Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162363/11/Zo/Da

Linz, 20.03.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R M F, geb. , S, vom 4.6.2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 16.5.2007, Zl. VerkR96-2006, wegen drei verkehrsrechtlicher Übertretungen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Hinsichtlich Punkt a) wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Anstatt "... um 31 km/h ..." hat es richtig zu lauten: "... wesentlich ...". Die verhängte Geldstrafe in Höhe von 30 Euro wird bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 6 Stunden herabgesetzt.

 

II.                 Hinsichtlich Punkt b) wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt eingestellt;

III.              Hinsichtlich Punkt c) wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der verletzten Rechtsvorschrift wird die Bestimmung des § 1 Abs.3 FSG sowie hinsichtlich der Strafbemessung die Bestimmung des § 20 VStG ergänzt.

IV.              Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 21,15 Euro, die Kosten für das Berufungsverfahren betragen 36,30 Euro (das sind 20 % der in Punkt 3 bestätigten Strafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I. – III.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 und 20 VStG;

zu IV.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. bis III.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 17.5.2006 um 16.17 Uhr das einspurige Kleinkraftrad der Marke Steyr-Daimler Puch mit dem Kennzeichen WL‑ in Kremsmünster auf der Sipbachzeller Landesstraße L1238 gelenkt habe, wobei im Zuge einer Verkehrskontrolle festgestellt worden sei, dass

a) er als Lenker die für Motorfahrräder festgesetzte Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h um 31 km/h überschritten habe. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mittels Lasermessung festgestellt worden und bei Strkm 12,550 erfolgt;

b) er dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels erhobenem Arm deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet habe, weil er die Fahrt fortgesetzt habe sowie

c) er das angeführte KFZ auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er zum angeführten Zeitpunkt nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu a) eine Übertretung des § 98 Abs.1 KFG iVm § 58 Abs.2 KDV, zu b) eine Übertretung des § 97 Abs.5 StVO sowie zu c) eine Übertretung des § 37 Abs.1 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG begangen.

 

Er habe damals das einspurige Kleinkraftrad der Marke Steyr-Daimler-Puch TM 50-4 mit dem Kennzeichen WL- gelenkt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er die Bauartgeschwindigkeit des Motorfahrrades nicht überschritten habe. Auch die Lasermessung ändere daran nichts. Der Meldungsleger habe selbst angegeben, dass hinter ihm noch ein PKW gefahren sei, welcher ihn überholt habe, weshalb er davon ausgehe, dass eine entsprechende Geschwindigkeitsdifferenz bestanden habe müsse. Wenn man berücksichtige, dass bei einer Messentfernung von 170 m der Messstrahl eine Streuung von rd. 1 1/2 m aufweise, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Messstrahl nicht auf ihn sondern auf das sich hinter ihm mit hoher Geschwindigkeit nähernde Fahrzeug getroffen. Die Messung selbst sei zwar wohl korrekt gewesen, er sei aber sicher, dass nicht sein Fahrzeug gemessen worden sei, sondern jenes, welches ihn unmittelbar danach überholt habe. Diesbezüglich beantragt er die Beiziehung eines Sachverständigen für Lasermessungen.

 

Bezüglich des Haltezeichens gab der Berufungswerber an, dass dieses für ihn nicht eindeutig gewesen sei. Es sei problematisch, mit einem Zeichen zwei Fahrzeuge zum Anhalten aufzufordern, und er sei sich keiner Schuld bewusst, da er ja die Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten gehabt habe. Er sei daher davon ausgegangen, dass der vor ihm fahrende PKW-Lenker hätte angehalten werden sollen und habe das Handzeichen des Polizisten als Zeichen zum Weiterfahren gedeutet. Im Übrigen sei es widersinnig, wenn er versucht hätte, mit einem Fahrzeug mit einer Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h vor einer Polizeikontrolle zu flüchten.

 

Es habe sich bei seinem Kraftfahrzeug um ein Motorfahrrad gehandelt, und er sei Inhaber eines Mopedausweises. Es erscheine eigenartig, dass weder der Meldungsleger noch die Behörde eine Überprüfung des Fahrzeuges angeordnet haben, obwohl mit diesem angeblich die Bauartgeschwindigkeit um mehr als 70 % überschritten wurde. Eine solche Überprüfung hätte sehr rasch gezeigt, dass seine Angaben richtig sind.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2008, an welcher der Vater des Berufungswerbers teilgenommen hat und die Zeugen GI H und GI M einvernommen wurden. Weiters wurde ein Gutachten eines Sachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik eingeholt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das einspurige Kleinkraftfahrzeug der Marke Puch TM 50-4. Dieses war als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen, Zulassungsbesitzer war sein Vater, Herr Ing. E F. Er fuhr mit diesem vom Stiftsgymnasium Kremsmünster kommend auf der Sipbachzeller Landesstraße in Richtung Sipbachzell. In seine Fahrtrichtung fuhr er zuerst relativ steil bergauf, wobei die Straße eine deutliche Linkskurve beschreibt und dann über eine Fahrbahnkuppe und in weiterer Folge wiederum relativ steil bergab. Er durchfuhr eine Senke und wiederum bergauf zum Standort der Polizeibeamten. Kurz nach dem tiefsten Punkt bzw. dieser Senke befindet sich auf der Fahrbahn ein Fahrbahnteiler und in etwa im unteren Drittel des bergabführenden Straßenstückes ist das Verkehrszeichen "50 km/h" auf die Fahrbahn aufgebracht. Diesbezüglich wird auf das beim Lokalaugenschein verwendete Luftbild verwiesen. Nach seinen eigenen Angaben wurde der Berufungswerber in etwa in jenem Bereich, an welchem auf dem Boden das Verkehrszeichen "50 km/h" aufgesprayt ist, von einem schneller fahrenden PKW überholt. Dieses Überholmanöver habe der PKW-Fahrer noch vor dem Beginn der Sperrfläche vor dem Fahrbahnteiler abgeschlossen. Er selbst habe dabei keine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten, die Situation sei von ihm und seinem Vater nachgestellt worden, wobei er bergab eine maximale Geschwindigkeit von 55 km/h habe erreichen können.

 

In Annäherung an die Polizisten sei das nunmehr vor ihm fahrende Fahrzeug angehalten worden, er habe seine Geschwindigkeit verringert und mit dem Polizisten Blickkontakt aufgenommen. Dabei sei er fast stehen geblieben, der Polizist habe ihm ein Zeichen gegeben, dass er weiterfahren könne.

 

Der Polizeibeamte GI. H gab als Zeuge an, dass er damals die Geschwindigkeitsmessungen mit dem Lasergerät durchgeführt habe. Dieses sei entsprechend geeicht gewesen und er habe es den Verwendungsbestimmungen entsprechend eingesetzt. Er habe die vorgeschriebenen Überprüfungen durchgeführt, wobei anzumerken ist, dass er den Vorgang dieser Überprüfungen – insbesondere auch hinsichtlich der Richtigkeit der Visiereinrichtung – bei der mündlichen Verhandlung vorzeigte und seine Vorgangsweise den Verwendungsbestimmungen entspricht. Er habe eine Geschwindigkeit von 78 km/h vor Abzug der Messtoleranz gemessen und zwar auf eine Entfernung von 170 m. Diese Geschwindigkeit sei für das Motorfahrrad auffällig hoch gewesen. Sein Kollege habe auch einen anderen Fahrzeuglenker wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten, der Zeuge konnte aber nicht mehr angeben, ob er den anderen PKW vorher oder nachher gemessen habe bzw. ob dieser das Motorfahrrad überholt hat oder nicht. Jedenfalls war der PKW vorher bei ihrem Standort und wurde zuerst angehalten. Das Anhaltezeichen habe sein Kollege gegeben, dieser habe es aber nicht beachtet. Auf Befragen durch den Vater des Berufungswerbers gab der Zeuge an, dass es durchaus möglich ist, dass der Mopedfahrer beim Bergabfahren von einem PKW überholt wurde und er zuerst den PKW und dann den Mopedfahrer gemessen habe. Er könne sich daran aber nicht mehr genau erinnern. Jedenfalls habe er zwei Messungen durchgeführt, nämlich einmal das Moped und einmal den PKW. Bei der Messung des Mopeds habe er den roten Visierpunkt sicher auf das Moped gerichtet gehabt.

 

Der Zeuge GI. M führte aus, dass sein Kollege die Lasermessungen durchgeführt hatte und sowohl einen PKW als auch einen Mopedfahrer gemessen und ihm beide Geschwindigkeiten gesagt habe. Er habe dann sowohl den PKW- als auch den Mopedfahrer anhalten wollen, der PKW sei auch stehen geblieben, der Mopedfahrer sei zwar langsamer geworden und sie hätten auch Blickkontakt gehabt, er sei aber weitergefahren. Möglicherweise habe er sein Anhaltezeichen falsch verstanden. Der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen habe nur wenige Sekunden betragen. Auch der Zeuge M konnte sich nicht mehr daran erinnern, in welcher Reihenfolge die Fahrzeuge in ihren Sichtbereich gekommen sind und ob allenfalls der PKW den Mopedfahrer kurz vor der Messung oder während der Messung überholt hat.

 

Der Sachverständige führte aus, dass eine Lasermessung eines Motorfahrrades auf eine Entfernung von 170 m technisch möglich ist. Auf diese Entfernung hat der Messstrahl eine Breite von 51 cm. Sofern sich ein anderes Fahrzeug hinter oder neben dem Motorfahrrad befunden hat, hat das grundsätzlich keinen Einfluss auf die Lasermessung, möglich wäre allerdings, dass der Messstrahl zur Gänze das andere Fahrzeug getroffen hat und die Geschwindigkeit dieses Fahrzeuges gemessen wurde. Das kann aus technischer Sicht nicht nachgeprüft werden. Wenn der rote Visierpunkt auf das Motorfahrrad gerichtet war und die Visiereinrichtung richtig funktioniert hat, dann kann die Messung eindeutig dem Motorfahrrad zugeordnet werden.

 

Technisch sei es durchaus möglich, das gegenständliche Motorfahrrad so umzubauen, dass wesentlich höhere Geschwindigkeiten erreicht werden können.

 

Auf Befragen, ob anhand der gemessenen Geschwindigkeit von 76 km/h (laut Anzeige) im Hinblick auf das Gefälle der Fahrbahn eine Rückrechnung auf die auf einer ebenen Fahrbahn maximal erreichbare Geschwindigkeit möglich ist, führte der Sachverständige aus, dass jene Geschwindigkeit, welche auf einer waagrechten Fahrbahn erreicht werden kann, im Gefälle maximal um 15 km/h erhöht werden könne. Dies deswegen, weil bei höheren Geschwindigkeiten der Luftwiderstand steigt und auch die Motorbremswirkung entsprechend einsetzt.

 

Es wurde in weiterer Folge noch versucht, anhand des Kennzeichens der Organstrafverfügung den überholenden Fahrzeuglenker, welcher zu jenem Zeitpunkt ebenfalls wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft wurde, auszuforschen. Dies war aber nicht mehr möglich, weil Organstrafverfügungen bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft nur 1 Jahr aufbewahrt werden.

 

Dazu ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

Es kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob bzw. an welcher Stelle der Berufungswerber vom PKW-Lenker überholt wurde. Es ist durchaus naheliegend, dass das relativ kurz vor der Anhaltung der Fall war, weil ja der PKW-Lenker vor dem Berufungswerber von den Polizisten angehalten wurde. Ein Überholen erst zu jenem Zeitpunkt, als die Messung des Berufungswerbers stattfand, erscheint jedoch eher unwahrscheinlich, weil in diesem Fall das Wiedereinordnen vor dem Fahrbahnteiler für den PKW-Lenker nur noch schwer möglich gewesen wäre. Letztlich kommt es auf den Zeitpunkt des Überholmanövers nicht entscheidend an. Wesentlich ist, dass der rote Visierpunkt bei der Messung des Berufungswerbers auf diesen bzw. sein Fahrzeug gerichtet war und die Visiereinrichtung ordnungsgemäß funktioniert hat. Dies war nach den unbedenklichen Aussagen des Zeugen H der Fall, wobei dieser auch bei der mündlichen Verhandlung richtig vorzeigen konnte, wie die Überprüfung der Visiereinrichtung durchzuführen ist. Der Zeuge hat auch ausdrücklich angegeben, dass er zwei verschiedene Messungen durchgeführt hat, nämlich einmal den PKW und das andere Mal den Berufungswerber. Unter diesen Umständen bestehen keine Zweifel, dass die gegenständliche Messung mit einer Geschwindigkeit von 76 km/h (laut Anzeige) tatsächlich den Berufungswerber betroffen hat.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 Z4 KFG ist ein Kraftrad ein Kraftfahrzeug mit zwei Rädern oder ein Kraftfahrzeug mit drei Rädern, mit oder ohne Doppelrad.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z14 KFG ist ein Motorfahrrad ein Kraftrad (Z4) mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 ccm hat (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG).

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z15 KFG ist ein Motorrad ein nicht unter Z14 fallendes einspuriges Kraftrad (Z4); dieser Bezeichnung entspricht die Bezeichnung "Kraftrad" im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z37a KFG ist die Bauartgeschwindigkeit die Geschwindigkeit, hinsichtlich der auf Grund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann.

 

Gemäß § 58 Abs.2 KDV dürfen mit Kraftfahrzeugen, für die besondere Bestimmungen des KFG 1967 und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nur gelten, wenn nach ihrer Bauart und Ausrüstung dauern gewährleistet ist, dass mit ihnen auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille eine bestimmte Geschwindigkeit nicht überschritten werden kann, diese Geschwindigkeiten nicht überschritten werden.

 

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5 nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, zulässig.

 

Gemäß § 1 Abs.5 Z2 FSG ist eine Lenkberechtigung nicht erforderlich für das Lenken von Motorfahrrädern, die den Bestimmungen des KFG 1967 unterliegen, sowie von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen.

 

5.2. Für die rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Falles ist entscheidend, welche Geschwindigkeit der Berufungswerber bei der Messung tatsächlich eingehalten hat. Er selbst gab dazu an, dass er mit dem Fahrzeug maximal 55 km/h habe fahren können. Andererseits wurde seine Geschwindigkeit mit einem geeichten Lasermessgerät gemessen, wobei die Verwendungsbestimmungen eingehalten wurden. Der Polizeibeamte hatte die Visiereinrichtung vor Beginn der Messungen überprüft und festgestellt, dass diese ordnungsgemäß funktioniert. Er hatte den roten Visierpunkt auf den Berufungswerber gerichtet und dabei ein Messergebnis von 76 km/h erzielt. Unter diesen Umständen muss die Messung dem Berufungswerber zugeordnet werden. Dabei kommt es nicht wesentlich darauf an, ob der Berufungswerber unmittelbar vor oder nach der Messung bzw. allenfalls schon ein kurzes Stück vorher von einem PKW überholt wurde, sondern eben darauf, dass der rote Visierpunkt auf ihn gerichtet war und die Visiereinrichtung funktionierte. Der Polizeibeamte hat auch ausdrücklich angegeben, zwei unterschiedliche Messungen durchgeführt zu haben, nämlich einerseits hinsichtlich des Berufungswerbers und andererseits hinsichtlich des PKW. Es ist damit als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber an der gegenständlichen Stelle eine Geschwindigkeit von zumindest 73 km/h eingehalten hat. Diese Geschwindigkeit ergibt sich daraus, dass in der Anzeige eben eine Geschwindigkeit von 76 km/h vorgehalten wird, wobei aber aus der Anzeige nicht abzusehen ist, ob dabei die Messtoleranz von 3 km/h bereits abgezogen wurde oder nicht. Zugunsten des Berufungswerbers wird diese also von dem in der Anzeige angeführten Wert von 76 km/h abgezogen.

 

Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund des Gefälles die Geschwindigkeit des Motorfahrrades höher sein konnte als auf einer waagrechten ebenen Fahrbahn bei Windstille. Der Geschwindigkeitsunterschied kann jedoch maximal 15 km/h betragen, sodass sich aus der Lasermessung ergibt, dass das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug auf einer geraden waagrechten Fahrbahn bei Windstille eine Geschwindigkeit von zumindest 58 km/h erreichen konnte. Es handelt sich daher nicht mehr um ein Motorfahrrad iSd § 2 Z14 KFG sondern um ein Motorrad. Für das Lenken dieses Motorrades wäre eine Lenkberechtigung der Klasse A erforderlich gewesen. Der Berufungswerber verfügte jedoch damals über keine entsprechende Lenkberechtigung, weshalb er nicht nur die Bauartgeschwindigkeit überschritten hat (lit.a des Straferkenntnisses) sondern auch das Kraftfahrzeug ohne die erforderliche Lenkberechtigung gelenkt hat (lit.c des Straferkenntnisses).

 

Das Verfahren hat keinen Hinweis ergeben, wonach die Übertretungen dem Berufungswerber nicht zugerechnet werden könnten. Es ist gemäß § 5 Abs.1 VStG daher von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Hinsichtlich Punkt b) des Straferkenntnisses (Missachten des Haltezeichens) räumte auch der Polizeibeamte bei der Verhandlung ein, dass der Berufungswerber sein Zeichen möglicherweise missverstanden haben konnte. Diesbezüglich trifft den Berufungswerber daher kein Verschulden, weshalb in diesem Punkt seiner Berufung stattgegeben werden konnte.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt noch jugendlich, weiters war er aktenkundig unbescholten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Erstinstanz hinsichtlich der Übertretung des § 1 Abs.3 FSG zutreffend die gesetzliche Mindeststrafe von 363 Euro um die Hälfte unterschritten. Eine noch weitere Herabsetzung ist gesetzlich nicht möglich. Es muss davon ausgegangen werden, dass dem Berufungswerber die maximal erreichbare Geschwindigkeit seines Kraftfahrzeuges bekannt war, sodass nicht bloß von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden kann, weshalb eine Ermahnung iSd § 21 VStG nicht in Frage kommt.

 

Bezüglich der Überschreitung der Bauartgeschwindigkeit beträgt die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe weniger als 1 % des gesetzlichen Strafrahmens von bis zu 5.000 Euro. Beide Strafen sind sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Überlegungen erforderlich. Sie entsprechen auch den ungünstigen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, welcher als Präsenzdiener nur über ein geringfügiges Einkommen verfügt. Seine bisherige Unbescholtenheit wurde als wesentlicher Strafmilderungsgrund berücksichtigt, während keine Straferschwerungsgründe vorliegen.

 

 

Zu IV.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Bauartgeschwindigkeit; Motorfahrrad; Lasermessung

 

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