Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162265/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 13.03.2008

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn J L, vertreten durch Rechtsanwälte KEG Z & M, G, L, vom 31.5.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.5.2007, AZ VerkR96-1738-2007-BS, wegen einer Übertretung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, zu Recht:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.              Es entfallt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4   Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat über den nunmehrigen Berufungswerber das Straferkenntnis vom 15.5.2007, AZ VerkR96-1738-2007-BS, wie folgt erlassen:

 

"Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Am 01.03.2007 wurde festgestellt, dass Sie die Schaublätter die von Ihnen in den der laufenden Woche vorausgehenden 15 Tagen verwendet wurden, dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt haben. Kalenderwoche 7 und 8.

 

Tatort: Gemeinde Losenstein, Landesstraße Ortsgebiet, Eisenstraße B115 bei Strkm. 42,330.

 

Tatzeit: 01.03.2007, 09:35 Uhr.

 

Fahrzeug:

Kennzeichen, Lastkraftwagen, S

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art. 15 Abs.7 lit.a Abschnitt i EG-VO 3821/85

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von         Falls diese uneinbringlich                        Gemäß                                      ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

 

250 Euro                 80 Stunden                                         § 134 Abs.1 KFG 1967

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) zu zahlen:

 

25 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 275 Euro."

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Straferkenntnis vom 15.5.2007 fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit der begründeten Berufung vom 31.5.2007 entgegen.

 

Darin bringt er im Wesentlichen vor, dass weder das KFG noch die EG-VO 3821/85 eine Vorlage der Schaublätter der letzten 15 Tage verlangen würde. Vielmehr seien nach den einschlägigen Bestimmungen vom Lenker lediglich die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, mitzuführen. Auch das Mitführen einer Urlaubsbestätigung werde in den zitierten Bestimmungen nicht erwähnt.

 

Er habe nachweislich die Schaublätter der laufenden Arbeitswoche vorgelegt. Ein Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangen Woche habe er nicht vorlegen können, weil er zu dieser Zeit nachweislich auf Urlaub gewesen sei. Eine diesbezügliche Bestätigung liege der Behörde auch vor.

 

Der Berufungswerber vermeint auch, dass die belangte Behörde zur Abführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens unzuständig gewesen sei. Zuständige Strafbehörde wäre die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land gewesen, da in ihrem Sprengel die (angebliche) Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Eine Abtretung gemäß § 29a VStG sei nur dann zulässig, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt werde. Der Berufungswerber konnte eine Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens nicht erblicken.

 

Außerdem äußert er, dass die verhängte Verwaltungsstrafe nach wie vor unangemessen hoch sei. Folgen der Verwaltungsübertretung würden nicht bestehen. Es wäre der Behörde durchaus möglich gewesen, ihn zu ermahnen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit der Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus: 

 

Der Berufungswerber lenkte am 1.3.2007 um 9.35 Uhr den Lkw, Kennzeichen, in Losenstein, auf der Eisenstraße, B115 bei km 42,330.

Anlässlich einer im Zuge dieser Fahrt erfolgten polizeilichen Anhaltung konnte der Berufungswerber den Kontrollorganen der Polizeiinspektion Garsten die Schaublätter, die von ihm in den der laufenden Woche vorausgehenden 15 Tagen verwendet wurden (Kalenderwoche 7 und 8), auf deren Verlangen nicht vorweisen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

Artikel 15 Abs.7a lit.i der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 561/2006 lautet:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

Die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorangegangen 15 Tagen verwendeten Schaublätter.

 

Eine Übertragung des Strafverfahrens wegen einer im Straßenverkehr begangenen Übertretung an die zuständige Wohnsitzbehörde lässt grundsätzlich eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens im Sinne des § 29a VStG erwarten (vgl. z.B. auch VwGH 11.7.2001, 97/03/0230). Insofern bestehen gegen die gegenständliche Abtretung gemäß § 29a VStG keine Bedenken. 

 

Hinsichtlich des Vorbringens, eine Vorlage der Schaublätter der letzten 15 Tage sei aus den entsprechenden Bestimmungen nicht ableitbar, ist der Berufungswerber ausdrücklich auf die Verordnung (EWG) Nr. 561/2006 hinzuweisen, mit welcher unter anderem eine Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 erfolgt ist. Demnach besteht seit nunmehr 1.5.2006 die Verpflichtung zur Vorlage der Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter. Nach dem 1.1.2008 umfassen die genannten Zeiträume jedoch den laufenden Tag und vorausgehenden 28 Tage. Von einem Kraftwagenlenker, wie dem Berufungswerber, kann bzw. muss verlangt werden, dass er mit den diesbezüglichen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen und allfälligen Änderungen vertraut ist bzw. sich die erforderlichen Kenntnisse darüber verschafft.

 

Es ist offenkundig und durch den Berufungswerber unbestritten, dass er die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Schaublätter zum Kontrollzeitpunkt nicht mitgeführt und den Kontrollbeamten auf dessen Verlangen nicht ausgehändigt hat. Er hat sich dazu bereits im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren und letztlich auch in der Berufung dahingehend verantwortet und behauptet, sich im relevanten Zeitraum auf Urlaub befunden zu haben, sodass er auch keine Schaublätter habe vorlegen können. Zusammengefasst bringt er damit vor, im angesprochen Zeitraum kein Fahrzeug mit Kontrollgerät gelenkt zu haben. Seine Behauptungen hat er durch die Vorlage eines Urlaubsantrages sowie eines Zeitausdruckes seines Arbeitgebers, der Firma L AG untermauert.

 

Dem vorgelegten Urlaubsantrag vom 10.2.2007 kann entnommen werden, dass der Berufungswerber beabsichtigte von 12.2. – 23.2.2007 Urlaub zu nehmen und ihm dieser beantragte Urlaub von seinem Arbeitgeber auch genehmigt wurde. Der Zeitbeleg deutet darauf hin, dass der Berufungswerber im Februar 2007 zehn Urlaubstage - und zwar von 12.2. – 23.2.2007  -  (möglicherweise) verbraucht hat.

 

Hinzu kommt, dass sich der Berufungswerber bereits anlässlich der Kontrolle gegenüber den Polizisten damit verantwortet hat, die letzten zwei Wochen auf Urlaub gewesen zu sein. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen bzw. bei kurz nach der Tat abgelegten Aussagen in der Regel am ehesten richtige Angaben gemacht werden (VwGH 25.1.2005, 2004/02/0352; 10.9.2004, 2001/02/0241). 

 

Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, insbesondere weitere Erhebungen durch die erstinstanzliche Behörde - nicht gesichert ist und dem Berufungswerber nicht erwiesen werden kann, dass er tatsächlich im fraglichen Zeitraum als Fahrer beschäftigt war und ein Fahrzeug mit Kontrollgerät gelenkt hat. Er war damit auch nicht zur Vorlage der entsprechenden Schaublätter verpflichtet.

 

Die Verpflichtung des Fahrers zur Vorlage der entsprechenden Schaublätter besteht nur in Bezug auf solche Tage, an denen der Fahrer ein Fahrzeug mit Kontrollgerät gelenkt hat. Er muss nur die ihn selbst betreffenden Schaublätter vorlegen können. Dies geht aus Art. 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 561/2006 insgesamt, vor allem aber aus der Formulierung des Absatzes 7a klar hervor.

 

Auch der Europäische Gerichtshof (vgl. Urteil vom 13.12.1991 in der Rechtssache C-158/90, Sammlung der Rechtsprechung 1991, Seite I-06035) vertritt zum ehemaligen Inhalt des Art. 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 die Auffassung, dass es nach dem Zweck der Regelung nicht erforderlich ist, dass der Fahrer, wenn er während einer Woche vor der Woche, in der die Kontrolle stattfand, oder am letzten Kalender- oder am letzten Werktag der letzten Woche, in der er gefahren ist, nicht gefahren ist, er ein Schaublatt für diese Zeiträume vorlegt.

 

Die offenbare Annahme der belangten Behörde, der Berufungswerber sei zur Vorlage der entsprechenden Schaublätter auch verpflichtet, wenn er im entsprechenden Zeitraum nicht gefahren ist, kann nicht geteilt werden. Es war folglich spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Keinberger

 

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