfen, sie hätte am 09.03.2007 gegen 16:39 Uhr mit dem Pkw, Kennzeichen: in der Gemein­de G Bl bei Km 250.620, Gmd. G auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen Überholen verboten gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt, und dadurch eine Übertretung der StPO gem. 16 Abs. 2 lit. a StVO zu verantworten gehabt.

 

Da die Berufungswerberin in diese Verwaltungsübertretung ja nicht begangen haben konnte, weil sie am 09.03.2007 in der Zeit vom 08:38 Uhr bis 19:38 Uhr in E bei der Firma X, bei welcher sie angestellt ist, gearbeitet hatte - und jeden Tag dort mit ihrem Pkw Kennzeichen: hinfährt, dort parkt und bei Arbeitsschluss wieder wegfährt - hat sie dies auch in ihrem Einspruch in diesem Sin­ne ausgeführt und einen Arbeitszeitnachweis anher beigelegt, zum Beweis für ihr Vorbringen. Die in der Folge der Berufungswerberin in übermittelte Lenkererhebung wurde von dieser fristgerecht beantwortet und hiebei festgehalten, dass ihr Fahrzeug den ganzen Tag über auf dem Personalparkplatz der Firma X abgestellt war, sodass daraus resultierend und logisch hervorgeht, dass sie die ihr in der Strafverfügung vom 13.03.2007 vorgeworfene Verwaltungsübertretung eben nicht begangen haben konnte, wie sie dies schon in ihrem Einspruchsvorbringen erklärt hatte. Dies bedeutet und geht daraus auch klar hervor, dass dieses Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt eben abgestellt war, sodass es weder die Berufungswerberin in noch irgend ein Dritter oder eine Dritte gelenkt haben konnten. Daraus ergibt sich auch zweifellos und logisch nachvollziehbar, dass die Berufungswerberin in ihrer Verpflichtung im Rahmen der Lenkererhebung nachgekommen ist. Die Angaben der Berufungswerberin in sind einfach, nachvollziehbar und korrekt.

 

ØWenn ein Fahrzeug zu einem angeblichen Tatzeitpunkt auf einem Parkplatz abge­stellt war, so ergibt sich daraus, dass dieses zu diesem Zeitpunkt nicht bewegt wurde und kann sohin auch der zur Lenkererhebung aufgeforderte naturgemäß keinen Len­ker angeben, der das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bewegt hätte.

ØZur Stellungnahme des Meldungslegers ist entgegen den Ausführungen im Straf­erkenntnis folgendes anzumerken:

 

Die der Lenkererhebung beiliegende Stellungnahme der Polizei T, gezeich­net von F A vom 01.05.2007 lautet wie folgt:

 

Stellungnahme

„zum Auftrag vom 24.04.2007, VerkR96-6666-2007, betreffend Stellungnahme zum Einspruch der M V, geb. am, wohnhaft in F, S, wird berichtet, dass es sicherlich sein kann, dass M V an diesem Tag in der Arbeit war, dies bedeutet aber nicht, dass das Fahrzeug von einer anderen Person gelenkt wurde. Ein Irrtum kann ausgeschlossen werden.

 

Dieser Stellungnahme des Anzeigers A F kann nur voll beigepflichtet werden. Er gibt ja selber an, dass eben, so wie die Berufungswerberin in ausführte (es sein kann), dass sie an diesem Tag in der Arbeit war und kommt selber folgerichtig zum Entschluss, dass dies nicht bedeutet dass das Fahrzeug von einer anderen Person gelenkt wurde. Einen Irrtum schließt er hiebei auch noch aus. Dies bedeutet eben, dass das Fahrzeug so wie die Berufungswerberin in angab während ihrer Arbeitszeit am X Parkplatz abgestellt war und zwar den ganzen 09.03.2007 von 0:38 Uhr bis 19:38 Uhr und weder von ihr noch von einer anderen Person gelenkt wurde. Schon alleine aufgrund dieser eindeutigen Stellungnahme des A F (Irr­tum ist ausgeschlossen!) hätte das Verfahren eingestellt werden müssen.

 

Ø  Die Behörde geht aber über diese Ausführungen hinweg und würdigt diese nicht. Vielmehr wurde der Berufungswerberin in erneut eine Strafverfugung vom 05.07.2007 am 13.07.2007 zugestellt, in welchem der Vorwurf der Nichterteilung der Lenkeraus­kunft beinhaltet war. Dies obwohl, wie bereits oben ausgeführt - die Lenkerauskunft wahrheitsgemäß fristgerecht erfolgte.

 

Darüber hinaus ist der Hinweis, dass die Strafverfugung vom 13.03.2007 wegen Übertretung § 16 Abs.2 lit a StVO eingestellt wurde, angefügt. (!) Dies erfolgte zu­recht, ist aber insgesamt gesehen ein Widerspruch in sich. Die Berufungswerberin in hat in ihrem rechtzeitig eingebrachten Einspruch vom 18.07.2007 erneut wahrheitsgemäß nachvollziehbar und nachweislich angemerkt, dass ihr Fahrzeug am Personalpark­platz während des gesamten Tages abgestellt war. Dies bedeutet (nochmals!), dass dieses Fahrzeug am 09.03.2007 um 16:39 Uhr am Parkplatz beim X stand und nicht gleichzeitig in der Gemeinde G auf der Bl bei Km 250.620 sein konnte. Daraus ergibt sich (nochmals) das die Berufungswerberin in ihrer Auskunftspflicht, wie vom Gesetz gefordert, nachgekommen ist. Der in der Strafverfügung vom 05.07.2007 enthaltene Vorwurf ist unlogisch und bei rationaler Betrachtung des Sachverhaltes nicht nachvollziehbar.

 

Daraufhin wurde der Meldungsleger nochmals ha. als Zeuge vernommen, wo er fol­gendes angibt:

 

Ich halte meine Angaben, die ich in der Stellungnahme vom 01.05.2007 gemacht ha­be, vollinhaltlich aufrecht.

ØSchon aufgrund dieser Bestätigung seiner obigen Ausführungen hätte die Behör­de das Verfahren einstellen müssen! Der Zeuge sieht ja ein, dass, wenn M V in der Arbeit war, dies nicht bedeutet, dass das Fahrzeug von einer anderen Person gelenkt wurde, sondern eben wie sie selber immer wahrheitsgemäß ausführte am Parkplatz stand. Wenn er weiters ausführt: „Ich habe mir dieses Kennzeichen, samt Marke und Type, sowie die begangene Verwaltungsübertretung notiert, um ei­nen Irrtum auszuschließen" so bedeutet dies eben keineswegs, dass ein Kennzeichen­irrtum gänzlich ausgeschlossen ist. Tatsache ist, dass jeder Person, und zwar dies uneingeschränkt, ein Irrtum unterlaufen kann. Die Behauptung ein Kennzeichenirr­tum sei gänzlich ausgeschlossen, seitens des Meldungslegers, würde ja bedeuten, dass dieser völlig unfehlbar ist. Dies ist aber tatsächlich gänzlich ausgeschlossen. Dies be­darf auch grundsätzlich keiner weiteren Erörterung, da dies auch jeder Person ein­leuchten muss. Insbesonders kommt es erfahrungsgemäß und allgemein bekannt ge­rade beim Ablesen von Kennzeichen, aber auch beim Erkennen von Marke und Type von Fahrzeugen, auch durch geschulte Organe, selbstverständlich immer wieder zu Verwechslungen, die einfach menschlich sind. Sich auf eine Position zurückzuziehen, welche aussagt, dass ein Beamter der (richtig) Polizeiinspektion T keinem Irrtum beim Ablesen eines Kennzeichens anheimfallen kann, - noch dazu unter Be­rücksichtigung der glaubwürdigen und nachvollziehbaren, gegenständlichen Angaben der Berufungswerberin in, dass ihr Fahrzeug zum vorgeworfenen Zeitpunkt nicht am Tatort sein konnte, - ist schlicht falsch, aber in jedem Falle völlig verfehlt.

 

Dass ein Polizist bei Abgabe einer falschen Zeugenaussage mit disziplinären oder gerichtlichen Folgen zu rechnen hat, während der Beschuldigte, so wie ausgeführt ja auch eine falsche Aussage machen könne, ohne hiefür zur Verantwortung gezogen zu werden, ändert nichts daran, dass auch einem Polizisten ein Irrtum passieren kann! Einerseits ist die Behörde aber auch dazu veranlasst abzuwägen, ob die Aussage eines Meldungslegers bzw. Exekutivbeamten bei widersprechenden Angaben tatsächlich (bewusst!) falsch sein könnte oder ob sich dieser nicht doch vielleicht geirrt haben könnte, eben unter Berücksichtigung der Rechtfertigung der Beschuldigten, wobei ausdrücklich festzuhalten ist, dass die Angaben jener hinsichtlich des Umstandes, dass ihr Fahrzeug nicht am Tatort zum angegebenen Zeitpunkt sein konnte und sie sohin auch der Lenkerauskunftspflicht entsprechend nachgekommen ist, glaubhaft sind. Insbesonders lag ja die Arbeitsbestätigung vor und hatte die BW angegeben, dass es bei ihrem gebrauchten Fahrzeug auch nur einen Schlüssel gäbe, denn sie bei sich hatte, sodass ohne ihr Wissen auch niemand mit dem Fahrzeug hätte fahren kön­nen - dies rein hypothetisch angedacht - aufgrund der ungerechtfertigt wider sie er­hobenen Vorwürfe. Objektiv gesehen gab es für die Behörde keinen Grund daran zu zweifeln, dass das Fahrzeug den ganzen Tag, wie die Berufungswerberin in wider­spruchsfrei seit jeher angab, am Parkplatz der Firma X, zum gegenständli­chen Zeitpunkt gestanden war.

 

Beweis: Zeugin M B, Büroleiterin, pa. Fa. X, K, S

 

Die Vorwürfe entbehren sohin jedweder Grundlage und hat die Berufungswerberin in die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Es wird sohin beantragt der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren endgültig einzustellen.

 

M, 07.12.2007                                                                                     V M"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dem Verfahrensakt fand sich weder die Anzeige noch jenes Schreiben angeschlossen, auf welches die Berufungswerberin in ihrem Schreiben vom 14.6.2007 verweist.

Die Anzeige wurde im Wege der PI T mit dem Auftrag  nachgefordert auch die laut Aktenlage angeblich verfügbaren Handaufzeichnungen vorzulegen. Ebenfalls wurde an die Behörde erster Instanz eine Anfrage betreffend den offenkundig nicht vollständig vorgelegten Akt übermittelt. Diesbezüglich wurde vom Sachbearbeiter mit dem Mitglied des Verwaltungssenates mit dem Ergebnis fernmündlich Rücksprache gehalten, dass auch dort die angeblich fehlenden Aktenstücke nicht verfügbar zu sein scheinen.

Die PI Timelkam reichte  die fehlende Anzeige unverzüglich per Telefax nach.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier – wie sich schon aus der Aktenlage ergibt mangels schlüssiger Beweise für eine verschuldete Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers durch die Berufungswerberin – unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Folgender Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage:

Aus der Anzeige des GI Frühwirt der PI Timelkam ergibt sich in äußerst knapper Ausführung, dass am 9.3.2007 um 16:39 Uhr das Fahrzeug mit dem Kennzeichen auf der B1 bei Strkm 250,620 in Fahrtrichtung V trotz Überholverbot überholt haben soll. Diese Wahrnehmung wurde der Straßenkilometrierung folgend aus einer Entfernung von 180 m beim Standort des Meldungslegers bei Strkm 250,800 gemacht. Demnach müsste das Fahrzeug der Berufungswerberin den Standort des Meldungslegers passiert haben. Dies wirft die Frage auf, warum keine Anhaltung, sondern die aufwändige Anzeigeerstattung nach dem Kennzeichen gewählt wurde.

 

4.1. Die Fahrzeugdaten (Kennzeichen, Farbe und Marke) wurden vom Meldungsleger angeblich auf einen Notizblock festgehalten, welcher jedoch lt. Mitteilung vom 5.2.2008 nicht mehr verfügbar ist. Wenn schließlich die Daten bei der Anzeigeerstattung in der Zulassungsdatei abgeglichen worden sein sollen, müsste dies mit den Aufzeichnungen vor Ort übereinstimmen. Trifft dies nicht zu, liegt ein Ablesefehler vor. Sind diese Daten jedoch nachrecherchiert worden, was ohne diese Aufzeichnungen nicht überprüfbar ist, kann ein allfälliger Ablesefehler nicht mehr verifiziert werden.

Da hier dieses einzige auf dieser Anzeige deren Plausibilität nachprüfbare Beweismittel nicht mehr verfügbar ist, kann in der Anzeige kein Beweis erblickt werden, dass es sich tatsächlich um das von der Berufungswerberin gehaltene Fahrzeug gehandelt hat.

Es schiene mit Blick auf ein rechtsstaatliches Beweisverfahren problematisch, eine Lenkeigenschaft einzig und allein auf Grund der Kennzeichendaten und ohne jegliche Überprüfbarkeit sonstiger an Fahrzeugfarbe und Type gelegener Parameter als beweissicher anzuerkennen. Damit wäre ein Fahrzeuglenker jeglicher Möglichkeit seines Unschuldsbeweises, nämlich zu einer bestimmten Zeit nicht an einer bestimmten Stelle gefahren zu sein, entledigt.

Gegen die Berufungswerberin wurde am 13.3.2007 vorerst eine Strafverfügung wegen Übertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO (Überholverbot) erlassen. Diese beeinspruchte sie unter Vorlage der Zeitaufzeichnung bei ihrem Arbeitgeber. Folglich hat sie offenbar die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe mit dem Schreiben vom 14.6.2007 – unter Hinweis auf den in der zurückgesendeten Strafverfügung angebrachten Einspruch – nicht erteilt, indem sie abermals mitteilte, zu dieser Zeit in der Firma gewesen zu sein.

Die Behörde erster Instanz folgte dem nicht und ging offenbar vom Fahrzeug der Berufungswerberin aus, welches der Anzeige nach dem Kennzeichen zu Grunde lag und ging letztlich von der Unfehlbarkeit des Meldungslegers aus.

 

4.2. Diese Faktenlage bildet aber keine ausreichend tragfähige Grundlage, der zur Folge das Fahrzeug der Berufungswerberin als Tatfahrzeug erwiesen gelten könnte. Das nur nach dem  Kennzeichen determinierte und 180 m vom Standort des Meldungslegers entfernt beim Überholen wahrgenommene Fahrzeug scheint mit zu hoher Fehlerneigung behaftet, um darin einen gesicherten Beweis erblicken zu können. Dies schlägt logisch auch auf den Vorwurf durch hinsichtlich eines solchen Fahrzeuges in schuldhafter Weise keine Auskunft erteilt zu haben. Mit dem bloßen Hinweis eines Straßenaufsichtsorgans, bei einer hier vermutlich mit höherer Geschwindigkeit erfolgten Vorbeifahrt ein bestimmtes Kennzeichen abgelesen zu haben "und einen Irrtum vermeintlich ausschließen zu können", kann ebenfalls noch kein schlüssiger Beweis über die Identität eines derart determinierten Fahrzeuges erblickt werden. Da durchaus auch die praktische Fehleranfälligkeit bei Kennzeichenablesungen, insbesondere von schneller fahrenden Fahrzeugen evident gelten kann, andererseits hier die näheren Umstände des Ablaufes der Beobachtung gänzlich fehlen und auch keinerlei Gründe ersichtlich sind, warum eine naheliegende und dem Zweck solcher Überwachungen des Verkehrs wohl gerechter werdende Anhaltung hier nicht erfolgt ist, ebenfalls auch nicht evident sind, erweist sich der Vorwurf gegen die Berufungswerberin jedenfalls als nicht ausreichend tragfähig. Es wird somit durchaus ihrer mehrfach und nachdrücklich dokumentierten Schilderung des Tagesverlaufes gefolgt.

 

5. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der/die Zulassungsbesitzer/in – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er/sie diese Auskunft nicht erteilen, so hat er/sie die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des/der Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Berufungswerberin hat hier durch ihre Verantwortung untermauert, dass ihr Fahrzeug offenkundig nicht im Betrieb war. Im Sinne des § 5 Abs.1 VStG ist es ihr schon damit gelungen darzutun, dass ihr an der "Leermeldung" ein Verschulden nicht nachweisbar zur Last fällt (vgl. VwGH vom 2.9.1992, Zl. 92/02/0170).

Ein vermeintlich richtig abgelesenes Kennzeichen kann im Ergebnis nicht dazu führen, dass damit auch schon zwingend die Kenntnis über eine vermeintliche Lenkeigenschaft einhergehen muss bzw. gleichsam ohne wenn und aber ein Lenker präsentiert werden können muss.

Abschließend soll abermals die Feststellung nicht fehlen, dass es nicht nur mit den Grundsätzen der Verfahrensökonomie, sondern auch aus rechtsstaatlichen Überlegungen wenig zweckmäßig erscheint, einen solchen Tatvorwurf unter allen Umständen aufrecht erhalten zu wollen. Im Ergebnis wurde hier das offenbar von vorneherein zum Scheitern verurteilte umfassende Bemühen der Zulassungsbesitzerin einer realitätsnahen Würdigung vorenthalten. Dies ist insbesondere im Strafverfahren zwingend. Wie sollte jemand eine Lenkerauskunft geben können, wenn sein Fahrzeug offenkundig tatsächlich zur fraglichen Zeit nicht gelenkt wurde.

Die Berufungswerberin hat – wie schon dargelegt – durchaus glaubhaft gemacht, dass ihr Fahrzeug wohl nicht im Betrieb war und sie sohin auch objektiv nicht in der Lage war bekanntzugeben, wer ihr Fahrzeug zu dem vom Meldungsleger zur Anzeige gebrachten Zeitpunkt gelenkt hätte (vgl. VwGH vom 2.9.1992, Zl. 92/02/0170).

 

Rechtlich folgt hier iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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