Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281050/17/Bm/Sta

Linz, 19.02.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn G S, E/L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J W. Z, M, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land  vom 10.10.2007, Zl. Ge96-39-2006-Rae, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.2.2008, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches zu den Fakten 1 und 2 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch nach der Wortfolge "als Lenker eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen  (A)" um die Wortfolge "im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr" zu ergänzen ist.

Die Strafnorm des § 28 Abs.1 AZG wird idF BGBl. I Nr. 175/2004 angewendet.

II.              Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Faktum 2 verhängte Geldstrafe auf 1.200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 215 Stunden, herabgesetzt wird. Die Strafhöhe bezüglich Faktum 1 wird bestätigt.

III.          Der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz ermäßigt sich hinsichtlich Faktum 2 auf 120 Euro. Diesbezüglich entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Hinsichtlich Faktum 1 hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 88 Euro, ds 20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10.10.2007, Ge96-39-2006-Rae, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von 440 Euro (zu Faktum 1) und von 1.450 Euro (zu Faktum 2), Ersatzfreiheitsstrafen von 81 Stunden (Faktum 1) und von 268 Stunden (Faktum 2) wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Artikel 6 Abs.1 der VO (EWG) Nr. 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag gemäß § 28 Abs.1 Z4 AZG (Faktum 1) und gemäß Artikel 8 Abs.1 der VO (EWG) 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG verhängt.

Dem Spruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als mit Datum 01.04.2002 bestellter verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 der Firma G KG mit Sitz in  E L, L S (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN 25765 s) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit zweihundertfünfzehn (215) Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im grenzüberschreitenden Güterverkehr" (Bescheid ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten am 08.06.1977, GZ: XII-M-35/7-1977), "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 300 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr)" (Bescheid ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wels am 30.04.1982, GZ: MA2-VerkGe-21-1982, "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 300 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im grenzüberschreitenden Güterverkehr" (Bescheid ausgestellt vom Landeshauptmann von Oberösterreich am 04.09.1984, GZ: VerkGe-1977/6-1984) sowie "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 300 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr)" (Bescheid ausgestellt vom Landeshauptmann von Oberösterreich am 07.05.1991, GZ.: VerkGe-210.822/5-1991) am Standort  L, L S, folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:

Das Arbeitsinspektorat Wels hat aufgrund einer Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Amstetten gegen den Lenker Herrn P G, beschäftigt bei der Firma G KG,  E  L, L S, bei der durchgeführten Kontrolle der Original-Tachografenschaublätter folgende Übertretungen festgestellt:

Der Arbeitnehmer P G, beschäftigt bei obgenannter Firma G KG als Lenker eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen  (A), das der Güterbeförderung dient, und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, und einem Anhänger mit dem Kennzeichen  (A), wurde laut den vorliegenden Tachografenschaublättern zur folgenden ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen:

1. Überschreitung der täglichen Lenkzeit:

          von                                      bis                                       Std. Min.

28. März 2006    10.30 Uhr    29. März 2006    17:05 Uhr         18   30

 

Dies stellt eine Übertretung des Artikels 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsunternehmen Österreichs dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an zwei Tagen pro Woche zehn Stunden, an den übrigen Tagen neun Stunden nicht überschreiten darf.

 

2. Unterschreiten der Ruhezeit:

Beginn (des 24-Stunden Zeitraumes)               Ende                      Dauer der Ruhezeit

28. März 2006, 10:30 Uhr                    29. März 2006, 10:30 Uhr      0 Std. 00 Min.

 

Dies stellt eine Übertretung des Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsunternehmen Österreichs dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes  von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden bzw. (bei entsprechendem Ausgleich) maximal dreimal pro Woche von mindestens neun zusammenhängenden Stunden zu gewähren ist.

 

Hinweis:

Es liegt keine zulässige Teilung der täglichen Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag vor."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Berufung eingebracht und im Wesentlichen ausgeführt, wie sich aus der Einvernahme des Zeugen G P ergeben hat, bestätige dieser, dass im Unternehmen regelmäßig Mitarbeitergespräche und Schulungen stattfinden würden, durch welche die Kraftfahrer des Unternehmens zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten angehalten würden. Ebenso bestätigte der Zeuge die bisherigen Angaben des Berufungswerbers, dass es im Unternehmen auch Rundschreiben und Informationsbroschüren gebe, welche dem selben Zweck, wie zuvor dargestellt, dienen würden. Darüber hinaus habe er auch angeführt, dass dann, wenn es zu wiederholten Verstößen von Kraftfahrern komme, die vom Arbeitgeber gezogene Konsequenz die Auflösung des Dienstverhältnisses sei.

 

Soweit nunmehr in dem angefochtenen Bescheid auf ein Kontrollsystem Bezug genommen werde, ist darauf hinzuweisen, dass im Unternehmen G KG ursprünglich zwei, seit August 2007 nunmehr drei Mitarbeiter eigens abgestellt seien, um u.a. auch die Tachoscheiben der Kraftfahrer zu überprüfen und bei festgestellten Verstößen diese entsprechend abzumahnen. Bei diesen Personen handle es sich neben dem Bw um Herrn W H und Herrn R S. Diese drei Personen würden regelmäßig die Tachoscheiben der Kraftfahrer überprüfen, wenn diese die Tachoscheiben am Wochenende im Fahrerbüro abgeben. Ein zusätzliches oder anderes Kontrollsystem sei praktisch nicht vorstellbar, dies insbesondere, wenn man berücksichtige, dass sich die Kraftfahrer ja oftmals ein bis zwei Wochen ständig außer Haus befinden und lediglich an Wochenenden zur Firma zurückkehren würden. Die Lkw der G KG seien auch nicht mit Sattelitennavigation ausgestattet, sodass somit auch nicht während der Fahrt vom Lkw überprüft werden könne, ob und in welchem Umfang diese an bestimmten Orten gestanden seien oder nicht (wobei man aus der Tatsache des Stehens des Lkw noch gar keine Rückschlüsse darauf ziehen könne, ob der Lkw wegen Ruhezeiten oder zB wegen Belastungen stehe). Des Weiteren seien die Disponenten angewiesen, die Fahrten entsprechend der erforderlichen Ruhezeiten so einzuteilen, dass die Lenker ihre Fahrtaufträge gesetzesgemäß erfüllen können. Auch das Entlohnungssystem sei so ausgerichtet, dass kein Anreiz zur Verletzung von Arbeitszeitvorschriften gegeben sei. Die Lenker würden ausschließlich nach effektiv geleisteten Arbeitszeiten entlohnt, zB werde eine Tourenpauschale gerade wegen ansonsten provozierter Arbeitszeitüberschreitungen nicht bezahlt bzw. sei im Entlohnungssystem gar nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sei daher davon auszugehen, dass das bei dem Unternehmen vorherrschende Schulungs-, Aufklärungs- und Kontrollsystem den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Zusammengefasst wurden den Lenkern die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze ermöglicht, die Fahrtaufträge seien entsprechend ausgerichtet. Das eingerichtete Kontrollsystem funktioniere. Die einzelnen privaten Interessen der Lenker, die zu einer Verletzung von Arbeitszeitvorschriften führe, seien dem Arbeitgeber verwaltungsstrafrechtlich nicht zuzurechnen. Auch in diesem Fall habe der Lenker ohne Wissen und ohne Willen des Arbeitgebers die Arbeitszeitgesetze nicht eingehalten. Diesbezüglich werde auf die Aussage des Kraftfahrers K S im Verfahren Ge96-10-2007, verwiesen, in welcher dieser auch die Stellungnahme des Kraftfahrers P entsprechend bestätigt habe, wobei ersterer zugestehe, dass er auf Grund des gegenständlichen Vorfalls abgemahnt worden sei. Weitergehende Konsequenzen bei (wiederholten) Verstößen von Kraftfahrern gegen die Bestimmungen der EG-VO seien nicht möglich. Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu der Berufung Folge zu geben, von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung gemäß § 21 VStG auszusprechen; in eventu der Berufung Folge zu geben und die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt, der gemäß § 51c VStG zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen ist.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.2.2008, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie Vertreter des Arbeitsinspektorates als Parteien teilgenommen und zum Sachverhalt befragt wurden. Als Zeugen einvernommen wurden Herr W H, Herr K S und Herr G P.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes als seit 1.4.2002 bestellter verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG der Firma G KG mit Sitz in  E L, L S, verantwortlich.

Der bei der Firma G KG beschäftigte Arbeitnehmer P G hat das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  bei einer Fahrt von Griechenland nach Wien am 28. März 2006 von 10.30 Uhr bis 29. März 2006, 17.05 Uhr, sohin insgesamt 18 Stunden 30 Minuten gelenkt und innerhalb des Zeitraumes von 28. März 2006, 10.30 Uhr bis 29. März 2006, 10.30 Uhr lediglich eine tatsächliche Ruhezeit von 6 Stunden und 25 Minuten eingehalten.

Die Dispositionen über die Fahrten erfolgen nicht vom Berufungswerber, sondern vom Disponenten der Firma G KG. Die bei der Firma G KG beschäftigten griechischen Arbeitnehmer, wie der Lenker P werden nach gefahrenen Routen bezahlt; zusätzlich gibt es noch Diäten.

Vom Berufungswerber wird nicht bestritten, dass durch den Lenker P G zum angegebenen Tatzeitpunkt die tägliche Lenkzeit über- und die Ruhezeit unterschritten wurde.

Hinsichtlich des vom Berufungswerber praktizierten Kontrollsystems ist Folgendes festzuhalten:

Beim Einstellungsgespräch werden die Lenker durch den Betrieb geführt und auf die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen hingewiesen. Gleichzeitig wird den Lenkern eine in deutscher Sprache erstellte Mappe (auch für die griechischen Lenker) ausgehändigt, in welcher ua. auf die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten hingewiesen wird. Desgleichen werden ua. das Arbeitszeitgesetz betreffende Neuerungen im Büro des Berufungswerbers und im Betrieb am Schwarzen Brett ausgehängt. Schulungen für die Lenker zu den Arbeitszeitbestimmungen werden regelmäßig angeboten, allerdings besteht kein Zwang, diese Schulungen zu besuchen. Die Fahr- und Ruhezeiten werden im Zusammenhang mit den Lohnabrechnungen überblicksmäßig und stichprobenartig durch Kontrolle der Tachografenschaublätter kontrolliert. Der Berufungswerber hatte zum Tatzeitpunkt gemeinsam mit einem Mitarbeiter 30.000 Tachoscheiben zu kontrollieren. Besonderes Augenmerk wurde auf jene Lenker gelegt, bei denen Übertretungen bereits bekannt waren.

Kommt es zu einer Überschreitung der Lenkzeit oder einer Unterschreitung der Ruhezeit, wird vom Berufungswerber mit dem jeweiligen Lenker ein Gespräch geführt und auf die Einhaltung der Bestimmungen hingewiesen. Im Zuge dieses Gesprächs kommt es zu einer Abmahnung und dem Hinweis, dass bei wiederholten Verstößen mit weiterreichenden Konsequenzen, wie Kündigung oder Entlassung zu rechnen ist.

 

Vom zeugenschaftlich einvernommenen Lenker  P G wurde anlässlich der Berufungsverhandlung ausgesagt, dass er zum Tatzeitpunkt von Griechenland gekommen ist, die Uhr noch auf Griechenlandzeit eingestellt war und er so verfrüht weggefahren ist. Wenn er von einer Tour zurückkomme, werden die Stundenabrechnungen abgegeben, die Tachoscheiben werden nur auf Verlangen abgegeben. Abgesehen von der Einschulung beim Einstellungsgespräch hat es keine weiteren Gespräche bzw. ausdrücklichen Hinweise auf die Arbeitsbestimmungen gegeben. Zur gegenständlichen Überschreitung der Lenkzeit bzw. Unterschreitung der Ruhezeit wurde der Lenker vom Berufungswerber angesprochen, ausdrücklich verwarnt wurde der Lenker nicht.

 

Der hier als entscheidungswesentlich festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen des Berufungswerbers, des Zeugen W H, die im Wesentlichen hinsichtlich der Einschulung und der Kontrolle der Stundenabrechnungen und Tachoscheiben übereinstimmen sowie des Zeugen P G, der einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragener Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß Abs.2 berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumliche oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen seitens der G KG bestellt wurde.

 

5.2. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 darf die nachstehende "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden. Der Fahrer muss nach höchstens 6 Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit im Sinne von Artikel 8 Abs.3 einlegen. Die wöchentliche Ruhezeit kann bis zum Ende des 6. Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während der 6 Tage nicht die Höchstdauer übersteigt, die 6 Tageslenkzeiten entspricht.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zu Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitte genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich jedoch die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Artikel 6 Abs.1 Unterabsatz 1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.3. Die im Spruch angeführte Überschreitung der Lenkzeit und Unterschreitung der Ruhezeit durch Herrn P ist durch die Auswertung der Schaublätter erwiesen; sie werden vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Es hat damit der Berufungswerber als der im gegenständlichen Fall für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verantwortliche Beauftragte der G KG Herrn P die erforderliche Ruhezeit nicht gewährt und diesen über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt, weshalb er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

5.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzustellen, dass die dem Bw angelasteten Taten sogenannte Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellen, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch entsprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden können, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, Zl. 91/19/0201). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Die Verantwortung des Berufungswerbers, wonach im Betrieb ein Kontrollsystem installiert ist, nämlich durch Übergabe einer Mappe, welche Unterweisungen ua. bezüglich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten beinhalte und Einschulung bei der Einstellung, Androhung von Sanktionen bei Nichteinhaltung, Auflage von Neuerungen das Arbeitszeitgesetz betreffend sowie Überprüfung der Stundenabrechnungen, aus denen auch Lenkzeitüberschreitungen bzw. Ruhezeitunterschreitungen hervorgingen, stellt kein solches effizientes Kontrollsystem, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof gefordert wird, dar. Es wurde zwar vom Mitarbeiter H, der ebenfalls mit der Überprüfung der Stundenabrechnungen und Tachografenschaublätter beschäftigt ist, angegeben, dass regelmäßig Schulungen abgehalten werden, allerdings besteht keine Pflicht zur Teilnahme. Diesbezüglich wird auch auf die Aussage des einvernommenen Lenkers P hingewiesen, wonach es außer dem Einstellungsgespräch keine weiteren Gespräche hinsichtlich Arbeitszeitbestimmungen gegeben habe. Vom Berufungswerber wurde vorgebracht, dass eine Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten durch Überprüfung der Stundenabrechnungen und durch stichprobenartige Kontrolle der Tachoscheiben allerdings im Nachhinein erfolge. Eine bloß stichprobenartige Kontrolle ist darin gelegen, dass der Berufungswerber gemeinsam mit einem Mitarbeiter ca. monatlich 30.000 Tachoscheiben für 1.000 Lenker zu überprüfen hat. Eine lückenlose Kontrolle kann nachvollziehbar bei diesem Umfang der Überprüfungstätigkeit keinesfalls erfolgen. Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes sind jedoch Belehrungen, Schulungen und die nachträgliche stichprobenartige Kontrolle von Schaublättern nicht ausreichend. Hinzukommt, dass das im Unternehmen zumindest für die griechischen Lenker vorliegende Entlohnungssystem, nämlich eine Entlohnung nach Anzahl der gefahrenen Touren, ebenfalls keine Maßnahme darstellt, die Arbeitszeitüberschreitungen hintanhält (VwGH vom 30.5.1989, Zl. 88/08/0007).

 

Dem Berufungsvorbringen des Bw, dass er ein taugliches und hinreichendes Kontrollsystem im Betrieb eingerichtet hätte, kann nach seinen getätigten Angaben und den Aussagen des Zeugen P nicht gefolgt werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.11.1996, 96/03/0232, ausgeführt hat, dass ein besonders strenger Maßstab bezüglich des Kontrollsystems anzulegen ist. Selbst wenn die Verwaltungsübertretung durch Eigeninitiative des Fahrers zustande gekommen ist, vermag dies den Bw nicht zu entlasten. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH muss ein Kontrollsystem insbesondere auch eigenmächtige Handlungen der Arbeitnehmer verhindern. Es wäre Aufgabe des Bw gewesen, im Vorfeld diesbezüglich Vorkehrungen zu treffen. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld in beiden Fakten zu bestätigen.

 

6. Zur Strafbemessung ist Folgendes zu bemerken:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintangehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotential in Bezug auf die Verkehrssicherheit (zB. gehäufte Unfallgefahr durch Sekundenschlaf usw.) dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interessen an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 440 Euro (Faktum 1) sowie 1.450 Euro (Faktum 2) bei einem Strafrahmen von 72 bis 1.815 Euro über den Berufungswerber verhängt, wobei als erschwerend der Umstand gewertet wurde, dass bereits mehrere Verwaltungsüber­tretungen nach dem Arbeitzeitgesetz in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 vorliegen. Milderungsgründe wurden keine gewertet und wurden die verhängten Geldstrafen aus spezialpräventiven Gründen als erforderlich erachtet.

 

Wenngleich der Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat, war die verhängte Geldstrafe hinsichtlich Faktum 2 dennoch vom Oö. Verwaltungssenat unter Berücksichtigung des Umstandes auf 1.200 Euro herabzusetzen, dass der Lenker tatsächlich eine Ruhezeit von 6 Stunden 25 Minuten eingehalten hat. In Relation zur gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe durchaus als angemessen. Zu berücksichtigen ist auch, dass es glaubhaft bei wiederholten Verstößen schon zu Kündigungen von Lenkern gekommen ist. Das weist darauf hin, dass sich der Berufungswerber durchaus bemüht, Übertretungen der Arbeitszeitvorschriften zu verhindern. Im Hinblick auf das Einkommen des Bw (2.300 Euro netto, Sorgepflichten für eine geschiedene Gattin) erscheint die nunmehr festgesetzte Geldstrafe zu Faktum 2 als ausreichend, um den Bw in Zukunft vor ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Eine noch weitere Herabsetzung ist nicht gerechtfertigt, zumal das Beweisverfahren gezeigt hat, dass im Unternehmen für die griechischen Lenker praktisch kein Kontrollsystem besteht, zudem die griechischen Lenker nach gefahrenen Routen bezahlt werden, was einen Anreiz zum Überschreiten der Lenkzeiten bzw. Unterschreiten der Ruhezeiten bietet.     Bezüglich Faktum 1 wird eine Unangemessenheit der Strafhöhe nicht erblickt.

 

Von der Anwendung der §§ 20, 21 Abs.1 VStG war abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

 

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