Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162582/10/Bi/Se

Linz, 21.02.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C P, B K, vertreten durch Herrn RA Dr. H V, L, vom 3. Oktober 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. September 2007, VerkR96-26688-2006-Ni/Pi, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 13. Februar 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsent­scheidung)  zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Spruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Strafnorm auf § 99 Abs. 2c Z9 StVO 1960 geändert wird, die Geldstrafe jedoch auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 30 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z3 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 364 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. Oktober 2006, 15.36 Uhr, in der Gemeinde Pucking, A25, Rampe 3 bei km 0.400 in FR Linz, mit dem Pkw  die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 52 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,40 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. Februar 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. V, des Zeugen CI F (auf dessen Einvernahme dann einvernehmlich verzichtet wurde) und des techni­schen Amtssachverständigen Ing. J L durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz Frau G P war entschuldigt. Die Berufungs­ent­scheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, eine entsprechende rechtsgültige Verordnung liege nicht vor, sondern es handle sich lediglich um ein Verständi­gungs­schreiben des Bundesministeriums an den Autobahnbetreiber. Außerdem müsse eine entsprechende Klarstellung des Tatvorwurfs insofern erfolgen, als nunmehr im Straferkenntnis die Fahrtrichtung Linz unzulässigerweise ergänzt worden sei. Es sei bereits Verjährung eingetreten.

Außerdem bestünden Zweifel an der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung, da eine Geschwindigkeit von 160 km/h im Vorfallsbereich gar nicht eingehalten werden könne. Auf den Fotos seien vor seinem Pkw und auch dahinter andere Fahrzeuge erkennbar, weshalb davon auszugehen sei, dass eine falsche Messung von diesen Fahrzeugen ausgelöst worden sei. Das verwendete Gerät sei 2004 als ordnungsgemäß festgestellt worden; die Voraussetzungen müssen aber nach gut drei Jahren nicht mehr vorliegen.

Die verhängte Strafe seit weit überhöht, zumal Milderungsgründe nicht berück­sichtigt worden seien. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz berücksichtigt und anhand der vor­liegenden Unterlagen – Eichschein, A-, B- und Kalibrierfoto wurden ausführlich erörtert – ein technisches Sachverständigen­gutachten zur Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs erstellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 26. Oktober 2006 gegen 15.35 Uhr den Pkw , einen H C, auf der A25 zur A1 in Richtung Linz und wurde dabei, ohne dass er es bemerkt hätte, seine Geschwindigkeit mittels stationärem Radargerät MUVR 6FA, Nr.2349, auf der Rampe 3 bei km 0.400 der Verbindung A25 – A1 gemessen.

Die Zulassungsbesitzerin Frau F P gab bei der Lenkerauskunft den Bw als damaligen Lenker an – die Lenkereigenschaft wurde vom Bw auch nicht bestritten.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass (auch) dieser Radarstandort von den dafür vorgeschriebenen straßenbaulichen und technischen Kriterien her vom Bundes­amt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) als geeignet bezeichnet wurde. Die Aufstellung des Radargerätes wurde von Technikern des BEV durch­ge­führt. 

Radargeräte der Bauart MUVR 6FA sind Verkehrsgeschwindigkeitsmesser zur vollautomatischen Geschwindigkeitsmessung ohne Bedienungspersonal an festen Messstellen und laut Amtsblatt für das Eichwesen, Nr.4/1989, zu Zl 41008/89 zur Eichung zugelassen im Messbereich zwischen 25 km/h und 250 km/h

Die Radarmessung – das Radargerät wurde laut vorgelegtem Eichschein zuletzt vorher am 8. Juli 2004 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2007 vom BEV geeicht und wurden anhand des automatisch angefertigten ebenfalls vorlie­genden Kalibrierfotos vom SV keine Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion fest­gestellt – ergab laut Anzeige 161 km/h und wurden mittels eingebauter Digital­kamera, so wie in der Zulassung vorgesehen, im Abstand von 0,5 Sekunden zwei Fotos vom Fahrzeug des Bw gemacht, nämlich das A-Foto, Nr.58, und das B-Foto, Nr.59. Nach den schlüssigen Ausführungen des SV lässt das unmittelbar nach der Messung angefertigte A-Foto den vom Bw gelenkten Pkw eindeutig in der Position des gemessenen Fahrzeuges erkennen, wobei das Kennzeichen auf dem A-Foto selbst nicht lesbar ist, jedoch kann bei der Auswertung beim Landesverkehrs­kommando das Foto so bearbeitet werden, dass der Kennzeichenteil heraus­gearbeitet und somit das Kennzeichen lesbar wird. Dieser Kennzeichen-Fototeil ist auf dem Anzeigenfoto rechts unten nochmals vergrößert zu sehen. Auf dem A-Foto ist am äußerst linken Bildrand in einer Position vor dem Pkw des Bw, aber auf dem rechten Fahrstreifen ein weiterer Pkw erkennbar, der sich aber nicht in Reichweite der Radareinrichtung befindet. Das A-Foto enthält im Daten­segment alle wesent­lichen Daten; das B-Foto ist lediglich ein zu Beweiszwecken "nachge­schossenes" Foto, mit dem die rechnerische Nachvoll­ziehung des Mess­wertes mittels spezi­eller Software durch­geführt werden kann. Die Geschwindigkeit des darauf in einer Position auf dem rechten Fahrstreifen hinter dem Pkw des Bw zu sehenden Fahrzeuges wurde nicht gemessen. Mit diesem B-Foto (es enthält im Datenseg­ment keine Bezeichnung, während das A-Foto oben rechts von der einge­blendeten Geschwindigkeit die Bezeichnung "A" enthält) soll im Weg eines Zeit-Weg-Diagramms die Geschwin­digkeit anhand des nachvollziehbaren Weges, den das gemessene Fahr­zeug in einer halben Sekunde (bekannter zeitlicher Abstand zwischen den Fotos) zurücklegt, nachgerechnet werden können. Der SV hat diese Berechnung durchgeführt und den gemessenen Geschwindigkeitswert als richtig nachvoll­zogen. Allerdings sind laut Zulassung für Radargeräte der Bauart MUVR 6FA insgesamt 5% des Messwertes als Verkehrs­fehler­grenze abzuziehen, das sind im ggst Fall aufgerundet 9 km/h, was die im Tatvorwurf enthaltene Geschwin­digkeit von 152 km/h ergibt. 

Der SV hat zum Argument des Bw, eine solche wie die vorgeworfene Geschwin­digkeit sei in dieser Kurve aufgrund baulicher Gegeben­heiten nicht einhaltbar, ausgeführt, dass bei Testfahren vor ca 1,5 Jahren eine Geschwindigkeit von 160 km/h jedenfalls erreicht wurde, wobei auch die Straßenlage des vom Bw gelenkten Pkw dazu bestens geeignet ist.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Auf der Rampe 3, die die A25 Linzer Autobahn in Fahrtrichtung Linz mit der A1 Westautobahn verbindet, ist mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 28. Dezember 2001, Zl.314.501/65-III/10-01, zwischen km 0.125 und 1.570 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 100 km/h festgesetzt.

Diese Verordnung ist an die ASFINAG, den Straßenerhalter beider Autobahnen, gerichtet, als Verordnung auf der Grundlage des § 43 Abs.1 StVO 1960 bezeichnet und im Wortlaut erkennbar. Von einem bloß "unverbindlichen Verständigungs­schreiben", wie der Bw argumentiert, kann keine Rede sein. 

 

Die Formulierung der Verordnung im Punkt II.2. ["II. Auf folgenden Rampen im Knoten der Westautobahn A1 mit der Linzer Autobahn A25 wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h verordnet: ... 2. auf der Rampe von der RFB Linz der A25 zur RFB Wien der A1 vom südlichen Widerlager (unter der RFB Wien) der Westautobahn A1 bis zur Einmündung der A25 in die RFB Wien der A1 (= km 0.125 bis km 1.570 der genannten Rampe)"] mag widersprüchlich sein, wurde jedoch durch die genauen Km-Angaben ausdrücklich und deutlich defi­niert. Die Kundmachung durch Anbringung der Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 durch die Autobahnmeisterei Ansfelden wurde nach­geprüft und liegen von den jeweiligen Aufstellungsorten Fotos vor, die in der Berufungsverhandlung erörtert wurden. Auf dieser Grundlage war davon auszu­gehen, dass der Bw bei km 0.125 den Beschränkungsbereich befuhr und beim Standort des Radargerätes bei km 0.400, wie schon in der Anzeige vermerkt, seine Geschwindigkeit gemessen wurde, also 275 m danach.       

 

Das Radargerät war ordnungsgemäß geeicht – konkrete Fehlfunktionen oder Anhalts­­punkte für Mängel wurden weder behauptet noch waren solche aus den Fotos zu finden – und auch die errechnete Geschwindigkeit nach Toleranzabzug vom Messwert entspricht der Zulassung. Der dem Tatvorwurf zugrundegelegte Geschwindigkeitswert von 152 km/h entspricht somit der Richtigkeit.

 

Der Bw hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt - diesbezüglich wurde hinsichtlich der "Fahrtrichtung Linz", die bereits in der Anzeige enthalten war, innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist am 30. März 2007 Parteien­gehör gewahrt und vom Rechtsvertreter im Schriftsatz vom 25. April 2007 die Kenntnis der Anzeige bestätigt, sodass von einer ordnungsgemäßen Spruch­konkretisierung im Sinne des § 44a VStG auszugehen war. Die korrekte Strafnorm des § 99 Abs.2c Z9 StVO ("Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist ... zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchst­geschwin­digkeit ... außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h über­schreitet.") war bereits in der Strafverfügung enthalten, sodass der Spruch gemäß § 44a Z3 VStG abzuändern war – und sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verant­worten, zumal ihm eine Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbring­lichkeit von 24 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

 

Die Erstinstanz hat als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bw, jedoch die "enorme Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit" als erschwe­rend berücksichtigt und die finanziellen Verhältnisse des Bw mit 1.000 Euro netto monatlich angenommen. Da nunmehr die Strafnorm im Hinblick auf eine höhere Strafdrohung geändert wurde, war auch die Geschwindigkeitsüber­schreitung um 52 km/h nicht mehr erschwerend, weil eine Überschreitung um mehr als 50 km/h bereits im Unrechtsgehalt der Übertretung enthalten war. Daher war eine Straf­her­absetzung gerechtfertigt.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalprä­ventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur genauesten Beachtung von für ihn geltenden Geschwindigkeitsbeschränkungen anhalten. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

korrekte Radarmessung im 100 km/h Bereich mit 152 km/h -> Strafherabsetzung wegen geänderter Strafnorm

 

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