Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251706/4/Kü/Sta

Linz, 07.03.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J B, Mag. M M, Mag. K F L, K, L, vom 25. Jänner 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Jänner 2008, SV96-71-2005, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 9 Abs. 2, 45 Abs.1 Z2, 51 und 51e Abs.2  Verwal­tungs­strafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom  7. Jänner 2008, SV96-71-2005, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungs­übertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a) AuslBG iVm § 9 VStG eine Geldstrafe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der A S GmbH mit Sitz in P, A S, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten hat, dass diese Firma als Arbeitgeberin in der Zeit vom 8.11.2004 bis zumindest 20.3.2005 die slowenische Staatsangehörige D P, geb., in der Filiale B der A S GmbH in B, P, als Verkäuferin, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigte, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsende­bewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde und die Ausländerin keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen entsprechenden Befreiungsschein besaß.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung, in welcher als Berufungsgründe die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden.

 

Unter anderem wird ausgeführt, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer mit der Begründung zur Verantwortung gezogen würde, dass im Verfahren zwar mit Eingabe vom 9.2.2006 die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten behauptet worden sei, dieser Umstand jedoch nicht nachgewiesen und von der Zollbehörde auch nicht bestätigt worden sei.

 

Diese – unrichtige – Feststellung zeige auch die Verletzung der festgeschriebenen Pflicht der Behörde, amtswegig den relevanten Sachverhalt zu ermitteln, deutlich auf.

 

Mit Bestellungsurkunde vom 1.3.2000, habe er Frau S M, vormals K, geb., Verkaufsleiterin der A S GmbH mit Dienstort W, A S, zur verantwortlichen Beauftragten bestellt.

 

In dieser Bestellungsurkunde trage Frau M (K) für einen räumlich begrenzten Bereich, zu welchem auch die Filiale in B, P, gehöre, die Verantwortung für alle die Arbeitnehmer der A S GmbH und deren Schutz betreffenden Vorschriften, zu welchen auch Normen des AuslBG gehören.

 

Diese Bestellungsurkunde sei mit Schreiben vom 21.4.2000 an die zuständige Behörde, nämlich das Arbeitsinspektorat in K (vgl. § 28a Abs.3 AuslBG in der am 25.4.2000 gültigen Fassung) abgefertigt worden und sei dort am 25.4.2000 eingelangt. Die Wirksamkeit dieser Verantwortungsübertragung würde von allfälligen späteren Änderungen des AuslBG in der Behördenzuständigkeit nicht berührt (vgl. VwGH vom 28.9.2000, Zl. 2000/09/0084, vom 16.10.2001, Zl. 99/09/0151 u.v.a.).

 

Da er die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit rechtswirksam an Frau S M (vormals K) übertragen habe, sei er verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich. Das von der Erstbehörde zitierte Erkenntnis des UVS Steiermark vermöge mangels Parteienidentität keine Bindungswirkung entfalten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 5. Februar 2008, eingelangt am 11. Februar 2008, die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender, für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A S GmbH mit Sitz in  P, A S.

 

Am 1. März 2000 wurde von der A S GmbH mit Frau S M, geb. (zum damaligen Zeitpunkt S K) eine mit "Vereinbarung und Bestellungsurkunde" überschriebene Vereinbarung getroffen, in welcher Frau S M zur verantwortlichen Beauftragten für einen sachlich und örtlich abgegrenzten Bereich bestellt wurde.

 

Punkt I. dieser Vereinbarung hält fest, dass sich der räumlich abgegrenzte Verantwortungsbereich aus der beigeschlossenen Übersicht der Frau S M zugeordneten unterstellten Verkaufsbezirke und Filialen ergibt, diese Übersicht bildet einen integrierenden Bestandteil der Vereinbarung.

 

Punkt II. erster Absatz der Vereinbarung lautet: Die A S GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer, Herrn A S, bestellt Frau S M zur verantwortlichen Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III. bezeichneten sachlich abgegrenzten Bereich der A S GmbH (§ 9 VStG).

 

Punkt III. dieser Vereinbarung legt fest, dass die Bestellung von Frau S M zur verantwortlichen Beauftragen gemäß Punkt II. dieser Bestellungsurkunde sich ausdrücklich auf die in § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für nachfolgend abgegrenzte sachliche Bereiche bezieht. Weiters ist festgehalten, dass Frau S M die Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der A S GmbH und deren Schutz betreffenden Vorschriften trägt. Im Folgenden wird erläutert, dass es sich hierbei um die Normen des Arbeits- und Sozialrechtes und – mit Ausnahme des Bereiches des Einkaufes – des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt den auf Grund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen sowie um einschlägige Normen des Gemeinschaftsrechtes handelt. In einem weiteren Absatz wird vereinbart, dass die Verantwortlichkeit von Frau S M auch die Einhaltung jener Bestimmungen umfasst, welche das In-Verkehrbringen von Waren (im Sinne des § 1 Abs.2 LMG 1975) nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist und der Verbrauchsfrist (vgl. §§ 4 Z5 und 10 LMKV) regeln (verbieten).

 

Festgelegt wird auch, dass sich die Übertragung der Verantwortung auf jene Normen des allgemeinen und speziellen Zivil- und Verwaltungsrechtes bezieht, die den Schutz Dritter, die Verkehrssicherung, den Schutz von Angehörigen der A S GmbH oder den Schutz der Konsumenten oder von Mitbewerbern zum Zwecke haben.

 

Weiters enthält die Vereinbarung eine Regelung darüber, welche Bereiche von der Verantwortlichkeit von Frau S M ausgenommen sind.

 

In Punkt IV. ist festgehalten, dass die Verantwortung von Frau S M insbesondere auch alle notwendigen Vorkehrungen umfasst, um auszuschließen, dass durch die Übertretung der bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu beachtenden Bestimmungen ein strafrechtlich pönalisierter Erfolg eintritt.

 

Diese zwischen der A S GmbH und Frau S M am 1. März 2000 abgeschlossene Vereinbarung wurde mit Schreiben vom 21. April 2000 dem Arbeitsinspektorat in K zur Kenntnisnahme übermittelt. Diese Unterlagen sind beim Arbeitsinspektorat am 25. April 2000 eingelangt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der mit der Berufung vorgelegten Vereinbarung und Bestellungsurkunde sowie dem vorgelegten Schreiben vom 21. April 2000, welches den Eingangsstempel des Arbeitsinspektorates, datiert mit 25. April 2000, trägt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Nach § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

 

5.2. Der mit der Berufung vorgelegten Vereinbarung vom 1. März 2000 ist zu entnehmen, dass Frau S M ihren Hauptwohnsitz im Inland hat, der Bestellung nachweislich durch ihre Unterschrift zugestimmt hat und der Verantwortungsbereich räumlich auf die sich in einer Anlage zur Vereinbarung findenden Verkaufsbezirke und Filialen abgrenzt wurde.

 

Zur sachlichen Abgrenzung ist festzuhalten, dass Frau S M die Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der A S GmbH und deren Schutz betreffenden Vorschriften trägt. In der Folge wird in der Bestellungsurkunde erläutert, dass es sich hierbei um die Normen des Arbeits- und Sozialrechtes und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie gewissen Details aus dem Lebensmittelgesetz handelt.

 

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aus dem Wortlaut des § 9 Abs.2 VStG klar ersichtlich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit  dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an (vgl. VwGH vom 21.5.2003, Zl. 2002/09/0021).

 

Dem Index des Bundesrechtes folgend, findet sich das AuslBG in der Hauptgruppe 6 "Arbeitsrecht, Dienstrecht, soziale Sicherheit" und dabei in der Untergruppe 62" Arbeitsmarktverwaltung. Dieser Einteilung folgend, stellt das AuslBG einen Teil des Arbeits- und Sozialrechtes dar. Wesentlich ist, dass in der vorliegenden Vereinbarung ausdrücklich angeführt wurde, dass sich der Verantwortungsbereich der bestellten verantwortlichen Beauftragten auf sämtliche Arbeitnehmer der Anton Schlecker GmbH und deren Schutz betreffende Vorschriften bezieht und es sich hierbei um die Normen des Arbeits- und Sozialrechtes handelt. Dieser Formulierung ist klar und eindeutig zu entnehmen, dass sich die Verantwortlichkeit der bestellten verantwortlichen Beauftragten nicht ausschließlich auf die Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes bezieht. Dies geht auch daraus hervor, dass neben den Normen des Arbeits- und Sozialrechtes auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Lebensmittelgesetz ausdrücklich in der Vereinbarung genannt sind. Eine Auslegung der Bestellungsurkunde nach dem objektiven Maßstab bedeutet daher, dass der von der A S GmbH mit der verantwortlich Beauftragten vereinbarte Verantwortungsbereich jedenfalls mehr als nur die Arbeitnehmerschutzvorschriften betrifft. Ausgehend von der oben erwähnten Tatsache, dass das AuslBG nach dem Index  des Bundesrechtes den Normen des Arbeits- und Sozialrechts zugeordnet ist, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, dass nach dem objektiven Erklärungswert der mit der verantwortlichen Beauftragten getroffenen Vereinbarung deren Verantwortungs­bereich auch die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG umfasst.

 

Auf Grund der Tatsache, dass diese Bestellungsurkunde nachweislich dem Arbeitsinspektorat für den A am 25. April 2000 vorgelegt wurde, wurde eine wirksame Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 28a Abs.3 AuslBG idF BGBl. Nr. 201/1996, welche bis 30.6.2002 in Geltung gestanden ist, vorgenommen. Dies bedeutet, dass entsprechend der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 1. März 2000 geltenden Rechtslage die Bestellungsurkunde der zuständigen Stelle vorgelegt wurde. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine einmal ordnungsgemäß erfolgte Bestellung zum verantwortlich Beauftragten auch nach Änderung der gesetzlichen Grundlagen weiterhin wirksam.

 

Dem Berufungswerber ist daher mit den im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Unterlagen der Nachweis gelungen, dass er für die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG für die gegenständliche Filiale in 9150 Bleiburg, Postgasse 10, eine verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs.2 VStG rechtswirksam bestellt hat. Die Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten erfolgte nachweislich vor dem im Straferkenntnis angeführten Tatzeitpunkt, wurde vom Berufungswerber allerdings erst im Rahmen des Berufungsverfahrens nachgewiesen. Den Berufungswerber in seiner Funktion als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Anton Schlecker GmbH, trifft daher im gegenständlichen Fall keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung, weshalb der gegenständlichen Berufung stattzugeben war und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Kühberger

 

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