Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222126/2/Bm/Sta

Linz, 04.03.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau D F, O, vertreten durch Rechtsanwälte G-L-T & Partner, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft  Urfahr-Umgebung vom 9.2.2007, Zl. Ge96-75-10-2006-BroFr, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.2.2007, Ge96-75-10-2006, wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen von je 500 Euro (zu Faktum 1 und 2), Ersatzfreiheitsstrafen von je 3 Tagen wegen Verwaltungsüber­tretungen gemäß § 7 VStG iVm § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z47 sowie § 1 Abs.4 GewO 1994 und § 7 VStG iVm § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z67 sowie § 1 Abs.4 GewO 1994 verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben vorsätzlich Herrn S F in der Zeit vom 29.8.2006 bis zum 16.10.2006 die Begehung der nachstehend angeführten Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG erleichtert, da der Pkw, auf welchem er seine Dienst als

1.     Maler und Anstreicher und

2.     Stukkateur

anbietet, auf Sie zugelassen ist.

 

Herr F hat in der Zeit vom 29.8.2006 bis zum 16.10.2006

1.          das Maler- und Anstreichergewerbe ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung für das Gewerbe mit dem Wortlaut "Maler und Anstreicher" und

2.          das Stukkateurgewerbe ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung für das Gewerbe mit dem Wortlaut "Stukkateur und Trockenausbauer"

ausgeübt.

 

Auf dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen , welcher auf Sie zugelassen ist, ist folgende Anschrift angebracht:

Ihr Maler und Anstreicher

für Fassaden, Wischtechnik, Dekor-Stuck, Spritzputze

Tel.Nr.

S F, M,  O.

Diese Aufschrift  wurde am Wochenende 26. und 27. August 2006 auf dem Pkw angebracht.

 

Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Sie wussten, dass Herr S F nicht im Besitz der beiden erforderlichen Gewerbeberechtigungen im genannten Standort ist, die angebotenen Tätigkeiten jedoch gewerbsmäßig ausübt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese Berufung im Wesentlichen damit begründet, wie bereits anlässlich der Stellungnahme an die Behörde I. Instanz dargelegt, sei der fragliche Pkw der Beschuldigten tatsächlich an Herrn S F vermietet worden. Vereinbart sei, dass Herr F sämtliche – auch mit der Anschaffung des Pkw's verbundene Kosten zu tragen habe. Hintergrund dieser Vereinbarung sei, dass die Beschuldigte (Gattin des Herrn F) auf Grund ihrer jahrelangen unfallfreien Fahrpraxis in der Bonusprämienstufe 00 der Haftpflichtversicherung sei und durch diese Vorgangsweise bei den Kosten für die Haftpflichtversicherung gespart werden könne. Die Beschuldigte scheine daher in verwaltungsrechtlicher und versicherungs­technischer Sicht als Halterin des besagten Pkw's auf, obwohl dieser am Pkw nach zivilrechtlichen Maßstäben keinerlei Recht zukomme. Tatsächlich habe die Beschuldigte auch keinerlei Rechte, die Herausgabe des Pkw's zu fordern oder eine bestimmte Nutzung des Pkw's zu verbieten, da der wirtschaftliche Eigentümer Herr S F sei und dieser allein berechtigt sei, über die Nutzung des Pkw's zu entscheiden. Aus rechtlicher Sicht sei daher die Beschuldigte nicht in der Lage gewesen, die Anbringung der Aufschrift am besagten Pkw durch Herrn S F zu verhindern. Die Behörde I. Instanz sei auch fälschlicherweise davon ausgegangen, dass unter der Adresse O, M, Herr S F ein Gewerbe ausübe. An dieser Adresse befinde sich aber lediglich das Wohnhaus der Beschuldigten, welche dort mit Herrn S F lebe. Der Gewerbebetrieb werde von dort nicht ausgeübt. Die gesamte Buchhaltung, die Werkstatt sowie das Lager und das Arbeitsmaterial würden sich am Gewerbestandort  Z ev. C. ,  L in T befinden. Im Wohnhaus der Beschuldigten würden Arbeitsmaterialien und dergleichen durch Herrn S F nicht einmal zwischengelagert. Die Berufungswerberin sei darüber hinaus in Kenntnis, dass S F über eine tschechische Gewerbeberechtigung verfüge. Auf Grund der Tatsache, dass die Beschuldigte die Ehegattin des Herrn F sei, seien durch die Eltern der Beschuldigten, welche in T wohnhaft seien, Kontakte geknüpft worden, durch welche der Beschuldigte Maleraufträge in Tschechien erhalten habe. Um dies gewerberechtlich ordnungsgemäß durchzuführen, sei ein Gewerbe in T angemeldet worden, welches seither am Gewerbestandort L geführt werde. Auch gab es einige Anfragen, ob S F in Österreich arbeiten würde. Um ihren Gatten zu unterstützen, habe die Beschuldigte von der Wirtschaftskammer telefonisch die Auskunft erhalten, dass dies ohne weitere Bewilligung möglich sein. Darüber hinaus habe sich die Beschuldigte auch an jenen Rechtsanwalt, welcher S F bei der Erlangung des Gewerbescheines behilflich gewesen sei, gewandt. Dieser habe mitgeteilt, dass er keine Bedenken sehe, er habe die Beschuldigte auf die Regelung der Dienstleistungsfreiheit hingewiesen und bestätigt, dass die Ausübung der hier inkriminierten gewerblichen Tätigkeit des S F in Österreich jedenfalls zulässig sei. Es sei daher keinesfalls so, dass die Beschuldigte eine mutwillige Übertretung nach der GewO zu fördern versucht habe. Die Beschuldigte habe sich auf die mehrfach mündliche und auch schriftlich vorliegende Beteuerung des tschechischen Rechtsberaters verlassen. Der Beschuldigten könne daher nicht einmal Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal diese Informationen von fachkundiger Stelle eingeholt worden seien. Dass S F falsch beraten worden sei, könne der Beschuldigten nicht als Verschulden zur Last gelegt werden. Umgehend nach dem von S F der Fehler seines tschechischen Rechtsberaters erkannt worden sei, habe dieser die inkriminierten Aufschriften an seinem Pkw ohnehin entfernt.

Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass S F keine Leistungen aus dem Stukkateurgewerbe ausgeführt bzw. angeboten habe. Die Bezeichnung Dekor-Stuck betreffe im Wesentlichen die Anbringung von Zierleisten, dies betreffe daher keinesfalls eine Tätigkeit, welche in das Gewerbe der Stukkateure fallen würde. Diese Tätigkeit ist geradezu Kerntätigkeit des Malereigewerbes. Auf  Grund der obigen Ausführungen könne der Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden, S F eine Verwaltungsübertretung ermöglicht zu haben. Gleichsam wie der Beschuldigten die Beitragstäterschaft zu einem etwaigen Verkehrsdelikt durch S F vorgeworfen werden könne, ist auch hier der erhobene Vorwurf ungerechtfertigt. Die Beschuldigte habe S F den Pkw nicht zur Anbringung einer rechtswidrigen Aufschrift überlassen. Es werde daher der Antrag gestellt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und nach Durchführung des Berufungsverfahrens den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu möge der verhängte Strafbetrag auf ein angemessenes Maß herabgesetzt bzw. unter Ausspruch einer Verwarnung nachgesehen werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einen anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; Beitragstäter ist, wer sonst zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen beiträgt, in dem er dessen Tatbildverwirklichung ermöglicht, erleichtert oder absichert (VwGH 26.1.1995, 94/17/0226 ua.).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Ausgehend von dieser Rechtslage hat ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil  sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschriften ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch welches der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wird; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen (vgl. VwGH 15.9.1992, 91/04/0033 und die darin zitierte Vorjudikatur).

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses kommt den vom Verwaltungsgerichtshof verlangten Inhaltsanforderungen insoferne nicht nach, als dem Tatvorwurf nicht zu entnehmen ist, worin die Annahme der Behörde I. Instanz gerechtfertigt erscheint, die Berufungswerberin habe die ihr zur Last gelegte Tat vorsätzlich begangen. Im Umstand, dass der Pkw auf die Berufungswerber zugelassen ist, kann noch kein Vorsatz auf die strafbare Handlung gesehen werden. Darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch, dass der Pkw auf die Berufungswerberin zugelassen ist, die Tatbildverwirklichung ermöglicht wird. Dazu hätte es konkreter Umschreibung hinsichtlich des Beitrages der Berufungswerberin zur Anbringung der Aufschrift bedurft.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG. Weder in der Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 21.9.2006 noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eine ausreichende Tatumschreibung vorgenommen. Es konnte wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Ver­waltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

 

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