Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300820/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 20.03.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des M D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 2. August 2007, Zl. Pol-197/07, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 2. August 2007, Zl. Pol-197/07, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil er am 24. April 2007, gegen 10.40 Uhr, im Bereich eines Schotterweges in Steyr, bei 15 fremden Hunden eine Ausbildung vorgenommen habe, ohne die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen zu können. Dadurch habe er eine Übertretung des § 38 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004 (im Folgenden: TSchG), i.V.m. Pkt. 1.6. der Anlage 1 zur 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl.Nr. II 486/2004 (im Folgenden: TierhaltungsV), begangen, weshalb er nach § 38 Abs. 3 TSchG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei und von ihm im Grunde auch nicht bestritten werde.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd, die vorsätzliche Begehungsweise hingegen als erschwerend zu werten gewesen. Die vom Rechtsmittelwerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 9. August 2007 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. August 2007 – und damit rechtzeitig – persönlich bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass er sich schon seit seiner Jugend intensiv mit Hunden befasse. Er habe von 1981 bis 1983 über einen Gewerbeschein verfügt und in dieser Zeit sehr viele Hunde erfolgreich durch Prüfungen geführt und dabei viele Fähigkeiten erlernt und umgesetzt. Auch nachdem er seinen Gewerbeschein auf Grund geringen Einkommens zurückgelegt habe, habe er sich weiterhin nicht nur mit der Hundeschulung, sondern auch mit Hunderennen, Fährten- und Suchspielen, etc. befasst. Sollte er nunmehr für die Beschäftigung mit Hunden einen besonderen Befähigungsnachweis benötigen, so sei er diesbezüglich einem Rechtsirrtum unterlegen, weil ihm seitens der zuständigen Behörde trotz entsprechender Anfragen keine dementsprechende Auskunft erteilt worden sei. Daher könne er insoweit auch nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Er sei jedoch umgehend dazu bereit, eine solche Berechtigung zu erwerben.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. Pol-197/07; da mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 38 Abs. 3 TSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der gegen die §§ 9, 11 bis 32, 36 Abs. 2 oder 39 TSchG oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte verstößt.

Nach § 12 Abs. 1 TSchG ist zur Haltung von Tieren jeder berechtigt, der zur Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verordnungen in der Lage ist, insbesondere auch über die erforderlichen  Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt.

Nach § 24 Abs. 1 Z. 2 TSchG hat der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (im Folgenden: BMinGF) für die Haltung von Wirbeltieren durch Verordnung die Mindestanforderungen für die in § 13 Abs. 2 TSchG genannten Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstige zusätzlicher Haltungsanforderungen zu erlassen.

Gemäß § 13 Abs. 2 TSchG hat derjenige, der ein Tier hält, dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und die Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

Nach Pkt. 1.6. Abs. 1 der Anlage 1 zu der auf Grund § 24 Abs. 1 Z. 2 und § 25 Abs. 3 TSchG erlassenen 2. TierhaltungsV (Hundeausbildung) sind zur Ausbildung von fremden Hunden nur jene Personen berechtigt, die nachweislich über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und die den Anforderungen des § 12 TSchG entsprechen; gemäß Abs. 2 verfügen über die nach Abs. 1 erforderliche Sachkunde jedenfalls Diensthundeführer und Personen, die eine einschlägige Ausbildung und Prüfung durch einen anerkannten kynologischen Verein oder einer vergleichbaren in- oder ausländischen Organisation nachweisen.

3.2. Aus der Gesamtzusammenschau der zuvor zitierten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen ergibt sich, dass § 24 Abs. 1 Z. 2 TSchG den BMinGF nur dazu ermächtigt, die in den §§ 12 bis 23 TSchG gesetzlich geregelten Anforderungen an die Haltung für Tiere näher auszuführen. In den zuletzt genannten Vorschriften findet sich jedoch keine gesetzliche Grundlage für eine Regelung zur Ausbildung fremder Hunde auf Verordnungsebene. Insbesondere ist daher der Verordnungsgeber nicht dazu ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Qualifikation von Personen, die fremde Hunde ausbilden, zu erlassen.

Davon ausgehend ist jedenfalls die Strafbestimmung des § 38 Abs. 3 TSchG dahin eng auszulegen, dass sie eine Sanktionierung einer Person, die einen fremden Hund ohne entsprechende fachliche Qualifikation ausbildet, nicht zu tragen vermag.

Ob sich auf gesetzlicher Ebene eine andere Vorschrift findet, die die zur Ausbildung fremder Hunde erforderliche Qualifikation an einen entsprechenden Nachweis bindet und einen Verstoß dagegen mit einer Verwaltungsstrafe bedroht, ist mit Blick auf das gegenständlich konkret angefochtene Straferkenntnis allerdings vom Oö. Verwaltungssenat – der gemäß Art. 129ff B-VG bloß zur Kontrolle, nicht jedoch auch zur "Führung" der Verwaltung berufen ist und daher auch nicht die Funktion eines "öffentlichen Anklägers" wahrzunehmen hat – nicht zu prüfen:

Wenn nämlich § 44a Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses jene Verwaltungsvorschrift zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt worden ist, so wird dem das hier bekämpfte Straferkenntnis schon deshalb nicht gerecht, weil es dem Beschwerdeführer explizit einen Verstoß gegen Pkt. 1.6. der Anlage 1 zur 2. TierhaltungsV zur Last legt.

Diese Bestimmung stellt nun zwar offenbar eine Regelung darüber, welche Personen jedenfalls zur Hundeausbildung berechtigt sind, dar; auf Grund der – wie bereits zuvor aufgezeigt – gebotenen engen Interpretation ist sie jedoch nicht geeignet, i.V.m. § 38 Abs. 3 TSchG als eine Verbotsnorm zu fungieren, an deren Übertretung sich verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen knüpfen. Dies zudem auch deshalb, weil sie nicht – deskriptiv – inhaltliche Kriterien, die eine zur Ausbildung von Hunden berechtigte Person erfüllen müsste, aufstellt, sondern lediglich an das Vorhandensein bestimmter formeller Nachweise anknüpft. Daher lässt sich auch aus einem Umkehrschluss aus Pkt. 1.6. der Anlage 1 zur 2. TierhaltungsV nicht ableiten, welche Personen nicht zur Hundeausbildung berechtigt – und daher strafbar – sind.

§ 38 Abs. 3 TSchG i.V.m. Pkt. 1.6. der Anlage 1 zur 2. TierhaltungsV ermöglicht daher nur eine Sanktion für den Fall des Zuwiderhandelns gegen ein Gebot zur Haltung, nicht jedoch für den Fall des Verstoßes gegen eine Vorschrift in Bezug auf die Ausbildung von Hunden.  

Im Ergebnis wurde daher dem Beschwerdeführer ein Verhalten angelastet, das in dieser Form von Gesetzes wegen nicht strafbar ist.

3.5. Daher war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben  und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

 

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