Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251504/29/Kü/Sta

Linz, 31.01.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der Frau S P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K Z, S, H, vom 20. November 2006, gegen Spruchpunkte a) und d) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 31. Oktober 2006, Sich96-117-2006, wegen Übertretungen des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes (AuslBG) nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2007 und 3. Juli 2007, zu Recht erkannt:

 

I.              Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 2.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf  jeweils 34 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz wird auf 400 Euro (zweimal 200 Euro) herabgesetzt. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. In den Spruchabschnitten a) und d) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 31. Oktober 2006, Sich96-117-2006, wurden über die Berufungswerberin wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a) AuslBG Geldstrafen von jeweils 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 120 Stunden verhängt, weil sie die ukrainische Staatsangehörige A S, geb., im Zeitraum vom 15.3. bis 8.6.2006 und die tschechische Staatsangehörige B K, geb., im Zeitraum vom 17.3. bis 8.6.2006 in dem von ihr geführten und betriebenen Nachtclub in I als Prostituierte beschäftigt hat, obwohl für diese ausländischen Arbeitnehmerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthalttitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges festgehalten, dass es unbestritten sei, dass sämtliche im Bescheidspruch angeführten Damen im jeweils angeführten Zeitraum die Prostitution regelmäßig in den Räumlichkeiten des Nachtclubs ausgeübt hätten. Feststehe auch, dass diese Damen am Getränkeumsatz beteiligt gewesen seien, wobei sich aus den Befragungen und Niederschrift im Gegensatz zu den Behauptungen der Beschuldigten keinerlei Hinweise ergeben hätten, dass die Damen nur am Getränkeumsatz der von ihnen selbst konsumierten Getränke beteiligt gewesen seien. Hinsichtlich der Arbeitszeiten müsse davon ausgegangen werden, dass die Damen während ihrer Tätigkeit im Lokal nicht mehr in der Lage gewesen seien, ihre Dienstleistungen auch anderweitig zu erbringen. Der Umstand, dass diese das Lokal jederzeit hätten verlassen können und nicht an Kündigungsfristen gebunden gewesen wären, vermöge an dieser de facto wirtschaftlichen Abhängigkeit – auch wenn sich die Damen selbst nicht abhängig gefühlt haben sollten – nichts zu ändern.

 

Zur im Verfahren vorgelegten Mustervereinbarung sei anzumerken, dass hier zwar dem äußeren Schein nach werkvertragsähnliche Vereinbarungen getroffen worden seien, die tatsächliche Praxis, jedoch einer unselbstständigen oder zumindest arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit entspreche.

 

Auch wenn über einen gewissen Zeitraum aufenthaltsrechtliche Bewilligungen für ausländische Prostituierte als Selbstständige erteilt worden seien, so sei diese Praxis mit Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – nicht zuletzt auch auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die bis dahin vertretene Annahme einer selbstständigen Tätigkeit bei der Ausübung der Prostitution in Nacht- und Animierlokalen nicht mehr haltbar sei, beendet worden.

 

Der angeführte Umstand, dass eine Anmeldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse für die Tätigkeit als Prostituierte gar nicht möglich sei, vermöge daran nichts zu ändern, dass bei Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses eine grundsätzliche Bewilligungspflicht bestehe und zwar auch dann, wenn Bewilligungen für bestimmte Tätigkeiten nicht erteilt werden könnten.

 

Die Beschuldigte als Lokalbetreiberin wäre verpflichtet gewesen, sich auch angesichts der bekannten Änderungen und Neuerungen im Fremden- und Niederlassungsrecht bei der Behörde über die Vorgehensweise und die aktuellen rechtlichen Bestimmungen zu erkundigen. Zusammenfassend komme die Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung jedenfalls zum Schluss, dass in den gegenständlichen Fällen ein zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis und somit eine grundsätzliche Bewilligungspflicht nach dem AuslBG vorliege.

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Rechtsprechung davon aus, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt sei, dass für die Beschäftigung von Ausländern grundsätzlich eine behördliche Bewilligung erforderlich sei. In der Unterlassung von Erkundigungen bei der zuständigen Bewilligungsbehörde und/oder bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle liege zumindest eine fahrlässiges Verhalten vor.

 

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten. Als erschwerend sei zu werten, dass die Beschuldigte als Betreiberin eines Nachtlokales mit Prostitutionsausübung ihrer Sorgfaltspflicht zur regelmäßigen Einholung von Erkundigungen über die aktuelle Rechtssituation bei den zuständigen Behörden nicht nachgekommen sei und sich durch die Beschäftigung dieser ausländischen Prostituierten als Scheinselbstständige auch einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin eingebrachte Berufung mit der beantragt wird, das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen. Als Berufungsgründe wurden die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Verletzung von Verfahrensvorschriften angeführt.

 

Die Behörde führe im Spruch aus, dass die Berufungswerberin in dem von ihr geführten Lokal die namentlich erwähnten Damen als Prostituierte beschäftigt habe. Dazu ist auszuführen, dass eine Prostituierte niemals beschäftigt werden könne, da die Ausübung der Prostitution ausschließlich rein selbstständig ausgeübt würde. Es könne daher der Berufungswerberin nicht angelastet werden, dass sie Prostituierte beschäftigt habe. Diesbezüglich sei daher der Spruch der Behörde I. Instanz völlig falsch.

 

Wie sich aus der Begründung ergebe, würde der Beschuldigten auch nicht vorgeworfen, dass sie Prostituierte beschäftigt habe, sondern dass sie Ausländerinnen in ihrem Lokal beschäftigt habe, ohne entsprechende behördliche Genehmigungen und somit einen Verstoß gegen das AuslBG zu vertreten habe. Nachdem aber entscheidungswesentlich sei, in welcher Form sie die 5 Damen beschäftigt habe, habe die Behörde verabsäumt festzuhalten, in welcher Eigenschaft die Beschäftigung erfolgt sei. Die Beschäftigung einer Prostituierten sei rein rechtlich nicht möglich und entspreche sie auch nicht den tatsächlichen Verhältnissen, wie es auch hinlänglich bekannt sei, da Prostitution ausschließlich in eigener Annahme und in eigener Rechnung durchgeführt würde. Auch hätten sämtliche Prostituierten beim Erstgespräch erklärt, dass sie sich um alle behördlichen und finanzrechtlichen Angelegenheiten selbst kümmern würden und es nicht Aufgabe des Vermieter sei, zu überprüfen, ob tatsächlich sämtliche Einkünfte von den einzelnen Damen versteuert würden bzw. Beiträge an die GSVG ordnungsgemäß entrichtet würden, auch wenn in einem Haus die Prostitution ausgeübt würde.

 

Sämtliche der Damen seien nach Österreich gekommen, um hier die Prostitution auszuüben und nicht als Kellnerinnen oder Animierdamen tätig zu werden. Im Lokal, welches eines der wenigen Lokale mit Prostitutionsgenehmigung in Oö. sei, würde grundsätzlich das Augenmerk auf die Zimmervermietung und die Ausübung der Prostitution gelegt. Die Ausübung der Prostitution sei auch der Hauptzweck den die einzelnen Damen verfolgen. Es bringe aber auch die höchste Einnahmequelle für die Prostituierten, weshalb sie daher bestrebt seien, grundsätzlich ausschließlich sexuelle Leistungen zu erbringen. Die Partizipation am Getränkeumsatz sei daher nur eine geringfügige Randerscheinung in einem offiziell betriebenen Bordell und liege der Getränkeumsatz keinesfalls im überwiegenden Interesse der beteiligten Personen. Der Umsatz durch die Getränke sei lediglich für alle Beteiligten ein geringes Zubrot aber keine Notwendigkeit. Keine der Damen habe angegeben, dass sie vom Umsatz der Getränke abhängig sei und damit die Einkommen ausschließlich ins Verdienen bringe, noch habe keine der Damen angegeben, dass sie in irgendeiner Weise an Weisungen gebunden wäre. Jede habe daher angegeben, dass sie als selbstständige Prostituierte tätig sei.

 

Im Übrigen könne aus den Einvernahmen auch kein sonstiges Indiz gewonnen werden, dass die Damen in irgendeiner Abhängigkeit stehen würden. Unverständlich sei auch, weshalb zu deren Einvernahmen kein Dolmetscher beigezogen worden sei.

 

Nicht befragt worden seien die Damen zB darüber, welche Umsätze sie als selbstständige Prostituierte monatlich lukrieren könnten bzw. wie viel sie durch Provisionszahlungen monatlich erhalten würden. Wären diese Fragen, welche wesentlich seien, gestellt worden, so wäre hervorgekommen, dass das Einkommen der Damen beinahe ausschließlich aus Erbringung sexueller Leistungen herrühre und sie in ihrer Entscheidung, ob sie mit einem Gast etwas trinken, völlig frei gewesen seien. Der Umstand alleine, dass sie die Provision erhalten würden, beinhalte nicht denknotwendig, dass sie in einer Abhängigkeit zur Betreiberin des Lokales stehen würden. Theoretisch könnte die Prostituierte für sich auch entscheiden, dass sie einige Tage nicht arbeiten würde, ohne dass dies mit Sanktionen verbunden wäre. Diese Entscheidungsmöglichkeit sei das entscheidende Kriterium, ob eine dienstnehmerähnliche Eigenschaft bestehe (Weisungsgebundenheit oder Freiheit der Willensbildung). Andere Anhaltspunkte, die eine dienstnehmerähnliche Eigenschaft begründen könnten, würden nicht vorliegen.

 

Nicht bestritten würde, dass Provisionen ausbezahlt worden seien. Bestritten würde jedoch eine Abhängigkeit und sei es Aufgabe der Behörde, eine derartige Abhängigkeit zu belegen. Zu diesem Zweck müssten Weisungen zum Verkauf von Getränken vorliegen. Derartige würden sich aus dem Akteninhalt nicht ergeben. Es sei aber auch für einen Betreiber eines Unternehmens legitim, sofern durch einen anderen auf selbstständiger Basis eine Umsatztätigkeit gehoben würde, Provisionen auszuzahlen.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe sei auszuführen, dass diese völlig überhöht sei, da es sich um keinen groben Sorgfaltsverstoß handle und die Vorgangsweise der Berufungswerberin lediglich der gängigen Praxis entsprechen würde. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sei auszuführen, dass die Berufungswerberin lediglich einen Betrag von 1.500 Euro monatlich ins Verdienen bringe.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 23. Mai und 3. Juli 2007. An diesen mündlichen Verhandlungen hat der Rechtsvertreter der Berufungswerberin sowie ein Vertreter des Finanzamtes teilgenommen und wurden Herr E C sowie Frau K B als Zeugen einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Berufungswerberin ist Betreiberin des Nachtlokales "P" am Standort I, I, in welchem die Prostitution ausgeübt wird.

 

Am 8.6.2006 erfolgte durch Organe des Zollamtes Linz eine Kontrolle des Nachtlokals auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes.

Bei dieser Kontrolle wurden neben drei anderen Prostituierten die ukrainische Staatsangehörige A S und die tschechische Staatsangehörige K B angetroffen. Beide Ausländerinnen gaben im Zuge der Kontrolle an, dass sie bereits seit 15.3. bzw. 17.3.2006 bis zum Tag der Kontrolle im Lokal der Prostitution nachgehen. Beide gaben weiters an, dass sie ca. 8 Stunden am Tag, 5 Tage pro Woche anwesend sind und 55 Euro für die Miete für ein Zimmer, in dem sie die Prostitution ausüben können, für eine Stunde bezahlen müssen.

 

Grundsätzlich werden im Nachtlokal die Prostituierten über Annoncen in einschlägigen Magazinen angeworben. Die Damen, die im Lokal der Prostitution nachgehen wollen, haben im Lokal eine eigene Garderobe und erhält jede Dame einen absperrbaren Kasten.

 

Den Damen wurden von der Berufungswerberin keine Weisungen dahingehend erteilt, dass sie zu bestimmten Zeiten im Lokal anwesend sein mussten, sondern konnten die Damen kommen und gehen wann sie wollten. Die Damen mussten auch nicht jeden Tag ins Nachtlokal kommen und war für den Fall, dass sie einen Tag nicht kommen, keine Abmeldung notwendig.

 

Die Preise für die Liebesdienste wurden von den Damen selbst festgelegt. Die Damen hatten jedoch für die Zimmerbenutzung eine Zimmermiete in Höhe von 55 Euro für eine Stunde zu bezahlen. Der Ablauf der Bezahlung gestaltete sich grundsätzlich so, dass der Kunde den Gesamtpreis für den Liebesdienst, welcher sich aus Zimmermiete sowie dem Honorar für die Prostituierte zusammensetzte, im Vorhinein beim Kellner bzw. der Kellnerin an der Bar bezahlte. An der Bar wurde das Geld für die einzelnen Damen verwahrt und wurde jeden Tag zum Lokalschluss bzw. wann die jeweilige Dame das Lokal verlassen hat, abgerechnet. Die Damen hat dann ihren Liebeslohn ausbezahlt erhalten. Die entsprechenden Zimmermieten wurden einbehalten.

 

Jede Dame hatte nach dem Liebesdienst dafür Sorge zu tragen, dass im Zimmer die Handtücher und Leintücher weggeräumt werden. Die Berufungswerberin hat keine Anordnungen gegeben, dass Kondome zu verwenden sind. Die ärztlichen Untersuchungen der Prostituierten sind im Ermessen der Damen gelegen, der Eintrag im Gesundheitsausweis wurde fallweise kontrolliert bzw. wurden die Damen befragt, ob sie die wöchentlichen Untersuchungen auch gemacht haben.

 

Mit den Prostituierten wurde vor Beginn ihrer Tätigkeiten ein schriftliche Vereinbarung getroffen, die im Wesentlichen beinhaltet, dass die Prostitution in angemieteten Räumlichkeiten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausgeübt wird.

 

Die Prostituierten hatten auch die Möglichkeit in anderen Klubs zu arbeiten und waren nicht an das P gebunden.

 

Die Damen hatten auch die Möglichkeit, die Kunden zum Getränkekauf zu animieren. Die Damen erhielten zwischen 15 und 20 % des jeweiligen Getränkepreises an Provision. Provisionen wurden nur für die Getränke ausbezahlt, die von den Kunden den Damen bezahlt wurden. Provisionen für die vom Kunden selbst konsumierten Getränke erhielten die Damen nicht.

 

Den Prostituierten wurde von der Berufungswerberin auch eine Wohnmöglichkeit angeboten, wobei die Damen dafür grundsätzlich Miete zu bezahlen hatten. Nur für den Fall, dass eine Prostituierte wenig Umsatz erzielte, wurde dieser anfänglich die Wohnmöglichkeit unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Den Prostituierten wurde freigestellt, ob sie in I oder in L wohnen wollen. Jenen Damen, die in L wohnten, wurde für die Anfahrt nach I eine Mitfahrgelegenheit in einem Dienstauto angeboten, wobei die Damen für eine Fahrt 5 Euro zu bezahlen hatten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen Zeugenaussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung und ist dem Grunde nach unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungs­bewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Unbestritten ist, dass die beiden Ausländerinnen in der im Straferkenntnis genannten Zeit im Nachtlokal P der Prostitution nachgegangen sind. Weiters steht unbestritten fest, dass die Damen die Möglichkeit hatten, die Kunden zum Kauf eines so genannten Damengetränkes zu animieren, wobei die Damen für dieses vom Kunden bezahlte Getränk eine Provision in Höhe zwischen 15 und 20 % des jeweiligen Getränkepreises erhalten haben. Den Damen wurde die Möglichkeit gegeben, im Nachtlokal die Prostitution auszuüben, wobei sie für die Benützung der Zimmer einen fixen Betrag an Miete an die Berufungswerberin abzuführen hatten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 29.11.2007, 2007/09/0231, aus:

"Eine Tätigkeit als Animierdame und Prostituierte in einem Bordell - wie im Beschwerdefall - wird in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht, wie in einem Arbeitsverhältnis (wie dies etwa schon hinsichtlich der Tätigkeiten einer Kellnerin, einer Animierdame oder einer sog. "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb ausgesprochen wurde; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0114). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis oder von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, somit von einer Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der Ausländerinnen in die Betriebsorganisation des Beschwerdeführers ist ihre Tätigkeit diesem zuzurechnen. Dabei ist es letztlich unerheblich, ob sie neben einer ihnen für Getränkeanimation zustehenden Provision ein umsatzunabhängiges Fixum erhalten haben und für die Benützung der Zimmer einen Anteil des Lohns an den Beschwerdeführer abführen mussten: durch diese faktisch geübten Praktiken wird ein bestehender Entgeltanspruch nicht in Frage gestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2006, Zl. 2004/09/0043)."

 

Die Tätigkeiten der angetroffenen Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellen auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung all ihre Aspekte mit dem Betrieb der Berufungswerberin, beginnend von der Tätigkeit als Prostituierte und Animierdame, wodurch jedenfalls eine Steigerung der Attraktivität des von der Berufungswerberin betriebenen Bordells gegeben ist, und der Möglichkeit in K oder L, teilweise auch unentgeltlich, wohnen zu können sowie der organisierten Transporte von L nach K, eine Beschäftigung in Form eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 2 Abs.2 lit. b AuslBG dar. Da nachweislich für die Tätigkeit der Prostituierten im Bordell der Berufungswerberin keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen sind, ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt zu werten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Die Berufungswerberin versucht im Rahmen der Berufung ihren Rechtsstandpunkt damit zu begründen, dass das aus der Getränkeprovision resultierende Einkommen in einem untergeordneten Verhältnis zu den Erlösen, die aus der Prostitution erzielt werden können, steht. Damit legt die Berufungswerberin allerdings nur ihren Rechtsstandpunkt dar, bringt aber keineswegs Argumente vor, die dazu geeignet wären, ihre Verantwortung in Bezug auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu entkräften. In diesem Zusammenhang ist auch den Ausführungen der Erstinstanz beizupflichten, wonach es einem Unternehmer zuzumuten ist, sich hinsichtlich der einschlägigen Vorschriften bei den zuständigen Stellen entsprechende Auskünfte zu holen. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass der Berufungswerberin mit ihrem Vorbringen keine Entlastung in subjektiver Hinsicht gelungen ist, sodass ihr die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zurechenbar ist.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Vorliegend ist die Strafe nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG zu bemessen, wonach bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern (im vorliegenden Fall wurden insgesamt fünf Ausländerinnen beschäftigt) für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro zu verhängen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt im Gegensatz zu Erstinstanz die Ansicht, dass auf Grund der Unbescholtenheit der Berufungswerberin es vertretbar ist, im gegenständlichen Fall mit der Mindeststrafe das Auslangen zu finden. Auch durch die Mindeststrafe ist der Berufungswerberin nachhaltig vor Augen geführt, dass für die Beschäftigung von ausländischen Staatsangehörigen entsprechende arbeitsmarktrechtliche Papiere zu erlangen sind. Andererseits ist festzuhalten, dass die Strafe in der festgesetzten Höhe auch generalpräventiven Überlegungen gerecht wird. Ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe war insofern nicht in Erwägung zu ziehen, als im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe zutage getreten sind, die eine Anwendung des § 20 VStG nach sich zu ziehen hätten. Die Tat blieb auch keineswegs soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welche gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe betragen, entsprechend herab zu setzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG der Berufungswerberin nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.


VwGH vom 14.01.2010, Zl.: 2008/09/0032-0033-8

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