Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162746/8/Bi/Se

Linz, 18.03.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn DI B P, O, nunmehr vertreten durch RAe E & P KG, M, vom 27. November 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 31. Oktober 2007, VerkR96-2-2006, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als im Schuldspruch die Wortfolge "im Gemeindegebiet Lengau, im Ortsgebiet Heiligenstatt, auf der B147 bei Strkm 6.900" zu entfallen hat, und die Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt werden. 

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 Euro (4 Tage EFS) verhängt, weil er als Zulas­sungs­besitzer des Kraftfahrzeuges Kz.   mit Schreiben der Bezirkshaupt­mann­­schaft Braunau/Inn vom 16. November 2006, VerkR96-52-2006, nach­weis­lich zugestellt am 23. November 2006, gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufge­fordert worden sei, binnen zwei Wochen, gerechnet von Tag der Zustellung dieses Schreibens, schriftlich oder telegraphisch der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mitzuteilen, wer das ggst Kraftfahrzeug am 17. Juli 2006 um 11.11 Uhr im Gemeindegebiet Lengau, Ortsgebiet Heiligenstatt, auf der B 147 bei Strkm 6.900 gelenkt habe, wobei diese Auskunft jedenfalls den vollständigen Namen und die genaue Anschrift dieser Person enthalten müsse – da die dies-bezügliche Auskunft falsch gewesen sei, sei er seiner gesetzlichen Auskunfts­pflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht nachgekommen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil der Bw nach Anberaumung einer solchen ausdrücklich darauf verzichtet hat und im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die nunmehrige Anlastung gemäß § 103 Abs.2 KFG vom 4. April 2007 sei beim Postamt Munderfing hinterlegt worden, dh nicht an seinem Hauptwohnsitz in Oberweg. An seinem Nebenwohn­sitz halte er sich jedoch nicht ständig auf und habe dort auch kein eigenes Post­fach; von ordnungsgemäßer Zustellung könne daher nicht ausgegangen werden. Er habe vom Straferkenntnis bis zur Zustellung durch Exekutivbeamte nichts gewusst, weshalb er "Wiederaufnahme in den vorigen Stand" und Neuzustellung des ursprünglichen Schreibens an seinen Hauptwohnsitz beantrage, damit er rechtliche Schritte unternehmen könne.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass das auf den Bw zugelassene Kfz JU- am 17. Juli 2006, 11.11 Uhr, in Lengau, B147 bei km 6.900 im Ortsgebiet von Heiligenstatt mittels Radargerät mit einer Geschwindigkeit von 82 km/h gemessen wurde. Eine Anhaltung erfolgte nicht.

Gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 31. Juli 2006 erhob der Bw (unter Angabe einer Adresse in Munderfing) fristgerecht Einspruch und erklärte, er sei nicht der Lenker des Fahrzeuges zur angegebenen Zeit gewesen. Daraufhin erging an den Bw als Zulassungsbesitzer des gemessenen Kfz an die von ihm selbst angegebene Adresse in Munderfing die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG vom 16. November 2006, zugestellt am 23. November 2006, in der auch der Ort des Lenkens laut Strafverfügung genannt wurde.

Mit Fax vom 6. Dezember 2006, also innerhalb der zweiwöchigen Frist, erklärte der Bw, "A R, U, V A" habe das Kfz zum ange­fragten Zeitpunkt gelenkt.

Der angegebene Lenker wurde daraufhin von der Erstinstanz schriftlich mit dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung konfrontiert und erklärte mit Schreiben vom 16. Februar 2007 unter Angabe einer mittlerweile neuen Adresse, er sei zum genannten Zeitpunkt nicht in Österreich gewesen und habe das Kfz   nicht gelenkt.

Daraufhin wurde dem Bw an die Adresse in Munderfing die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. April 2007 übermittelt, in der ihm erstmals der Tatvorwurf laut Straferkenntnis, dh wegen falscher Lenkerauskunft, gemacht wurde; das Schreiben des Herrn F wurde zur Kenntnis beigelegt. Das Schriftstück wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 10. April 2007 beim Postamt Munderfing hinter­legt, wurde aber mit dem Vermerk "nicht behoben" der Erstinstanz rückübermittelt. Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis, ebenfalls an die Adresse des Bw in Munderfing.

 

Laut ZMR ist der Bw seit 1. Juni 2006 mit der Adresse in Munderfing mit Haupt­wohn­sitz (unter Aufgabe des bisherigen HWS in O) gemeldet, wobei bei der Erstinstanz auch bekannt ist, dass er bei der Fa KTM in Munderfing beschäf­tigt ist. Seit 3. Jänner 2007 ist der Bw wieder mit Hauptwohnsitz in O, Steiermark, gemeldet; Munderfing ist nunmehr Nebenwohnsitz.   

 

MIt Schreiben des UVS vom 4. Februar 2007 wurde dem (damals noch nicht anwaltlich vertretenen) Bw mitgeteilt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erforderlich sei, weil er keine Frist versäumt habe – die Berufungs­frist wurde ja eingehalten. Die Aufforderung zur Rechtfertigung unterbreche aber die Verfolgungsverjährung auch, wenn sie ihm tatsächlich nicht zugegangen sei. Dem widersprach de Bw mit Schreiben vom 18. Februar 2008 dahingehend, er habe eine wichtige Frist, nämlich die zur Vorlage seiner Verteidigung dienender Beweis­mittel, versäumt – wäre die Aufforderung an seinen Hauptwohnsitz ergangen, hätte er entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

Daraufhin wurde seitens des UVS eine mündliche Berufungsverhandlung für 25. März 2008 anberaumt und der Bw dazu (an die Adresse in Oberweg) geladen.

 

Mit Schriftsatz des nunmehrigen Rechtsvertreters vom 6. März 2008 erklärte der Bw einen Verzicht auf die mündliche Verhandlung und führte zur Berufung ergänzend aus, er habe den Pkw JU- Mitte 2006 zum Verkauf angeboten, worauf sich mehrere Interessenten gemeldet und Probefahrten durchgeführt hätten, so auch A F am 17.7.2006. Dieser habe sich mit seinem Reise­pass ausgewiesen und er habe die Adresse auf einen Zettel notiert. Am 16. November 2006 sei er zur Lenkerbekanntgabe aufgefordert worden, jedoch habe er, als ihm Herr Ferrara gleich nach der Probefahrt zu erkennen gegeben habe, dass er am Fahrzeug kein Interesse mehr habe, diese Aufzeichnungen in den vier inzwischen bis zur Lenkeranfrage vergangenen Monaten verlegt. Er habe nur mehr den Namen und den Wohnort U gewusst und bei Recherchen im Internet die Adresse V A  gefunden und sei der Meinung gewesen, das sei der damalige Interessent. Er sei subjektiv davon überzeugt gewesen, die richtige Lenkerauskunft erteilt zu haben. Es treffe ihn daher kein Verschulden gemäß § 5 Abs.1 VStG. Er habe vielmehr alles Zumut­bare unternommen, um nach seinem Dafürhalten eine richtige Lenker­auskunft zu erteilen. Sollte ihm den­noch Fahrlässigkeit vorzuwerfen sein, ersuche er auch wegen überlanger Ver­fahrens­dauer um Herabsetzung der Strafe auf 40 Euro. Da die Aufnahme weiter­er Beweise nicht erforderlich sei, verzichte er auf die anberaumte Ver­handlung.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zu­grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit fest­gestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jeder­zeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Er­hebun­­gen zu ermöglichen (vgl VwGH 18.11.1992, 91/03/0294, ua).

Bei einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG steht zwar im Vordergrund, dass nach jener Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Der Anführung des Ortes des Lenkens kommt aber keine besondere Bedeutung zu. Der Zulassungsbesitzer ist, wenn die Behörde danach fragt, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestim­mten Ort gelenkt hat, berechtigt, sich auf die gestellte Frage zu beschränken (VwGH 20.4.2001, 2001/02/0060; 29.4.2003, 2002/02/0203).  

 

Im ggst Fall hat die Erstinstanz den Bw als Zulassungsbesitzer des genannten Kfz aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Aufforderungsschreibens bekanntzugeben, wer das ggst Kfz am 17. Juli 2006, 11.11 Uhr, "im Gemeinde­gebiet Lengau, Ortsgebiet Heiligenstatt, km 6.9 der B147" gelenkt hat. Die Anfrage war unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des VwGH insofern nicht rechtswidrig, jedoch ist folglich eine unrichtige Beant­wortung der kon­kreten Frage nach dem Ort des Lenkens im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht strafbar, weshalb dieser Teil des Tatvorwurfs gemäß § 44a Z1 VStG aus dem Spruch zu eliminieren war.

Der Bw hat die Frage nach dem Lenker so beantwortet, dass er einen voll­ständigen Namen und die offenbar richtige frühere Adresse dieser Person angegeben hat. Der als Lenker Genannte hat allerdings - nicht unglaubwürdig - jeden Bezug zum ge­nannten Kraftfahrzeug von sich gewiesen und der Bw konnte seine angeblich gemachten Auf­zeichnungen über den Lenker nicht mehr finden und seine An­gaben in der Lenkerauskunft nicht mehr aufrechthalten. Diese war somit zweifellos unrichtig, wobei dem Bw aber jedenfalls zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten ist.

 

§ 103 Abs.2 KFG sieht auch keine zeitliche Einschränkung der Zulässigkeit einer Lenkeranfrage durch die Behörde vor, dh die Auskunftspflicht ist auch nicht auf die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist beschränkt (VwGH 25.4.1990, 88/03/0236).

Mangelndes Verschulden im Sinne des ergänzenden Vorbringens des Bw auf­grund der zwischen dem Vorfall und der Aufforderung zur Lenkerauskunft ver­gan­genen Zeit war auch aufgrund des Fehlens jeglicher Anhaltspunkte für eine Anwesenheit des angegebenen Lenkers in Österreich am 17. Juli 2006 nicht anzunehmen.

Im Ergebnis gelangt der UVS zur Auffassung, dass der Bw den ihm nunmehr in eingeschränkter Form zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

§ 103 Abs.2 KFG schützt das Interesse an einer raschen und lückenlosen Straf­ver­folgung des tatsächlichen Täters. Der Bw hat durch seine unrichtige Lenker­auskunft die Verfolgung des damaligen Lenkers verhindert und sohin alle spezial­präven­tiven Überlegungen dahingehend zunichte gemacht. Dass daher ein nicht unerhebliches Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung derjeniger Inter­essen, deren Schutz die Strafdrohung dient, anzunehmen war, liegt wohl auf der Hand. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Bw keine rechtskräftigen Vormerkungen aufweist und daher seine Unbescholtenheit mildernd zu bewerten ist.

Insgesamt war somit eine Strafherabsetzung, wenn auch nicht auf einen den Vor­stellungen des Bw entsprechenden Betrag, gerechtfertigt. Die nunmehr ver­hän­gte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im unteren Bereich des gesetzliche Strafrahmens und hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw zur Beachtung seiner Verpflichtungen als Zulassungsbesitzer anhalten. Die behauptete "überlange" Verfahrensdauer als Mil­derungs­grund vermag der UVS jedoch nicht zu erkennen. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Frage nach Ort des Lenkens ≠ Tatbestandsmerkmal des § 103/2 KFG falsche Auskunft -> Bestätigung Schuldspruch, aber Strafherabsetzung wegen Unbescholtenheit + Einschränkung des Tatvorwurfs

 

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