Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162795/13/Br/Ps

Linz, 07.02.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M J, G, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. November 2007, Zl. VerkR96-6613-2007 Be, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 29. Jänner 2008 durchgeführten öffentlichen münd­lichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.   Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52a Z10a iVm § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 363 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Tagen verhängt, weil er am 10.10.2007 um 00:25 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A1 Westautobahn bei Km 200,797 (Baustellenbereich) im Gemeindegebiet von Eberstalzell in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt habe, wobei er die durch Vorschriftszeichen "Geschwindig­keitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 60 km/h um 73 km/h überschritten habe (gefahrene Geschwindigkeit: 133 km/h).

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Sie haben am 10.10.2007 um 00.25 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A 1 West Autobahn bei Km 200,797 (Baustellenbereich) im Gemeindegebiet von Eberstalzell in Fahrtrichtung Salzburg, gelenkt, wobei Sie die durch Vorschriftszeichen "Geschwindig­keitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 60 km/h überschritten haben, (gefahrene Geschwindigkeit: 133 km/h)

 

Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 21.06.2007 im Zusammenhalt mit dem geeichten Messgerät (Radargerät) als erwiesen anzusehen.

Gegen die Strafverfolgung vom 07.09.2007 brachten Sie innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Einspruch ohne jegliche Begründung, lediglich mit dem Ersuchen um Akteneinsicht ein.

 

Diese Akteneinsicht wurde Ihnen auch unverzüglich beim Stadtamt Mattighofen gewährt. Sie gaben im Einspruch an, innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben, dem bisher jedoch nicht nachgekommen wurde.

 

Die erkennende Behörde hat hierüber erwogen:

 

Gemäß § 52 lit.a) Zi. 10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gegen diese gesetzliche Bestimmung haben Sie verstoßen.

 

Da die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung Ihrerseits lediglich - ohne Bekanntgabe nähere Gründe - beeinsprucht wurde und keine weiteren Anträge gestellt wurden, bedurfte es keinen weiteren Beweiserhebungen.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Messung mit einem technischen Gerät ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar; einem mit der Messung betrauten Beamten ist auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten.

Einem eventuellen Vorbringen hinsichtlich eines unterlaufenen Messfehlers handelt es sich lediglich um eine Vermutung, ohne dass bestimmte Fakten vorgebracht wurden, die rein abstrakte Behauptung vermag keine Ermittlungspflicht der Behörden in Richtung auf unbest. Fehler des Gerätes auszulösen und im Verfahren keine Tatsachen aufgetreten sind, wonach dem Meldungsleger Fehler unterlaufen wären.

Auch obliegt nach Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Beweis über eine ev.  Fehlerquelle beim Beschuldigten und nicht bei der Behörde.

 

Es steht demnach fest, dass Sie gegen die oben zitierte Bestimmung verstoßen haben, und Gründe, die ein schuldhaftes Verhalten Ihrerseits ausschließen würden, im Verfahren nicht dargelegt wurden.

 

Bei der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG wurde auf Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse Bedacht genommen.

 

Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens- Familien- und Vermögensverhältnisse nicht zu berücksichtigen.

 

Zur Strafbemessung nach § 52 lit. a) Zi. 10a StVO 1960 ist auszuführen:

 

Bei der Bewertung des Unrechtsgehaltes der Tat wurde davon ausgegangen, dass der relativ hohen gefahrenen Geschwindigkeit erschwerende Bedeutung beizumessen ist.

 

§ 19 Abs. 1 VStG fordert bei der Strafbemessung dominant (arg. "stets") die Berücksichtigung des Ausmaßes der Gefährdung oder Schädigung der vom Gesetz geschützten Interessen. Die leider weit verbreitete mangelnde hinreichende gesellschaftliche Ächtung der Missachtung von  Geschwindigkeitsbeschränkungen und  die  dadurch  stark  abgefederte  Abhaltewirkung erfordert es, bei der Strafzumessung generalpräventiven Erwägungen Ausdruck zu verleihen.

 

Dies umso mehr, als es im politischen Bezirk Wels-Land letztlich auch deshalb gelungen ist, durch relativ hohe Strafen und eine generell verstärkte Verkehrsüberwachung mit Schwerpunkt Geschwindigkeitsübertretungen die Zahl der im Straßenverkehr getöteten und verletzten Personen gegen den sonstigen Trend in Oberösterreich drastisch zu senken.

 

Bei der Ausmessung der verhängten Geldstrafe war die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen.

 

Die Höhe der Geldstrafe scheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten.

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner nachstehend wiederge­gebenen fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung:

"Im Straferkenntnis vom 12.11.2007, VerkR96-6613-2007 Be, verhängt die Bezirks-hauptmannschaft Wels-Land eine Geldstrafe von € 363,-- mit dem Vorwurf, dass ich am 10.10.2007 um 00.25 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der A 1 bei km 200,797 im Baustellenbereich im Gemeindegebiet von Eberstalzell in Fahrtrich­tung Salzburg gelenkt und dabei die durch Vorschriftszeichen „Geschwindigkeitsbe­schränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 60 km/h überschritten und 133 km/h gefahren bin, wodurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z. 10a iVm § 99 Abs. 2c Z. 9 StVO vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhebe ich

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Der gegenständliche Strafbescheid wird sowohl im Schuld- als auch im Strafausspruch angefochten.

 

Das Vorschriftszeichen nach § 52 lit.a Z. 10a StVO „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fallge­schwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen inner­halb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung, dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Stra­ßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Hal­te- oder Parkverbote udgl. zu erlassen, wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtig­keit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert (§ 43 Abs. 1 lit.b Z. 1 StVO - Verkehrsver­bote, Verkehrserleichterungen und Hinweise).

 

Ein Straßenverkehrszeichen (gegenständlich: Vorschriftszeichen der Geschwindig­keitsbeschränkung) entfaltet nur dann Normcharakter, wenn diesem eine gesetzmäßige Verordnung der zuständigen Behörde zugrunde liegt und diese dem Gesetz und der Verordnung gemäß kundgemacht wurde.

Die in § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kund­zumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeit in Kraft.

 

Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) fest­zuhalten und ist Parteien iSd § 8 AVG die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und. die Abschriftnahme zu gestatten.

 

Ob es eine diesbezügliche Verordnung gibt, ist nicht aktenkundig, ebenso wenig der Zeitpunkt und der Ort der Anbringung des in Rede stehenden Vorschriftszeichens im Bezug auf Beginn und Ende (örtlicher Geltungsbereich), weswegen der

 

ANTRAG

 

gestellt wird, die Verordnung und den Aktenvermerk iSd § 44 Abs. 1 StVO beizuschaffen und mir die Einsicht- und Abschriftnahme hievon zu gestatten, damit inhaltli­che Ausführungen zur Verordnung und Kundmachung getroffen werden können.

Im Sinne der erstbehördlichen Ausführungen im Zusammenhang mit der Strafbemes­sung bin ich völlig unbescholten, was mit der gegenständlichen Geschwindigkeits­überschreitung nicht in Einklang zu bringen ist. welche doch gravierend ist; die mir zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung kommt einer gefahrenen Geschwin­digkeit gleich, welche ansonsten auf Autobahnen zulässig ist, wenn keine Beschrän­kungen gelten.

 

Im Sinne der Anzeige wurde gegenständlich mit einem stationären Radar der Type MUVR 6FA 1975 mit der Gerätenummer 04 gemessen.

 

Bei diesem Messgerät handelt es sich im Sinne der Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes um ein eichpflichtiges Gerät; die mit diesem gewonnenen Messergebnis­se können nur dann, einer Bestrafung zugrunde gelegt werden, wenn das Gerät am Verwendungstag geeicht bzw. fristgerecht und erfolgreich nachgeeicht war (vgl. etwa VwGH Vom 04.10.2000, 2000/11/0054).

Es wird daher beantragt, den Eichschein beizuschaffen und hierüber das Parteiengehör zu wahren.

 

Da davon auszugehen ist, dass mit diesem Messgerät ein Foto angefertigt wurde, möge auch dieses beigeschafft werden, um feststellen zu können, dass das Messergebnis tat­sächlich das auf meinen Namen zugelassene Fahrzeug betrifft; dies ist auch zur Be­antwortung der Frage notwendig, ob das Messergebnis aus technischer Sicht verwert­bar ist; das ich derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht zu begehen pflege, führe ich dieses Messergebnis auf einen technischen Defekt zurück bzw. betrifft dieses nicht den in Rede stehende Pkw.

 

Nach § 99 Abs. 2c Z. 9 StVO begehen eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Geldstrafe von € 72,- bis € 2.180,-, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen ist, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land stellt zwar im vorliegenden Strafbescheid vom 12.11.2007 die rechtspolitischen Anliegen betreffend Verkehrssicherheit dar, übersieht aber, dass die Strafbemessung nicht nur von generalpräventiven Erwägungen geprägt ist, sondern auch von spezialpräventiven; bei Vorliegen der Unbescholtenheit ist eine Geldstrafe in der Höhe von € 363,— überzogen; diese erreicht das 5-fache des im Gesetz vorgesehenen unteren Strafrahmens.

Aus den genannten Gründen stelle ich höflich den

 

ANTRAG,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge dieser Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge geben, das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 12.11.2007 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstel­len;

in Eventu die Geldstrafe am im Gesetz vorgesehenen Minimum orientieren,

 

M, am 20.11.2007                                                         M J"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war im bestreitenden Berufungsvorbringen und insbesondere des diesbezüglich gesonderten Antrages in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Blick auf das Berufungsvorbringen vorerst die Verordnung der diese Autobahnbaustelle betreffenden Verkehrsbeschränkungen, die Bezug habenden Bescheide sowie die Dokumentationen der Absicherungsarbeiten auf dieser Baustelle (Strkm 201,200 – 205,493) beigeschafft. Ebenfalls wurde im Wege der Landesverkehrsabteilung des Oö. LPK noch der Eichschein und das Radarfoto von der gegenständlich Messung angefordert u. dies vorweg dem Rechtsvertreter am 10.1.2008 zur Einschau übermittelt. Beweis erhoben wurde ferner durch Einsichtnahme und Erörterung des von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verwaltungs­strafaktes und der eingeholten Dokumente. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung unbegründet nicht teil.

Angesichts der inhaltlichen Unübersichtlichkeit der im Zuge des Berufungsverfahrens beigeschafften Materialen in Verbindung mit den sich darin abzeichnenden Ungereimtheiten wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers über dessen Antrag eine zweiwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme eröffnet.

 

4.1. Der Rechtsvertreter führt in seiner Stellungnahme v. 6.2.2008 zum Ergebnis des Berufungsverfahrens aus, dass, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren darf (§ 20 Abs.2 2. Fall StVO).

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land sei im vorliegenden, mit Berufung bekämpften Strafbescheid vom 12.11.2007 davon ausgegangen, dass am 10.10.2007 um 00:25 Uhr auf der A1 Westautobahn bei Kilometer 200,797 im Gemeindegebiet von Eberstalzell in Fahrtrichtung Salzburg die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht 130 km/h sondern 60 km/h betrug; dies entspräche aus folgenden Gründen nicht den Tatsachen.

Einerseits handle es sich beim Übertretungstag nicht um den 10.10. sondern um den 10.6.2007, wie in der Strafverfügung vom 07.09. des Vorjahres richtig und mit der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich in Einklang stehend ausgeführt ist.

Verkehrsgebote und Verkehrsverbote könnten nur dann Rechtswirkungen entfalten, wenn diesen eine gesetzmäßige Verordnung zugrunde liegt, welche überdies ordnungsgemäß kundgemacht ist.

Ohne vorerst auf die Frage der Gesetzmäßigkeit der der Bestrafung zugrunde liegenden Verordnung eingehen zu müssen, ergebe sich bereits aus deren Inhalt, dass der gegen den Berufungswerber erhobene Tatvorwurf unberechtigt sei.

Die Verordnung zur Geschäftszahl VerkR-190.115/5-2007, welche selbst kein Datum trage, sei vom Sachbearbeiter und Abteilungsleiter am 05.03.2007 und vom zuständigen Mitglied der Oö. Landesregierung am 07.03.2007 unterfertigt, weswegen sich schon daraus Bedenken dahingehend ergeben, als der § 2 der Verordnung auf einen Bescheid der Oö. Landesregierung vom 09.03.2007 verweist; dessen Inhalt am Tag der Unterfertigung der Verordnung noch gar nicht bekannt war bzw. dieser Bescheid am genannten Tag rechtlich (noch) nicht existent gewesen sei.

Schon aus der Präambel der Verordnung ergebe sich, dass der gegen den Berufungswerber erhobene Tatvorwurf ungerechtfertigt sei, zumal sich der örtliche Geltungsbereich der Verordnung auf die A1 Westautobahn von km 201,200 bis km 205,493 betreffend beide Richtungsfahrbahnen beziehe; der in Rede stehende Tatvorwurf somit außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der Verordnung, nämlich um nicht weniger als 403 m liege.

 

Aus § 1 der Verordnung, welche hinsichtlich des örtlichen Geltungsbereichs mit der Präambel nicht in Einklang stehe, ergebe sich für die Richtungsfahrbahn Salzburg ein örtlicher Geltungsbereich von km 200,880 bis km 206,328 betreffend die Bauphasen 2 und 5 und ein zeitlicher Geltungsbereich für Bauphase 2 vom 26.03. bis 17.04.2007 sowie für die Bauphase 5 vom 04.07.2007 bis 08.11.2007; der Tatzeitpunkt 10. Juni 2007 falle somit weder in die Bauphase 2 noch in die Bauphase 5.

In § 2 der Verordnung beziehe sich die Oö. Landesregierung auf jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote, die sich aus dem Bescheid dieser Behörde vom 05.03. bzw. dem Abänderungsbescheid vom 09.03.2007 ergeben.

Dazu sei auszuführen, dass es demnach dieser Verordnung der in der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts geforderten Klarheit ermangle, weil in der Verordnung nicht einmal ansatzweise dargelegt bzw. ausgeführt werde, welche Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote aus dem älteren bzw. jüngeren Bescheid nun tatsächlich Inhalt der Verordnung sind, der Ausdruck bzw. ließe dies völlig offen.

Einer Überprüfung dieser Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof im Wege einer Bescheidbeschwerde nach Art. 144 Abs.1 B-VG würde diese Verordnung somit schon aus diesem Grund nicht standhalten.

Auch der Bescheid der Oö. Landesregierung vom 25.03.2007 enthalte den örtlichen Geltungsbereich mit Autobahnkilometer 201,200 bis Autobahnkilometer 205,493. Nach Spruchpunkt I.12. darf im (gänzlich undefinierten) Überleitungs- und Rückführungsbereich die zulässige Geschwindigkeit nach den vorhandenen Querneigungen und der Länge der Mittelstreifenüberfahrt höchstens 60 km/h betragen, im Gegenverkehr 80 km/h (Z13). Im Sinne der Z35 ergibt sich die Bauphase 3 mit einem zeitlichen Rahmen vom 26.03. bis 16.07.2007.

In dieser Zeitspanne liege zwar der Tatzeitpunkt 10. Juni 2007, laut § 1 der Verordnung bezieht sich diese Bauphase aber auf die Richtungsfahrbahn Wien, dies noch dazu für einen anderen Zeitraum, nämlich zwischen 02.04. und 23.07.2007.

 

Die aktenkundigen Dokumentationen über Absicherungsarbeiten Nr. 5 und Nr. 6 jeweils vom 12.04.2007 beziehen sich ebenfalls nicht auf den Tatort bei Kilometer 200,797.

Der Tatvorwurf sei somit schon aus diesen Gründen nicht haltbar.

Zur Strafbemessung führte der Berufungswerber noch aus, dass die verhängte Geldstrafe von 363 Euro überzogen wäre, seine völlige Unbescholtenheit werde von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zwar festgestellt, aber nicht gebührend im Rahmen der Strafzumessung als (wohl gravierendster) Strafmilderungsgrund gewertet.

Aus den zitierten Bescheiden der Oö. Landesregierung ergebe sich die primäre Zielsetzung der Anordnungen dahingehend, dass die Sicherheit der Bauarbeiter gewährleistet ist; zum Tatzeitpunkt wurde an der Baustelle nicht gearbeitet, deren Sicherheit stand somit nicht auf dem Spiel.

Es wird der Antrag wiederholt, der UVS des Landes Oö. möge der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12.11.2007 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

Auf dem erst im Zuge des Berufungsverfahrens beigeschafften Radarfoto ist das Kennzeichen des laut Lenkerauskunft vom 3.9.2007 vom Berufungswerber selbst gelenkten Leasingfahrzeuges deutlich sichtbar. Am 7.9.2007 erließ die Behörde erster Instanz wider den Berufungswerber eine Strafverfügung, worin ihm im Sinne des Datums auf dem Radarfoto als Tatzeit der 10.6.2007, 00:25 Uhr und der Autobahnkilometer 200.797 zur Last gelegt wurde.  Das Radargerät war zu diesem Zeitpunkt laut Eichschein mit der Nr. 1975 v. 14.12.2004,  bis zum 31.12.2007 vorschriftsmäßig geeicht.

Gemäß dem von der ASFINAG Autobahn Service GmbH Nord beigeschafften Phasenplan über die Bauphase II beginnt die Fahrspurverschränkung bzw. Sperre der Fahrspur bei Strkm 200,680. Das Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 60 km/h" ist gemäß diesem Plan beidseitig 50 m vorher, bei Strkm 200,630 aufgestellt. Die Absicherungsarbeiten wurden in einem Aktenvermerk v. 12.4.2007 umfassend dokumentiert, wobei sich darin über die Aufstellung der Verkehrszeichen (Geschwindigkeitsbeschränkung) keine Hinweise finden.

Die diesen Beschränkungen zu Grunde liegende Verordnung, Zl. VerkR-190.115/5-2007, wurde vom zuständigen Organ der Oö. Landesregierung mit 7.3.2007 laut Amtsvortrag genehmigt. Im § 1 dieser Verordnung ist die Richtungsfahrbahn Salzburg betreffend bei Strkm 200,880 die Bauphase II in der Zeit vom 26.3. bis 17.4.2007 und die Bauphase 5 vom 4.7.2007 bis zum 8.11.2007 festgelegt.

Gemäß § 2 dieser Verordnung werden hierbei jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote erlassen, die aus dem Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5.3.2007, Zl.: VerkR-190.115/4-2007-Vie/Eis, bzw. dem Abänderungsbescheid vom 9.3.2007, Zl.: VerkR-190.115/6-2007-Vie/Eis, sowie den angeschlossenen Regelplänen, D1, D3, EII/2, EII/6, UII/4 und UII/5 ersichtlich sind.

Im Punkt 12. des Bescheides vom 5.3.2007 ist die 60-km/h-Beschränkung im Überleitungs- und Rückführerbereich festgelegt. Als Streckenabschnitt findet sich in der Bescheidpräambel der Bereich Strkm 201,200 bis 205,493.

Im Abänderungsbescheid wird im Punkt 1. festgelegt, dass mit den Arbeiten erst nach Aufstellen aller Leiteinrichtungen u. Verkehrszeichen begonnen werden darf. In den übrigen 46 weiteren Punkten finden sich bis ins letzte Detail ergehende Umschreibungen, etwa über Verankerungen von Verkehrssicherungsein­richtungen udgl. Der von der Verordnung zu umfassen intendierte Streckenbereich bleibt im Übrigen auch im Abänderungsbescheid unverändert.

 

5.1. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass der in der Verordnung genannte Bereich mit jenen in den Bescheiden offenkundig nicht übereinstimmt. Damit ist der Berufungswerber mit seinen ergänzenden Ausführungen im Recht.

Das Beweisverfahren der Behörde erster Instanz beschränkte sich mangels Mitwirkung des Berufungswerbers im Ergebnis bloß auf die in der Anzeige dargelegten Parameter, wobei selbst das Radarfoto erst im Zuge des Berufungsverfahrens ausgearbeitet wurde.

In Beurteilung der umfassend beigeschafften Materialen über die Einrichtung der Baustelle u. die erforderlichen Beschränkungsmaßnahmen, ist dem Berufungswerber auch mit seinem ergänzenden Vorbringen zu folgen gewesen.

Offenkundig liegt hier der Tatort noch vor dem mit der Verordnung der Oö. Landesregierung festgelegten Beschränkungsbereich. In den darin einbezogenen Bescheiden, insbesondere in dem in zeitlicher Abfolge erst zwei Tage nach der Verordnung erlassenen Abänderungsbescheid findet sich der darin genannte Streckenbereich (in Fahrtrichtung Salzburg gelegen) noch weiter hinter dem Tatort. Die in den Bescheiden und Aufzeichnungen genannten Streckenbereiche und Zeitphasen sind kaum schlüssig und entziehen sich weitgehend einer plausiblen Nachvollziehbarkeit.

Zuletzt wurde im angefochtenen Straferkenntnis mit dem 10.10.2007, 00:25 Uhr wohl irrtümlich eine unrichtige Tatzeit zur Last gelegt. Alleine mit Blick darauf war hier das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

Festzustellen ist, dass hier das Beweisverfahren – auch mangels gehöriger Mitwirkung des Berufungswerbers am erstinstanzlichen Verfahren – in der Substanz erst von der Berufungsinstanz zu führen war. Der dadurch erhöhte Aufwand wäre vermeidbar, würde die Erstinstanz die wesentlichen Dokumente selbst beischaffen.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Hier könnte es an sich bereits auf sich bewenden, ob im fraglichen Bereich die kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h in der Verordnung Deckung finden kann, weil im Straferkenntnis eine Tatzeit angelastet wurde, welche im Akt keine Deckung findet. Mit der Strafverfügung vom 7.9.2007 wurde wohl eine diese Fahrt betreffende Verfolgungshandlung gesetzt, jedoch für einen offenkundig von der Verordnung im räumlichen Umfang nicht gedeckten Bereich.

Die an der genannten Örtlichkeit erfolgte Kundmachung iSd § 52 Abs.2 Z10 StVO 1960 entbehrte demnach einer rechtlichen Deckung durch die Oö. Landesregierung.

Der Verordnung einer Verkehrsbeschränkung ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (vgl. VwGH 8.6.1993, 92/02/0263, VwGH 3.7.1986, 86/02/0038).

Der Berufungswerber ist demnach mit seinem Vorbringen im Recht, wobei der verordnete Beschränkungsbereich auch in seiner zeitlichen Abfolge aus den Materialen als nicht nachvollziehbar und offenkundig auch widersprüchlich zu sein scheint. Auch damit ist dem Berufungswerber in seinem Vorbringen zu folgen gewesen.

Vor diesem Hintergrund sieht sich die Berufungsbehörde nicht legitimiert, eine Spruchpräzisierung im Hinblick auf die verfehlt ausgesprochene Tatzeit vorzunehmen.

Dem Berufungswerber ist daher in seinem Schlussantrag zu folgen gewesen. Das hier mit dem angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tatverhalten war daher zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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