Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162833/15/Br/Ps

Linz, 14.02.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb., W, B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S M, L, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, AZ. VerkR96-3145-2007, vom 21.11.2007, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 12.2.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.    Der Strafberufung wird in den Punkten 1) u. 2) mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafen auf 45,-- u. 30,-- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 30 u. 24 Stunden ermäßigt werden.

      In den Punkten 3) bis 5) hat der Tatvorwurf in Abänderung zu lauten, dass an den genannten Örtlichkeiten die jeweils erlaubten Höchstgeschwindigkeiten "um zumindest 20 km/h überschritten wurden".

      Im Strafausspruch wird der Berufung in diesen Punkten mit der Maßgabe Folge gegeben, dass zu 3) u. 4) die Geldstrafen auf je 100,-- Euro und zu Punkt 5) auf 150,-- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 x  75 Stunden u. zu 5) mit 100 Stunden ermäßigt wird.

 

II.  In Punkt 1.) und 2.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 4,50,-- u. 3,-- Euro.

      In Punkt 3) bis 5) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten dem zur Folge auf 2 x 10,-- Euro u. 15,-- Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt in sämtlichen Punkten ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 19 und § 24 Verwaltungsstrafgesetz – VStG.

zu II: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach 1) § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960, 2) § 9 Abs.1 StVO 1960, 3) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, 4) § 20 Abs.2 StVO 1960 und 5) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, alle iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, Geldstrafen in der Höhe von 1) 90 Euro, 2) 60 Euro, 3) 270 Euro, 4) 280 Euro u. 5) 470 Euro und für den Nichteinbringungsfall 1) 60, 2), 48, 3) u. 4) je 108 und 5) 144 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und ihm zur Last gelegt, er habe am 08.12.2006 gegen 22.29 Uhr, den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Wiener-Landesstraße B1 im Gemeindegebiet von 4650 Lambach aus Richtung Wels kommend in Richtung Schwanenstadt gelenkt und dabei

1) im Bereich des Strkm 226,3 in der dort beschilderten 70-km/h-Beschränkung entgegen dem dort bestehenden Vorschriftszeichen "Überholen verboten"  ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt;

2) weiters habe er im Bereich des Strkm 226,3 die dort vorhandene Sperrlinie überfahren und

3) im Kreuzungsbereich auf Höhe des Strkm 227,180 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 58 km/h überschritten;

4) zwischen Strkm 227,600 bis 229,915 habe er die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 59 km/h überschritten und

5) er habe im Bereich des Strkm 229,915 bis 230,400 nochmals die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 85 km/h überschritten.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO.1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen.

Gemäß § 9 Abs.l StVO.1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs.4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

Gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO.1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 22 Abs.2 StVO.1960 ist die Abgabe von Schallzeichen (Abs.l) unbeschadet der Bestimmungen über das Hupverbot (§ 43 Abs.2) verboten, wenn es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert. Schallzeichen dürfen insbesondere vor Kirchen und gekennzeichneten Schulen und Krankenhäusern sowie zur Nachtzeit nicht länger als unbedingt nötig abgegeben werden (Ist nicht Verfahrensgegenstand).

 

Gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.l, la, lb, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt stützt sich auf die Anzeige von 2 Beamten des Bezirkspolizeikommandos Wels-Land vom 19.12.2006. Dabei wurden die angelasteten Verwaltungsübertretungen im Nachfahren mit dem Dienstpolizeiwagen festgestellt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24.01.2007 wurde Ihnen daraufhin der Sachverhalt zur Last gelegt, wobei bei den festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen jeweils 15 km/h als Verkehrsfehlergrenze abgezogen wurden, zumal die Überschreitungen im Nachfahren festgestellt worden sind.

 

Auf Grund der Aufforderung zur Rechtfertigung haben Sie am 14.02.2007 bei der BH Vöcklabruck vorgesprochen und sich dahingehend gerechtfertigt, dass Sie die ersten beiden angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht bestreiten würden. Zu den 3 angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen haben Sie jedoch angegeben, dass diese keinesfalls den Tatsachen entsprechen würden. Sie hätten vielleicht die Geschwindigkeit jeweils um 20 km/h bis 30 km/h überschritten. Als Zeugen führten Sie Ihre 2 Beifahrer an, welche in weiterer Folge zeugenschaftlich ausgesagt haben. In diesen beiden Zeugenaussagen wurden die ersten beiden angelasteten Verwaltungsübertretungen ebenfalls bestätigt, wobei ein Zeuge hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen angeführt hat, dass Sie seinem Gefühl nach nie schneller als höchstens 120 km/h gefahren wären. Die 2. Zeugin äusserte sich dahingehend, dass sie selber keinen Führerschein besitzt und daher zu den Geschwindigkeitsüberschreitungen sowieso keine Angaben machen könnte. Sie führte jedoch an, dass sie sich bei der Fahrt nicht unwohl gefühlt oder die Fahrgeschwindigkeit als gefährlich empfunden habe.

 

Im weiteren Ermittlungsverfahren wurden die beiden Meldungsleger über die BH Wels-Land ebenfalls als Zeugen einvernommen. Lt. deren übereinstimmenden Zeugenaussagen wurden die in der Anzeige angegebenen Geschwindigkeiten vom Tacho des Dienstkraftfahrzeuges abgelesen, wobei sich der Abstand zu den verfolgten Fahrzeugen leicht vergrößerte, d.h. die Geschwindigkeit noch höher war, als durch das Nachfahren im annähernd gleichbleibenden Abstand festgestellt worden ist. Die Anzeige wurde vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

Nachdem Ihnen die 4 Zeugenaussagen mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 24.05.2007 zur Kenntnis gebracht worden sind, haben Sie, vertreten durch den RA. Dr. S M, am 28.06.2007 im wesentlichen nachstehende Stellungnahme abgegeben:

 

Sie bekannten sich weiterhin nur zu den 1. beiden angelasteten Übertretungspunkten schuldig und rechtfertigten sich im wesentlichen damit, dass die zur Anzeige gebrachten Geschwindigkeitsüberschreitungen keinesfalls stimmen würden. Zum einen, weil in der Anzeige nach Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitungen mit einem nicht geeichten Tacho immer von einer Mindestgeschwindigkeit gesprochen wurde und die tatsächliche Geschwindigkeit nicht genannt worden ist. Die Umstände, dass die anzeigenden Beamten nicht direkt hinter Ihnen gefahren wären und der Tatsache, dass es zeitweise nebelig war, auch der ungeeichte Tacho des Dienstfahrzeuges würden das Ergebnis jedenfalls verfälschen. Weiters richtete sich die Rechtfertigung dahingehend, dass für die Geschwindigkeitsüber-schreitungen keine 3-fach-Bestrafung erfolgen könnte, da es sich um ein fortgesetztes Delikt handle, sodass nur eine Strafe ausgesprochen werden dürfe.

Um den Sachverhalt genau zu klären, wurde ein Amtssachverständiger der Abt. Verkehrstechnik beigezogen, der in seinem Gutachten vom 26.07.2007 aus technischer Sicht zusammenfassend folgendes festgestellt hat:

 

Unter Berücksichtigung der Tachotoleranz eines nicht geeichten Tachos und eines Prallaxenfehlers (Ablesefehler) sind unter der Voraussetzung, dass der Tiefenabstand während der Nachfahrt nicht verkürzt wurde, die im Spruch angelasteten Geschwindigkeiten vorwerfbar. Wie es zu diesen vorwerfbaren Werten kommt, wurde in dem Gutachten ausführlich dargestellt.

 

Nach Übermittlung dieses Gutachtens mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 26.09.2007 haben Sie, wieder vertreten durch RA. Dr. S M, noch folgende Stellungnahme am 10.10.2007 übermittelt. Aus dem Gutachten würde hervorgehen, dass die angeführten Werte nur dann gelten, wenn der Nachfahrabstand nicht verkleinert wurde oder sich der Abstand bei gleicher Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges vergrößert hat. Aus den Ausführungen des Sachverständigen würde sich daher ergeben, dass die tatsächlichen Werte das konkrete Wissen um den Nachfahrabstand erfordern würden. Diese Angaben würden jedoch durch den gesamten Akteninhalt nicht erbracht und es wäre deshalb im Zweifel zugunsten des Beschuldigten zu entscheiden. Sie wiesen noch einmal daraufhin, dass es sich bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen um ein fortgesetztes Delikt gehandelt hat, sodass nur eine Einfachbestrafung erfolgen dürfte.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die 1. beiden im Spruch angelasteten Verwaltungsübertretungen sind als erwiesen anzunehmen und wurden auch im gesamten Ermittlungsverfahren von Ihnen nie bestritten.

Hinsichtlich der angelasteten Übertretungspunkte 3., 4. und 5. im Spruch des Straferkenntnisses geht die Behörde davon aus, dass während der gesamten Nachfahrt der Abstand zwischen dem Dienstpolizeiwagen und dem PKW mit dem Kennzeichen, welcher zwischen dem Polizeiwagen und Ihrem PKW dieselbe Strecke gefahren ist, annährend derselbe geblieben ist. Sie müssen daher zumindest die gleiche Geschwindigkeit wie der Lenker des Pkw's mit dem Kennzeichen gefahren sein. Lt. Angaben der Anzeige vergrößerte sich jedoch zeitweise der Abstand zwischen dem genannten Pkw und Ihrem Fahrzeug, sodass davon auszugehen war, dass Sie zeitweise noch schneller unterwegs gewesen sind. Ihre Angaben, dass die Geschwindigkeitsüberschreitungen in dieser Höhe keinesfalls stimmen könnten und Sie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit jeweils höchstens um 20 - 30 km/h überschritten hätten, konnten auch durch die Zeugenaussagen Ihrer Beifahrer nicht entkräftet werden, da diese nur Ihrem Gefühl nach angaben, dass Sie nicht zu schnell unterwegs gewesen wären.

Dem gegenüber wurde jedoch ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Verkehrstechnik eingeholt, wonach unter Voraussetzung der Nachfahrt in möglichst konstantem Abstand die vorwerfbaren Werte fachmännisch berechnet wurden. Auf Grund dieses vorgelegten Gutachtens und der Zeugenaussagen der beiden Meldungsleger, wonach der Abstand zu den verfolgten Fahrzeugen annähernd gleich war und sich zum Teil auch leicht vergrößerte, ist davon auszugehen, dass die im Spruch festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen während dieser Fahrt den Tatsachen entsprechen.

 

Zu Ihrem Einwand, es handle sich bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen um ein fortgesetztes Delikt, welches nur einmal bestraft werden dürfte, ist anzuführen, dass dieser Umstand nur dann gelten könnte, wenn es sich durchgehend um die gleiche erlaubte Höchstgeschwindigkeit gehandelt hätte. Wie aus der Anzeige hervorgeht, wurde jedoch die 1. Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO. (Geschwindigkeitsbeschrän-kung) begangen. In weiterer Folge hat es sich nach § 20 Abs. 2 StVO. (erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen) um einen anderen Straftatbestand gehandelt. Die 3. Geschwindigkeitsüberschreitung fand wieder im Bereich einer Geschwindigkeitsbeschränkung statt und war daher wieder ein neuer Straftatbestand nach § 52 lit. a Z. 10a StVO. gegeben. Es hat sich somit um kein fortgesetztes Delikt sondern um 3 unabhängig voneinander strafbare Tatbestände gehandelt.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen haben Sie angegeben, dzt. arbeitslos zu sein und mtl. € 500,— Arbeitslosenunterstützung zu erhalten. Weiters führten Sie Schulden in Höhe von ca. € 1.500,—an. Unter Berücksichtigung dieses Einkommens mußten jedoch die im Spruch festgesetzten Strafbeträge verhängt werden, zumal es sich dabei um gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen gehandelt hat. Besondere Straf­milderungsgründe lagen nicht vor.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch dessen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung, worin Folgendes ausgeführt wird:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.11.2007, VerkR96-3145-2007, zugestellt am 30.11.2007, sohin innerhalb offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

 

Bezüglich der ersten beiden Verwaltungsübertretungen wird nur die Höhe der Strafe bestrit­ten. Der Beschuldigte hat sich diesbezüglich im Verfahren von Anfang an geständig gezeigt, sodass bei der Strafbemessung dies zu berücksichtigen gewesen wäre, was jedoch nicht ge­schehen ist. Die ausgesprochenen Strafen sind deshalb unter Berücksichtigung dieses Straf­milderungsgrundes (Geständnis) zu hoch.

 

Die Verwaltungsübertretungen Z 3, 4 und 5 werden sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angefochten. Zunächst einmal ist hierzu auszuführen, dass der Beschuldigte mehrfach gestanden hat, in Punkt 3 die Geschwindigkeit um 20 km/h und auch im Punkt 4 um 20 km/h überschritten zu haben, zu Punkt 5 jedoch gar nicht. Die Behörde 1. Instanz glaubt jedoch diesen Angaben nicht, sondern legt sich nur auf die Zeugenaussagen der Meldungsleger fest. Genau darin liegt jedoch der Fehler der Behörde erster Instanz. Die Meldungsleger fuhren eben nicht genau hinter dem Auto des Beschuldigten, es war ein anderes Auto dazwischen, außerdem war es nach den Angaben der Meldungsleger nebelig. Die Meldungsleger konnten deshalb, nämlich insbesondere deshalb, weil zwischen dem Auto des Beschuldigten und ih­rem Auto ein anderes Fahrzeug gefahren ist, den Tiefenabstand gar nicht feststellen. Dies ist einfach unmöglich. Genau diesen Umstand hätte die erste Instanz jedoch berücksichtigen müssen und im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten entscheiden müssen.

 

Die Behörde muss in einem Verwaltungsstrafverfahren sämtliche Umstände berücksichtigen und ermitteln, und zwar auch zu Gunsten des Beschuldigten. Der Sachverständige gibt in sei­nem Gutachten zu den Verwaltungsübertretungen 3, 4 und 5 an, dass der entsprechende Wert nur dann vorwerfbar ist, wenn sichergestellt ist, dass der Nachfahrabstand während der Nach­fahrt nicht verkürzt wurde. Diese Sicherstellung, die der Sachverständige verlangt, gibt es jedoch nicht. Wie bereits oben ausgeführt, gibt es zu viele Unsicherheiten, um mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit eine Geschwindigkeitsüberschreitung in dem hier vor­geworfenen Ausmaß annehmen zu können.

 

Auch wurde von den Meldungslegern der genaue Nachfahrabstand zum Auto des Beschuldig­ten nicht bekannt gegeben. Genau dies ist aber für eine Beurteilung außerdem erforderlich, wie der Sachverständige in seinem Gutachten schreibt. Ohne Wissen um den genauen Nach­fahrabstand ist eine verlässliche Beurteilung nicht möglich.

 

Da somit keine objektiven Beweisergebnisse vorliegen, hätte die erstinstanzliche Behörde aufgrund des Geständnisses des Beschuldigten nur wegen einer Überschreitung von 20 km/h bestrafen dürfen. Diese gab der Beschuldigte ja von Anfang an selbst zu.

 

Aber auch unabhängig davon hätte die Erstbehörde nur einmal wegen Geschwindigkeitsüber­schreitung bestrafen dürfen, weil es sich hierbei um ein fortgesetztes Delikt handelt.

 

Auch die Höhe der Strafe wird ausdrücklich bekämpft. Aufgrund der Angaben zu den Ein­kommens- Vermögens- und Familienverhältnissen hätte eine Strafe in der Größenordnung nicht verhängt werden dürfen.

 

Aus all diesen Gründen stellt der Beschuldigte nachstehende

 

ANTRÄGE

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Berufung Folge geben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.11.2007, VerkR96-3145-2007, dahinge­hend abändern, dass hinsichtlich Punkt 5 ein Freispruch gefällt wird, hinsichtlich der Punkt 1 und 2 die Strafe herabgesetzt wird und hinsichtlich 3 und 4 nur eine Bestrafung erfolgt, und zwar wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 20 km/h,

in eventu die Strafe herabgesetzt wird.

 

S, am 13.12.2007                                                                    M K"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war wegen der Bestreitung der zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit im quantitativen Umfang nach in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, sowie dessen auszugsweise Verlesung im Rahmen der am 12.2.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei wurden RevInsp. O u. AbtInsp. B, sowie der vom Überholvorgang des Berufungswerbers betroffene Taxilenker B als Zeugen einvernommen. Der im Fahrzeug des Berufungswerbers mitfahrende als Zeuge geladene C N machte von dem ihm eröffneten Entschlagungsrecht Gebrauch. Beigeschafft wurden Luftbilder aus dem System DORIS, woraus tatortbezogen die Straßenkilometrierung und die beschränkungsspezifische periphere Umgebung nachvollziehbar ist. Verlesen wurde das Gutachten der Verkehrstechnik, v. 26.7.2007, VT-01000/7354-2007-Hag, über die bei einer Nachfahrt mit nicht geeichtem Tacho zu berücksichtigenden Abschläge.

Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung persönlich teil, wobei er als Beschuldigter befragt wurde. Auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

4. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

 

4.1. Unbestritten lenkte der Berufungswerber seinen Pkw H C am 8.12.2006 gegen 22:29 Uhr von Wels in Richtung Schwanenstadt. In seinem Fahrzeug befanden sich zwei Personen, darunter der als Zeuge geladene C N. Dem Fahrzeug des Berufungswerbers folgte S S mit einem V, wobei sich laut einer anonymen Anzeige über die Leitzentrale Marchtrenk diese beiden Fahrzeuge ein Rennen geliefert haben sollten. Die Meldungsleger begaben sich folglich mit dem Funkstreifewagen an das Ortsende von Lambach, um dort auf der B1 bei Strkm 225,6 Vorpass zu halten.

Während die Polizeibeamten RevInsp. O u. AbtInsp. B dort gerade aus dem Fahrzeug aussteigen wollten, näherten sich die beiden Fahrzeuge bereits mit sichtlich überhöhter Geschwindigkeit diesem Standort. Es wurde sogleich die Nachfahrt aufgenommen, wobei man in weiterer Folge im Ergebnis nur auf etwa 200 m zum hinteren Fahrzeug aufzuschließen in der Lage war. Laut diesen Zeugen wurde im Zuge der Nachfahrt die Höchstgeschwindigkeit des Dienstfahrzeuges ausgeschöpft, wobei die Tachoanzeige 180 km/h erreichte.

Zwischen Wels u. Lambach überholten die Pkw vom Berufungswerber u. S zweimal das vom Zeugen B gelenkte Taxi mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit.

Die Fahrbahn wurde von den Polizeibeamten als feucht bei hochnebelartiger Bewölkung bezeichnet. Auf Grund der Tageszeit, den Feiertag am 8.12.2006, 22:30 Uhr, kann von einem sehr geringen Verkehrsaufkommen ausgegangen werden.

 

4.2. Der Berufungswerber stellt die Punkte 1) und 2) [Überholen im Überholverbot und gleichzeitig das Überfahren einer Sperrlinie bei Strkm 226,3] außer Streit, wobei er diesbezüglich nur das Strafausmaß rügt. Auch hinsichtlich der übrigen Punkte wird nur das Ausmaß der angelasteten Verwaltungs­übertretungen bzw. in der Berufung auch noch der Punkt 5) bestritten.

Da zwischen dem Punkt, wo die Nachfahrt aufgenommen wurde (Strkm 225,6), und der zuletzt angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung (bei Strkm 229,915) nur etwas mehr als vier Kilometer und bei einer präsumtiven Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h nur zwei Minuten liegen, ist es schon mit Blick darauf logisch, dass von einem stabilen Sicherheitsabstand hier wohl nicht ausgegangen werden kann. Dies ergibt sich letztlich auch aus den zeugenschaftlichen Angaben der Polizeibeamten, welche den Abstand zum Vorderfahrzeug (dem P von S) mit etwa 200 m bezeichnen. Wenn nun dieses Fahrzeug zum Pkw des Berufungswerbers wiederum einen Sicherheitsabstand von zwei Sekunden einhielt, dann betrug der Nachfahrabstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers jedenfalls 250 m, was die Abschätzung des gleichbleibenden Tiefenabstandes bei der herrschenden Dunkelheit zusätzlich erschwerte. Geht man nun weiter davon aus, dass nach der Vorbeifahrt bei Strkm 225,6 bis zum Erreichen der Höchstgeschwindigkeit des nicht sehr stark motorisierten Dienstkraftwagens eine Zeitspanne von zumindest 30 Sekunden in Anspruch genommen wurde, verblieben für die Nachfahrt gerade mal drei Kilometer. Zu bedenken ist, dass selbst bei einem geringfügigen Aufschließen nicht die vom nachfahrenden Fahrzeug abgelesene Geschwindigkeit auf das über 200 m weiter vorne fahrende Fahrzeug 1:1 übertragen werden kann. Letztlich hat das Dienstkraftfahrzeug offenbar doch deutlich auf die "verfolgten" Fahrzeuge aufgeschlossen gehabt. Insbesondere treffen die erschwerenden Umstände bei der Einschätzung eines konstant bleibenden Abstandes bei Dunkelheit und auf einer relativ kurzen Wegstrecke bzw. der zur Verfügung stehenden kurzen Zeitspanne von vielleicht etwas mehr als einer Minute in besonderem Umfang zu. Ein jeweils konstant bleibender Nachfahrabstand in einer entsprechend aussagekräftigen Dauer kann hier nicht wirklich in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen gelten.

Mit Blick darauf ist den Ausführungen des Berufungswerbers zu folgen.

Die Zeugen waren wohl von einer deutlichen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten überzeugt, konnten aber einen gleichbleibenden Abstand in einer verwertbaren Zeitspanne zu dem viel zu weit vorne fahrenden Fahrzeug nicht wirklich herstellen. Die Tatsache einer Geschwindigkeitsüberschreitung an den fraglichen Örtlichkeiten, zuletzt auch betreffend den Punkt 5) steht ohnedies außer Streit.

Im Zusammenhang mit der Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt kann wohl auf das von der Behörde erster Instanz eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.Ing. (HTL) R H verwiesen werden. Darin wurden zu Gunsten des Beschuldigten relevante Messtoleranzen in Abzug gebracht, wobei die Überschreitungswerte lt. Gutachten nur bei einem gesichert gleichbleibenden Abstand als beweissicher qualifiziert werden könnten. Diesbezüglich wird auf die in der Fachpresse publizierte Arbeit von "Dr. Phys. K., öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, Münster-Wollbeg", verwiesen (zit. im h. Erk. 23.3.1998, VwSen-105047/GU/Mm).

Demnach können unter bestimmten Randbedingungen, Gesamtfehler von 3 Prozent für den eingehaltenen Abstand in Rechnung gestellt werden. Dieses Ergebnis wurde empirisch aus rund 600 Einzelmessungen über das Abstandsverhalten gewonnen. Nach dieser Versuchsreihe konnten aussagekräftige Informationen über die Schätzgenauigkeit von Personen abgeleitet werden. So liegen Abstandsschwankungen, den Momentanwert betrachtet, bei eingehaltenen Abständen von höchstens 100 m im Mittel bei sicher unter 15 Prozent (bezogen auf 95 Prozent aller Messwerte). Auf einer Gesamtnachfahrstrecke von 1000 m hätte dies einen Gesamtfehler von höchstens 3 Prozent zur Folge.

Wenngleich hier weit über 100 m betragende Nachfahrstrecken zur Verfügung standen, welche naturgemäß mit weniger Unsicherheiten behaftet wären, kann aber wegen des zu großen Tiefenabstandes den vom Sachverständigen reduzierten bzw. mit einem Sicherheitsabschlag versehenen (angelasteten) Fahrgeschwindigkeiten nicht gefolgt werden. Vielmehr kann ein Beweis nur unter weiterer Hinzurechnung eines Sicherheitsabschlages gesichert gelten, wobei dieses Ergebnis letztlich vom Geständnis des Berufungswerbers gedeckt ist.

 

Anzumerken ist, dass auch der Straßenverlauf durchaus die angelasteten Geschwindigkeiten als realistisch erscheinen lässt, wobei das Fahrverhalten insgesamt durchaus als sorglos und ignorant gegenüber den Schutzvorschriften der StVO qualifiziert werden kann.

 

4.3. Daher können hier auch die vom Sachverständigen unter Sicherheitsabschlägen ermittelten Fahrgeschwindigkeiten noch nicht als erwiesen gelten. Sehr wohl kann hier gesichert gelten, dass die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten immer noch deutlich überschritten wurden, wobei diese sich nicht ziffernmäßig feststellen lassen.

Basierend auf das Tatsachengeständnis des Berufungswerbers und die Aussagen der Mitfahrer vor der Behörde erster Instanz können diese nur im Umfang von maximal 30 km/h als erwiesen gelten.

Faktum ist andererseits, dass der Berufungswerber offenbar die verkehrsarme Zeit für eine rasante Fahrt ausnützte, wobei er offenbar das Überholverbot und die Geschwindigkeitsüberschreitungen bewusst ignorierte. Der tatsächliche Tatunwert reduzierte sich im Ergebnis auf die Schutznormverletzung, weil mangels Verkehrsaufkommen und dem sich dort gemäß den beigeschafften Luftbildern übersichtlich und kurvenfrei gestaltenden Streckenverlauf keine wirklichen Verkehrsgefährdungen nachvollziehen lassen.

Der Berufungswerber zeigte sich bei der Berufungsverhandlung einsichtig. Er vermittelte dabei den Eindruck, sich der Sinnlosigkeit von Rasereien bewusst zu sein und künftighin auf solche verzichten zu wollen. Der Berufungswerber verdient monatlich 1.200 Euro und ist mit Verbindlichkeiten in der Höhe von 4.000 Euro belastet.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

5.1. In Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen und die zutreffende rechtliche Subsumtion der Tatvorwürfe verwiesen werden.

Zur Frage der Tateinheit bzw. des Fortsetzungszusammenhanges:

Zum Überholverbot und dem Überfahren der Sperrlinie bedingte die Missachtung des Überholverbotes gleichzeitig das Überfahren der Sperrlinie. Eine vollständige Konsumtion mehrerer Deliktstatbestände liegt dann vor, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, dass der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfasst wird, wie dies insbesondere im Falle der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies träfe nur dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. VwGH 29.6.1992, 90/04/0174 u.a.). Da das Überholverbot nicht übertreten werden kann, ohne auch gleichzeitig die Sperrlinie zu überfahren, wäre hier nur ein Delikt anzulasten gewesen. Zumal der Schuldspruch in Punkt 1) u. 2) in Rechtskraft erwachsen ist, ist es sachgerecht beide Strafen zu halbieren.

 

5.1.1. Beim Durchfahren einer Wegstrecke von etwas mehr als drei Kilometer mit durchgehend überhöhter Geschwindigkeit wurden je verschiedene Örtlichkeiten und zweimal auch verschiedene Rechtsgrundlagen (§ 52a Z10, § 20 Abs.2 u. wieder § 52a Z10a StVO) betreffend Geschwindigkeitsüberschreitungen gesetzt. Von einem Fortsetzungszusammenhang wäre beispielsweise bei abgestuften Beschränkungsbereichen – wie etwa bei einer Baustelle (70 km/h, 50 km/h u. 30 km/h) – auszugehen.

Im Durchfahren mehrerer Normbereiche an je verschiedenen Örtlichkeiten (iSd § 20 Abs.2 und 2 x § 52a Z10a StVO 1960) wurden jedoch empirisch drei verschiedene Schutznormen verletzt, wenngleich dies auf einem einzigen, sich typischerweise über eine bestimmte Distanz erstreckenden einheitlichen Tatwillen basierte.

Nach einer Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes kann dies wohl wegen des zeitlichen Zusammenhanges, der gleichen Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände unter bestimmten Umständen als nur eine Verwaltungsübertretung zu qualifizieren sein (VwGH 27.5.1992, 92/02/0049 mit Hinweis auf VwGH Juli 1979, Slg. Nr. 9904/A und vom 13.4.1988, Zl. 87/03/0114, 0115).

Die Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h und einer daran anschließenden durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h haben beispielsweise zwei verschiedene Delikte zum Inhalt, die auch jeweils gesondert zu bestrafen sind (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0145 u. VwGH  27.6.1984, 83/03/0321).

Werden verschiedene Verwaltungsvorschriften verletzt, so liegt kein fortgesetztes Delikt sondern liegen vielmehr jeweils verschiedene Delikte vor (VwGH 11.11.1987, 86/03/0237).

Auf die von der Behörde erster Instanz zitierte Judikatur – wohl in einem nicht gänzlich vergleichbaren Fall – kann an dieser Stelle hingewiesen werden (VwGH 23.9.1992, 92/03/0166).

 

5.2. Es hat letztlich dahingestellt zu bleiben, inwieweit die auf eine einzige Übertretung hinauslaufende Sichtweise mit dem Grundsatz des "ne bis in idem" und dem der EMRK inhärenten Grundsatz des Doppelbestrafungsverbotes zutreffender vereinbar ist, als die durch eine Kumulation im Ergebnis möglichen unrealistisch hohen Strafen. Die in Form einer kontinuierlichen Geschwindigkeitsüberschreitung sich über ca. drei bis vier Kilometer erstreckende Tathandlung war hier wohl nur von einem einzigen Willensentschluss und einen logischen Fortsetzungszusammenhang getragen.

Dennoch müssen auch K aufeinander folgende Geschwindigkeits­überschreitungen zu einer Mehrfachbestrafung führen, wenn jeder einzelnen Beschränkung ein gesonderter Schutzzweck zuzuordnen ist. Jedoch ist die Summe der einzelnen Geldstrafen als Einheit zu sehen, sodass sie in ihrer Gesamtheit einen der Tatschuld angemessen Umfang nicht überschreiten darf. Letztlich würde es zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung führen, wenn ein einziges, sich typischer Weise immer auf eine bestimmte Distanz erstreckendes Fehlverhalten – im Gegensatz zur generellen Praxis, der überwiegend eine punktuelle Messung zu Grunde liegt oder bei der sogenannten sektoralen Kontrolle ein Durchschnittswert errechnet wird – [mehrfach sanktioniert] zu einer Vervielfachung der Strafe führen würde.

Auch in diesem Punkt ist der Berufungswerber mit seinem Vorbringen im Ergebnis im Recht.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

6.1. Zweifellos geht mit jeder Geschwindigkeitsüberschreitung eine Gefahrenpotenzierung einher.

Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. So ergibt sich beispielsweise aus 70 km/h der Anhalteweg mit 46,58 m, während dieser bei einer Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h bereits annähernd 111 m beträgt. Dies unter Grundlegung einer annähernd als optimalen Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2, eine Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit. Die Stelle, an der ein Fahrzeug aus 70 km/h zum Stillstand gelangt, wird aus einer Geschwindigkeit von 120 km/h  och mit etwa 71 km/h durchfahren (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.0). Dies belegt, dass dadurch die auf den Vertrauensgrundsatz basierenden Verhaltensspielräume präsumtiver Verkehrsteilnehmer erheblich eingeengt und die Unfallgefahr abstrakt besehen entsprechend erhöht wird.

Konkret darf aber das tageszeitbedingte nur geringe Verkehrsaufkommen auf der sich über mehrere Kilometer erstreckenden Fahrt mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit nicht unberücksichtigt bleiben. Der [geschwindigkeitsabhängige] vertypte Unrechtsgehalt blieb in diesem Fall hinter dem für derartige Übertretungshandlungen typischen Ausmaß zurück.

Der Schutzzweck, dem die Strafdrohung dient, und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muss bei rechtsrichtiger Auslegung auf die Umstände des konkreten Falls und nicht bloß formelhaft zur Anwendung gelangen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, mit einer schablonenhaften Anwendung einer Bestimmung, Ungleiches (immer) gleich zu behandeln (vgl. unter vielen h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374).

Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ist es – wie oben bereits dargetan –deliktstypisch, dass diese sich über bestimmte Distanzen erstrecken, woraus sich der jeweils spezifische Tatunwert ableitet. Die daraus erfließende Interessenschädigung vermag mit einer sich immer noch auf über 400 Euro belaufenden Geldstrafe der konkreten Tatschuld als angemessen geahndet erachtet werden.

So hat etwa der Verwaltungsgerichtshof bereits im Jahr 1990 im Fall einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer Autobahn im Ausmaß von 50 km/h eine Geldstrafe von 4.000 Schillingen als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Zuletzt sind noch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers in Verbindung mit dem Milderungsgrund der Tatsachengeständigkeit zu berücksichtigen. Straferschwerend ist jedoch noch eine einschlägige Vormerkung vom 7.8.2003 zu werten. Bei einem Einkommen in Höhe von 1.200 Euro und Verbindlichkeiten des Berufungswerbers im Umfang von 4.000 Euro ist die nunmehr verhängte Strafe ebenfalls als sachgerecht zu bezeichnen.

Sie wolle den Berufungswerber zur Einsicht bringen, dass selbst in der verkehrsarmen Zeit eine Hetzfahrt über mehrere Kilometer eine an sich verwerfliche Verhaltensweise ist und insbesondere aus generalpräventiven Gründen einer entsprechenden Ahndung bedarf bzw. er sich künftighin einer solchen enthalten werde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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