Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162953/3/Zo/Jo

Linz, 31.03.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn F E, geb. , vertreten durch den Sachwalter Rechtsanwalt Dr. J S, A, vom 06.02.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 21.01.2007 (richtig wohl 2008), VerkR96-19315-2006, wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 sowie 45 Abs.1 Z2 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 23.09.2006 um ca. 15.45 Uhr die Zugmaschine mit dem Kennzeichen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der L 521 Wolfsegger Straße bei km 6,330 gelenkt habe und obwohl vermutet werden konnte, dass er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, habe er sich am 23.09.2006 zwischen 16.22 Uhr und 16.30 Uhr auf der Polizeiinspektion O gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, weil er fünf Testversuche so unzureichend durchgeführt habe, dass kein gültiges Messergebnis zustande gekommen sei und er anschließend die Durchführung weiterer Testversuche verweigert habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 360 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 120 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Sachwalter des Berufungswerbers geltend, dass er aus medizinischen Gründen nicht in der Lage sei, einen Alkotest durchzuführen. Dies deswegen, weil er wegen einer Operation im rechten Oberkiefer keinen ausreichenden Atemdruck aus der Lunge und der Mundhöhle aufbauen könne. Die Behörde habe dies vorerst längere Zeit ignoriert, sei aber letztlich doch davon ausgegangen, dass ihm zumindest das Gegenteil nicht nachgewiesen werden könne.

 

Es gäbe keinerlei Feststellung über seine allfällige Alkoholisierung zum damaligen Zeitpunkt. Dazu wäre eine ärztliche Untersuchung samt Blutabnahme erforderlich gewesen und der Polizeibeamte wäre berechtigt und verpflichtet gewesen, ihn zu dieser Untersuchung vorzuführen. Er sei seit 1995 gänzlich entmündigt und dies hätte dem Polizeibeamten bekannt sein müssen. Es könne ihm daher nicht vorgeworfen werden, dass er irgendeine Mitteilung unterlassen habe, um seine Vorführung zu einer ärztlichen Untersuchung zu veranlassen. Die Sachwalterbestellung diene ausschließlich dem Schutz der entmündigten Person und dieser Schutz müsse durch alle Behörden gewährleistet werden.

 

Aus dem Alkomatteststreifen ergibt sich das äußerst geringe Blasvolumen und es hätte der Polizeibeamte auch daraus erkennen müssen, dass er nicht in der Lage sei, den Alkomat entsprechend zu beatmen. Es entspreche zwar der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass er auf die Unmöglichkeit der Ablegung der Alkomatuntersuchung selber hätte hinweisen sollen, dieser Hinweis sei aber deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die Unmöglichkeit auch für Dritte sofort klar erkennbar gewesen sei. Aus der medizinisch feststehenden Oberlippensensibilitätsstörung hätte auch der Polizeibeamte eindeutig erkennen müssen, dass er das Mundstück des Alkomaten nicht umfassen und schließen kann. Er wäre daher unbedingt verpflichtet gewesen, ihn einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie weiters in die ebenfalls Alkoholdelikte betreffenden Vorakte des Berufungswerbers bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aus den Jahren 2002 und 2003. Bereits aus diesem Akteninhalt ergibt sich, dass der Berufung im Ergebnis Berechtigung zukommt und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit die angeführte Zugmaschine. Bei einer Verkehrskontrolle stellte der Polizeibeamte Alkoholisierungssymptome fest, weshalb er den Berufungswerber zu einem Alkotest aufforderte. Der Berufungswerber führte insgesamt fünf Blasversuche durch, bei allen fünf war aber das Blasvolumen zu gering bzw. die Atmung unkorrekt. Dieses Verhalten wertete der Polizeibeamte als Verweigerung des Alkotests, weshalb er eine entsprechende Anzeige erstattete. Der Berufungswerber erwähnte dem Polizeibeamten gegenüber keinerlei körperliche Beeinträchtigung oder sonstige gesundheitliche Probleme, welche ihn daran gehindert hätten, den Alkotest ordnungsgemäß durchzuführen. Der Polizist hatte solche Beeinträchtigungen auch nicht festgestellt.

 

Aus den Vorakten ergibt sich, dass der Berufungswerber bei den Vorfällen vom 27.10.2002 sowie 06.06.2003 die Polizisten jeweils darauf hingewiesen hatte, dass er aus körperlichen Gründen nicht in der Lage sei, den Alkotest durchzuführen. Beim Vorfall vom 06.06.2003 wurde er deshalb vom Polizeibeamten zu einer ärztlichen Untersuchung aufgefordert, welche er verweigerte. Beim bisher letzten Alkoholdelikt am 25.07.2003 wurde beim Berufungswerber eine klinische Untersuchung sowie eine Blutabnahme zur Feststellung des Alkoholisierungsgrades durchgeführt.

 

Für den Berufungswerber ist seit Jahren ein Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

 

Gemäß § 5 Abs.4a StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs.2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

 

Gemäß § 5 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs.2

1)    keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs.1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2)    aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

 

Gemäß § 5 Abs.6 StVO 1960 ist an Personen, die gemäß Abs.4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der Berufungswerber den Alkotest nicht ordnungsgemäß absolviert hat, wobei nach der Stellungnahme der Amtsärztin der Erstinstanz die Möglichkeit bestand, dass er zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich nicht in der Lage war, die Alkomatuntersuchung ordnungsgemäß durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, den Polizeibeamten von Anfang an auf die Unmöglichkeit der Atemluftuntersuchung hinzuweisen. Diese Verpflichtung musste ihm aufgrund der oben angeführten Vorfälle in den Jahren 2002 und 2003 auch bekannt sein. Er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Fraglich ist allerdings, ob dem Berufungswerber an der Verweigerung des Alkotests ein Verschulden trifft. Dabei darf einerseits nicht übersehen werden, dass für ihn ein Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt ist. Seinen Erklärungen bzw. dem Umstand, dass er auf die Unmöglichkeit der Atemluftuntersuchung nicht hingewiesen hat, kann daher nicht die selbe Bedeutung zugemessen werden, wie bei einem psychisch gesunden Menschen. Insbesondere bei den beiden letzten Alkoholdelikten im Jahr 2003 wurde der Berufungswerber vom Polizeibeamten jeweils von sich aus zur ärztlichen Untersuchung aufgefordert bzw. auch eine Blutabnahme veranlasst, ohne dass der Berufungswerber dies verlangt hatte. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Berufungswerber auch im gegenständlichen Fall davon ausgegangen ist, dass er vom Polizisten zu einer ärztlichen Untersuchung aufgefordert wird. Diese Einschätzung wäre auch für einen geistig gesunden Menschen nicht völlig von der Hand zu weisen. Für den Berufungswerber, welcher eben aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung einen Sachwalter für alle Angelegenheiten hat, erscheint es nachvollziehbar, dass er aufgrund seiner Erfahrungen in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, ohnedies einem Arzt zur Untersuchung vorgeführt zu werden. Unter Berücksichtigung all dieser besonderen Umstände des Einzelfalles kann dem Berufungswerber nicht mit ausreichender Sicherheit ein Verschulden daran angelastet werden, dass er den an sich naheliegenden Hinweis auf die Unmöglichkeit der Alkomatuntersuchung unterlassen hat. Dem Berufungswerber trifft daher an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen ist.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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