Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162942/2/Zo/Da

Linz, 21.02.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn S E, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte S & S, R, vom 8.2.2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 22.1.2008, VerkR96-2691-2005, wegen mehrerer Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er, wie bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 16.3.2005 um 11.30 Uhr auf der B310 bei Strkm 55,250 festgestellt worden sei, als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen , welcher zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt war, und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t überstieg,

1. das Schaublatt vom 9.3.2005, 03.55 Uhr bis 10.3.2005, 08.10 Uhr mehr als 24 Stunden verwendet habe,

2. das Schaublatt vom 10.3.2005, 08.10 Uhr bis 14.3.2005, 04.40 Uhr mehr als 24 Stunden verwendet habe,

3. das Schaublatt vom 14.3.2005, 05.00 Uhr bis 16.3.2005, 05.20 Uhr mehr als 24 Stunden verwendet habe

4. am 10.3.2005 auf dem Schaublatt den Ort am Ende der Benutzung des Schaublattes nicht eingetragen habe sowie

5.  am 14.3.2005 auf dem Schaublatt den Ort am Ende der Benutzung des Schaublattes nicht eingetragen habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1., 2. und 3. jeweils eine Verwaltungsübertretung nach Art. 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 sowie zu 4. und 5. jeweils eine Übertretung nach Art. 15 Abs.5 lit.b der Verordung (EWG) 3821/85 begangen. Wegen der Verwaltungsübertretungen zu den Punkten 1, 2 und 3 wurden Geldstrafen von jeweils 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 14 Stunden) gem. § 134 Abs.1 KFG 1967 verhängt. Hinsichtlich der Übertretungen zu den Punkten 4 und 5 wurden Geldstrafen in Höhe von jeweils 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 10 Stunden) verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 17 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten umfangreichen Berufung machte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes geltend:

 

Hinsichtlich der Delikte 1, 2 und 3 sei der Tatvorwurf nicht ausreichend konkret iSd § 44a VStG. Die Tatzeit sei lediglich pauschal mit 16.3.2005 um 11.30 Uhr angeführt, es hätte aber für jedes einzelne Schaublatt der Zeitraum der Überschreitung angeführt werden müssen. Im Übrigen handle es sich um ein Dauerdelikt und es sei Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen. Bezüglich der Delikte 4 und 5 sei unklar, ob hier Einzeldelikte oder ein Dauerdelikt vorgeworfen werden und sei kein Tatort angeführt.

 

Die Behörde habe sich mit dem Vorbringen des Beschuldigten nicht auseinander gesetzt, weshalb der Bescheid willkürlich ergangen sei. Er habe Beweisanträge gestellt, insbesondere die Einholung eines technischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass er die Schaublätter nicht über die vorgesehene Zeit hinaus verwendet habe. Die Behörde habe diesen Beweis nicht eingeholt und auch mit keinem Wort begründet, weshalb sie dies unterlassen habe. Ein Sachverständiger hätte bestätigen können, dass der Ort am Ende der Benützung mit dem Symbol für "detto" eingetragen war und die Schaublätter im Übrigen korrekt verwendet wurden. Er habe beim Schaublatt vom 9.3.2005 die Fahrt um 19.00 Uhr beendet und in der Folge sei keine Lenkzeit mehr vorgelegen. Das gelte auch für den Tatvorwurf zu Punkt 2, welcher sich über ein Wochenende erstreckt, an dem das Fahrzeug     ebenfalls nicht gelenkt worden sei. Die Tatvorwürfe seien daher vollständig verfehlt und es sei die Auswertung der Schaublätter durch einen Sachverständigen erforderlich, um einerseits die Lenkzeiten zu eruieren sowie andererseits festzustellen, dass das Fahrzeug offensichtlich über das Wochenende gestanden ist.

 

Im Heimatstaat des Beschuldigten sei es üblich, die Tachoschaublätter nach Beendigung der Fahrt nicht zu entnehmen, sondern erst beim nächsten Fahrtantritt. Auf diese Weise könnten Ruhezeiten und Arbeitsunterbrechungen gut kontrolliert werden, weshalb sich der Berufungswerber eben daran gehalten habe.

 

Bezüglich der Übertretungen zu Punkt 4 und 5 ergebe sich aus den Schaublättern, dass der Ort am Beginn der Fahrt mit "S" richtig eingetragen sei. In der darunterliegenden Zeile für das Ende der Fahrt sei das international übliche Symbol für "detto" als Abkürzung verwendet worden. Dies müsse jedenfalls ausreichen, es sei sicher nicht notwendig, dass der Beschuldigte den Ort am Ende der Benutzung vollständig einträgt.

 

Insgesamt sei jedenfalls eine Abmahnung iSd § 21 VStG für sämtliche Vorwürfe gerechtfertigt. Er habe sich an die in D übliche Vorgangsweise gehalten, weshalb der Schuldvorwurf als äußerst gering anzusehen sei. Die Überschreitungen der Verwendungsdauer seien ausschließlich während der Ruhezeit erfolgt, sodass keinerlei Gefährdung der Verkehrssicherheit bestanden habe.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei für das Verfahren gar nicht zuständig gewesen, weil sämtliche Übertretungen in D begangen worden seien. Die Erstinstanz habe mit keinem Wort begründet, weshalb sie sich für derartige Übertretungen zuständig erachte. Es liege daher ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschuldigten vor. Alle vorgeworfenen Übertretungen hätten sich in D ereignet und die österreichische Behörde hätte das Verfahren daher nach D weiterleiten müssen.

 

Weiters behauptete der Berufungswerber Mängel bei der Strafbemessung und eine nicht ausreichende Begründung.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht durchgeführt wird.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber wurde wegen der angeführten Verwaltungsübertretungen von der Grenzpolizeiinspektion Wullowitz am 22.3.2005 angezeigt. Eine entsprechende Strafverfügung wurde am 13.7.2005 erlassen und letztlich am 21.9.2005 zugestellt. Es wurde Akteneinsicht gewährt und der Vertreter des Beschuldigten hat am 10.1.2006 eine Stellungnahme abgegeben. In weiterer Folge wurde der Meldungsleger als Zeuge einvernommen, wobei dies auf Grund einer vorübergehenden Dienstzuteilung des Zeugen erst im August 2006 erfolgte. Eine entsprechende Stellungnahme des Berufungswerbers langte am 11.9.2006 bei der Erstinstanz ein, wobei der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen gestellt wurde. Die Erstinstanz erließ in weiterer Folge – ohne Einholung des beantragten Gutachtens – allerdings erst 16 Monate später das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Gemäß § 51e Abs.1 VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Im Hinblick auf sein Vorbringen ist dieser Antrag zumindest nicht völlig irrelevant, sodass im Berufungsverfahren eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung unter Beiziehung eines Sachverständigen durchzuführen wäre.

 

Die gegenständlichen Übertretungen wurden am 16.3.2005 um 11.30 Uhr beim Grenzübergang Wullowitz festgestellt. Dieser Zeitpunkt bestimmt die Tatzeit iSd § 44a VStG und es sind von diesem Zeitpunkt an die Verjährungsfristen des § 31 VStG zu rechnen. Die Strafbarkeitsverjährung tritt daher am 16.3.2008 ein. Dazu ist anzuführen, dass der gegenständliche Akt am 18.2.2008 beim UVS des Landes Oberösterreich einlangte. Dem UVS würde also für die Überprüfung der Vorwürfe lediglich eine Frist von 4 Wochen verbleiben, während die Erstinstanz für die Erlassung des Straferkenntnisses einen Zeitraum von ca. 2 Jahren und 10 Monaten benötigt hat, wobei ca. 16 Monate lang – zumindest aktenkundig – der Akt überhaupt nicht bearbeitet wurde.

 

Für eine MRK-konforme Überprüfung der Tatvorwürfe wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens und dessen Erörterung im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung erforderlich. Auf Grund der bekannten Belastung der Sachverständigen kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass dies innerhalb von 4 Wochen nicht möglich ist. Es ist aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass selbst in ausgesprochen dringenden Fällen ein Sachverständigentermin für eine Verhandlung frühestens in 6 – 8 Wochen erreicht werden kann. Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Ladung zur Verhandlung gem. § 51e Abs.6 VStG so zugestellt werden muss, dass dem Beschuldigten mind. 2 Wochen zur Vorbereitung verbleiben. Diese Fristen können in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr eingehalten werden, weshalb eine gesetzmäßige Überprüfung der Tatvorwürfe vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung nicht mehr möglich ist. Diese Vorwürfe können daher – aus zeitlichen Gründen – nicht mehr beurteilt werden, weshalb sie auch nicht als erwiesen angesehen werden können. Es ist daher gem. § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Notwendige Verhandlung kann vor Eintritt der Verjährung nicht durchgeführt werden, weshalb Übertretung nicht beweisbar ist.

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum