Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230997/3/SR/Ri

Linz, 09.04.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des U West, vertreten durch  Rechtsanwalt Mag. G H, Rstraße, W, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Wels, GZ 2-S-2619/08/S vom 6. Februar 2008 zu Recht erkannt:

Der Berufung gegen Spruchpunkt 1 wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II.     Der Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird mit der Maßgabe         stattgegeben, als einerseits der Tatvorwurf im Spruch wie folgt zu      lauten hat: "Sie haben am 5. Februar 2008 um 15.35 Uhr in Wels,          Gstraße , im 5. Stock des K W,      Polizeibeamte, die ihre   gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen haben, trotz        vorangegangener Abmahnung lautstark beschimpft,          angeschrien und gleichzeitig während dieser verbalen Attacken        versucht, einen einschreitenden Polizeibeamten an der          Dienstjacke zu packen. Durch dieses Verhalten haben Sie eine Amtshandlung behindert, die der Klärung eines    verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhaltes diente." und        andererseits die Geldstrafe mit 100 Euro, im Falle der          Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe      mit    100 Stunden,      festgesetzt wird.   

 

III.    1. Der Berufungswerber hat zu Spruchpunkt I keinen        Kostenbeitrag     zu leisten.

         2. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der Behörde erster Instanz zu Spruchpunkt II beträgt 10 Euro, das sind 10%        der    verhängten Strafe. Zu den Kosten des Berufungsverfahrens      hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu leisten.

 

         3. Für die Vorhaft von 18 Stunden werden 18 Euro auf die         verhängte Strafe angerechnet.

Rechtsgrundlagen:

zu I und II: §§ 24, 19 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­ver­fahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu III: §§ 19a, 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Wels wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie sind

1.) am 05.02.2008 um 15.25 Uhr in Wels B 137, Kreuzung mit der Ebenhochstraße im Kreuzungsbereich umhergesprungen und verweilten ohne ersichtlichen Grund auf der Fahrbahn sowie schrien lautstark herum und haben versucht, auf einschreitende Beamte loszugehen und mit Ihren Händen vor wild gestikuliert, sowie versucht, die Beamten an den Jacken zu fassen und haben sich so trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert;

 

2.) Sie sind am 05.02.2008 um 15.35 Uhr in Wels, Gstraße, K W, 5. Stock plötzlich auf die Fahrbahn gesprungen und in das K W geflüchtet, wo Sie beim Eintreffen der Beamten sofort wieder anfingen, diese zu beschimpfen und herumzuschreien und haben wieder versucht, auf die Beamten loszugehen, und haben sich so trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.) § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz

2.) § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz


 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von        

 

 

1.)    € 200,00

2.)    € 200,00

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

100 Stunden

100 Stunden

gemäß

 

 

§ 82 Abs. 1 SPG

§ 82 Abs.1 SPG

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung von Vorhaft, Verfallsausspruch)

Gemäß § 19a Abs.1 VStG werden für die Vorhaft von 18 Stunden € 36,00 dem Strafbetrag angerechnet.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetz 1991 zu zahlen:

40,00 Euro  als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher   € 404,00."

 

2. Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Bw nach seiner niederschriftlichen Befragung mündlich verkündet. Die Niederschrift wurde dem Bw zur Durchsicht vorgelegt und von diesem unterfertigt. Ob er nach Verkündung des Straferkenntnisses Angaben gemacht oder solche unterlassen hat, kann mangels entsprechendem Vermerk in der Niederschrift nicht erkannt werden. Die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse wurden nicht erhoben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Begründend hat die Behörde erster Instanz ausgeführt, dass "sich das Straferkenntnis auf die gegenständliche Anzeige, auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sowie das Geständnis" gestützt habe. Die verhängte Strafe entspreche dem Unrechtsgehalt der Tat und sei schuldangemessen. Seine "persönlichen Verhältnisse" seien "berücksichtigt" worden. 

 

2.2. Dagegen brachte der Bw rechtsfreundlich vertreten vor, dass er die Fahrbahn auf einem Zebrastreifen bei Grünlicht überqueren wollte und dabei von einem Polizeifahrzeug beinahe niedergestoßen worden wäre. Dadurch sei er so erschrocken, dass er wild gestikuliert habe. Seinem Dafürhalten nach sei bei keiner Tathandlung eine Abmahnung erfolgt. Als er den einschreitenden Polizeibeamten klar machen wollte, dass er beinahe niedergestoßen worden wäre, hätten ihn diese festgenommen und ihm dabei den Arm umgedreht. Anstelle der Festnahme habe er sich eine Entschuldigung erwartet. Anschließend sei er 18 Stunden festgehalten worden. Nach der Rechtsprechung des VfGH sei auch das Verhalten der einschreitenden Organe nicht völlig unbeachtlich. "Nur eine unverhältnismäßige Reaktion auf dessen Verhalten könne nämlich als ungebührliches Benehmen qualifiziert werden". Anschließend zitiert der Bw weitere einschlägige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, wonach weder ungestümes noch ungehöriges Verhalten vorliege.

Die verhängten Strafen seien zu hoch und würden den Bw unverhältnismäßig stark treffen, da er nur über ein geringes Einkommen verfüge und für seine Lebensgefährtin, die er in Kürze heiraten werde und die gemeinsame Tochter sorgepflichtig sei. Dem angefochtenen Straferkenntnis seien keinerlei Angaben zu seinem Vermögen, Einkommen und den Sorgepflichten zu entnehmen. Da er bereits 18 Stunden festgehalten worden sei beantrage er die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Allenfalls werde die Anwendung des § 21 VStG beantragt. 

 

3. Mit Schreiben vom 11. März 2008 hat die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung Abstand genommen.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Am 5. Februar 2008 fuhr RevInsp T mit dem Meldungsleger in einem Funkstreifenfahrzeug in Wels auf der B137 in Richtung Norden. Bei der Annäherung an die Kreuzung mit der Ebenhochstraße nahmen die beiden Polizeibeamten gegen 15.25 Uhr einen Verkehrsstau wahr. Kurz darauf teilten mehrere  Fahrzeuglenker diesen mit, dass im angeführten Kreuzungsbereich eine Person umher springen würde. Im Näherkommen konnten die beiden Polizeibeamten wahrnehmen, dass eine männliche Person ohne ersichtlichen Grund auf der Fahrbahn verweilte und lautstark schrie.

 

Zu Beginn der Amtshandlung wurde der Bw aufgefordert, die Fahrbahn zu verlassen und angewiesen sich auf den Gehsteig zu begeben. Dort wollten die Beamten die Sachverhaltsaufnahme durchführen. Im Zuge dieser begann der Bw mit den Polizeibeamten zu schreien und orientierungslos umherzulaufen. Dabei gestikulierte der Bw ständig mit den Händen vor den Gesichtern der Polizeibeamten, versuchte auf sie loszugehen und an den Jacken zu packen. Während des Versuchs, den Bw zu beruhigen, sprang dieser auf die Fahrbahn und flüchtete auf der Lammerdingerstraße in Richtung Süden. Die beiden Polizeibeamten nahmen daraufhin die Verfolgung des Bw mit dem Funkstreifenfahrzeug auf. Aufgrund des Fahrzeugverkehrs wurde der Bw kurz aus den Augen verloren. Im Bereich der Eferdinger Straße sagten Passanten aus, dass der Bw in das Eltern-Kind-Zentrum gelaufen sei. Nachdem weitere Einsatzkräfte zur Unterstützung angefordert worden waren, wurde den Beamten vom Portier des Klinikum Wels mitgeteilt, dass eine Person im 5. Stock in ein Patientenzimmer gelaufen sei. Unmittelbar nach der Kontaktaufnahme und der Weiterführung der Amtshandlung begann der Bw zu schreien und die Beamten zu beschimpfen. Dabei machte er Anstalten auf die Beamten loszugehen. Weiters versuchte er einen Beamten an der Dienstjacke zu packen. Durch das aufgebrachte und aggressive Verhalten des Bw waren die Beamten kaum in der Lage, die begonnene Amtshandlung weiterzuführen. Auch nachdem weitere Polizeibeamte eingetroffen waren, beruhigte sich der Bw nicht. Da die Versuche, den Bw zu beruhigen gescheitert waren, mahnte der Meldungsleger den Bw mit den Worten "Stellen sie ihr aggressives Verhalten ein, sonst werden sie diesbezüglich angezeigt" ab. Der Bw wurde daraufhin noch aggressiver und versuchte wiederum auf die Beamten loszugehen. Wegen des fortgesetzten Verhaltens wurde der Bw am 5. Februar 2008 um 15.35 Uhr gemäß § 35 Abs. 3 VStG festgenommen. Die Festnahme des 177 cm großen und 96 kg schweren Bw konnte nur unter Anwendung von Brachialgewalt (Armwinkelsperre) durchgeführt werden. Zum Zwecke des Anlegens der Handfessel musste der um sich schlagende Bw von den anwesenden Polizeibeamten zu Boden gedrückt und fixiert werden. Die Handfessel wurden nach der Anlegung arretiert. Bei der Visitierung in der Polizeiinspektion fanden die Beamten eine E-Card vor und konnten so Rückschlüsse auf die Identität des Bw ziehen. Die Festnahme des Bw wurde dem Journalbeamten um 16.00 Uhr gemeldet und dieser verfügte die Abgabe in den Arrest.

 

Im Anschluss daran führten die Beamten den Bw dem Polizeiarzt vor. Die amtsärztliche Untersuchung durch den polizeilichen Chefarzt ergab die Haft- und Deliktsfähigkeit des Bw. Im Zuge der Untersuchung stellte der Polizeiarzt am rechten Handgelenk "Handschellenspuren" fest. Eine Verletzung durch die Polizeibeamten wurde vom Bw nicht behauptet. Die Abnahme der Handfessel erfolgte um 16.45 Uhr.

 

Bis zur niederschriftlichen Befragung am 6. Februar 2008 um 09.35 Uhr (gleichzeitig Entlassungszeitpunkt) wurde der Bw im PAZ Wels angehalten. Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme verkündete die Leiterin der Amtshandlung das angefochtene Straferkenntnis.

 

Der Bw verfügt über ein geringes Einkommen, hat Sorgepflichten für seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter und weist eine einschlägige Verwaltungsstrafe auf.

 

3.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Vorlageakt. In der Berufungsschrift hat der Bw jenen Teil des Sachverhaltes, der sich auf den Beginn der Amtshandlung  bezieht, gänzlich anders dargestellt. Der Teil, der dem strafbaren Verhalten zugrunde liegt, zur Anzeige und anschließenden Festnahme geführt hat, wurde vom Bw überhaupt nicht angesprochen und in der Berufung auch nicht bestritten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

4.2. Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 SPG besteht in einem aggressiven Verhalten.

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheits-polizeigesetz3, A.5.1. f zu § 82).

 

Unter aggressivem Verhalten ist ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

Weiters kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. So gesehen reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). 

Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen.

 

4.3. Wie unter Punkt 3.1 ausführlich dargelegt, ist das unmittelbare Verhalten,  das zur Anzeige und Festnahme des Bw geführt hat, unbestritten als aggressiv einzustufen.

 

Bereits zu Beginn der Amtshandlung hat der Bw die einschreitenden Beamten angeschrien, dabei wild vor den Gesichtern dieser gestikuliert, zwischendurch versucht, einen Polizeibeamten an der Dienstjacke zu packen und so die Amtshandlung behindert. Grundsätzlich hätte schon dieses Verhalten ausgereicht, um die Strafbarkeit des Bw zu begründen, wenn es nach der Abmahnung weiterhin gesetzt worden wäre. In der Anfangsphase der Amtshandlung (Kreuzungsbereich B 137 – Ebenhochstraße) erfolgte jedoch keine Abmahnung des Bw. Die erste und einzige Abmahnung des Bw ist jedoch erst im Klinikum Wels kurz vor 15.35 Uhr erfolgt, da der Bw weiterhin die geschilderte Verhaltensweise an den Tag gelegt hat. Trotz der ihm klar verständlichen Abmahnung hat sich der Bw fortgesetzt aggressiv verhalten und wiederum versucht, auf die Polizeibeamten loszugehen. Der Bw hat sich, bezogen auf den relevanten Sachverhalt, tatbestandsmäßig verhalten.

 

4.3.1. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Entgegen der Annahmen der belangten Behörde lassen sich weder der Anzeige noch dem "Ermittlungsverfahren" Hinweise auf ein strafbares Verhalten des Bw am 5. Februar 2008 um 15.25 Uhr entnehmen. Zu diesem Zeitpunkt war das Verhalten des Bw schon deshalb nicht sanktionsbewehrt, da unbestritten keine Abmahnung vorgelegen ist.

 

Mangels strafbaren Verhaltens war der Spruchpunkt 1 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

4.3.2. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Wie unter den Punkten 4.2. und 4.3. ausgeführt, hat sich der Bw tatbestandsmäßig verhalten. Abgesehen von der umfassenden Anfechtung des Straferkenntnisses hat der Bw zu Spruchpunkt 2 lediglich vage eine Abmahnung bestritten und allgemein gehalten ausgeführt, dass "nach seinem Dafürhalten eine Abmahnung nicht erfolgt" sei.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, 20.9.2000, 2000/03/0181; siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 2003,   Seite 1217).

 

Mit der wiedergegebenen – nicht einschlägigen - Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und der vagen Bestreitung der unterlassenen Abmahnung konnte der Bw nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.    

 

Der Bw hat somit tatbestandsmäßig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

Da eine umfassende Tatanlastung vorgelegen ist, war dem Oö. Verwaltungssenat die Neuformulierung des Spruchpunktes 2 (§ 44a VStG) nicht verwehrt.  

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milde­rungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestim­mungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Auf Grund einer einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung kann dem Bw nicht der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zugute kommen.

 

Da die belangte Behörde den Bw im Zuge der niederschriftlichen Befragung nicht nach seinen persönlichen Verhältnissen befragt hat, hat sie – entgegen den Bescheidausführungen – auf diese bei der Strafbemessung gar nicht abstellen können.

Ebenso lässt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen, warum annähernd die Höchststrafe verhängt worden ist.  

Die Einkommens- und Familienverhältnisse waren nunmehr erstmalig bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung konnte auf Grund der Aktenlage nicht als gering bewertet werden. In Bedachtnahme auf den Tatunwert und die nunmehr vorliegenden Einkommens- und Familienverhältnisse gelangte der Oö. Verwaltungssenat zur Auffassung, dass mit der neu festgesetzten Geld- bzw. der festgelegten Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden kann. 

 

Im Hinblick darauf, dass die Ersatzfreiheitsstrafe unverhältnismäßig niedrig festgesetzt worden war, hatte eine Reduzierung zu unterbleiben. 

 

Für die Vorhaft von 18 Stunden waren gemäß § 19a VStG 18 Euro anzurechnen.

 

Da das Tatverhalten des Bw keinesfalls hinter dem typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurückbleibt, war die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte der Bw gemäß § 65 VStG zu Spruchpunkt 1 keinen Kostenbeitrag zu leisten. Zu Spruchpunkt 2 hat der Bw gemäß § 64 zum Verfahren der Behörde erster Instanz 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 10 Euro, zu leisten.

 

Nach Vorschreibung der Verfahrenskosten und Anrechnung der Vorhaft beträgt der zu zahlende Gesamtbetrag 92 Euro. 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum