Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230990/37/BMa/Se

Linz, 28.02.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des S K I, vertreten durch Dr. P F, Rechtsanwalt in T, vom 26. November 2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. November 2007, Zl. Sich96-2007, wegen Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 16. Jänner 2008, die am 30. Jänner 2008 fortgesetzt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idF BGBl. I Nr. 117/2002 iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008; § 45 Abs.1 Z1 VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) wie folgt abgesprochen:

"Sie haben am 12.03.2007 um 09.15 Uhr in 4600 Wels, unbenannte Verbindungsstraße zwischen Saarstraße und Bundesstraße 1 – Kreuzung B1 im Zuge der anschließenden Amtshandlung laut unflätig herumgeschrieen: "Was soll der Scheiß. Habt Ihr nichts Besseres zu tun. Passt auf, irgendwann erwische ich Euch schon!" und dabei mit den Händen heftig gestikuliert und sich so trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 82 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz BGBl. 566/1991 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe gemäß

Euro                     § 16 Abs.2 VStG 1991 i.d.g.F. von

100,--                            48 Stunden

gemäß § 82 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz BGBl. 566/1991 i.d.g.F.

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): ---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 EUR angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

110,-- Euro."

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die angelastete Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Anzeige der PI Wels Pernau vom 12.3.2007, GZ: A2/2007, in Verbindung mit dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen. Laut Aussage der einschreitenden Polizeiorgane sei bei der gegen den Bw geführten Amtshandlung kein Zeuge anwesend gewesen und auch der Bw habe gegenüber den Polizeiorganen weder während, noch unmittelbar nach der gegenständlichen Amtshandlung eine Person als Zeuge des Vorfalls namhaft gemacht. Deshalb sei die Zeugeneinvernahme des Herrn C E mangels entsprechender Kausalität nicht geeignet, einen neuen Tatsachenbeweis zu erbringen. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Bw den einschreitenden Beamten mit den im Spruch angeführten Worten gedroht habe, sich bedrohlich vor diesen aufgestellt habe und sein angeführtes Verhalten unter Ignorierung der gegen ihn erfolgten Abmahnung weiter fortgesetzt habe, bis er neuerlich abgemahnt worden sei und von der Anzeigenerstattung in Kenntnis gesetzt werden musste. Dadurch habe er die Lenker- und Fahrzeugkontrolle erheblich behindert und in die Länge gezogen.

 

1.3. Gegen dieses seinem Rechtsvertreter am 14. November 2007 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende am 26. November 2007 – und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Begründend bringt der Bw im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie nicht alle nötigen Beweise aufgenommen habe. Insbesondere sei der Zeuge E C nicht vernommen worden und die Einvernahme dieses Zeugen werde beantragt zum Beweis dafür, dass der Bw weder im Zuge der Amtshandlung unflätig herumgeschrieen habe, noch in irgend einer Art und Weise die Amtshandlung behindert habe. Aus diesem Grund würden auch die Voraussetzungen für eine Bestrafung nach § 82 Abs.1 SPG nicht vorliegen. Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt, weiters die Durchführung einer Berufungsverhandlung, in eventu das Absehen vom Ausspruch einer Strafe gemäß § 21 VStG, in eventu die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG.

 

2. Am 16. Jänner 2008 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Bw in rechtsfreundlicher Vertretung anwesend war. Als Zeugen wurden E C und AI H S einvernommen. Die Verhandlung wurde zur Einvernahme von Insp. A D vertagt, diese Zeugin wurde am

30. Jänner 2008 einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:

 

Am 12. März 2007 um ca. 09.15 Uhr wurde der Bw zwischen der Saarstraße und der Bundesstraße 1 – Kreuzung B1 zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten, weil vermutet wurde, dass er die Kreuzung B1/Uhlandstraße während einer Rotlichtphase passiert hatte. Der Bw I ist, nachdem sein Auto in der Höhe des Betriebes  „Renault S“ zum Stehen gekommen war, ausgestiegen und hat in einem verärgerten Ton die Polizeibeamten Insp. D und AI S beschimpft. Dabei hat er wild gestikuliert und den "normalen Sicherheitsabstand" von ca. 2 Metern nicht eingehalten, indem er auf ca. einen Meter zu den Polizeibeamten hinzugekommen ist.

Die Beschimpfungen erfolgten in einer aggressiven Art. Während der Amtshandlung wurde I zwei Mal von Insp. D abgemahnt. Über Aufforderung hat er die von den Polizisten geforderten Papiere anstandslos übergeben.

I hat sich nach der zweiten Abmahnung ins Auto gesetzt. Dort wurden ihm auch seine Papiere, nachdem eine EKIS-Abfrage durchgeführt worden war, weil I sich aggressiv verhalten hatte, wieder ausgehändigt.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass es durch das aggressive Verhalten des I zu einer Beeinträchtigung der Amtshandlung, insbesondere zu einer zeitlichen Verzögerung derselben gekommen wäre.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass der festgestellte Sachverhalt sich auf den Akteninhalt und die Aussagen in der mündlichen Verhandlung stützt. Die Aussage des Bw, wonach er die Papiere beim Fenster des Autos herausgegeben habe, er erst dann ausgestiegen sei um zu rauchen, und er die Polizisten nicht beschimpft habe, wird als Schutzbehauptung gewertet.

Der vom Bw geführte Zeuge E C konnte zu den Vorgängen der Fahrzeugkontrolle keine Angaben machen. Er hatte diese nicht gesehen, weil er in die entgegengesetzte Richtung gefahren war.

Die Aussage des Zeugen AI S ist realitätsnahe und glaubwürdig. Ebenso wie Insp. D gab er an, dass sich der Bw aggressiv verhalten hatte, wild gestikuliert und herumgeschrieen hatte. Obwohl der Zeuge der Meinung war, die Amtshandlung habe sich durch das Verhalten des Bw zeitlich in die Länge gezogen (Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 16. Jänner 2008), gab er an, I habe die Papiere anstandslos übergeben (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 16. Jänner 2008).

Die Zeugin Insp. D vermeinte zuerst, die Behinderung der Amtshandlung im konkreten Fall habe darin bestanden, dass er nicht aufgefordert werden konnte, ein Organmandat zu bezahlen, gab aber nach Vorhalt ihrer Aussage vom 10. Juli 2007, wonach sie angegeben hatte, die Bezahlung eines Organmandats wegen der Rotlichtübertretung habe I abgelehnt, an, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Ob es zu einer zeitlichen Verzögerung gekommen war, daran konnte sie sich auch nicht erinnern und sie konnte dazu überhaupt keine Angaben machen. Zur zeitlichen Verzögerung gab sie an, es könne möglich sein, dass es bei der Amtshandlung eine Verzögerung gegeben habe, weil I wieder eine Beschimpfung losgelassen habe oder auf sie zugegangen sei. Die zeitliche Dimension könne sie aber nicht mehr angeben. Das heißt, sie könne nicht mehr angeben, ob er vor Herausgabe der Papiere noch eine Beschimpfung von sich gegeben habe. Aus ihrer Sicht bestand die Beeinträchtigung der Amtshandlung insbesondere aufgrund des aggressiven Verhaltens des Herrn I (Seite 7 der Verhandlungsschrift vom 30. Jänner 2008). Somit musste zur Frage der Beeinträchtigung der Amtshandlung, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, durch das aggressive Verhalten des Bw, eine negative Feststellung getroffen werden. Die Angaben des Zeugen AI S, die durch die Aussagen der Zeugin Insp. D nicht gestützt wurden, sind für sich alleine gesehen zu vage, um auf diesen aufbauend zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 82 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl I Nr. 114/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahr nehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. schließt eine Bestrafung wegen der selben Tat nach § 81 eine Bestrafung nach Abs.1 leg.cit. aus.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat sich I anlässlich der durchgeführten Persons- und Fahrzeugkontrolle aggressiv gegenüber den Polizeiorganen verhalten, indem er herumgeschrieen und wild gestikuliert hat. Aus diesem Grund wurde er auch 2x abgemahnt.

Unerheblich ist der Inhalt der schreiend vorgebrachten Äußerungen, diese müssen daher auch nicht im Straferkenntnis beschrieben werden. Tatbildlich ist das Schreien und/oder heftiges Gestikulieren, beides als Ausdruck der Aggressivität (Hauer/Kepplinger, Sicherheitspolizeigesetz³ § 82 A.5.1.2.).

Anders als noch nach Art. IX. Abs.1 Z2 EGVG muss das aggressive Verhalten gemäß § 82 überdies eine Amtshandlung behindern. Das aggressive Verhalten muss für die Behinderung kausal sein. Dass eine Amtshandlung gar verhindert wird, also am aggressiven Verhalten scheitert, verlangt das Gesetz nicht. Es reicht aus, wenn die Ausführung der Amtshandlung erschwert oder verzögert wird, wenn daher beispielsweise die Aufnahme einer Niederschrift oder die Befragung einer Auskunftsperson verzögert wird. (ebenda A.5.5.)

 

Im konkreten Fall konnte im Zweifelsfall zugunsten des Bw nicht festgestellt werden, dass es eine Behinderung, zum Beispiel durch eine zeitliche Verzögerung, durch das aggressive Verhalten gegeben hatte.

 

Damit aber konnte auch ein Verstoß gegen § 82 SPG nicht nachgewiesen werden und das Verfahren war somit gemäß § 45 Abs.1 Z1 einzustellen, weil die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte.

 

4. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens bei Einstellung des Strafverfahrens oder Aufhebung der verhängten Strafe.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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