Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162657/9/Fra/Ba

Linz, 02.04.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn H B, E, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck   vom 12. September 2007, VerkR96-10470-2006, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17. März 2008,  zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 (§ 20 Abs.1 StVO 1960) und 3 (§ 7 Abs.1 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2 (§ 12 Abs.2 StVO 1960) und 4 (§ 9 Abs.1 StVO 1960) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat zu den Verfahren hinsichtlich der Fakten 1 (§ 20 Abs.1 StVO 1960) und 3 (§ 7 Abs.1 StVO 1960) keine Verfahrenkostenbeiträge zu entrichten.

Zu den Verfahren hinsichtlich der Fakten 2 (§ 12 Abs.2 StVO 1960) und 4 (§ 9 Abs.1 StVO 1960) hat der Berufungswerber zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat jeweils einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen (insgesamt 18,80 Euro) zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z 1 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

a)    wegen Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden),

b)    wegen Übertretung des § 12 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden),

c)     wegen Übertretung des § 7 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und

d)    wegen Übertretung des § 9 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er

als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen, Kombinationskraftwagen, am 21.4.2006 um 12.56 Uhr in Vöcklabruck, Landesstraße Freiland, 4840 Vöcklabruck, Dr. Wilhelm Bock-Straße, auf der Krankenhauskreuzung Nr. 1 bei km 246.300,

a)    die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst hat, indem er trotz Einbiegens nach rechts eine Geschwindigkeit von ca. 50 km/h einhielt,

b)    beim Einbiegen nach rechts das Fahrzeug nicht auf den rechten Fahrstreifen seiner Fahrtrichtung gelenkt hat,

c)     das angeführte Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt hat, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er beim Rechtseinbiegen über die Straßenmitte kam und

d)    die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren hat.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17. März 2008 erwogen:

Strittig ist die Lenkereigenschaft. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, zum Tatzeitpunkt im Krankenhaus Vöcklabruck gewesen zu sein. Dieses Vorbringen wertet der Oö. Verwaltungssenat jedoch als Schutzbehauptung, zumal eine eindeutige Zeugenaussage des Meldungslegers Kontrollinspektor K, PI L, dahingehend vorliegt, die Übertretungen zur Tatzeit am Tatort persönlich wahrgenommen zu haben. Der Meldungsleger führte bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen aus, sich an die Übertretung deshalb noch deutlich erinnern zu können, weil das für ihn eine "Wahnsinnsfahrweise" gewesen sei. Er sei mit dem Zivilfahrzeug zum Tatzeitpunkt an der Tatörtlichkeit bei grün blinkendem Licht gestanden, als er im Rückspiegel gesehen habe, als das in Rede stehende Fahrzeug an seinem Fahrzeug vorbeigelenkt wurde und nach rechts in die Dr. Bock-Straße eingebogen sei. Bei diesem Einbiegemannöver sei der Lenker derartig schnell in die Kreuzung eingefahren, dass die Reifen quietschten und es das Fahrzeug nach links über die Fahrtbahnmitte hinausgetragen habe. Das, was er in der Anzeige vermerkt habe, entsprechende den Tatsachen. Er kenne den Bw auch persönlich und habe ihn auch als Lenker erkannt. Er habe dem Bw auch eine schriftliche Benachrichtigung gesendet. Mit dieser sei er dann später zur Polizeiinspektion gekommen. Auf den Vorhalt der Fahrweise habe er mit keinem Wort die Lenkereigenschaft bestritten. Wenn das so gewesen wäre, hätte er dies in der Anzeige vermerkt. Die Tatzeit habe er sich sofort notiert. Er könne auch einen Irrtum bezüglich des Kennzeichens ausschließen.

 

Im Hinblick auf diese Aussage, welche der Meldungsleger unter Wahrheitspflicht abgelegt hat, nimmt der Oö. Verwaltungssenat die Lenkereigenschaft des Bw zum Tatzeitpunkt als erwiesen an. Der Meldungsleger schilderte seine Wahrnehmungen eindrucksvoll und glaubwürdig. Zu bedenken ist, dass sich der Bw nach Opportunität verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Wäre es so, wie der Bw behauptet, dass er sich zum Tatzeitpunkt im Krankenhaus Vöcklabruck befunden hat, müsste der Meldungsleger die von ihm geschilderten Wahrnehmungen erfunden haben. Dafür liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor. Auch Frau M S, welche bei der Berufungsverhandlung ebenfalls zeugenschaftlich einvernommen wurde, konnte den Bw hinsichtlich seines Vorbringens nicht entlasten. Sie brachte zwar vor, den Bw um ca. 13.15 Uhr des Tattages vom Krankenhaus Vöcklabruck abgeholt zu haben und ihm ca. 20 Minuten vor 13.00 Uhr ein SMS geschrieben zu haben, jedoch nicht mehr zu wissen, ob ihr der Bw mittels SMS geantwortet habe oder sie angerufen habe, und sich der Bw auch vorher nicht gemeldet habe, weil er im Krankenhaus das Handy ausgeschaltet hatte. Aus dieser Aussage ist sohin lediglich abzuleiten, dass Frau S, welche zum Tatzeitpunkt mit dem Bw befreundet war, diesen um ca. 13.15 Uhr vom Krankenhaus abgeholt hat. Dies schließt nicht aus, dass der Bw um 12.56 Uhr des Tattages den in Rede stehenden PKW im Stadtgebiet von Vöcklabruck gelenkt hat. Weiters spricht gegen die Verantwortung des Bw, dass er seitens des Krankenhauses keine Bestätigung über seinen Aufenthalt zur Tatzeit im Krankenhaus erhalten hat, obwohl er nach seinen Angaben versucht hat, eine derartige Bestätigung zu bekommen.

 

Es ist sohin erwiesen, dass der Bw am Tatort zur Tatzeit den in Rede stehenden PKW gelenkt hat.

 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

 

Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.1 StVO 1960):

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob im Einzelfall die Einhaltung der durch Gesetz vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit der Bestimmung des § 20 Abs.1 StVO 1960 widerspricht, zu beachten, dass ein Minus bei einzelnen der nach dieser Gesetzesstelle für die Wahl der Geschwindigkeit maßgebenden Faktoren gegebenenfalls durch ein Plus von anderen Faktoren ausgeglichen werden kann. Feststellungen darüber, dass hinsichtlich einer (oder einzelner) der maßgeblichen Komponenten ungünstige Verhältnisse bestanden, genügen daher für einen Schuldspruch nicht. Es muss vielmehr geprüft werden, dass dieses Minus nicht durch ein Plus der anderen Komponenten ausgeglichen wird (VwGH 18.4.1994, 93/03/01).

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Schuldspruch lediglich ausgeführt, dass der Bw beim Einbiegen nach rechts eine Geschwindigkeit von ca. 50 km/h eingehalten habe. Abgesehen davon, dass diese Geschwindigkeit zu relativieren ist, weil der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung ausgesagt hat, beim Einbiegen die Geschwindigkeit an sich nicht so genau schätzen zu können, reicht diese Umschreibung im Sinne des § 44 a Z 1 VStG für einen Schuldspruch nicht aus. Für eine Schuldspruch hätte allenfalls die Anlastung des "Schleuderns" beim Einbiegen ausreichen können.

 

Zum Faktum 3 (§ 7 Abs.1 StVO 1960):

 

§ 7 Abs.1 StVO 1960 normiert das Rechtsfahrgebot beim "Geradeausfahren", während § 13 Abs.1 StVO 1960 vorschreibt, dass nach rechts in kurzem Bogen einzubiegen ist. Da das dem Bw zur Last gelegte Fahrverhalten beim Einbiegen nach rechts gesetzt wurde, hätte dem Bw eine Verletzung dieser Bestimmung vorgeworfen werden müssen.

 

Die Fakten 2 (§ 12 Abs.2 StVO 1960) und 4 (§ 9 Abs.1 StVO 1960) sind durch die Aussagen des Meldungslegers zweifelsfrei erwiesen, weshalb diesbezüglich die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich dieser Fakten zu bestätigen war.

 

 

 

Strafbemessung:

Festzustellen ist, dass der gesetzliche Strafrahmen nur zu einem geringen Teil ausgeschöpft wurde. Der Bw weist mehrere Übertretungen nach der StVO 1960 auf. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kann ihm sohin nicht zuerkannt werden. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da sich die verhängten Strafen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bewegen, hat die belangte Behörde die ungünstigen Einkommensverhältnisse des Bw ausreichend berücksichtigt. Eine Herabsetzung der Strafen kann daher nicht vorgenommen werden. Dagegen sprechen auch präventive Erwägungen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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