Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281061/2/Kl/Sta

Linz, 13.03.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung gegen das Strafausmaß des Herrn P S, B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M L, DDr. K R H, S, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 27. November 2007, Ge96, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem BäckereiarbeiterInnengesetz 1996 bzw. KJBG 1987, zu Recht erkannt:

 

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1, 2 und 3 jeweils auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils auf 60 Stunden herabgesetzt.

 

II.   Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 60 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 27.11.2007, Ge96-86-2007, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in drei Fällen von je 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 92 Stunden, wegen Verwaltungs­übertretungen  nach

1. § 2 und § 20 BäckereiarbeiterInnengesetz,

2. § 8 und § 20 BäckereiarbeiterInnengesetz und

3. § 11 Abs.8 und § 30 Abs.1 KJBG verhängt,

weil er im Zuge einer Kontrolle der Arbeitszeitaufzeichnungen des Herrn P K durch die Arbeiterkammer Oberösterreich, welcher im Bäckereibetrieb im Standort L S, B, als Lehrling im Doppellehrberuf "Bäcker/Konditor" beschäftigt ist, festgestellt werden konnte, dass den Vorschriften des BäckereiarbeiterInnengesetzes sowie den Bestimmungen des zweiten Abschnittes des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen zuwidergehandelt wurde, indem

1. dem Jugendlichen P K in der 8. Kalenderwoche 2007 vom 19.02.2007 bis 25.02.2007 insgesamt 45 Stunden und 10 Minuten und somit über die höchstmögliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus beschäftigt wurde

2. der Jugendliche P K am 19.02.2007, am 20.02.2007, am 21.02.2007 und 22.02.2007 jeweils bereits ab 03:30 Uhr und somit bereits vor 04:00 Uhr mit Arbeiten, die der Berufsausbildung dienen, beschäftigt wurde und

3. der Jugendliche P K am Samstag, den 12.05.2007 von 03:30 Uhr bis 13:05 Uhr im Betrieb beschäftigt wurde, obwohl dieser Jugendliche im Zeitraum vom 16.04.2007 bis 29.06.2007 die lehrgangsmäßige 1. Klasse der Berufsschule in Linz besucht hat.

 

2. Mit rechtzeitig eingebrachter Berufung vom 10.12.2007 wurde das Straferkenntnis hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen angefochten und beantragt, je Deliktsfall mit einer Strafe von 100 Euro vorzugehen. Begründend wurde ausgeführt, dass für den Beschuldigten Milderungsgründe geltend zu machen seien, nämlich dass er einen kleinen Bäckereibetrieb betreibe, in welchem infolge der geringen Zahl der Dienstnehmer es äußert schwierig sei, den Betrieb aufrecht zu erhalten und die Lieferverpflichtungen einzuhalten. Die Arbeits- oder Freizeitüberschreitungen seien aus einer besonders schwierigen Lage geschehen. Auch sei im Hinblick auf ein vorausgegangenes Straferkenntnis lediglich mit einer "Zusatzstrafe" vorzugehen gewesen und seien daher die verhängten Strafen überhöht. Auch liege ein Geständnis und die Anerkennung der grundsätzlichen Verantwortung durch den Beschuldigten vor. Die Beschäftigung sei nicht bemängelt worden. Es seien keine spezialpräventiven Gründe erforderlich, da die Ausbildungsverhältnisse bereits beendet sind. Es besteht auch für die Zukunft keine Wiederholungsgefahr. Auch seien die Überschreitungen keinesfalls gravierend und teilweise nur geringfügig. Hinsichtlich der Vermögenssituation wird auf die Sorgepflichten von monatlich Euro 776,73 für die geschiedene Gattin und ihren Sohn und die sehr schlechten Geschäftsentwicklungen seit dem Jahr 2004 hingewiesen. Dem Berufungswerber stehen lediglich monatliche Privatentnahmen von rund 2.000 Euro zur Verfügung, wobei die monatlichen Unterhaltsverpflichtungen abzuziehen seien. Hinsichtlich des Vermögens sei der Bäckereibetrieb mit Höchstbetragspfandrechten von rund 300.000 Euro belastet. Darüber hinaus hat der Beschuldigte einen im Grundbuch nicht gesicherten Frankenkredit über rund 60.000 Euro zu bedienen, der zur Finanzierung der Ausgleichszahlung von ATS 600.000,-- an die geschiedene Ehegattin aufgenommen werden musste.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Im Grunde der ausführlichen Darstellungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch den Berufungswerber samt den erforderlichen Nachweisen sowie auch den bekannten diesbezüglichen Äußerungen anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat am 11.7.2007 durch den Vertreter des Berufungswerbers ist der Sachverhalt geklärt. Da eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und nur gegen die Höhe der Strafe berufen wurde, kann von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z2 und 3 VStG abgesehen werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30 Abs.1 und Abs.2 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 – KJBG sind Dienstgeber und deren Bevollmächtigte von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.090 Euro, im Wiederholungsfall von 218 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen, die den Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des § 27 Abs.1 oder einer auf Grund einer Bestimmung dieser Abschnitte erlassenen Verordnung zuwiderhandeln.

Gemäß § 20 Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwaren-Erzeugungsbetrieben (BäckereiarbeiterInnengesetz 1996 – BäckAG 1996) sind Arbeitgeber/Innen und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der §§ 2, 3, 6 bis 8, 8a Abs.4 und 5, 8b Abs.1, 9 bis 12, 14, 15 Abs.1, 17 und 19 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen von 20 Euro bis 1.090 Euro, im Wiederholungsfalle von 145 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß
Art. 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungs­strafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.2. Die belangte Behörde hat im Rahmen der Strafzumessung zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat und auf den Schutzzweck der Norm hingewiesen, nämlich die größtmögliche Schonung der Gesundheit der Lehrlinge. Auch wurde auf die Angaben hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bezug genommen. Milderungsgründe wurden nicht angenommen und auch kein geringfügiges Verschulden oder unbedeutende Folgen gewertet. Es wurde die Strafe aus spezialpräventiven Gründen als erforderlich erachtet. Es wurde auf bereits anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen gleichartiger Verwaltungsübertretungen zum Zeitpunkt der Tatbegehung hingewiesen.

 

Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass dem Schutz der Jugendlichen und ihrer Gesundheit eine besondere Bedeutung zukommt. Durch die teils lange Begehungsdauer wurde dem Schutzzweck erheblich entgegengewirkt. Folgen der Tat hingegen sind nicht konkret von der Behörde angeführt und auch nicht aus dem Strafverfahren ersichtlich. Milderungsgründe, wie die Unbescholtenheit, kommen dem Berufungswerber nicht zugute. Allerdings war dem Berufungswerber zugute zu halten, dass er die Tat nicht bestritten hat. Auch ist als wesentlich hervorzuheben, dass nunmehr Jugendliche nicht mehr beschäftigt werden und die Lehrberechtigung beendet ist. Es ist daher keinerlei Wiederholungsgefahr mehr gegeben. Wenn auch zum Zeitpunkt der Tatbegehung gleichartige Verwaltungsstrafverfahren anhängig waren, so können diese mangels Rechtskraft nicht als straferschwerend gewertet werden. Dem Berufungswerber ist auch jedenfalls Fahrlässigkeit anzulasten und im Rahmen der Strafbemessung vorzuwerfen. Allerdings ist die angespannte betriebliche Situation des Berufungswerbers begreiflich. Insbesondere aber sind die sehr eingeschränkten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers bei der Strafbemessung heranzuziehen. Es kann daher mit der nunmehr festgesetzten Geldstrafe je Delikt das Auslangen gefunden werden. Diese ist aber erforderlich, um den Berufungswerber auch im Hinblick auf die Beschäftigung erwachsener Arbeitnehmer und die diesbezüglich gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten zu gesetzeskonformem Verhalten anzuleiten. Mangels weiterer Beschäftigung von Jugendlichen waren aber spezialpräventive Gründe nicht anzunehmen. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 20 Euro bzw. 72 Euro und die Höchstgrenze von 1.090 Euro erscheint die jeweils verhängte Geldstrafe nicht überhöht, macht sie doch nur einen Bruchteil des gesetzlichen Höchstrahmens aus. Dabei ist – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - auf den längeren Tatzeitraum bzw. die erhebliche Überschreitung Rücksicht zu nehmen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist auch den ungünstigen Einkommens- und Vermögensver­hältnissen des Berufungswerbers angepasst. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allerdings folgt aus ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht der Anspruch auf Verhängung bloß der Mindeststrafe. Es ist daher eine weitere Strafherabsetzung, wie sie vom Berufungswerber beantragt wurde, nicht gerechtfertigt.

Da ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht gegeben war, war auch die Mindeststrafe nicht zu unterschreiten (§ 20 VStG). Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, sodass auch nicht mit Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG vorzugehen war. Geringfügigkeit des Verschuldens liegt nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Dies ist nicht gegeben.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe war jeweils auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG angemessen herabzusetzen.

 

 

6. Gemäß § 64 VStG beträgt der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz 10 % der verhängten Geldstrafe. Der Kostenbeitrag musste daher entsprechend herabgesetzt werden. Weil die Berufung Erfolg hatte, war gemäß § 65  VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Einkommensverhältnisse, keine Spezialprävention

 

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