Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521886/2/Br/Bb/Ps

Linz, 03.03.2008

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E K, geb., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R R, S, S, vom 14.2.2008, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 6.2.2008, GZ VerkR21-5-2007, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 63 Abs.5 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z3, 7 Abs.4, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat in Bestätigung ihres Mandatsbescheides vom 4.1.2007, AZ VerkR21-5-2007, nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6.2.2008, GZ VerkR21-5-2007, dem Berufungswerber die Lenkberechtigung der Klassen A, B, C, E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von drei (3) Monaten, gerechnet ab Abnahme des Führerscheines, 8.1.2007 bis einschließlich 8.4.2007, entzogen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid vom 6.2.2008 fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit der folgenden begründeten Berufung vom 14.2.2008 entgegen (auszugsweise Wiedergabe):

 

"Der bekämpfte Bescheid erweist sich seinem Inhalt nach – insbesondere war die Beweiswürdigung anlangt – als unrichtig bzw. rechtwidrig. Ohne das das behördliche Ermittlungsverfahren stichhaltige Indizien hiefür ergeben hätte, wurde von der Erstbehörde letztendlich davon ausgegangen, dass ich ein bewusstes Überholmanöver durchgeführt hätte, wodurch es zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen wäre. Die Unterstellung eines bewusst und gewollt durchgeführten Überholmanövers mir gegenüber ist jedoch nicht rechtens. Dies aus nachstehenden Erwägungen heraus: 

 

Zu verweisen ist zunächst darauf, dass der bekämpfte Bescheid vom 6.2.2008 selbst eigentlich nicht erkennen lässt, auf Grund welchen Verhaltens mir gegenüber die Entziehung der Lenkberechtigung ausgesprochen wurde. Der Bescheid setzt sich im Wesentlichen mit meinem Vorbringen in meiner eingebrachten Vorstellung auseinander und wird auch auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens verwiesen; im gesamten Bescheid – weder im Spruch noch sonst wo – wird jedoch ausgesprochen, welche Umstände nun von der Behörde angenommen werden, welche den Entzug der Lenkberechtigung rechtfertigen.

 

Im Wesentlichen setzt sich wie gesagt der Bescheid lediglich mit dem von mir vorgebrachten Inhalt in meiner Vorstellung sowie den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auseinander. Konkrete Feststellungen im Hinblick auf eine von mir getätigte Übertretung von Verkehrsvorschriften lässt der bekämpfte Bescheid überhaupt vermissen. Lediglich stichwortartig wird in diesem Zusammenhang von der Behörde auf den ursprünglichen Entziehungsbescheid vom 4.1.2007 verwiesen. Der bekämpfte Bescheid ist daher bereits in diesem Zusammenhang als rechtswidrig zu qualifizieren und aufzuheben.

 

Mit dem ursprünglichen Entziehungsbescheid vom 4.1.2007 wurde mir vorgeworfen, ich hätte am 14.11.2006 gegen 13.25 Uhr vor dem StrKm 21,4 auf der B 137 in Fahrtrichtung Schärding mit dem von mir gelenkten PKW ein Überholmanöver eingeleitet und sei auf der Gegenfahrbahn frontal gegen den in Richtung Grieskirchen fahrenden PKW, gelenkt von E C G, gestoßen. Auf diesem Straßenabschnitt sei ein Überholverbot verordnet und überdies eine Sperrlinie angebracht. Auch sei an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h verordnet.

 

Ohne dass es in diesem Zusammenhang objektive Anhaltspunkte gegeben hat bzw. gibt, wurde von der Erstbehörde davon ausgegangen, dass ich ein Überholmanöver versucht hätte und dass dies der Grund für mein Abkommen auf die dem Gegenverkehr vorbehaltene Fahrspur gewesen wäre.

 

Offensichtlich wurde – zumindest immanent – diese Beweiswürdigung in den nunmehrigen Entziehungsbescheid vom 6.2.2008 übernommen, ohne dass jedoch mir in diesem Bescheid überhaupt ein konkretes Fehlverhalten vorgeworfen wird.

 

Festzuhalten ist nun, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren und auch die Aussagen der einvernommenen Zeugen (Zeuge C L) keine Erkenntnisse der Behörde gebracht haben im Hinblick darauf, ob der wider mich erhobene Vorwurf eines bewussten und gewollten Überholmanövers überhaupt zu Recht besteht. Der Zeuge C L beispielsweise gab lediglich an, dass er hinter einem silbernen Fahrzeug, welches von einer Frau gelenkt worden sei, nachgefahren sei. In entgegengesetzter Richtung wäre eine Kolonne gefahren. In weiterer Folge sei ein weißer M neben der Kolonne gefahren. L habe sich erschreckt und das Auto vor ihm hätte abgebremst und wäre es leicht nach rechts gelenkt worden. Als er selbst den weißen M (mein Fahrzeug) gesehen habe, sei dieser schon auf der Gegenfahrbahn und über der Sperrlinie gewesen. Er habe nur zwei Abblendlichter gesehen. Auch die Lenkerin des unfallbeteiligten Fahrzeuges und deren einvernommener Gatte konnten in diesem Zusammenhang – vor allem in Bezug auf die Blinksituation – keinerlei Wahrnehmungen wiedergeben.

 

Auch ein eingeholtes technisches Gutachten, welches die Erstbehörde in Auftrag gegeben hat, konnte nicht einmal zum tatsächlichen Unfallablauf oder zur Eingrenzung des Unfallortes Genaueres beitragen.

 

Einerseits waren im Behördenakt die Endlagen der unfallsbeteiligten Fahrzeuge überhaupt falsch eingezeichnet, sodass – ausgehend vom vorliegenden Behördenakt – weder eine Rückrechnung noch eine Vorwärtsrechnung im Sinne einer Unfallsimulation mittels des Computerprogrammes "PC-Crash" möglich ist. Zur tatsächlichen Rekonstruktion der Auslaufbewegungen der unfallsbeteiligten PKW`s ist nämlich die genau Kenntnis der Endlagen der Fahrzeuge notwendig und auch der tatsächliche Kollisionsort. Beides ist auf Grund der falsch eingetragenen Endlagen der unfallsbeteiligten PKW`s im Behördenakt nicht möglich. 

 

Sowohl die eigentliche Kollisionsstelle noch die Auslaufbewegung meines Fahrzeuges sowie des unfallsbeteiligten gegnerischen Fahrzeuges konnten eindeutig vom KFZ-technischen Sachverständigen festgelegt werden.

 

Genau genommen wirft mir daher die Behörde, ohne dass sie auch nur den Ansatz eines Beweises hiefür hätte liefern können, vor, mein Linksabkommen auf die gegnerische Fahrbahn, welches unzweifelhaft zu einem Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden PKW geführt hat, wäre von mir bewusst als Überholmanöver durchgeführt worden.

 

Ich selbst kann mich an den Verkehrsunfall nicht erinnern. Die wesentlichen Minuten vor dem Zusammenstoß bis zu diesem selbst fehlen in meiner Erinnerung gänzlich. Dies führe ich auf meine erlittenen schweren Verletzungen zurück.

 

Ich habe jedoch vor der Polizei und auch im anhängigen Verfahren mehrmals angegeben, dass mir die Strecke von meiner Arbeit nach Hause bestens bekannt ist und ich auch die Unfallstelle kenne. Mir ist bewusst, dass in demjenigen Bereich, in welchem sich der Verkehrsunfall in etwa ereignet hat, ein Überholverbot und eine Geschwindigkeitsbegrenzung sowie eine Sperrlinie verordnet sind. Ich kann daher ausschließen, dass ich – noch dazu bei Gegenverkehr – ein Überholmanöver versucht hätte. Ich kann mein seinerzeitiges Abkommen auf die linke Fahrbahnhälfte mir nur dadurch erklären, dass ich entweder – wie ich vorgebracht habe -  entweder kurz eingenickt bin oder auf Grund eines anderen Umstandes über die Fahrbahnmitte hinaus gelangt sein dürfte.

 

Es ist mir bis heute nicht nachvollziehbar, warum die Erstbehörde mir unterstellt, ich hätte bewusst und gewollt gegen mehrere Straßenverkehrsordnungsbestimmungen dadurch verstoßen, dass ich – und zwar trotz Gegenverkehr – innerhalb eines Überholverbotes versucht hätte, ein Überholmanöver durchzuführen. Dies sowohl sich aus den gesamten Behördenunterlagen kein tatsächlicher nachvollziehbarer Hinweis und auch keinerlei Indizien für ein bewusstes Überholmanöver ergeben. Die diesbezüglichen Annahmen fußen lediglich auf Vermutungen der Erstbehörde, nicht jedoch auf Beweisergebnissen.

 

Für den Entzug einer Lenkberechtigung, wie er von der Behröde vorgenommen wurde, wäre jedoch beispielsweise ein Übertreten eines Überholverbotes meinerseits oder ein Überfahren der Sperrlinie zwingend vorausgesetzt. Eine Übertretung eines Überholverbotes setzt jedoch ein bewusstes und gewolltes Handeln voraus. Für ein derartiges bewusstes und gewolltes Handeln – also ein beabsichtigtes Überholmanöver – gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Weder die einvernommenen Zeugen, welche sich seinerzeit im Gegenverkehr befunden haben, konnten ein Blinkzeichen an meinen Fahrzeug wahrnehmen oder bestätigen; auch der technische Sachverständige konnte nicht mit Sicherheit feststellen, dass die Kollisionsstelle überhaut auf der Richtungsfahrbahn Grieskirchen – also auf der Gegenfahrbahn – stattgefunden hat. Auch Ein- und Auslaufbewegungen der unfallsbeteiligten Fahrzeuge ließen sich nicht verifizieren.

 

Auf Grund der gesamten aufgezeigten Umstände – inhaltlich verweise ich auf mein gesamtes Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren – ergeben sich keine wie immer gearteten Umstände, welche den Schluss zuließen, dass ich gegen das verordnete Überholverbot verstoßen und dass ich die Sperrlinie bewusst überfahren hätte. Es ergeben sich überhaupt keine Anhaltspunkte für ein gewolltes Überholmanöver.

 

Fest steht lediglich, dass ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit über die Fahrbahnmitte mit meinem PKW gelangt sein dürfte, sodass es zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden PKW gekommen war, Ob die Ursache für dieses Abkommen über die Fahrbahnmitte auf ein gewolltes Handeln meinerseits zurückzuführen war oder nicht, lasst sich überhaupt nicht nachvollziehen; objektive Hinweise und Indizien in dieser Hinsicht liegen jedoch nicht vor.

 

Zusammenfassend betrachtet ist daher der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid vom 6.2.2008 inhaltlich insoferne einerseits unvollständig, als weder im Spruch noch in den Entscheidungsgründen überhaupt angeführt ist, welches Verhalten mir nunmehr letztendlich angelastet wird. Darüber hinaus erweist sich die vorgenommene erstbehördliche Beweiswürdigung seinem gesamten Inhalte nach als nicht nachvollziehbar sondern lediglich auf Vermutungen und Unterstellungen basierend, was den Vorwurf einer von mir angeblich bewusst und gewollt herbeigeführten Überholsituation anbelangt."  

 

Der Berufungswerber beantragte den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtwidrigkeit aufzuheben und das Verwaltungsverfahren gegen ihn einzustellen und darüber hinaus auszusprechen, dass seine Lenkberechtigung zu Unrecht auf die Dauer von drei Monaten entzogen worden sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding.  

 

4.1. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfällt, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 14.11.2006 um 13.30 Uhr seinen Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet Grieskirchen, auf der B 137 in Fahrtrichtung Schärding. Im Zuge dieser Fahrt beabsichtigte er eine vor ihm fahrende Kolonne zu überholen und leitete einen Überholvorgang ein. Auf Grund von Gegenverkehr konnte er diesen Überholvorgang aber nicht abschließen und es kam bei km 21,441 auf der Gegenfahrbahn zum Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden, von Frau E G gelenkten, Pkw. Bei diesem Verkehrsunfall wurden sowohl Frau G als auch der Berufungswerber selbst schwer verletzt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben des Zeugen C L. Dieser konnte den gegenständlichen Vorfall glaubwürdig und überzeugend schildern, während der Berufungswerber selbst den Vorgang offensichtlich nicht in Erinnerung hatte. Einerseits räumte er ein, sich an den Verkehrsunfall nicht erinnern zu können, die wesentlichen Minuten vor dem Zusammenstoß bis zu diesem selbst würden in seiner Erinnerung gänzlich fehlen, andererseits schilderte er aber den Vorgang so, dass er entweder kurz eingenickt sei oder auf Grund eines anderen Umstandes über die Fahrbahnmitte hinaus gelangt sei, wodurch es eben zum Zusammenstoß mit der entgegenkommenden Fahrzeuglenkerin gekommen sei.

 

Ähnlich wie der Zeuge C L hat sich die Unfallgegnerin, Frau G geäußert, die sinngemäß angegeben hat, dass ihr kurz vor der Abzweigung zur Lagerhaus-Werkstätte plötzlich ein weißer M auf ihrer Fahrspur entgegengekommen sei. Sie sei sofort auf die Bremse gestiegen und habe noch versucht ihren Pkw zur rechten Seite wegzulenken, um diesem Fahrzeug auszuweichen, jedoch sei der M frontal gegen ihren Pkw gestoßen.

 

Zu den örtlichen Verhältnissen ist festzuhalten, dass der Verkehrsunfall vom 14.11.2006, auf den sich die belangte Behörde stützt, sich auf einer Freilandstraße ereignet hat. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist in diesem Bereich – von km 20,245 bis 21,800 – in beiden Fahrtrichtungen mit 80 km/h begrenzt und von km 21,140 bis 21,800 ist ein Überholverbot von mehrspurigen Kraftfahrzeugen verordnet sowie eine Sperrlinie angebracht. Entsprechend der Anzeige und dokumentiert durch die beigelegten Lichtbilder herrschte zum Unfallszeitpunkt Regen, es nieselte, war bedeckt und die Fahrbahn war nass.

 

Den beiden Zeugen, insbesondere der Aussage des hinter der Unfallgegnerin nachfahrenden Lenkers konnte die belangte Behörde - wie dies, was der angefochtene Bescheid zeigt, auch getan hat - Glauben schenken, war er doch nicht in dem Maße wie die Lenkerin vor ihm durch den Überholvorgang unmittelbar gefährdet.

 

Das Vorbringen eines sogenannten "Sekundenschlafes" durch den Berufungswerber war nicht glaubhaft. Der technische Amtssachverständige konnte zwar mangels präziser Angaben der tatsächlichen Endlagen der Fahrzeuge einen Sekundenschlaf oder eine Unaufmerksamkeit nicht grundsätzlich ausschließen, jedoch hielt er auch fest, dass die Kollisionsstelle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Fahrtrichtung des Fahrzeuges der Berufungswerberin (des Mazdas) liege und, würde man für den M einen üblichen, beabsichtigten Ausscherlauf zugrunde legen, so könnte die Kollision kurz nach Beginn des Ausscherens stattgefunden haben. Diese Variante deute auf ein beabsichtigtes Überholmanöver hin.

 

Es darf in diesem Zusammenhang auf die ausführliche und wissenschaftlich untermauerte Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen werden, wonach spontanes "Einschlafen" am Steuer im landläufigen Sinn absolut ausgeschlossen sei. Bei einer beginnenden Ermüdung sinke zunächst die Fahrqualität. Lenkbewegungen werden unrund, Schaltvorgänge ruckartig und unpräzise. Es trete Brennen der Augen und übermäßiges Gähnen auf; der Fahrer reibt sich wiederholt die Augen, streicht sich über das Gesicht; die mühsame Anstrengung, sich wach zu halten, führe häufig zu Schweißausbrüchen. Danach folgen sich wiederholende, nur Sekundenbruchteile währende Absencen. Diese seien aber durch die auftretenden Gedächtnislücken sehr deutlich für den Fahrer erkennbar. Es könne innerhalb kurzer Zeit zu mehreren derartigen Absencen kommen. Sie werden, wenn keine geeigneten Maßnahmen dagegen ergriffen werden, länger und überschreiten schließlich die Sekundengrenze. Die Vorwarnungen vor dem Einschlafen seien derart deutlich und mit solcher Sicherheit für den Fahrer erkennbar, dass die Weiterfahrt im beschriebenen Zustand der Ermüdung grundsätzlich eine grobe Fahrlässigkeit darstelle. Ferner wären Einschlafunfälle meist daran erkennbar, dass das Fahrzeug die Fahrbahn in Richtung der Querneigung verlässt, ohne dass aus Spuren irgendwelche Abwehrhandlungen abgeleitet werden könnten (vgl. [176] M22 Müller-Limmroth 1974, zit. in M9 und M19).

 

Es finden sich - wie auch die Bezirkshauptmannschaft Schärding nachvollziehbar festhielt - keine Anhaltspunkte dafür, der Berufungswerber wäre zum Lenkzeitpunkt gesundheitlich beeinträchtigt und damit nicht geeignet gewesen einen Pkw zu lenken. Im Gegenteil, hat er sich doch selbst zumindest in seiner Vorstellung gegen den erstinstanzlichen Mandatsbescheid damit verantwortet, sich fahrtauglich und fit gefühlt zu haben. Es sei für ihn keine Situation vorgelegen, in welcher er körperlich nicht mehr in der Lage gewesen wäre, einen Pkw zu lenken. Das Auftreten von Ermüdungserscheinungen - wie oben dargelegt - hat der Berufungswerber nie behauptet. Seine Ausführungen gehen damit ins Leere.

 

Wegen des geschilderten Vorfalles wurde gegen den Berufungswerber Anzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Grieskirchen erstattet. Das diesbezügliche Verfahren wurde gemäß § 90c Abs.5 StPO durch Diversion mit einem Geldbetrag von 2.000 Euro abgeschlossen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:

 

6.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde, oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

6.2. Aufgrund des durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens, besonders der Zeugenaussage des Herrn C L ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber tatsächlich – trotz des vorhandenen Überholverbotes, der Sperrlinie und der 80 km/h-Beschränkung – einen Überholvorgang eingeleitet und beabsichtigt hat, die vor ihm fahrende Fahrzeugkolonne zu überholen. Er hat damit eine Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO begangen. Bei diesem Überholvorgang hat er die entgegenkommende Fahrzeuglenkerin auch tatsächlich gefährdet.  

 

Entscheidend für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG ist in diesem Zusammenhang, ob der Berufungswerber mit diesem verbotenen Überholmanöver ein Verhalten gesetzt hat, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat. Dabei kommt es darauf an, ob zusätzlich zu dem an sich vorliegenden Verkehrsverstoß weitere Umstände vorgelegen sind, welche das Verhalten des Berufungswerbers - zumindest abstrakt - besonders gefährlich gemacht haben oder eine besondere Rücksichtslosigkeit begründen.

 

Das von ihm getätigte Verhalten, nämlich sich für den Überholvorgang zu entscheiden und diesen einzuleiten, obwohl an dieser Stelle ein Überholverbot kundgemacht ist, stellt jedenfalls ein besonders rücksichtsloses Verhalten gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern dar. Diese durften nämlich darauf vertrauen, dass der Berufungswerber das Überholverbot beachtet und sich den  maßgebenden Verkehrsvorschriften entsprechend verhält. Dem Überholvorgang ist aber auch ein Verhalten zu Grunde gelegen, das an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, da als gefahrenerhöhender Moment zu berücksichtigen ist, dass das bestehende und durch eine Sperrlinie unterstützte Überholverbot bei nassen Fahrbahnverhältnissen und ungünstigen Witterungsverhältnissen - bei Regen bzw. Nieseln und bedeckter Witterung - und damit keinesfalls ausreichenden Sichtverhältnissen und unter erschwerenden Umständen übertreten wurde. Feuchte Witterungsverhältnisse stellen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial dar; insbesondere eine nasse Fahrbahn hat einen wesentlich längeren Bremsweg zur Folge. Diese Umstände hätten den Berufungswerber zu besonderer Vorsicht veranlassen müssen.

 

Das gegenständliche Überholverbot für mehrspurige Fahrzeuge wurde unter anderem deshalb verordnet und kundgemacht, da es im konkreten Straßenabschnitt immer wieder zu Verkehrsunfällen gekommen ist bzw. es sich sogar um eine sogenannte Unfallhäufungsstelle gehandelt hat. Es besteht damit kein Zweifel daran, dass die Durchführung eines Überholmanövers an der gegenständlichen Stelle als unter besonders gefährlichen Umständen begangen gewertet werden muss. So hat auch der Berufungswerber selbst bei seiner Einvernahme am 6.12.2006 ausgeführt, dass dort zu überholen gefährlich sei.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände wurde durch das gegenständliche Überholmanöver des Berufungswerbers der Gegenverkehr weit über jenes Ausmaß hinaus gefährdet, welches üblicherweise mit einem vorschriftswidrigen Überholmanöver verbunden ist. Das Verhalten war daher insgesamt an sich geeignet, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen und bildet damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG.

 

Die diversionelle Maßnahme durch den Bezirksanwalt des Bezirksgerichtes Grieskirchen gemäß § 90c StPO entfaltet - anders als eine rechtskräftige Verurteilung - keine Bindung für die Behörde (vgl. z.B. VwGH 23.5.2006, 2004/11/0201). Die Bezirkshauptmannschaft Schärding sowie auch der Verwaltungssenat Oberösterreich durften deshalb im Hinblick auf diesen Vorfall eigene Feststellungen auf Grund eigener Beweiswürdigung treffen. 

 

Bei der Wertung des Verhaltens des Berufungswerbers ist eben die besondere, oben näher dargelegte Gefährlichkeit des Überholmanövers zu seinem Nachteil zu berücksichtigen. Es ist als besonders verwerflich anzusehen, dass er gegen ein ordnungsgemäß verordnetes und kundgemachtes Überholverbot verstoßen hat. Dem steht zu seinen Gunsten gegenüber, dass er seit dem Vorfall offenbar keine weiteren Verkehrsübertretungen begangen hat und der Aktenlage nach im Allgemeinen nicht negativ in Erscheinung getreten ist. Wenngleich diesem Wohlverhalten im Hinblick auf die gegen ihn anhängig gewesenen (Straf- und Entziehungs-)Verfahren nur minderes Gewicht zukommt, ist dennoch wohl sein Wohlverhalten im Gesamten zu berücksichtigen. Immerhin sind seit dem Vorfall vom 14.11.2006 nunmehr beinahe 1 1/2 Jahre vergangen. Auch in der Vergangenheit scheinen über den Berufungswerber – außer einer Übertretung nach § 102 Abs.1 KFG aus dem Jahr 2003 - keine Vormerkungen auf. Es handelt sich gegenständlich um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung und ist er, obwohl er nach der Aktenlage bereits seit 1976 im Besitze der Lenkerberechtigung für die Klassen A und B und seit 1987 der Führerscheingruppe 2, Klassen C, E und F ist, auch sonst im Straßenverkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten.

 

Hinsichtlich dieser Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung ist darauf hinzuweisen, dass § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten vorsieht. Bei der genannten Entziehungszeit handelt es sich um eine Mindestentziehungszeit für deren Dauer die Lenkberechtigung jedenfalls wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) zu entziehen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gelangt zur Auffassung, dass durch das vom Berufungswerber gezeigte grob verkehrswidrige Verhalten die Verlässlichkeit im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges jedenfalls in der fraglichen Zeit nicht gewährleistet war. Die von der Bezirkshauptmannschaft Schärding festgesetzte Entziehungsdauer musste angesichts des verschuldeten schweren Verkehrsunfalls mit Personenschaden für die Konsolidierung der Sinnesart des Berufungswerbers als erforderlich angesehen werden, dass seine Verkehrszuverlässigkeit wieder hergestellt ist bzw. er die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat damit zu Recht die Lenkberechtigung des Berufungswerbers für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten entzogen. Selbst wenn der Berufungswerber wegen totaler Übermüdung eingeschlafen wäre – wovon jedoch hier nicht auszugehen ist –, wäre dies als grobe Fahrlässigkeit und ebenso die Verkehrszuverlässigkeit vorübergehend ausschließend zu werten (vgl. VwGH 10.05.1998, Zl. 96/11/0209).

 

Persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten, welche mit dem Führerscheinentzug verbunden sind, können im Führerscheinentzugsverfahren nicht berücksichtigt werden. Der Berufungswerber hat sich als verkehrsunzuverlässig erwiesen, weshalb er im Interesse der Verkehrssicherheit sofort vom weiteren Lenken führerscheinpflichtiger Kraftfahrzeuge abgehalten werden musste. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern. Berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, dürfen daher im Interesse der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat vermochte sich der umfassenden Begründung des erstinstanzlichen Bescheides unter Grundlegung des unstrittigen Sachverhaltes vollinhaltlich anschließen.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG 1991 und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Fall der Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit immer geboten ist (vgl. z.B. VwGH 20.2.1990, 89/11/0252). Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

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