Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150636/2/Re/Hue

Linz, 28.02.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des H L, G, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/I. vom 18. Jänner 2008, Zl. BauR96-51-2007, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen  am 16. September 2007, 11.20 Uhr, die mautpflichtige A8 bei km 75.000 im Gemeindegebiet von Suben in Fahrtrichtung Passau benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine Mautvignette angebracht gewesen. 

 

In der Berufung wird vorgebracht, dass der Bw sich in Antiesenhofen in der Nähe der Autobahnauffahrt befunden habe und mit seinem Kind auf dem schnellsten Weg in das Krankenhaus nach Passau fahren habe wollen, da das Kind auch dort geboren wurde. Eine Krankenhausbestätigung sei glaublich bereits vorgelegt worden. Die Strafe sei zu hoch, da eine Sorgepflicht für 1 Kind bestehe.  

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 20. September 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Zudem findet sich folgender Hinweis: "Lenker gab an kein Geld zu haben bzw. weigerte sich zu zahlen, und beschimpfte uns!!!"

 

Nach Strafverfügung vom 24. September 2007 gestand der Bw ein, keine Vignette auf dem Kfz aufgeklebt gehabt zu haben. Er sei mit seiner Freundin und dem gemeinsamen siebenmonatigen Kind nach Passau ins Geburtskrankenhaus gefahren, da der Säugling von einem Insekt gestochen worden sei, geschrien habe und sich nicht beruhigen habe lassen. Es habe sich um einen Notfall gehandelt. Im Krankenhaus sei dann festgestellt worden, dass dem Kind nichts gefehlt habe. Der Bw werde eine entsprechende Krankenhausbestätigung vorlegen. Der Bw sei der Meinung gewesen, zwischen der Grenze und Suben mautfrei fahren zu können. Er sei (am Tag der Einspruchseingabe) darüber informiert worden, dass nur zwischen der Staatsgrenze und der Anschlussstelle Suben für den Verkehr aus Richtung Deutschland kommend mehrere Jahre nicht bestraft worden sei. Diese Toleranzgrenze sei zwischenzeitlich seit Längerem aufgehoben.

 

Die vom Bw angekündigte Krankenhausbestätigung ist im Verwaltungsakt nicht enthalten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs.1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs.2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

4.2. Unbestritten ist, dass auf dem vom Bw gelenkten Kfz zur vorgeworfenen Tatzeit keine gültige Vignette angebracht war, eine mautpflichtige Strecke benützt und gem. § 19 Abs. 2 BStMG die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde.

 

§ 11 Abs. 1 BStMG normiert, dass vor der Benützung einer Mautstrecke die Maut durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten ist. Zum Zeitpunkt der Benützung einer Mautstrecke war – unbestritten – eine gültige Vignette am Kfz nicht aufgeklebt, weshalb der Bw das vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

Der Bw macht das Vorliegen eines Notstandes (§ 6 VStG) geltend. Dazu ist festzuhalten, dass die Verbringung einer Person im besorgniserregenden Zustand in ein Krankenhaus, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht eine andere Transportgelegenheit, insbesondere ein Rettungsfahrzeug als Einsatzfahrzeug zur Verfügung steht, keinen Notstand zu begründen vermag (vgl. zur vergleichbaren Rechtsprechung neben vielen VwGH 1984/71 v. 12.4.1972 und VwGH 90/18/0004 v. 11.5.1990). Dass der Bw die Möglichkeit einer anderen Transportgelegenheit (z.B. Rufen der Rettung etc.) geprüft hat, wurde von ihm auch nicht behauptet. Zudem ist festzuhalten, dass es für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Bw bei Vermeinen einer besonderen Dringlichkeit nicht das um etwa 10 km (gerechnet ab Antiesenhofen) näher gelegene Krankenhaus in Ried/I. angesteuert hat.   

Der vom Bw vorgebrachte Notstand liegt somit gegenständlich nicht vor.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, bei Vermeinen eines Notfalles erforderlichenfalls den Säugling durch die Rettung, Notarzt o.ä. in das (nächstgelegene) Krankenhaus bringen zu lassen bzw. vor Benützung einer Mautstrecke eine Mautvignette ordnungsgemäß auf die Windschutzscheibe aufzukleben.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Mildernd wirken lediglich die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Wenn der Bw als mildernd einen Rechtsirrtum geltend macht und vorbringt, er sei davon ausgegangen, dass im Grenzbereich von Suben keine Mautpflicht besteht, ist zu entgegnen, dass allenfalls geltende Ausnahmen von der Mautpflicht in der Mautordnung geregelt sind, gegenständlich jedoch nicht vorliegen. Ein vom Bw behauptetes – entgegen der Rechtslage – (angeblich) früher praktiziertes Absehen von der Strafe kann sich nicht entschuldigend auswirken bzw. fällt die irrtümliche Annahme einer "Kulanzlösung" als Milderungsgrund nicht entscheidend ins Gewicht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw bei Vermeinen eines Notfalls zielführende Alternativen (z.B. Verständigung der Rettung) zu prüfen gehabt hätte, vor Befahren einer Mautstrecke eine gültige Mautvignette aufkleben bzw. sich über die Rechtslage ausreichend informieren hätte müssen. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dadurch entfällt die Vorschreibung der Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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