Linz, 19.02.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn E B, geb. , H, L, vertreten durch Herrn J G D, geb. , S, Kg gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 06.12.2007, S-13771/07, wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2008 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatort "km 1,510" lautet.
Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG
§ 64 Abs.1 und 2 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:
- Geldstrafe ...................................................................... 29,00 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ................................. 2,90 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz ............................... 5,80 Euro
37,70 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ........................................... 17 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
"Sie haben am 30.11.2006 um 09.46 Uhr in Gschwandt, L1306 bei Km 1.510 in Fahrtrichtung Gmunden den Lkw, Kz. SD-.... gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten, da die Fahr-geschwindigkeit 61 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde und die Verkehrsfehlergrenze bereits abgezogen wurde.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 20 Abs.2 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
29,-- Euro 17 Std. § 99 Abs.3 lit.a StVO
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
2,90 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,-- angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EURO 31,90."
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 20.12.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Am 18.02.2008 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI C. S. teilgenommen haben.
Sowohl der Bw, als auch dessen Rechtsvertreter haben diese mVh vorzeitig und unentschuldigt verlassen – bis zu diesem Zeitpunkt wurde zwar die Sachlage ausführlich erörtert, mit der Aufnahme der Niederschrift war jedoch noch nicht begonnen worden.
Verlassen der Bw sowie dessen Rechtsvertreter vorzeitig und unentschuldigt die mVh, ist die weitere Durchführung bzw. Fortsetzung dieser Berufungsverhandlung sowie die Verkündung des Erkenntnisses zulässig.
VwGH in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6 und E22 zu § 51f VStG (Seiten 1048 und 1051) sowie Erkenntnisse vom 31.01.2005, 2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291; vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 und vom 18.11.2003, 2001/03/0151, alle mit Vorjudikatur.
Bei dieser mVh wurden folgende Angaben des Bw protokolliert:
- Ich habe den Vorfall (Radarmessung) gar nicht mitbekommen bzw. mit Zustellung der Strafverfügung (Anfang März 2007) erstmals davon erfahren.
- Ich weiß noch ganz genau, dass bei der Ortstafel ein Sattel-KFZ gestanden ist und ich auf die linke Fahrbahnseite ausweichen musste.
- Im Straferkenntnis steht "km 1.510" anstelle dessen müsste es heißen: "1,510" – anstelle des Punkt gehört ein Beistrich.
- Ich beantrage, dass die Berufungsbehörde "UVS" und nicht – wie in der Berufung ausgeführt – die Oberbehörde über die gegenständliche Berufung entscheidet.
- Ob der im Verfahrensakt enthaltene Eichschein sich auf das bei der Messung verwendete Radargerät bezieht möchte ich – aufgrund der "widersprüchlichen Bezeichnungen" offen lassen.
- Die Ortstafel steht nicht dort, wo diese verordnet wurde – diesbezüglich beantrage ich einen Ortsaugenschein.
- Der Tatort ist nicht richtig, da ich nicht weiß wo das Radargerät gestanden ist – auch diesbezüglich beantrage ich einen Ortsaugenschein.
- Die Berufung wird aufrecht erhalten und beantragt der Berufung stattzugeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben.
Der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI C. S. hat nachfolgendes zeugenschaftlich ausgesagt:
"Der im Akt enthaltene Eichschein bezieht sich auf jenes Radargerät, mit welchem die gegenständliche Messung durchgeführt wurde.
Ich stand mit meinem Dienst-PKW auf der L 1306 Vorchdorfer Landesstraße in Fahrtrichtung Kirchham, ca. 600 bis 700 m von der Ortstafel entfernt.
Nach Einblick in das DORIS–Orthofotos korrigiere ich, dass ich doch näher zur Ortstafel gestanden bin. Der Tatort "km 1,51" ist jedoch richtig.
Dieser Standort meines Dienst-PKW wird von meinen Kollegen und auch von mir öfters als Standort für Radarmessungen verwendet."
Wurde vom UVS eine mVh durchgeführt, dann ist – gemäß § 51i erster Satz VStG – bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist (Unmittelbarkeitsgrundsatz);
VwGH vom 7.9.2007, 2007/02/0180 mit Vorjudikatur uva.
Zu den Einwendungen des Bw ist im Einzelnen auszuführen:
Der Bw gibt selbst an, er habe den Vorfall (Radarmessung) gar nicht mitbekommen und mit Zustellung der Strafverfügung (= Anfang März 2007, somit mehr als drei Monate nach diesem Vorfall) erstmals davon erfahren.
Allein dadurch ist seine Angabe bei der mVh:
"Ich weiß noch ganz genau, dass bei der Ortstafel ein Sattel-KFZ gestanden ist und ich auf die linke Fahrbahnseite ausweichen musste"
völlig unglaubwürdig!
Obendrein handelt es sich bei dieser – völlig unglaubwürdigen – Angabe des Bw nicht um einen Schuldausschließungsgrund! siehe die in Messiner, StVO, 10. Auflage, E3 zu § 48 StVO (Seite 852 f) zitierte Entscheidung des VwGH.
Der Bw hat zutreffend erkannt, dass der Straßenkilometer der L 1306 Vorchdorfer Landesstraße nicht "km 1.510" sondern richtigerweise "1,510" heißen muss bzw. dass anstelle des Punktes ein Beistrich gehört!
Dabei handelt es sich um einen offenkundigen Schreibfehler iSd § 62 Abs.4 AVG –
dieser wurde im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechend korrigiert.
Der im Verfahrensakt enthaltene Eichschein bezieht sich auf das bei der Messung verwendete Radargerät; siehe die Zeugenaussage des Meldungslegers, GI C. S.!
Zu den Vorbringen
- "Die Ortstafel steht nicht dort wo diese verordnet wurde" sowie
- "Der Tatort ist nicht richtig, da ich nicht weiß wo das Radargerät gestanden ist." ist auszuführen:
Dabei handelt es sich um rechtlich irrelevante Behauptungen bzw. Vermutungen des Bw. Ohne konkrete Behauptungen, worin die Unrichtigkeit des Standortes der Ortstafel sowie des Tatortes gelegen sein sollte, ist der UVS nicht verpflichtet, einen (unzulässigen) Erkundungsbeweis vorzunehmen.
Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig;
siehe die in Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG, RZ 16 zu § 46 AVG (Seite 448) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie
die Erkenntnisse des VwGH vom 11.08.2006, 2005/02/0220;
vom 11.08.2005, 2005/02/0193 und vom 22.03.1999, 98/17/0178.
Der Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines wird daher abgewiesen.
Der Zeuge und Meldungsleger hat bei der mVh einen kompetenten und glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und schlüssig dargelegt, dass der Tatort "km 1,51" richtig ist.
Der Bw hat weder in der Berufung noch in der mVh bestritten, dass er zur Tatzeit und am Tatort den im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten LKW gelenkt hat und dabei mit einer Geschwindigkeit von 61 km/h gefahren ist.
Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Die Strafbemessung erfolgt nach den Kriterien des § 19 VStG.
Gemäß § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Die §§ 32 bis 35 StGB sind sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw betragen:
1.000 Euro netto/Monat; kein Vermögen, Sorgepflicht für Ehegattin und 2 Kinder.
In der Verwaltungsstrafevidenz ist eine Übertretung nach der StVO vorgemerkt –beim Bw liegen somit weder erschwerende noch mildernde Umstände vor.
Die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe beträgt nur 4 % der möglichen Höchststrafe nach § 99 Abs.3 lit.a StVO.
Diese Geldstrafe wäre selbst bei einer völlig mittellosen Person nicht überhöht.
Anzumerken ist, dass – im Bundesland OÖ. – auch bei einer Anonymverfügung eine Geldstrafe in dieser Höhe vorgeschrieben wird!
Die Berufung ist daher auch betreffend die Strafhöhe als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG betragen die Verfahrenskosten I. Instanz 10 % und vor dem Oö. Verwaltungssenat weitere 20 % der verhängten Geldstrafe
(= 2,90 Euro bzw. 5,80 Euro).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler