Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521852/8/Bi/Se

Linz, 18.02.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M D P, L, vom 10. Jänner 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. Dezember 2007, VerkR21-987-2007/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und Aberkennung des Rechts, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führer­schein in Österreich Gebrauch zu machen, sowie Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, aufgrund des Ergebnisses der am 14. Februar 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben. 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Freistadt am 11. Februar 1999, VerkR20-2643-1998/FR, für die Klassen A-50ccm und B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3 iVm 26 Abs.1 und 3 Abs.2 FSG für die Dauer von sechs Monaten und zwei Wochen, gerechnet ab 18. Dezember 2007 (Ende des Vorentzuges durch amtsärztliches Gut­achten), entzogen. Weiters wurde ihm für die Dauer der Entziehung gemäß § 32 FSG das Lenken von Motor­fahr­rädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeu­gen verboten und gemäß § 30 Abs.1 FSG das Recht aber­kannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfällig gegen den Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. Dezember 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Am 14. Februar 2008 wurde eine öffentliche mündliche Beru­fungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz hat sich entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich ver­kündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er brauche den Führerschein drin­gend, zumal er als Außenmonteur beschäftigt und Alleinverdiener der Familie sei. Er hat außerdem dargelegt, er sei im März 2006 zu seiner Freundin in die E­ in L gezogen und von dort im September oder Oktober 2007 nach L. Sein Bruder, der wegen Drogen bereits auf Entzug gewesen sei, habe schon 2006 in der Wohnung in der M G S in L gewohnt. Auf eine Ummeldung oder die Veran­lassung einer Postnachsendung habe er vergessen. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von der Erstinstanz übermittelten Verfahrensakten der BPD Linz und der Erst­instanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsver­hand­lung, bei der der Bw gehört und die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Bescheid berücksichtigt wurden.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­­fahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG zu gelten, wenn jemand ua trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraft­fahrzeug lenkt.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszu­verlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszu­verlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits einge­tragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern.

 

Aus den vorgelegten Verfahrensakten lässt sich entnehmen, dass dem Bw mit Man­datsbescheid der BPD Linz vom 25. September 2006, FE-425/2006, die Lenk­be­rech­tigung ab Bescheidzustellung bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gut­achtens erforderlichen Befunde zu erbringen, entzogen wurde. Der Mandats­bescheid wurde nach zwei erfolglosen Zustellversuchen an den Bw per Adresse M G S in L mit Beginn der Abholfrist am 28. Septem­ber 2006 hinterlegt und (obwohl er mit dem Vermerk "nicht behoben" von der Post retourniert worden war) seitens der Erstinstanz als ordnungsgemäß zuge­stellt gewertet.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 11. Dezember 2007, VL9-STR-15307/2007, wurde dem Bw die Begehung einer Verwaltungsübertre­tung gemäß §§ 37 Abs.1 iVm Abs.4 Z1 und 1 Abs.3 FSG insofern angelastet, als er das Kraftfahrzeug  am 17. Mai 2007 um 17.15 Uhr in S, Gde. V, auf der Zufahrtsstraße der L52 vom Spar­markt kommend in Richtung Kreisverkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreff­enden Klasse oder Unterklasse, in die das genannte Kfz falle, gewesen sei, da ihm diese mit Bescheid der BPD Linz FE-425/2006 entzogen worden sei. Der Bw wurde außerdem mit rechtskräftigem Bescheid der BH Villach vom 26. Juli 2007, VL9-STR-5770/07, wegen Übertretung gemäß § 14 Abs.8 FSG bestraft, weil er am 17. Mai 2007, 17.15 Uhr, den oben genannten Pkw mit einem BAG von 0,5 %o gelenkt habe.

Daraufhin veranlasste der Bw seine sofortige Untersuchung gemäß § 8 FSG bei der Amtsärztin der Erstinstanz Frau Dr. Ü, die im amtsärztlichen Gut­achten vom 18. Dezem­ber 2007 ausführte, der Bw sei geeignet, Kraftfahr­zeuge der Gruppe 1 zu lenken. Er sei bei der Untersuchung klinisch unauffällig gewesen und es hätten sich keine Hinweise auf Drogenkonsum oder eine Abhängig­keit gefunden. Die angegebene Abstinenz habe durch die vorgelegten Drogenharn­befunde bestätigt werden können – die Untersuchung auf Canna­binoide, Haschisch und Ampheta­mine war laut Laborbefund Dris R, L, vom 6. Dezember 2007 eindeutig negativ bei normwertigem Kreatininwert.

 

Auf der Grundlage der amtsärztlichen Untersuchung am 18. Dezember 2007 war das Ende der Entziehungsdauer des oben angeführten Bescheides anzunehmen.

 

Dem Bw war am 12. November 2006 eine Strafverfügung der Erstinstanz eigen­händig zugestellt worden, mit der ihm zur Last gelegt wurde, am 15. August 2006, 21.15 Uhr einen näher genannten Pkw in Ansfelden A1, Ausfahrt Traun, gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Die Strafverfügung vom 25. August 2006 erwuchs in Rechts­kraft.

 

Auf der Grundlage der genannten beiden rechtskräftigen Übertretungen nach § 1/3 FSG und einer Übertretung nach § 14 Abs.8 FSG wurde dem Bw mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Erstinstanz vom 27. Dezember 2007, VerkR21-987-2007/LL, erneut die Lenkberechtigung für eine Dauer von sechs Monaten und zwei Wochen entzogen.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zu sagen, dass  der Bw in objektiver Hinsicht die Übertretungen zweifellos begangen hat, wobei ihm jedoch eine Entziehung seiner Lenkberechtigung offensichtlich nicht bekannt war, zumal ihm der dieser zugrundeliegende Bescheid der BPD Linz vom 25. September 2006, FE-425/2006, tatsächlich nie zugegangen ist.

Der Bw hat in der Berufungsverhandlung am 14. Februar 2008 ausgeführt, er sei im März 2006 zu seiner Freundin in die E in L gezogen, ohne sich von seinem bisherigen Wohnsitz in der M G S abzu­melden. Zunächst habe er die Miete weiterbezahlt, dann sei sein Bruder, der vorher auf Entzug gewesen sei, in seine alte Wohnung gezogen. Er habe auf die Ummeldung bzw einen Postnachsendeauftrag vergessen. Die Strafverfügung der Erstinstanz vom 25. August 2006 wegen § 1 Abs.3 FSG habe seine Freundin einbezahlt. Im Herbst 2007 seien dann seine Freundin und er nach L gezogen an die nunmehrige Adresse W. Er habe auch von einem Verfahren gegen ihn nichts gewusst. Als er schließlich das Straferkenntnis der BH Villach erhalten habe, sei er dem nachgegangen und habe erfahren, dass ihm die Lenkberech­tigung tatsächlich bis zu einer amtsärztlichen Untersuchung samt Drogen­befunden entzogen worden sei. Da er keine Drogen nehme, habe er sofort die Untersuchung bei der Amtsärztin vom 18. Dezember 2007 unter Vorlage der Drogenharn­befunde vom 6. Dezember 2007 veranlasst, die dann auch seine Aus­sagen bestätigt habe.        

 

Diese Angaben sind aus dem vorliegenden Verfahrensakt der BPD Linz insofern nachvollziehbar, als die Strafanzeige wegen der Auffindung von 0,6g Amphe­tamin am 11. Februar 2006 mit 20. April 2006 datiert ist und der Mandats­bescheid der BPD Linz gemäß § 24 Abs.4 FSG vom 26. April 2006, FE-425/2006, der nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 4. Mai 2006 hinterlegt wurde, von der Post mit dem Vermerk "nicht behoben" rück­übermittelt wurde. Dass der Bw im März 2006 in die Wohnung seiner Freun­din übersiedelt ist, ist nicht gänzlich lebensfremd. Eine Verpflichtung, in der alten Wohnung regelmäßig die Post zu kontrollieren oder einen Nachsendeauftrag zu erteilen – was zu einer Heilung von Zustellmängeln führen könnte – ist nicht vor­ge­sehen; ebenso wenig war der Bw verpflichtet, seinen neuen Aufenthaltsort bekannt zu geben, zumal er von einem bei der BPD Linz eingeleiteten Verfahren betreffend seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen offensichtlich keine Kenntnis hatte. Wenn die Beamten der PI M bei ihren Zustell­versuchen (allerdings des Bescheides gemäß § 24 Abs.4 FSG) zum Ergebnis kamen "der Empfänger war in der Wohnung anwesend", könnte dies auch der Bruder des Bw gewesen sein, der seinerseits nicht verpflichtet war, dem Bw davon Mitteilung zu machen. Zwei Rücksendungen durch die Post enthielten überdies den Vermerk, das Hausbrieffach werde nicht entleert, was ebenfalls für die Richtigkeit der Angaben des Bw spricht. Eine beabsichtigte Annahmever­weigerung von Schriftstücken der BPD Linz durch den Bw ist daher nicht ohne weiteres anzunehmen. 

 

Für den UVS ist aus all diesen Überlegungen nicht erkennbar, inwieweit der Bw "wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden" hätte können. Dass jemand seine Rechtsmittelmöglichkeiten nicht entsprechend nutzt und eine Strafe aus irgendwelchen Gründen einfach bezahlt wird, muss nicht bedeuten, dass er mit der rechtlichen Situation, in die er da­durch gelangt, die ihm aber nicht bewusst sein muss, restlos einverstanden ist. Der Bw ist und war rechtlich nicht vertreten und selbst ein vorwerfbarer Verstoß gegen Meldebestimmungen bedeutet noch nicht, dass damit alle Konsequenzen  auch hinsichtlich seiner Lenkberechtigung gedeckt wären. Insbesondere ist sein objektiv wohl zu bejahendes, subjektiv aber wohl nicht ernsthaft vorwerfbares zweimaliges "Lenken ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung zu sein" hinsichtlich "Sinnesart" wohl nicht vergleich­bar mit einem Lenken eines Kraftfahrzeuges in Kenntnis und trotz einer entzo­genen Lenkberechtigung.

 

Dem Bw wurde mit 27. Dezember 2007 unter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung die Lenkberechtigung entzogen, dh er war seither für mehr als eineinhalb Monate tatsächlich ohne Lenkberechtigung, sodass damit die (gerechtfertigte) zweiwöchige Entziehung wegen des Vormerkdeliktes wohl "konsumiert" ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Bw hatte keine Kenntnis von der Entziehung seiner LB – 2x Lenken ohne LB ≠ bestätigte Tatsache -> Aufhebung

 

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