Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440077/24/WEI/Se

Linz, 29.02.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des W K, vertreten durch Mag. K F, Rechtsanwalt in L, wegen Anordnung eines Betretungsverbots nach § 38a Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz – SPG (BGBl Nr. 566/1991, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 114/2007) durch der Bundespolizeidirektion Linz zurechenbare Polizeibeamte nach öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 29. Jänner 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und das am 20. Mai 2007 um 10.00 Uhr in Linz gegen den Beschwerdeführer verfügte Betretungsverbot für die Wohnung, das Stiegenhaus und den Bereich vor dem Wohnblock wird für rechtswidrig erklärt.

 

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 1.526,40 Euro (darin enthalten Stempelgebühren von 39,60 Euro) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 88 Abs 2 und 4 SPG und §§ 67c bis 67g und § 79a  AVG 1991

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit den Eingaben vom 13. Juni 2007 und vom 11. Juli 2007 hat der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Rechtsvertreter eine Eingriffsbeschwerde gemäß dem § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz – SPG wegen Verletzung in seinen Rechten durch Besorgung der Sicherheitsverwaltung auf andere Weise als durch Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht.

 

Der Bf brachte vor, dass ihm am 20. Mai 2007 um 10.00 Uhr von Beamten des SPK Linz das Betreten von Wohnung, Stiegenhaus und des Bereiches vor dem Wohnblock S untersagt worden sei. Seine Gattin E K hätte der Polizeijuristin Mag. Dr. K den blau geschwollenen linken Fußknöchel gezeigt, auf dem gut sichtbar blaue Flecken wie Finger am Fußknöchel hervortraten. Sie hätte dazu angegeben, dass sie am 10. Mai 2007 vom Bf so stark am Fuß gepackt worden wäre. Dies widerspreche einer früheren Angabe, wonach sie der Bf gegen das linke Schienbein getreten habe.

 

Begründend wird weiter ausgeführt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die Angaben der Gattin des Bf auf ihre Glaubwürdigkeit zu untersuchen. Schon im Anzeigezeitpunkt hätte auffallen müssen, dass die Hämatome am Knöchel der Gattin des Bf nicht vom 10. Mai 2007 sein können. Die werde auch durch die nunmehr eingebrachte Scheidungsklage bestätigt, in der behauptet wird, dass sie durch Tritte gegen das linke Schienbein Prellungen und Hämatome erlitten hätte. Dass sich die Gattin des Bf hier etwas zusammenreime, sei offensichtlich. Der Bf wäre ruhig und bedacht gewesen, die Situation aufzuklären. Nicht der Bf, sondern seine Gattin verhalte sich aggressiv, wenn sie sich verbal in die Defensive gedrängt fühlt. Der Bf und seine Gattin befinden sich in einem Scheidungsverfahren, wobei es auch um die Obsorge für die Tochter gehe. In einer solchen psychischen Ausnahmesituation neigten Personen wie die Gattin des Bf mit eher aufbrausendem Charakter zu Aussagen und Verhaltensweisen, die den Partner diskreditieren sollen. Gerade aus diesem Grund hätten die Anschuldigungen gegen den Bf genauestens auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden müssen und eine intensive Abwägung zu den Folgen von Wegweisung und Betretungsverbot erfolgen müssen.

 

Dass der Bf aggressiv auf die Mitteilung des Betretungsverbots reagiert habe, sei unrichtig. Er sorge sich um seine Tochter. Der Bf werde ständig mit falschen Anschuldigungen konfrontiert. Er könne sich nicht mehr um seine Tochter kümmern, die nunmehr allein in der vergammelten Ehewohnung leben müsse. Wenn er dann durch etwas lauteren Umgangston emotional reagiere, handle es sich nicht um aggressives, sondern um verständliches Verhalten und zeige, dass er durch die dauernde psychische Belastung zum eigentlichem Opfer wurde.

 

Mit Stellungnahme vom 11. Juli 2007 brachte der Bf ergänzend vor, dass mittlerweile beide Seiten eine Scheidungsklage eingebracht, jedoch keine einstweilige Verfügung zur Absicherung des Betretungsverbotes beantragt wurde. Beide wären mit der gemeinsamen Tochter am 29./30. Juni 2007 am Hauptstraßenfest in L-U  gewesen. Der Bf vermeide aber den alleinigen persönlichen Verkehr mit seiner Gattin, um nicht neuerlichen Behauptungen ausgesetzt zu sein.

 

2. Mit Schreiben vom 21. August 2007 legte die belangte Behörde Aktenkopien vor und übermittelte die Gegenschrift vom 17. August 2007. In dieser Gegenschrift wird der Bf verdächtigt, seine Gattin am 31. Juli 2006 "am Kopf" geschlagen zu haben und sie am 10. Mai 2007 im Zuge eines Streits so stark am linken Fuß gepackt zu haben, dass dabei im Bereich des Fußknöchels gut sichtbar blaue Flecken (wie Finger) hervortraten. Weiters wird auch unter Hinweis auf das ärztliche Attest des Dr. M F der Verdacht angeführt, dass die Gattin vom Bf bei diesem Vorfall getreten worden wäre und dadurch Verletzungen erlitten hätte.

 

Die Gefährdete hätte bei der Anzeigeerstattung am 20. Mai 2007 gegen 10.00 Uhr und am 21. Mai 2007 bei der behördlichen Überprüfung des Betretungsverbots im sicherheits- und kriminalpolizeilichen Referat konkrete Angaben zu diesen Vorfällen gemacht, die die Grundlage für die Anzeige der PI K vom 7. Juli 2007 bildeten.

 

Am 21. Mai 2007 sei die Gefährdete persönlich im sicherheits- und kriminalpolizeilichen Referat erschienen und habe der Referentin Mag. Dr. K die Ausschreitungen zwischen ihr und ihrem Gatten geschildert. Dieser würde ihr auch regelmäßig drohen, sie ins Irrenhaus zu bringen. Bei der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Bf hätte dieser unverzüglich emotional und aggressiv reagiert. Er hätte sinngemäß vorgebracht, dass seine Frau ihn schlagen würde und in erregtem Gesprächston erklärt: "Da ist es kein Wunder, wenn man einmal zurückschlägt!" (Hinweis auf Aktenvermerk vom 21.05.2007) Die Gefahreneinschätzung auf Grund der Aktenlage und den geschilderten Aussagen habe dazu geführt, dass das Betretungsverbot nicht aufgehoben wurde. In weiterer Folge sei dem Bf die rechtliche Lage eingehend erklärt und er über die Beschwerdemöglichkeit an den unabhängigen Verwaltungssenat belehrt worden.

 

In rechtlicher Hinsicht meint die belangte Behörde, dass die einschreitenden Beamten wegen eines bevorstehenden weiteren gefährlichen Angriffs des Bf gegen seine Gattin davon ausgehen konnten, dass ein Betretungsverbot rechtmäßig und geboten war. Die Sicherheitsbehörde habe bei der Überprüfung am 21. Mai 2007 den Gesamteindruck gewonnen, dass es notwendig ist, das von den Sicherheitsorganen verhängte Betretungsverbot zu bestätigen, um weitere tätliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Die den Sicherheitsorganen bekannt gewordenen Tatsachen und das Gesamtbild bei der behördlichen Überprüfung nach § 38a Abs 6 SPG zeigten die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Sicherheitsorgane.

 

Abschließend wird daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

2.2. In der Stellungnahme des Bf vom 21. November 2007 zur Gegenschrift der belangten Behörde wird betont, dass sich der Bf nach einer verbalen Auseinandersetzung mit seiner Frau auf den Balkon zurückgezogen hatte, um eine Zigarette zu rauchen. Das aufgebrachte Verhalten des Bf wäre nur eine entsetzte Reaktion auf das verhängte Betretungsverbot gewesen, zumal er sich ja nichts vorzuwerfen gehabt hätte und seine Sicht des Geschehens offenbar überhört worden wäre. Die emotionale Reaktion beim Telefongespräch am 21. Mai 2007 sei ein durchaus nachvollziehbares Verhalten, wenn man grundlos aus der eigenen Wohnung geworfen wurde. Für den Bf wäre es ein langer Leidensweg, da er seit Jahren mit verbalen und körperlichen Attacken seiner Gattin konfrontiert wäre. Wenn nun der Spieß mit Lügen und Unterstellungen umgedreht werde und die Behörde dies noch glaube, dann könne man laut werden. Für die Glaubwürdigkeit seiner Darstellung, wonach ihn seine Gattin schlage, wenn sie sich mit Worten nicht mehr weiterhelfen kann, spreche auch, dass der Bf bei 188 cm Größe 75 kg und seine Frau bei einer Größe von 185 cm 80 kg wiege.

 

Die Aussage des Bf: "Da ist es kein Wunder, wenn man einmal zurückschlägt" indiziere eine vorangegangene Attacke. Sie habe sich auf einen Vorfall im Sommer 2006 bezogen, bei welchem ihm die Hand im Reflex ausgekommen wäre, nachdem ihm seine Gattin unerwartet zweimal ins Gesicht geschlagen hätte. Vor und nach diesem Vorfall hätte sich der Bf schlagen bzw ohrfeigen lassen, ohne dagegen etwas zu tun. Er hätte seiner Gattin auch nie gedroht, sie ins Irrenhaus bringen zu wollen. Dies habe sie als gebürtige Russin falsch verstanden. Es sei ein Unterschied, ob man jemandem sagt, er gehöre ins Irrenhaus oder man wolle ihn dorthin bringen. Richtig sei, dass er seiner hysterisch herumschreienden Gattin im Zuge des Streitgesprächs gesagt habe: "Wenn du weiter so herumschreist landen wir noch alle im Irrenhaus".

 

Dass seine Gattin hysterisch war und weinte, entspreche ihrem Charakter. Sie neige auch in der Öffentlichkeit dazu, oft grundlos herumzuschreien. Sie sei auch eine gute Schauspielerin. Im Hinblick auf ihre Behauptung, dass sie große Angst vor dem Bf hätte, sei es verwunderlich, dass sie mit ihm am 29/30. Juni 2007 am Hauptstraßenfest in L-U gewesen sei und sich im Juli 2007 vom Urlaub aus Mondsee abholen, zum Flughafen und sich mehrfach von ihm mit dem Auto habe fahren lassen. Die Gattin des Bf könne offenbar ihre Angst je nach Situation in verschiedenen Facetten gestalten.

 

Eine Prüfung der Umstände und Anhörung des Bf hätte gezeigt, dass es weder einen vorausgehenden gefährlicher Angriff gegeben habe, noch dass ein solcher bevorstehen könnte. Dass es die Gattin des Bf mit der Wahrheit nicht so genau nehme, zeige ihre wahrheitswidrige Behauptung gegenüber den einschreitenden Beamten, der Bf hätte sein Notebook Marke Compaq zu Unrecht besessen und seinem Arbeitgeber bei Eintritt in die Altersteilzeit zurückgeben müssen. Im laufenden Scheidungsverfahren hätte sie im Vermögensverzeichnis zum Antrag auf Verfahrenshilfe lediglich angegeben, 320 Euro zu verdienen. Auf die Unterhaltszahlung von rund 720 Euro in Bar sowie weiteren Unterhalt durch Bezahlung von Wohnungskosten und ihre 2/3 Anteile am Wochenendhaus habe sie offenbar "vergessen".

 

Die Beamtin der belangten Behörde hätte am 21. Mai 2007 auch nicht überprüft, ob die behauptete Verletzung auch vom 10. Mai 2007 stammte. Es wäre indiziert gewesen zu überprüfen, ob die Größe des "Handabdruckes auf dem Knöchel" mit der Größe der Hand des Beschwerdeführers übereinstimmt. Wie die Beamtin lediglich auf Grund des Telefongespräches mit dem Bf, bei dem er seinen Unmut artikulierte, das Betretungsverbot bestätigen konnte, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 29. Jänner 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Bf und seines Rechtsvertreters und in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Erörterung der von der Bundespolizeidirektion Linz vorgelegten Verwaltungsakten und Verlesung von Aktenteilen sowie durch Einvernahme der Polizeibeamten RI A B und GI W A, beide Polizeiinspektion K, und der Gattin des Bf  E K  als Zeugen.

 

Die als weitere Zeugin geladene Frau Mag. Dr. B K, Referentin im sicherheits- und kriminalpolizeilichem Referat der Bundespolizeidirektion Linz, ist wegen eines gebuchten Urlaubes entschuldigt nicht erschienen. Ihre im vorgelegten Akt dokumentierten Wahrnehmungen wurden durch Verlesung des Aktenvermerks vom 21. Mai 2007 kundgemacht. Auf die ergänzende Einvernahme dieser Zeugin wurde im Übrigen verzichtet.

 

3.2. Aus der Aktenlage ergibt sich zum Verfahrensgegenstand Folgendes:

 

3.2.1. Nach der Meldung der Polizeiinspektion K in L-U vom 20. Mai 2007, Zl. E1/2/2007, hat sich an diesem Tag um etwa 09.40 Uhr eine eheliche Auseinandersetzung in der Wohnung des Bf in L, S, zugetragen, weshalb der Meldungsleger RI B und sein Kollege GI W A einschritten. E K, die Ehegattin des Bf, wäre hysterisch gewesen, habe geweint und angegeben, Angst vor ihrem Mann zu haben. Bei der Befragung habe Sie Folgendes angegeben:

 

"Ich lebe mit meinem Mann in Scheidung. Wir haben diese Woche, 22.05.2007 einen Scheidungstermin. In den letzten Wochen kommt es öfter zu Streitigkeiten. Heute stellte ich ihn zur Rede. Wir haben auf seinem Firmenlaptop eindeutige Dateien gesichert, die beweisen, dass mein Mann über Internet Kontakt zu anderen Frauen hat, sich mit ihnen verabredet. Außerdem sprach ich ihn wegen seiner Handyrechnung an die ca. € 1.800,- ausmacht, weil er bei diversen SEX-Hotlines anruft. Da hat er mit mir geschrieen, wurde aggressiv und hat mich vom Wohnzimmer in das Vorzimmer geschubst und dann an den Armen festgehalten. Außerdem hat er mir gedroht, dass er mich ins Irrenhaus bringt.

Er hat mich im Juli 2006 schon einmal geschlagen. Ich habe damals keine Anzeige gemacht."

 

Der Bf habe sich gegenüber den Beamten höflich verhalten und berichtet, dass seine Frau, nachdem er am Morgen frisches Gebäck vom Bäcker geholt hatte, einen Streit vom Zaun gebrochen hätte. Sie behauptete, dass der Bf im Internet Sexseiten schaue und sie mit Prostituierten betrüge. Seine Frau habe er nicht ins Vorzimmer geschubst und auch noch nie geschlagen. Im Gegenteil schlage diese auf ihn ein, wenn sie mit Worten nicht mehr argumentieren könne.

 

Die einschreitenden Beamten sprachen laut Meldungsformular die Wegweisung und ein Betretungsverbot mit Beginn 20. Mai 2007 um 10.00 Uhr gegenüber dem Bf aus, wobei keine unmittelbare Zwangsgewalt angewendet werden musste. Die im verwendeten Formular vorgesehenen Punkte unter der Rubrik "Wegweisung und Betretungsverbot" wie "Merkmal für einen bevorstehenden gefährlichen Angriff" und "Merkmale für eine erhöhte Gefährlichkeit des Gefährders" wurden nicht konkret ausgeführt.

 

Unter "Strittige Gegenstände" wird ein näher bezeichneter Laptop der Marke Compaq EWO 610C angeführt, der dem Bf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurde. Die Gattin des Bf hat angegeben, dass der Bf diesen Laptop hätte abgeben müssen, da er in Alterteilzeit sei. Außerdem befänden sich Daten darauf, die für das Scheidungsverfahren wichtig sind. Dieser Laptop wurde über Intervention des Rechtsvertreters des Bf am 23. Mai 2007 nach Rücksprache mit dem Journalbeamten der belangten Behörde zur Klärung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse sichergestellt.

 

3.2.2. Die gemäß § 38a Abs 6 SPG vorgesehene Überprüfung des Betretungsverbotes durch die Sicherheitsbehörde fand am 21. Mai 2007 durch das sicherheits- und kriminalpolizeilichen Referat der belangten Behörde statt. Darüber wurde von der zuständigen Bearbeiterin Rätin Mag. Dr. K ein Aktenvermerk vom 21. Mai 2007 zur Zl. Rü-SPR/579/07 verfasst, dessen Inhalt wie folgt wiedergegeben wird:

 

"Betreff:      K W,

           Überprüfung des Betretungsverbotes

           gemäß § 38a Abs. 6 SPG,

           Aufrechtbleiben des Betretungsverbotes.

 

 

A k t e n v e r m e r k

 

Der oben angeführten Person wurde am 20.05.2007 um 10.00 Uhr von einem Beamten des SPK L die Betretung der Wohnung, Stiegenhaus und Bereich vor dem Block, Linz, untersagt.

 

Die am heutigen Tag durchgeführte Überprüfung des Betretungsverbotes ergab, dass die Voraussetzungen für das betreffende Betretungsverbot aufgrund der Aktenlage und des persönlichen Gespräches mit der Gefährdeten tatsächlich noch bestehen. Sie brachte vor, von ihrem Mann bereits am 31.07.2006 am Kopf geschlagen worden zu sein (ihr damals 19-jähriger Sohn wäre anwesend gewesen).

Am 20.05.2007 (ggstl. Vorfall) hätte er sie aggressiv angeschrieen, an den Armen festgehalten und ins Vorzimmer geschubst. Regelmäßig würde er sie bedrohen, sie ins Irrenhaus zu bringen.

Mit dem Gefährder wurde telefonisch Kontakt aufgenommen und ihm die rechtliche Situation eingehend erklärt. Er reagierte sehr aggressiv ('.... und sie rufen jetzt nur deshalb an, um mir zu sagen, dass ich 10 Tage nicht in die Wohnung darf). Er wurde von der Unterfertigten darauf hingewiesen ordentliche Umgangsformen zu wahren. Er brachte sinngemäß vor, dass seine Frau ihn schlagen würde. Außerdem würde sie ihn als 'schiachen alten Hund' bezeichnen. Neuerlich in einen erregten Gesprächston brachte er vor: 'Da ist es kein Wunder, wenn man einmal zurückschlägt'. Dem Gefährder wurde die Rechtslage und die Beschwerdemöglich-keit beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingehend erklärt.

Kurz nach dem Telefonat mit dem Gefährder erschien die Gefährdete neuerlich und zeigte der Unterfertigten den blau geschwollenen linken Fußknöchel, auf dem gut sichtbar blaue Flecken angeordnet wie Finger hervortraten. Sie gab dazu an, dass ihr Gatte sie am 10.05.2007 so stark am Fuß gepackt hätte, dass sie noch immer dieses Hämatom haben würde.

Vom Gefertigten wurde daher das Betretungsverbot

 

am 21.05.2007 um 11.15 Uhr nicht aufgehoben.

 

Die Gefährdete wurde persönlich in Kenntnis gesetzt. Der Gefährder konnte telefonisch in Kenntnis gesetzt werden

 

                                                                           i.A.

                                                                           Rätin Mag. Dr. K"

 

3.3. Auf Grund der Aktenlage und der Beweisaufnahme in der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung steht der folgende S a c h v e r h a l t fest:

 

Grundsätzlich wird auf die Fakten in der unter Punkt 3.2.1. dargestellten Interventionsmeldung der Polizeiinspektion K verwiesen. Nach dem Ergebnis der Einvernahme der Polizeibeamten in der durchgeführten Verhandlung war Frau E K am 20. Mai 2007 ziemlich aufgeregt und weinerlich. Sie berichtete, dass ihr Gatte fremd ginge und aus seinem Computer Kontakte zu anderen Frauen hervorgingen. Den Polizeibeamten schilderte sie weiter, dass sie der Bf im Zuge des Streits aus diesem Anlass vom Wohnzimmer ins Vorzimmer "geschubst" und an den Händen gehalten und gezogen hätte. Sie verwies auch auf einen Vorfall im Juli 2006, bei dem sie ihr Mann geschlagen hätte. Damals hätte sie längere Zeit Kopfschmerzen gehabt, aber dennoch keine Anzeige erstattet. Über den am nächsten Tag anlässlich der Überprüfung durch Frau Dr. K behaupteten Vorfall vom 10. Mai 2007, bei dem sie am linken Fußknöchel verletzt worden wäre (vgl Aktenvermerk im Punkt 3.2.2.), erzählte die Gattin des Bf den Polizeibeamten erstaunlicherweise nichts. Eine Verletzung hat sie weder behauptet noch vorgezeigt (vgl zum Ganzen Tonbandprotokoll, Seiten 3 und 6).

 

Bei der Amtshandlung waren in der Wohnung des Bf auch der 20 jährige Stiefsohn A, seine 7-jährige Tochter S und die nicht deutsch sprechende Schwiegermutter anwesend. Der Stiefsohn übersetzte quasi was die aufgeregte Gattin des Bf meinte, erwähnte allerdings den Vorfall vom 10. Mai 2007 mit keinem Wort (Zeuge RI B, Tonbandprotokoll, Seite 4; Zeuge GI A, Tonbandprotokoll, Seite 7).

 

Der Bf machte auf die beiden Polizeibeamten keinen aggressiven Eindruck. Wenn er mit seiner Gattin sprach, wirkte er aber doch erregt. Die Beamten wussten, dass sich die Ehegatten K in einem laufenden Scheidungsverfahren befanden. Die Gattin des Bf hatte gegenüber den Polizeibeamten auch behauptet, dass der Bf, der Computertechniker bei S war und sich in sog. Altersteilzeit befindet (vgl Tonbandprotokoll, Seite 3), ein Notebook bzw einen Laptop seines Arbeitgebers schön längere Zeit widerrechtlich in seinem Besitz hätte. Sie wollte nach Eindruck des Zeugen B den Laptop möglicherweise für Beweiszwecke zurückhalten. Die Beamten mischten sich zunächst in dieses Besitzverhältnis nicht ein, erhielten aber später vom Journalbeamten der belangten Behörde einen Auftrag zur Sicherstellung zwecks Klärung der Besitzverhältnisse. Der Bf legte später die Bestätigung der Firma S vom 22. Mai 2007 vor, wonach er berechtigt ist, den ihm zur Verfügung gestellten Laptop privat zu nutzen (vgl Beilage 3 zum Verhandlungsprotokoll). RI B folgte ihm danach den Laptop wieder aus (vgl Tonbandprotokoll, Seite 5).

 

Auf Befragen durch das erkennende Mitglied meinte der Zeuge RI B in der Verhandlung (Tonbandprotokoll, Seite 4), dass man in so einer Situation eher der Anzeigerin folgen müsse. Man habe nur wenig Zeit für eine Entscheidung und das Problem, wenn nachträglich doch etwas passieren sollte. Ganz ähnlich die Einschätzung seines Kollegen GI A (Tonbandprotokoll, Seite 7). Obwohl der Bf höflich und gefasst wirkte, hätte nach dessen Ansicht eine tätliche Auseinandersetzung in der gespannten Situation zwischen den Ehegatten nicht ausgeschlossen werden können. Das Problem sei, dass man in einen Menschen nicht hineinsehen und nie genau sagen könne, wozu jemand fähig ist.

 

3.4. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist zu bemerken, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus den im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Polizeibeamten, die beim erkennenden Mitglied einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen haben, in Verbindung mit den zitierten Aktenteilen ergibt. Die an sich schlüssige und nachvollziehbare Darstellung des Bf war nicht in gleicher Weise beweiskräftig, zumal er ein dringendes Interesse hat, sich bei der familienrechtlichen Auseinandersetzung mit seiner Gattin eine günstige Position zu verschaffen. Sie kann aber insoweit hergezogen werden, als sie mit den Angaben der Polizeibeamten vereinbar erscheint und plausibel ist.

 

Die Zeugin E K hat dem gegenüber einen schlechten Eindruck beim erkennenden Mitglied hinterlassen. Sie wirkte sehr befangen und neigte schon aus geringfügigem Anlass dazu sich aufzuregen. Außerdem scheint sie es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Das zeigt sich schon bei ihrer unrichtigen Beschuldigung, dass der in Altersteilzeit befindliche Bf den Laptop unrechtmäßig besitze und längst seinem Arbeitgeber hätte zurückgeben müssen (vgl dazu Beilage 3 zum Verhandlungsprotokoll). Außerdem wird dies durch ihre offenbar übertriebenen sonstigen Behauptungen und Änderungen in der Darstellung sowie die aus der Aktenlage nachweisbaren Widersprüche belegt. Den Angaben der Zeugin konnte daher großteils nicht gefolgt werden.

 

3.4.1. Die in der Verhandlung vorgetragene Behauptung der Zeugin, der Bf hätte sie im Juli 2006 so stark auf den Kopf geschlagen, dass sie deswegen sechs bis sieben Monate Schmerzen gehabt hätte, erscheint schon nach ihrer eigenen Schilderung nicht schlüssig und wohl sehr übertrieben, zumal sie dabei sonst nur von blauen Flecken auf der rechten Schulter und davon sprach, dass an der Wirbelsäule nichts feststellbar war (vgl Tonbandprotokoll, Seite 8). Auf Nachfragen des Beschwerdevertreters verwickelte sie sich noch in erhebliche Widersprüche (Tonbandprotokoll, Seite 11). Sie erklärte zunächst, mehrmals rechtsseitig auf den Hinterkopf geschlagen worden zu sein, wobei der Bf vor ihr gestanden wäre. Über Vorhalt, dass der Bf als Rechtshänder nicht von vorne auf die rechte Hinterkopfseite geschlagen haben konnte, reagierte sie zunächst aufgebracht. Sie zeigte sich dann allerdings sehr flexibel und änderte ihre Darstellung, indem sie nunmehr glaubte, dass der Angriff von hinten erfolgt wäre und der Bf sie an den Haaren gepackt und auf sie eingeschlagen hätte.

 

3.4.2. Von einem Streit mit dem Bf im Februar 2007 nach dem Valentinstag berichtete die Zeugin erstmals in der Verhandlung. Als Grund gab sie an, der Bf hätte falsche Angaben über sie in sein Tagebuch geschrieben. In offensichtlich übertriebener und schon deswegen nicht glaubhafter Weise behauptete sie weiter, der Bf hätte sie fast jeden dritten Tag bedroht und zu würgen versucht.

 

3.4.3. Schließlich hätte am 10. Mai 2007 eine Auseinandersetzung stattgefunden, weil der Bf angeblich wahrheitswidrig etwas inszenierte und auf seinem Laptop mit Fotos festhielt, dass die Wohnung schmutzig und verwahrlost gewesen wäre. An diesem Tag hätte sie ihr Gatte gegen das Schienbein am linken Fuß getreten. Im Hinblick auf die angestrebte Scheidung ging sie zum Arzt. Nach dem aktenkundigen ärztlichen Attest des Dr. M F vom 23. Mai 2007 war die Zeugin aber erst am 14. Mai 2007 in seiner Ordination und berichtete über eine Auseinandersetzung mit dem Bf vom 10. Mai 2007, bei der sie getreten worden wäre. Die ärztliche Untersuchung ergab ein Hämatom am linken Unterschenkel sowie einige Schürfwunden.

 

Aus nicht nachvollziehbaren Gründen hat die Zeugin am 20. Mai 2007 den zu Hilfe gerufenen Polizisten überhaupt nichts davon erzählt. Dies erscheint aber mehr als erstaunlich, zumal es aus der Sicht der Zeugin sehr naheliegend gewesen wäre, den Beamten die Gefahr von körperlichen Übergriffen durch den Bf gerade im Zusammenhang mit jüngsten Ereignissen zu verdeutlichen. Offenbar erinnerte sich die Gattin des Bf am nächsten Tag dann doch noch an den Vorfall vom 10. Mai 2007 und sah sich gezwungen, bei Frau Rätin Mag. Dr. K von der Bundespolizeidirektion L vorzusprechen.

 

Im Aktenvermerk dieser Referentin der belangten Behörde vom 21. Mai 2007 ist dazu nachzulesen:

 

"Kurz nach dem Telefonat mit dem Gefährder erschien die Gefährdete neuerlich und zeigte der Unterfertigten ihren blau geschwollenen linken Fußknöchel, auf dem gut sichtbar blaue Flecken angeordnet wie Finger hervortraten. Sie gab dazu an, dass ihr Gatte sie am 10.05.2007 so stark am Fuß gepackt hätte, dass sie noch immer dieses Hämatom haben würde."

 

Die von der Gattin des Bf gegenüber Frau Dr. K am 21. Mai 2007 angezeigte und von dieser wahrgenommene Verletzung am linken Fußknöchel war offensichtlich von ganz anderer Art als die im ärztlichen Attest des Dr. M F vom 23. Mai 2007 beschriebene am linken Unterschenkel mit Schürfwunden. Danach habe die Zeugin am 14. Mai 2007 in seiner Ordination angegeben, von ihrem Mann bei einer Auseinandersetzung am 10. Mai 2007 getreten worden zu sein. Von einem geschwollenen Fußknöchel mit sichtbaren blauen Flecken wie Finger ist auch nicht ansatzweise die Rede!

 

In der mündlichen Verhandlung sprach die Zeugin von kurzen Tritten mit dem Fuß, wobei sie der Bf möglicherweise ganz kurz (nur Sekunden) an der Schulter gehalten, nicht aber am Fuß gepackt hätte (Tonbandprotokoll, Seite 11). Sie zeigte in der Folge, dass sie gegen den vorderen Bereich des Schienbeins getreten worden wäre, wo auch die blauen Flecken gewesen wären (Tonbandprotokoll, Seite 12). Diese Darstellung unterscheidet sich durchaus schon in gewisser Weise von der ärztlichen Feststellung eines Hämatoms am Unterschenkel. Mit dem Aktenvermerk der Frau Mag. Dr. K ist sie schlechthin unvereinbar. Da das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats nicht annehmen kann, dass die ihrem Amtseid verpflichtete Polizeijuristin, welche keinerlei persönliches Interesse an der Sache hat, eine Falschdarstellung gegeben haben könnte, bleibt nur der Schluss, dass die Gattin des Bf nicht die Wahrheit berichtet hat und der Polizeijuristin eine andere Verletzung zeigte. Dabei kommt der Verdacht auf, dass die Zeugin anlässlich der Überprüfung des Betretungsverbotes noch etwas "nachlegen" und dem Bf Gewalthandlungen jüngeren Datums unterstellen wollte, um die Referentin der Sicherheitsbehörde zu beeinflussen und zu erreichen, dass sie das Betretungsverbot nicht aufhebt.

 

3.4.4. Schließlich ist anzumerken, dass die Zeugin im Zusammenhang mit der Verfassung der Strafanzeige wegen der von ihr erhobenen Verletzungsvorwürfe erklärt hatte, als Ehefrau gegen ihren Mann nicht aussagen zu wollen (vgl Niederschrift der PI K vom 16.06.2007). Auch der Stiefsohn und die Schwiegermutter des Bf beriefen sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht als Angehörige.

 

Über entsprechenden Vorhalt gab die Zeugin in der Verhandlung an, dass sie nie Anzeigen gemacht und auch noch die Aussage im Juni 2007 verweigert hätte, weil sie mit dem Bf doch 15 Jahre zusammen gewesen wäre. RI B hätte sie belehrt, dass der Bf im Falle ihrer Aussage verurteilt werden könnte. Offenbar um ihren Gatten zu schonen, wollte sie nicht aussagen.

 

Diese Darstellung der Zeugin erscheint dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Widersprüche in ihren Angaben nicht glaubhaft. Man darf eher annehmen, dass ein Strafverfahren gegen den Bf auch für sie unangenehm werden könnte. Auch machte sie auf das erkennende Mitglied keinen großmütigen, sondern vielmehr den Eindruck, dass sie ihren Vorteil zu suchen versteht. Ihr gesamtes Verhalten erscheint eher darauf gerichtet, den Gatten anzuschwärzen, um im Scheidungsverfahren eine günstige Position zu erlangen.

 

Entgegen der Behauptung der Zeugin, geht das erkennende Mitglied nicht davon aus, dass sie wirklich Angst vor dem Bf hatte und angeblich noch immer hätte. Sie hat es bisher nicht für notwendig erachtet, einen Antrag auf einstweilige Verfügung nach § 382b EO (auf Verlassen der Wohnung mit Rückkehrverbot und Verbot des Aufenthalts an bestimmten Orten sowie Vermeidung der Kontaktaufnahme) bei Gericht einzubringen, um sich nach Ablauf der kurzen Geltungsdauer (vgl § 38a Abs 7 SPG: grundsätzlich Zehn-Tages-Frist) des Betretungsverbotes weiterhin abzusichern. Obwohl sie bereits am 25. Mai 2007 durch einen Rechtsanwalt eine Scheidungsklage beim Bezirksgericht L einbrachte (vgl Beilage 2) wurde damit nicht auch ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden. Außerdem musste die Gattin des Bf über Vorhalt zugeben, dass sie sich vom Bf gelegentlich mit dem Auto chauffieren ließ (vgl Tonbandprotokoll, Seite 12). Sie kritisierte, dass sie ihr Mann seit dem Betretungsverbot nicht mehr mit dem in der Ehe erworbenen Auto hätte fahren lassen. Deshalb habe sie gesagt: "Wenn du mir das Auto nicht geben willst, dann musst du mich zum Flughafen fahren!" Weiters traf sie den Bf am Hauptstraßenfest 2007 in L-U, wo sie mit der Tochter einige gemeinsame Stunden verbrachten. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats hätte sich die Zeugin wohl anders verhalten, wenn sie vom Bf ernsthaft etwas zu befürchten hätte.

 

3.4.5. Die Zeugin wirkte auf das erkennende Mitglied sportlich und ziemlich groß. Sie scheint beinahe so groß zu sein wie der eher hager aussehende Bf. Sie macht durchaus einen wehrhaften Eindruck. Oder anders ausgedrückt: Sie macht sowohl körperlich als auch verbal den Eindruck, sich nichts gefallen zu lassen. Auf Grund der Aktenlage und nach dem zielorientierten Auftreten der Zeugin in der mündlichen Verhandlung hält das erkennende Mitglied die Darstellung des Bf durchaus für möglich, dass ihn seine Gattin in der Vergangenheit nicht nur verbal, sondern auch mit Schlägen ins Gesicht attackierte, wenn sie mit Worten nicht weiter wusste. Die im Aktenvermerk der Rätin Mag. Dr. K wiedergegebene telefonische Aussage des Bf, "Da ist es kein Wunder, wenn man einmal zurückschlägt", bezog sich nach der glaubhaften Darstellung des Bf (vgl Stellungnahme ON 10, Seite 2; Tonbandprotokoll, Seiten 13 f) auf einen Vorfall im Juli 2006, bei dem es um einen Streit aus geringfügigem Anlass, nämlich die Frage der richtigen Bekleidung der kleinen Tochter für das Spiel im Kindergarten, ging. Der Bf hatte sich damals durchgesetzt und erhielt von seiner darüber offenbar frustrierten Gattin, nachdem er die Tochter in den Kindergarten gebracht hatte, ganz unvermutet einen Schlag ins Gesicht. Daraufhin rutschte auch ihm die Hand aus und er gab die Ohrfeige zurück. Das wäre aber alles gewesen. Seine Gattin hätte ihn auch bei anderer Gelegenheit vor der kleinen Tochter und der Schwiegermutter ins Gesicht geschlagen, dass ihm die Brille vom Kopf fiel. Seine Gattin reagiere oft sehr emotional auf Kleinigkeiten.

 

Ein Indiz für die Richtigkeit der Angaben des Bf sieht der erkennende Verwaltungssenat auch in der besonderen Reaktion der Zeugin, als sie in der Verhandlung nach Verlesung durch den Verhandlungsleiter noch unmittelbar Einsicht in den Aktenvermerk der Frau Dr. K bekam. Noch bevor sie den letzten Absatz gelesen hatte, merkte sie aus eigenem Antrieb voreilig an, dass es nicht richtig sei, dass sie den Bf schlage und er einmal zurückgeschlagen habe. So eine Darstellung sei nicht real. Dieses geradezu übereifrige Dementi lässt nach der allgemeinen Lebenserfahrung eher auf das Gegenteil schließen.

 

3.5. Im Ergebnis kann nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats nicht festgestellt werden, dass der Bf seine Gattin im Juli 2006 so auf den Kopf schlug, dass sie monatelang Beschwerden gehabt hätte. Zu der von der Gattin des Bf erstmals am 21. Mai 2007 ins Treffen geführten Auseinandersetzung mit dem Bf vom 10. Mai 2007 kann der Oö. Verwaltungssenat mangels Objektivierbarkeit nicht feststellen, dass sie dabei vom Bf am linken Fuß verletzt worden wäre. Es gibt dafür keine ausreichenden Beweise. Durch die Einvernahme der Gattin des Bf in der mündlichen Verhandlung konnten die dargelegten wesentlichen Widersprüche nicht aufgeklärt und entkräftet werden.

 

Die von den Polizeibeamten vorgefundene Aufregung und weinerliche Stimmung der Zeugin am 20. Mai 2007 hing wohl viel eher mit den entdeckten "heiklen" Daten am Computer des Bf zusammenhängen, aus denen sie auf ehewidrige Beziehungen schließen zu können glaubte, als mit der Angst vor dem angeblich gewalttätigen Bf. Die Zeugin hat selbst angegeben, dass Daten vom Laptop offenbar zu Beweiszwecken auf einen Stick kopiert wurden, um darlegen zu können, dass der Bf in Bordelle geht und Sexhotlines benutzt. Sie und ihr Sohn haben dem Bf dieses Verhalten am 20. Mai 2007 vorgeworfen (Tonbandprotokoll, Seite 9). Im Zuge des Streits kann es durchaus zu einem "Schubsen" oder zu sonstigen kleineren Rempeleien durch den Bf gekommen sein. Der Oö. Verwaltungssenat geht aber davon aus, dass die Gattin des Bf in diesem Streit keine bloß passive Rolle spielte. Hätte sie den Bf in Ruhe gelassen, wäre vermutlich gar nichts passiert.

 

Der Bf machte in der Verhandlung einen eher besonnenen und intelligenten Eindruck. Der unabhängige Verwaltungssenat hat auch nach der Aktenlage keinen Grund für die Annahme, dass er jähzornig und unüberlegt gehandelt hätte. Was die Intensität der ehelichen Auseinandersetzung betrifft, geht der erkennende Verwaltungssenat davon aus, dass der auch sonst übliche Rahmen im Eheleben des Bf und seiner Gattin nicht überschritten wurde. Die Schwelle zum Eingriff in die körperliche Integrität oder zur strafbaren Nötigung wurde nach Überzeugung des Oö. Verwaltungssenats nicht erreicht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.1. Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung von unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG).

 

Nach § 88 Abs 2 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

 

Gemäß § 2 Abs 2 SPG besteht die Sicherheitsverwaltung aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.

 

Nach § 3 SPG besteht die Sicherheitspolizei aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei (Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG), und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.

 

Im gegenständlichen Fall geht es um besondere Befugnisse im Rahmen der Sicherheitspolizei nach den Bestimmungen des § 38a Abs 1 und 2 SPG. Diese  lauten:

 

         (1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbaren Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.

 

         (2) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines nach Abs. 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat unterzukommen. Sofern sich die Notwendigkeit ergibt, dass der Betroffene die Wohnung, deren Betreten ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun.

 

Gemäß der Begriffsbestimmung des § 16 Abs 2 SPG ist ein gefährlicher Angriff die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach dem Strafgesetzbuch (ausgenommen §§ 278, 278a, 278b StGB), Verbotsgesetz, Fremdenpolizeigesetz 2005 oder Suchtmittelgesetz (ausgenommen Erwerb oder Besitz zum eigenen Gebrauch) handelt.

 

Im § 16 Abs 3 SPG wird dieser strafrechtsakzessorische Begriff noch auf (an sich straflose) Vorbereitungshandlungen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung erweitert.

 

4.2. Grundsätzlich ist zwischen der Befugnis zur Wegweisung nach § 38a Abs 1 und der Verfügung eines zeitlich befristeten (vgl Abs 7) Betretungsverbots nach § 38 Abs 2 SPG zu unterscheiden, welches separat auszusprechen und zum Unterschied von der Wegweisung (vgl § 50 SPG) nicht mit Ausübung von Zwangsgewalt durchgesetzt werden darf, sondern nur durch den Verwaltungsstraftatbestand nach § 84 Abs 1 Z 2 SPG abgesichert ist. Nach richtiger Ansicht stellt die Wegweisung iSd § 38a Abs 1 SPG nach ihrer spezifischen gesetzlichen Konstruktion eine Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt dar, während das Betretungsverbot gemäß § 38a Abs 2 SPG ein bloß strafbewehrter Verwaltungsbefehl ist, bei dem die Zwangsgewalt ex lege für unzulässig erklärt wurde. Die Ausübung von Zwangsgewalt ist in tatsächlicher Hinsicht aber dennoch möglich und daher jeweils im konkreten Einzelfall gesondert zu prüfen (vgl näher VwSen-420317 vom 12.12.2001, zitiert bei Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG3 [2005], 428 C.4.)

 

Im gegenständlichen Fall wurde nicht die Wegweisung, sondern nur das zusätzlich ausgesprochene Betretungsverbot nach § 38a Abs 2 SPG bekämpft. Die Beschwerde ist als Eingriffsbeschwerde oder schlichte Maßnahmenbeschwerde gemäß § 88 Abs 2 SPG zulässig.

 

4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt es für die Befugnisausübung durch Polizeiorgane maßgebend darauf an, ob ein gefährlicher Angriff auf die Rechtsgüter Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person durch einen Gefährdenden bevorsteht. Dabei muss es sich um eine konkrete Gefahr handeln (vgl Wiederin, Sicherheitspolizeirecht Rz 479). Diese Erwartung muss auf "bestimmten Tatsachen" beruhen, wobei das Gesetz insbesondere einen vorangegangenen gefährlichen Angriff nennt. Diesem kommt eine wichtige Indizwirkung zu (vgl Wiederin, Sicherheitspolizeirecht [1998] Rz 479). Angesichts des Präventivcharakters sicherheitspolizeilicher Maßnahmen können auch Aggressionshandlungen unterhalb der Schwelle des gefährlichen Angriffs oder in der Vergangenheit liegende Gewaltakte als derartige Tatsachen in Betracht kommen, vor allem wenn mehrere dieser Faktoren zusammentreffen. Entscheidend ist, dass daraus gesamthaft betrachtet die Prognose eines gefährlichen Angriffs ableitbar ist (VwGH 24.2.2004, Zl. 2002/01/0280).

 

Dabei ist vom Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt seines Einschreitens und damit von einer Ex-ante-Betrachtung auszugehen. Auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes muss mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit durch den Wegzuweisenden bevorstehe. Drohende "bloße" Belästigungen unter der Schwelle eines gefährlichen Angriffs reichen nicht aus (vgl VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0003; VwGH 24.2.2004, Zl. 2002/01/0280).

 

Das Gesetz verlangt zwar nicht, dass sich die "bestimmten Tatsachen" zeitlich unmittelbar vor der Wegweisung und dem Betretungsverbot ereignet haben müssen. Bei länger zurückliegenden Tatsachen werden allerdings besondere Umstände für die Annahme eines gefährlichen Angriffs im Beurteilungszeitpunkt erforderlich sein (vgl Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG3, 402 A.5.).

 

4.4. Im gegenständlichen Fall wussten die Beamten, dass der Bf und seine Gattin in Scheidung lebten. In der Wohnung waren zur Zeit des Einschreitens der 20-jährige Stiefsohn und die 7-jährige Tochter des Bf sowie seine Schwiegermutter anwesend.

Die aufgeregte und hysterisch wirkende Gattin erzählte, dass der Bf sich via Internet mit anderen Frauen verabrede, was durch Dateien vom seinem Firmenlaptop beweisbar wäre. Deswegen und wegen einer Handyrechnung über ca 1.800 Euro, weil er bei Sexhotlines anrufe, habe es einen Streit gegeben, bei dem der Bf aggressiv geworden wäre, seine Gattin ins Vorzimmer geschubst und an den Armen festgehalten hätte. Außerdem hätte er ihr gedroht, sie ins Irrenhaus zu bringen. Ergänzend wird in der Interventionsmeldung angeführt, dass der Bf seine Gattin im Juli 2006 schon einmal geschlagen hätte. Irgendwelche objektiven Anhaltspunkte dazu fehlen, weil keine Anzeige erstattet worden war. Obwohl die Beamten auch mit dem Stiefsohn des Bf sprachen, haben sie über weitere Vorfälle nichts erfahren. So war insbesondere keine Rede davon, dass seine Mutter erst vor kurzem, nämlich bei einer Auseinandersetzung am 10. Mai 2007, durch den Bf verletzt worden wäre.

 

Der Bf machte auf die Polizeibeamten einen ruhigen Eindruck, war aber doch erregt, wenn er mit seiner Gattin sprach. Dies war aber nicht in einem Ausmaß, dass man von aggressiv sprechen konnte (Zeuge RI B, Tonbandprotokoll, Seite 4). Dieser Zeuge meinte schließlich, dass man im Zweifel immer der Anzeigerin folgen müsste, weil wenig Zeit für ein Entscheidung bliebe und man das Problem habe, wenn nachträglich doch etwas passiert. Nach Einschätzung des Zeugen GI A (Tonbandprotokoll, Seite 7) wäre die Auseinandersetzung ohne Betretungsverbot verbal eskaliert. Tätlichkeiten hätte man nicht ausschließen können.

 

Wie in der Interventionsmeldung zum Ausdruck kommt, war die Gattin des Bf über die in seiner Abwesenheit (während er frisches Gebäck holte) vorgefundenen "heiklen" Dateien am Computer des Bf und dessen hohe Handyrechnung (Sexhotlines) sehr betroffen, weshalb sie dem Bf in emotional aufgeladener Stimmung entsprechende Vorhaltungen machte. Der Streit wurde demnach von der Gattin des Bf begonnen und dieser befand sich gewissermaßen in einer Defensive. Selbst nach Schilderung der Gattin des Bf erreichte die Auseinandersetzung am 20. Mai 2007 aber dennoch nicht das Niveau eines Eingriffs in ihre körperliche Integrität (§ 83 StGB), sondern blieb juristisch betrachtet auf der Ebene der Beleidigung nach dem § 115 StGB. Das folgenlose Schubsen und kurzfristige Halten an den Händen kann allenfalls als körperliche Misshandlung iSd § 115 Abs 1 StGB (ein bloßes Privatanklagedelikt gemäß § 117 StGB), angesehen werden (vgl zum Begriff näher Foregger in Wiener Kommentar2 Rz 13 ff zu § 115 StGB; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, Rz 5 zu § 115). Auch von einer Nötigung konnte nach herrschender Meinung noch keine Rede sein, zumal das abgenötigte Verhalten einiges Gewicht haben muss und nicht völlig belanglos oder bedeutungslos bleiben darf (vgl mwN Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, Rz 17 f zu § 105; Kienapfel/Schroll, Besonderer Teil I5 § 105 Rz 57 f). Die behauptete Drohung, sie ins Irrenhaus zu bringen, bewegt sich ebenfalls nur auf Ebene der Beleidigung nach § 115 StGB. Eine gefährliche Drohung, die geeignet ist, begründete Besorgnis einzuflössen (vgl Begriffsbestimmung im § 74 Z 5 StGB), kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil der Bf auf das angedrohte Übel keinen maßgeblichen Einfluss hat. Die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt ist nach dem Unterbringungsgesetz nur unter erschwerten Bedingungen (vgl §§ 3, 8 9, 10 ff UbG) vor allem erst nach Begutachtung durch zwei Fachärzte möglich, wobei dann noch eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen ist.

 

4.5. Im Erlass des Bundesministers für Inneres (BMI) vom 3. September 1998, Zl. 64.000/165-II/20/98 (wiedergegeben bei Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG3, 416 ff B.3.), wird im Punkt 1. 2. Absatz zur Gefahrenprognose erläutert, dass die Schaffung der Befugnisse nach § 38a SPG bei Gewalt in Wohnungen nicht Gewalttätigkeiten im Auge hatte, die als bloße situativ bedingte Entgleisungen zu erklären sind und deshalb nach Beruhigung der Situation nicht neuerlich Gewalttätigkeiten befürchten lassen. Vielmehr soll in Gewaltbeziehungen, bei denen die Möglichkeit und Bereitschaft, Gewalt zur Durchsetzung von Interessen zu üben, praktisch permanent im Raume steht und sich deshalb zu einem Element der Beziehung verfestigt hat, eingegriffen werden. Solche Gewaltbeziehungen hörten nämlich erfahrungsgemäß nicht von selbst, sondern nur zufolge einer massiven Intervention von außen auf, die den gewaltbereiten Teil verhält, künftig auf den Einsatz von Gewalt zu verzichten.

 

Vor diesem nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats zutreffend dargestellten Hintergrund haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Gefahrenprognose zu erstellen. Diese Organe haben dabei nach konkreten Hinweisen für einen bevorstehenden gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person zu suchen und diese zu dokumentieren. Im Erlass des BMI vom 2. Mai 1997, Zl. 64.0007140-II/20/97 (wiedergegeben bei Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG3, 413 ff B.2.) wird es im Hinblick auf alle Umstände, die für eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO Bedeutung haben können, sogar zur Richtschnur erklärt, alles zu dokumentieren, was die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens der Angehörigen darlegen kann.

 

4.6. Im vorliegenden Fall wurde nur wenig dokumentiert. In der Interventionsmeldung findet man neben den unter Punkt 4.4. genannten Faktoren unterhalb der Gefährdungsschwelle unter "Angaben der gefährdeten Person" nur noch den vagen Hinweis auf einen Vorfall im Juli 2006, bei dem die Gattin des Bf schon einmal geschlagen worden wäre, aber keine Anzeige erstattete. Unter den im Meldungsformular bei der Rubrik "Wegweisung und Betretungsverbot" vorgesehenen Untergliederungen "Merkmale für einen bevorstehenden gefährlichen Angriff" und "Merkmale für eine erhöhte Gefährlichkeit des Gefährders" wurden keinerlei fallbezogene Eintragungen vorgenommen. Vielmehr wurde danach vermerkt, dass keine früheren Vorfälle bekannt sind.

 

Bei der Beurteilung von länger zurückliegenden Tatsachen ist besondere Vorsicht angezeigt, vor allem dann, wenn diese bestritten werden und außer der Behauptung der Gefährdeten keine weiteren Anhaltspunkte gegeben sind. So waren den Beamten auch im vorliegenden Fall weder Vorstrafen noch Anzeigen aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex bekannt. Nach richtiger Ansicht müssen in so einem Fall besondere Umstände in concreto vorliegen, aus denen auf einen drohenden gefährlichen Angriff geschlossen werden kann. Solche Umstände wurden von den Polizeiorganen aber weder festgestellt noch dokumentiert. Auch in der durchgeführten mündlichen Verhandlung sind keine glaubhaften Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Bf ein unbeherrschter und gefährlicher Mensch sein könnte, der seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen pflegt.

 

Die Polizeibeamten konnten auf Grund des sich bietenden Gesamtbildes gerade nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten, dass ein gefährlicher Angriff des Bf bevorstehe. Der Bf benahm sich gegenüber den Polizeibeamten ruhig und höflich und wirkte nicht aggressiv. Es gab auch keine dokumentierten früheren Vorfälle. Lediglich ein lange zurückliegender Vorfall aus Juli 2006 wurde von der Gattin des Bf gegenüber den Polizeibeamten ohne Details behauptet. Darin konnte man nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats nicht einmal "bestimmte Tatsachen" sehen und noch weniger Schlussfolgerungen für die Gefahrenprognose ableiten. Bloße Mutmaßungen oder Verdächtigungen reichen nicht für die Annahme von bestimmten Tatsachen (vgl Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG3, 402 A.5.). Es sprachen auch sonst keine besonderen Umstände für eine gefährliche Situation. Im Gegenteil sprachen die Anwesenheit des 20-jährigen Stiefsohnes und der Schwiegermutter des Bf eher gegen bevorstehende Gewaltakte durch den Bf. Die beiden Polizisten hatten daher durchaus Zweifel an der angeblichen Gefährlichkeit des Bf, die sie in der mündlichen Verhandlung auch zum Ausdruck brachten (vgl Tonbandprotokoll, Seiten 4, 6 und 7). Sie entschieden sich dennoch im Zweifel gegen den Bf, weil man in der gespannten Situation eine tätliche Auseinandersetzung nicht hätte ausschließen können.

 

Dieser negative Maßstab zum Nachteil des Bf entspricht freilich nicht dem Gesetz, welches vielmehr eine positive Gefahrenprognose verlangt. Er kann auch nicht mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gemäß § 29 SPG, dessen Beachtung der § 38a Abs 2 Satz 2 SPG beim Betretungsverbot wegen des schweren Eingriffs in das Privatleben besonders aufträgt, in Einklang gebracht werden. Die Verhältnismäßigkeit wird nur dann gewahrt sein, wenn der Eingriff nach den konkreten Umständen unbedingt erforderlich war, um die Rechtsgüter einer gefährdeten Person zu schützen. Auf Grund des beschriebenen Gesamtbildes durften die Organe der öffentlichen Sicherheit im Zeitpunkt ihres Einschreitens die für die Wegweisung und das Betretungsverbot maßgebliche Frage, ob ein gefährlicher Angriff des Bf auf Leben, Gesundheit oder Freiheit seiner Gattin bevorsteht, nicht einfach im Zweifel bejahen, nur weil - wie gewöhnlich - für die Entscheidung über das Betretungsverbot wenig Zeit blieb. Die objektiven Umstände sprachen gegen einen bevorstehenden gefährlichen Angriff des Bf. Bloße Belästigungen unter der Schwelle des gefährlichen Angriffs rechtfertigten nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofs keine Befugnisausübung.

 

Im Ergebnis war daher das gegen den Bf ausgesprochene Betretungsverbot für rechtswidrig zu erklären.

 

5. Gemäß § 88 Abs 4 iVm § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird der angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (§ 79a Abs 2 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde vom Bf schon in der Beschwerde ON 1 für das gesamte Verfahren gestellt.

 

Als Aufwendungen gelten neben den Stempel- und Kommissionsgebühren sowie den Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (§ 79a Abs 4 Z 1 AVG), auch die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und Vorlageaufwand (§ 79a Abs 4 Z 3 AVG).

 

Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) gebühren dem obsiegenden Bf für Schriftsatzaufwand 660,80 Euro und für Verhandlungsaufwand 826 Euro. Daneben sind Eingabengebühren nach § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957 in Höhe von je 13,20 Euro für die Beschwerde ON 1 und die Stellungnahmen ON 4 und ON 10, insgesamt daher von 39,60 Euro angefallen. Diese Stempelgebühren, für die der Bf aufzukommen hat, sind ihm im Wege der Kostenentscheidung zu ersetzen.

 

Insgesamt war dem Bf daher ein Aufwand in Höhe von 1.526,40 Euro zuzusprechen und der Bund als der zuständige Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, zum Aufwandersatz zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 39,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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