Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162603/8/Fra/Sta

Linz, 26.02.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J B, E, I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25.9.2007, VerkR96-3394-2007/Her, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Februar 2008, zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die verletzten Rechtsvorschriften und die Sanktionsnormen wie folgt zu lauten haben:

 

          Hinsichtlich des Faktum 1 lautet die verletzte Rechtsvorschrift: § 18 Abs.1 StVO 1960 und die Sanktionsnorm: § 99 Abs.2c Z 4 StVO 1960.

Hinsichtlich des Faktum 2 lautet die verletzte Rechtsvorschrift: § 20
Abs. 2 StVO 1960 und die Sanktionsnorm: § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

 

II.                 Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwal­tungs­senat jeweils einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16,19, 24 und 44 Z2 und 3 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1. wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 und 2. wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt,

weil er am 30.3.2007 den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen auf der A1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt hat, wobei er

  1. gegen 14.44 Uhr im Bereich von km 187,800, Gemeindegebiet Sipbachzell, zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeuge nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,34 Sekunden festgestellt.
  2. gegen 14.45 Uhr im Bereich von km 190,050, Gemeindegebiet Sipbachzell, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 47 km/h überschritten hat. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Wels-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Februar 2008 erwogen:

 

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Wels vom 26.4.2007, GZ. A, samt Lichtbild sowie auf die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers RI M M, Autobahnpolizeiinspektion Wels. Laut oa Anzeige wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung im Nachfahren auf 500 m im gleichbleibenden Abstand festgestellt und zwar mit der im Zivilstreifenwagen Skoda Superb eingebauten und geeichten "Multa Vision-Anlage". Die Übertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 (Abstand) wurde mit der im Zivilfahrzeug, Kennzeichen, eingebauten Multa Vision-Anlage mittels Videoaufzeichnung festgehalten. Mittels geeichtem Messsystem VKS 3.0, Nummer A 06A, wurde das Auswertesystem Videomass angewendet, wobei gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Bedachtnahme der Bedienungsanlage vorgegangen wurde. Die Auswertung wurde vom BI S R, LPK Oö., LVA, vorgenommen.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren sagte der Meldungsleger bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Wesentlichen aus, dass die beiden von ihm zur Anzeige gebrachten Verwaltungsübertretungen auf Video aufgezeichnet sind. Er habe im Zuge seiner Zeugenaussagen der Behörde dieses Video vorgeführt und seien darin die angezeigten Delikte einwandfrei erkennbar. Er habe damals das Zivilfahrzeug gelenkt, als er im Rückspiegel auf das Fahrzeug des Bw aufmerksam wurde. Der Bw sei mit seinem Fahrzeug am linken Fahrstreifen an ihm vorbei gefahren und er wechselte mit dem Zivilfahrzeug ebenfalls auf den linken Fahrstreifen und sei unmittelbar hinter dem Bw nachgefahren. Dabei habe er feststellen können, dass dieser einen sehr geringem Sicherheitsabstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten und in weiterer Folge die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h in hohem Ausmaß überschritten habe. In der Folge wurde das Fahrzeug des Bw angehalten und mit ihm die Amtshandlung wegen der beiden Übertretungen durchgeführt.

 

Bei der Berufungsverhandlung sagte der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen im Wesentlichen aus, den Zivilstreifenwagen gelenkt zu haben. Sein Kollege S sei der Beifahrer gewesen. Dieses Fahrzeug sei mit einer Videomessanlage ausgestattet. Die Fahrbahn weise in diesem Bereich drei Fahrstreifen auf. Sie seien am mittleren Fahrstreifen gefahren. Der vom Bw gelenkte Audio habe sie überholt und sie haben sich diesem Fahrzeug "drangehängt". Die Nachfahrt wurde mittels der Multa Vision-Anlage dokumentiert. Das Videoband existiere noch, die Nachfahrt wurde auf DVD gespeichert. Bei der Anhaltung sei dem Bw vorerst nur die Fahrgeschwindigkeit vorgeworfen worden. Der geringe Abstand sei ihm erst aufgefallen, als er auf der Dienststelle das Video gesichert habe. Er sei dem Bw auf einer Strecke von 500 m in gleichbleibendem Abstand nachgefahren. Die Anhaltung sei bei km 193,700  gewesen. Die Übertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 sei ebenfalls mittels Videoaufzeichnung festgehalten worden und mittels dem geeichten Messsystem VKS 3.0 Nr. 06A Auswertesystem Videomass festgestellt worden, wobei gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen vorgegangen wurde. Die Sicherheitsabstandsauswertung habe seine Kollegin BI S R  gemacht. Die auf einer DVD gespeicherte Nachfahrt wurde bei der Berufungsverhandlung auf einem PC abgespielt.

 

Im Hinblick auf diese Beweismittel sind die dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen eindeutig erwiesen.

 

Der Bw hat sich im erstinstanzlichen Verfahren inhaltlich nicht geäußert. In der Berufung gegen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis bringt er lediglich lapidar vor, keine Möglichkeit der Anhörung gehabt zu haben, weshalb er von einem Formfehler ausgehe und die Angelegenheit als erledigt betrachte. Der Bw ist auch zur Berufungsverhandlung nicht erschienen und hat sich sohin seiner Verteidigungsrechte begeben.

 

Im Hinblick auf die vorliegenden Beweismittel geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass die Abstands- und Geschwindigkeitsmessung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Das gegenständliche Messgerät VKS 3.0 ist für die Messung von Sicherheitsabständen und Fahrgeschwindigkeiten geeignet und entsprechend den österreichischen Bestimmungen geeicht und zugelassen. Zum Abstand ist festzustellen, dass unter einer Zeit von 0,7 Sekunden im realen Verkehrsgeschehen praktisch keine Reaktion eines Autolenkers erfolgt. Auch bei besonderer Aufmerksamkeit muss bei einem Durchschnittslenker eine Reaktionszeit von 0,8 Sekunden zu Grunde gelegt werden. Bei einem Sicherheitsabstand von 0,34 Sekunden, wie im gegenständlichen Fall vorliegend, kann auf allfällige, auch unerwartete Bremsmanöver des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht mehr reagiert werden, woran unvermeidlich ein Auffahrunfall resultieren würde.

 

Sohin ist abschließend festzustellen, dass die vorliegenden Beweismittel ausreichend beweiskräftig sind. Da keine Umstände hervorgekommen sind, welche die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG entkräften würden, hat der Bw die im vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

 

Strafbemessung:

Die Strafe ist unter Bedachtnahme auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes entsprechend dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat festzusetzen. Bei der Strafbemessung sind sohin objektive und subjektive Kriterien der Tat im Sinne des
§ 19 VStG zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung die soziale und wirtschaftliche Situation des Bw mangels konkreter Angaben wie folgt geschätzt: Monatliches Nettoeinkommen 1.800 Euro und Vermögenslosigkeit.

 

Der Bw ist dieser Schätzung nicht entgegengetreten und hat auch im Berufungsverfahren diesbezüglich keine Angaben gemacht.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Bw nicht zugute. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Bw ist darauf hinzuweisen, dass § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 einen Strafrahmen bis zu 726 Euro und § 99 Abs.2c StVO 1960 einen Strafrahmen von 72 Euro bis 2.180 Euro vorsieht. Beide Strafen bewegen sich im unteren Bereich dieses Strafrahmens. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde um rund 36 % überschritten. Der Strafrahmen wurde zu rund 27 % ausgeschöpft. Bei der Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 wurde die höchstmögliche Strafe lediglich zu rund 11,5 % ausgeschöpft, obwohl ein derartig geringer Sicherheitsabstand ein enormes Gefährdungspotential in sich birgt (auf die oa Ausführungen, wonach bei einem Sicherheitsabstand von 0,34 Sekunden wie im gegenständlichen Fall für den Lenker im Falle eines Bremsmanövers des vorausfahrenden Fahrzeuges keine Chance besteht, rechtzeitig selber ein Bremsmanöver einzuleiten, wird in diesem Zusammenhang verwiesen).

 

Die verhängten Strafen sind sohin unter Berücksichtigung der (geschätzten) sozialen und wirtschaftlichen Situation des Bw tat- und schuldangemessen festgesetzt und auch aus Gründen der Prävention notwendig.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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