Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550384/6/Bm/Rd/Sta

Linz, 29.02.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über den Antrag der B. K B mbH,  vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H & P, K, L,  vom 26. Februar 2008 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W  & Co KG betreffend das Vorhaben "N G W, B", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W & Co KG die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  26. April 2008, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 26.2.2008 hat die B. K B mbH (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf  Nichtigerklärung der Ausscheidens­entscheidung und der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsver­fahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich beim gegenständlichen Vergabeverfahren um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich handle. Die Angebotsöffnung habe am 18.1.2008 stattgefunden und sei dabei Nachstehendes festgestellt worden:

1. Fa. K, U (865.105,79 Euro),

2. Fa. H B, S (1,321.845,82 Euro),

3. D & W, S (909.512,87 Euro),

4. Fa. R, G  (1,104.133,57 Euro),

5. Fa. A B, S (968.054,58 Euro)

6. Fa. H & F, Steyr (1,158.637,70 Euro)

7. Fa. S, P (1,182.675,28 Euro)

 

Die Antragstellerin habe sohin das billigste Angebot gelegt. Gemäß Pos. 00 11 24 D der Ausschreibung sei als einziges Zuschlagskriterium der Angebotspreis vorgesehen, weshalb das Billigstbieterprinzip zur Anwendung komme.

Dieses Angebotsergebnis sei zunächst von der Auftraggeberin zur Kenntnis genommen und per 31.1.2008 eine erste Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin versandt worden. Diese sei in weiterer Folge jedoch mit E-Mail vom 4.2.2008 mit der Begründung zurückgezogen worden, dass weitere Prüfungen und Klärungen notwendig seien.

In der Folge sei die Antragstellerin mit E-Mail vom 24.1.2008 zur Aufklärung diverser Umstände bis spätestens 29.2.2008 aufgefordert worden. In Absprache mit dem Angebotsprüfer seien bereits diverse Unterlagen übergeben und Erklärungen seitens der Antragstellerin abgegeben worden.

 

Am 19.2.2008 sei der Antragstellerin nunmehr mitgeteilt worden, dass ihr Angebot vom 17.1.2008 wegen eines unangemessen niedrigen Einheitspreises bei einer wesentlichen Position (07 0202 F) ausgeschieden werde, da sich die Preiskalkulation wirtschaftlich und plausibel nicht erklären lasse.

Am 20.2.2008 sei nach kaufmännischer und technischer Angebotsprüfung die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Firma D & W mit einer Vergabesumme von 909.512,87 Euro bekannt gegeben worden.

 

Die Antragstellerin bekämpfe die Ausscheidensentscheidung vom 19.2.2008 sowie die Zuschlagsentscheidung vom 20.2.2008. Gemäß § 3 Abs.2 Oö. VergRSG stehe bei einer verbundenen Bekämpfung des Ausscheidens und der Zuschlagsent­scheidung die Frist gemäß § 4 Oö. VergRSG zur Verfügung. Diese betrage gemäß § 4 Abs.2 Z5 leg.cit. 7 Tage ab dem 20.2.2008 und ende somit am 27.2.2008. Das mitgeteilte Ende der Stillhaltefrist in der Zuschlagsentscheidung vom 20.2.2008 sei unrichtig.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Auftraggeberentscheidungen führte die Antragstellerin aus, dass der Gesamtpreis des Angebots der Antragstellerin mit netto 865.105,79 Euro unauffällig unter dem Angebot der nunmehr in Aussicht genommenen Billigstbieterin mit 909.512,87 Euro liege. Rechenfehler liegen im Angebot der Antragstellerin keine vor.

Im Gegensatz zur Annahme der Auftraggeberin handle es sich bei der von ihr ins Treffen geführten Pos. 07 02 02 F (Beton Wand H-5m, C25/30 ü. 20-30 cm dick) um keine wesentliche Position des Leistungsverzeichnisses. Eine solche hätte gemäß Pkt 00 11 10A des Leistungsverzeichnisses mit dem Kennzeichen "W" versehen werden müssen. Eine Prüfung gemäß § 125 Abs.4 BVergG habe daher nicht stattzufinden.

 

Aufgrund des Vorliegens eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich sei auch in der Ausschreibungsunterlage keine Anordnung zur Vorlage von Kalkulationsunterlagen mit dem Angebot vorgesehen gewesen. Insbesondere habe daher auch keine Pflicht zur Vorlage von K-Blättern bei der Angebotsprüfung bestanden, weshalb die nachfolgende Abforderung derselben im Hinblick auf eine nicht wesentliche Position rechtswidrig erfolgt sei.

Der Vorwurf der mangelnden Nachvollziehbarkeit treffe nicht das Angebot der Beklagten, sondern allenfalls das mutmaßliche von der vergebenden Stelle erarbeitete Leistungsverzeichnis (insbesondere was die Betonwände und letztlich die Pos. 07 02 02 F betreffe).

Prinzipiell sei festzuhalten, dass für die Nachvollziehbarkeit einer Ausschreibung nicht der Bieter, sondern der Auftraggeber im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung zuständig sei. Im konkreten Fall habe sich die ausschreibende Stelle eines standardisierten  Ausschreibungsregelwerkes für den Hochbau (LBH) bedient. Dieses sei jedoch um zahlreiche Positionen (welche Abweichungen bedingen)
(Z-Positionen) ergänzt worden.

Bei der  der Ausscheidensentscheidung herangezogenen Pos. 07 02 02 F handle es sich um eine Standardposition der LBH. Diese befinde sich unter der Obergruppe 07 02, Wände-, Stützen-, Pfeilerkonstruktionen. Diese Obergruppe werde vorliegend in 3 Untergruppen unterteilt, welche sich wie folgt darstellen:

 

07 02 01:             Wände aus Beton, Gesamthöhe H bis 3,2m

07 02 02:             Wände aus Beton, Gesamthöhe über 3,2 bis 5,0 m (H-5m)

07 02 04 A:                   Wände aus Beton, Gesamthöhe über 3,2 bis 16,0m (H-16m)

 

Die Pos. 07 02 01 und 07 02 04 A seien Z-Positionen.

 

Aus der Wortinterpretation der Pos. 07 02 02 gegenüber der Pos. 07 02 04 A lasse sich nichts Eindeutiges für die Frage gewinnen, ob nicht die erstgenannte Position ohnedies schon in der zweitgenannten Position enthalten sei, da Betonwände über 3,2 m bis 5,0 m an sich in der Position für Betonwände über 3,2 m bis 16,0 m enthalten seien. Demgemäß sei von der Antragstellerin bei der Pos. 07 02 02 F ein relativ niedriger Einheitspreis angesetzt worden.

Um jedoch wirtschaftlich nachvollziehbar und auch richtig zu kalkulieren, sei eine Umlage des Betonpreises in die darauf Bezug nehmende Schallungsposition vorgenommen worden. Dies sei im Übrigen dem bezughabenden K7-Blatt betreffend die Pos. 07 02 02 F zu entnehmen. In einem zwischen dem Geschäftsführer der Antragstellerin und der ausschreibenden Stelle geführten Telefonat sei kein Einwand erhoben worden, dass die vorgelegten Unterlagen unzureichend seien; auch sei kein Einwand hinsichtlich der Nichtnachvollziehbarkeit bzw Unvollständigkeit erfolgt. Da das Leistungsverzeichnis vermutlich von der ausschreibenden Stelle erstellt worden sei, konnte die Antragstellerin davon ausgehen, dass allfällige Unklarheiten betreffend die nunmehr zu diskutierende Leistungsverzeichnisposition ausgeräumt gewesen seien, zumal seitens der Antragstellerin klargestellt worden sei, dass die von ihr angegebenen Preise im Rahmen des Leistungsverzeichnisses Gültigkeit besitzen.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Unterbleiben des Ausscheidens, auf Unterbleiben einer Zuschlagsentscheidung zugunsten der Fa. D & W bzw auf Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin als verletzt. Dies resultiere aus einer rechtswidrig und allenfalls unvollständig vorgenommenen Angebotsprüfung sowie aus dem Umstand der Ungleichbehandlung der im Vergabeverfahren für den Zuschlag an realistischer Stelle liegenden Bieter.  Es sei zu vermuten, dass die Auftraggeberin  das Angebot der in Aussicht genommenen Bieterin bei der Prüfung nicht denselben Anforderungen, wie das der Antragstellerin, unterzogen habe.

 

Zum Schaden wurde ausgeführt, dass sich die Antragstellerin am Vergabeverfahren beteiligt habe und nach dem vorliegenden Angebotsergebnis das billigste Angebot gelegt habe und gemäß dem Zuschlagskriterium diesem Angebot auch der Zuschlag zu erteilen wäre. Als Schaden resultiert hieraus der Nichterhalt des Zuschlags für das konkrete Bauvorhaben, ein Gewinnverlust von ca 26.000 Euro und ein Beschäftigungs­verlust von ca. 8 bis 10 Arbeitern. Darüber hinaus drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag und führt weiters aus, dass die Interessensabwägung nicht zugunsten der Auftraggeberin ausfallen könne, da bereits mit 31.1.2008 eine erste Zuschlagsentscheidung ergangen sei, welche nunmehr nach Verstreichen von 3 Wochen andersartig wiederholt worden sei. Es bestehe daher kein übergeordnetes Interesse an der raschen Abwicklung des Bauvorhabens. Auch die Eigenart der zu erbringenden Bauleistung bewirke kein gesteigertes öffentliches Interesse.           

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat den Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W & Co KG als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Von der Auftraggeberin wurden der Gesellschaftsvertrag und die Vereinssatzungen vorgelegt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der einstweiligen Verfügung wurde bis zur gegenständlichen Entscheidung keine abgegeben.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Kommandit­gesellschaft "Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W & Co KG" ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W. Dieser Verein bringt in die Gesellschaft lediglich seine Arbeitskraft ein. Kommanditist der Gesellschaft ist die G W, die zur Leistung einer Geldeinlage in Höhe von 1.000 Euro verpflichtet ist.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl mit mindestens 50 % am jeweiligen Unternehmenskapital beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG. Die M  leistet die gesamte finanzielle Einlage in der KG und wird diese auch inhaltlich von der Gemeinde beherrscht. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Verein zur Förderung der Infrastruktur der G W  & Co KG öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG ist und daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

   

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Bismaier 

 

 

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