Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222192/6/Bm/Sta

Linz, 02.04.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn K D, H, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3.1.2008, GZ. 0001444/2006, wegen einer  Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3.1.2008, GZ. 0001444/2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 365 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden, wegen der Verwaltungs­über­tretung gemäß § 367 Z1 iVm § 9 Abs.2 und § 39 Abs.2 und 4 GewO 1994 verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Der Beschuldigte, D K, geboren am , hat als handels­rechtlicher Geschäftsführer der Firma L-T C G.m.b.H., mit dem Sitz in  L, H, und somit als nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die Firma L-T C G.m.b.H. ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe, "Gewerbliche Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten" im oa Standort. Der gewerberechtliche Geschäftsführer, Herr J H, geb., ist mit 28.12.2005 als Geschäftsführer ausgeschieden. Der Gewerbeinhaber ist, als juristische Person, gem. § 9 Abs.2 GewO verpflichtet binnen 6 Monaten einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen.

Trotz dieser Verpflichtung wurde von der Firma L-T C G.m.b.H., Herr P W, geb.  erst am 09.02.2007 als neuer Geschäftsführer bei der zuständigen Behörde angezeigt." 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Feststellung der Behörde I. Instanz, wonach der Beschuldigte Anfang 2006 nicht die Unterlagen betreffend seine Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Gewerbe "Gewerbliche Vermögensberatung" mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und  Berater in Versicherungsangelegenheiten bei Herrn M-P persönlich überreicht habe, nicht richtig sei, richtig sei vielmehr, dass der Beschuldigte P (wohl Köhler) diese Unterlagen tatsächlich Anfang 2006 dem Zeugen M-P überreicht habe. Es werde beantragt, die Beschuldigten (?) B und P zum Sachverhalt einzuvernehmen. Ausgehend von der nunmehr gewünschten Feststellung ergebe sich einwandfrei, dass der Berufungswerber innerhalb der gesetzlichen Frist der Verpflichtung zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers nachgekommen und das Verfahren einzustellen sei.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 367 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

Gemäß § 367 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 oder gemäß § 39 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers eines der im § 95 angeführten Gewerbe ausübt, ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erhalten zu haben.

 

Nach § 95 Abs.2 GewO 1994 ist die Bestellung eines Geschäftsführer oder eines Filialgeschäftsführers bei den in Abs.1 angeführten Gewerben (darunter fällt auch das Gewerbe "Gewerbliche Vermögensberatung") für die Ausübung des Gewerbes genehmigungspflichtig. Die Genehmigung ist auf Ansuchen des Gewerbeinhabers zu erteilen, wenn die in § 39 Abs.2 bzw. § 47 Abs.2 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

§ 9 Abs.2 GewO 1994 bestimmt, dass bei Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erfüllt diese Konkretisierungsanforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht:

 

Zum Einen wurde dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, als Gewerbeinhaber des Gewerbes "Gewerbliche Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten" trotz der Verpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 GewO nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 28.12.2005 keinen neuen Geschäftsführer binnen 6 Monaten bei der zuständigen Behörde angezeigt zu haben. Nach § 95 Abs. 2 GewO 1994 besteht jedoch für die in § 95 Abs.1 angeführten Gewerbe, worunter auch das Gewerbe "Gewerbliche Vermögensberatung" fällt, eine über die Anzeigepflicht hinausgehende Genehmigungspflicht für die Bestellung eines Geschäftsführers. Diesbezüglich sieht § 367 GewO 1994 in Z2 auch einen zur  Ausübung eines Gewerbes ohne Anzeige der Bestellung eines Geschäftsführer anderen Straftatbestand vor, nämlich die Ausübung des Gewerbes ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers.  Die Ausübung des Gewerbes ohne entsprechende Genehmigung über die Bestellung eines Geschäftsführers wurde dem Berufungswerber jedoch nicht vorgeworfen.

 

Zum Anderen enthalten die Verwaltungsstraftatbestande des § 367 Z 1 GewO 1994 u.a. das Tatbestandselement, dass jemand ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige über die Bestellung eines entsprechenden Geschäftsführers erstattet bzw. ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erhalten zu haben.

 

Ein Schuldspruch nach § 367 Z 1 und Z2 GewO 1994 muss demnach, um das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG zu erfüllen, auch den Tatumstand der Ausübung des betreffenden Gewerbes enthalten.

 

Die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) geht dahin, dass der Beschuldigte es als § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten hat, dass die Firma L-T C GmbH der gemäß § 9 Abs.2 GewO bestehenden Verpflichtung, einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist nicht nachgekommen ist.

Zwar ist der Tatumschreibung zu entnehmen, dass die L-T C GmbH im Besitz einer Gewerbeberechtigung für die "Gewerbliche Vermögensberatung" im Standort  L, H ist, damit wird aber dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z. 1 nicht ausreichend entsprochen, da die Gewerbeordnung keine Pflicht zur Ausübung des Gewerbes enthält und die Bestimmung des § 367 Z 1 GewO 1994 nicht die Unterlassung der Anzeige unter Strafe stellt, sondern die Ausübung des Gewerbes ohne die Erstattung der Anzeige über die Bestellung gemäß dem § 39 Abs. 2 entsprechenden Geschäftsführers.

Wegen bereits abgelaufener Verfolgungs­ver­jährungsfrist konnte eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Ver­wal­tungs­senat vorgenommen werden.

 

Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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