Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280888/10/Wim/Ps

Linz, 29.02.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des A gegen den einstellenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 28. Dezember 2005, Zl. Ge96-94-2005, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, zu verantworten durch Herrn F H, G, B, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2008, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben.

 

Herr F H, G, B, hat als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichter der H F KEG, G, B, zu verantworten, dass am 24. März 2005 auf der Baustelle in T, H, M D, bei auf dem Dach mit einer Neigung von ca. 40° und einer Absturzhöhe von ca. 7 m von zwei Arbeitnehmern dieser KEG durchgeführten Arbeiten keine geeigneten Schutzvorrichtungen vorhanden waren. Zum Zeitpunkt der Kontrolle waren die Arbeitnehmer im Firstbereich beschäftigt.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs.3 BauV dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Absturzsicherungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind nach § 87 Abs.3 BauV letzter Satz, Dachschutzblenden und Dachfanggerüste. § 87 Abs.5 BauV ist im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden.

 

Es wurden daher folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.3 BauV.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über den Beschuldigten gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt. Ferner sind 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG zu zahlen, das sind 10 % der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher 550 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschuldigten das Verwaltungsstrafverfahren wegen der im Spruch angeführten Übertretung eingestellt. Die Erstbehörde hat dazu ausgeführt, dass ihrer Auffassung nach kein Verschulden vorliege.

 

2.      Dagegen wurde rechtzeitig vom zuständigen Arbeitsinspektorat Berufung erhoben und zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschuldigte bereits mit Schreiben vom 18. März 2005 aufgefordert wurde, die für diese Baustelle erforderlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen betreffend Absturzsicherungen und persönliche Schutzausrüstung einzuhalten. Der Beschuldigte habe angegeben, dass von ihm angeordnet worden sei, dass ausschließlich auf dem Teil des Daches gearbeitet werden dürfe, der durch Schutzvorrichtungen (Dachschutzblenden) gesichert sei. Die Anordnung der Arbeiten habe die Montage von Schaumstoffelementen im Firstbereich betroffen. Da bei diesen Arbeiten Absturzmöglichkeit jedoch nach beiden Seiten bestanden habe, hätten auch auf dem Dach des Hofbereiches, das eine ähnliche Dachneigung wie die Dachaußenfläche aufgewiesen habe, Absturzsicherungen vorhanden sein müssen. Es liege kein wirksames Kontrollsystem vor, da bis zur Kontrolle des Arbeitsinspektorates am 24. März 2005 keine Maßnahmen gesetzt worden seien, um einen Absturz von Arbeitnehmern zu verhindern. Erst nach der Kontrolle sei ein improvisiertes nicht gesetzeskonformes System zur Sicherung von Arbeitnehmern versucht worden. Die Arbeitnehmer haben im gänzlich ungesicherten Bereich des Daches die Firstisolierung und somit Dacharbeiten durchgeführt.

Es wurde daher der ursprüngliche Strafantrag, mit dem die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 700 Euro beantragt wurde, aufrecht erhalten.

 

3.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2008, bei welcher der Beschuldigte sowie Arbeitsinspektor Ing. W W als Zeuge einvernommen wurden.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht der im Spruch angeführte Sachverhalt fest.

 

Dies ergibt sich aus der erstinstanzlichen Strafanzeige sowie den Stellungnahmen des Berufungswerbers im Erstverfahren als auch auf Grund seiner Aussagen im Berufungsverfahren, worin die Übertretung, nämlich dass sich Arbeitnehmer im ungesicherten Bereich des Daches aufgehalten und dort auch Arbeiten verrichtet haben, nicht bestritten wurde. Dies ergibt sich auch aus den glaubwürdigen Zeugenaussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors im Berufungsverfahren.

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen, wer eine wie im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begeht.

 

Der objektive Tatbestand der Übertretung ist als erwiesen anzusehen und wurde auch vom Berufungswerber nicht in Abrede gestellt.

 

Zur subjektiven Tatseite und somit zum Verschulden ist zunächst auszuführen, dass es sich bei der angeführten Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Um ein Verschulden auszuschließen, muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontrollsystem eingerichtet haben. Dazu hat er initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht hier nicht aus, sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Der Berufungswerber führt zu seiner Entlastung aus, dass er im Grunde immer selbst bei der Baustelle anwesend war und dort auch mitgearbeitet bzw. diese koordiniert habe. Nur am Kontrolltag sei er berufsbedingt erst nach der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am frühen Vormittag auf die Baustelle gekommen. Er habe aber seine Arbeitnehmer angewiesen, dass sie die Verlegung der Schaumstoffelemente bzw. Firstkappen nur von der gesicherten Dachseite aus durchführen dürfen.

 

Dazu ist auszuführen, dass es bereits am 17. März 2005 – somit nur eine Woche vorher – bereits eine Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat gegeben hat, wobei es zu gleichartigen Beanstandungen gekommen ist und der Berufungswerber hierüber schriftlich vom Arbeitsinspektorat ermahnt wurde. Gerade dieser Umstand steigert die Sorgfaltsanforderungen an den Berufungswerber nochmals. Er hätte daher umso mehr darauf achten müssen, dass sich die Arbeitnehmer nicht auf dem ungesicherten Dachbereich bewegen und von dort aus Arbeiten durchführen. Dies auch deshalb, weil gerade die Verlegung der Firstkappen durchaus die Annahme zulässt, dass auch von der anderen Seite aus Zweckmäßigkeitsgründen gearbeitet wird. Zusätzliche Kontrollmöglichkeiten hätte es durchaus über telefonische Rückversicherung bei den Arbeitnehmern gegeben.

 

Entgegen den Annahmen der Erstbehörde hat der Berufungswerber daher die Übertretung sehr wohl auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Da der Berufungswerber bereits im Jahr 2003 einmal rechtskräftig wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bestraft wurde, liegt somit ein Wiederholungsfall vor, für den der Strafrahmen als Mindestuntergrenze 290 Euro vorsieht. Bei der im Spruch festgesetzten Strafe wurden die vom Berufungswerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Einfamilienhaus und Gewerbebetrieb, Einkommen ca. 1.500 Euro pro Monat, Sorgepflicht für drei Kinder) berücksichtigt sowie auch der Umstand, dass die vorgebrachte Rechtfertigung des Beschuldigten durchaus glaubwürdig war hinsichtlich der von ihm angeordneten Maßnahmen sowie überdies der Umstand, dass zwingend ein Verrichten der Arbeiten von der ungeschützten Dachseite nicht erforderlich gewesen wäre und es sich dabei lediglich um Abschluss- bzw. Restarbeiten gehandelt hat. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe erscheint noch ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten, zumal er nach seinen Aussagen in insgesamt 17 Jahren nur einmal wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bisher bestraft wurde.

Von einer außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG oder von einem Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG war wegen Fehlens der dafür notwendigen Voraussetzungen (Überwiegen der Milderungsgründe; geringes Verschulden bzw. unbedeutende Folgen der Tat) nicht auszugehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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