Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251514/4/Re/Sta

Linz, 08.04.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des M G, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Dr. F H, Dr. K B, M, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. September 2006, SV96, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrengesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24,45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. September 2006, SV96, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 100 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs.1 iVm 28 Abs.1 Z1 lit.a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ der "P G GmbH", H, G, welche die P A, H, K, betreibt, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass in der P A in K, H, die Ausländerin J L, geb. am , tschechische Staatsangehörige, als Servierkraft von ihm beschäftigt worden sei, ohne dass für die Ausländerin eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung ausgestellt war, die Ausländerin nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines war, und auch eine Anzeigebestätigung  oder eine Zulassung als Schlüsselkraft, eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt, ein Daueraufenthalt EG bzw. ein Niederlassungsnachweis nicht vorgelegen sei.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass für die erkennende Behörde der im Spruch festgestellte Sachverhalt auf Grund der Aktenlage erwiesen sei. Aus der Anzeige des Zollamtes Wels ergebe sich, dass bei einer Kontrolle in der gegenständlichen Pizzeria die im Spruch genannte tschechische Staatsbürgerin arbeitend angetroffen worden sei. Grund für die Kontrolle sei eine eingegangene anonyme Anzeige gewesen. Bei der Kontrolle sei die tschechische StA J L in der Gaststube beim Abräumen eines Bierglases betreten worden. L gab an, als Aushilfe seit 1 Stunde in der Pizzeria tätig zu sein. Die Tatsache, dass Gäste nicht von einer anwesenden anderen Kellnerin bedient worden seien, würde in der Rechtfertigung offen gelassen. Dabei handle es sich jedoch nicht um Zufälle, vielmehr sei davon auszugehen, dass die tschechische StA vom Berufungswerber illegal beschäftigt worden sei. Weder Herr R noch Frau L hätten dies in Abrede gestellt, wenn beide zeugenschaftlich angegeben haben, dass J L lediglich 1,5 Stunden in der P in K beschäftigt gewesen sei. Alle anderen Angaben würden von der Behörde als Schutzbehauptungen gewertet. Milderungsgründe seien keine vorhanden, da eine absolute Unbescholtenheit nicht vorliege. Die Geldstrafe entspreche dem Unrecht- und Schuldgehalt der begangenen strafbaren Handlung. Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien nachgewiesen. Mit einer Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens könne aus spezialpräventiven Gründen das Auslangen gefunden werden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Vertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, Frau J sei nicht von der P G GmbH in deren Gastronomiebetrieb P A in K als Serviererin beschäftigt worden. Sie sei lediglich die jüngere Schwester der A L, einer Dienstnehmerin der P G GmbH. J L sei zu Besuch bei ihrer Schwester gewesen, die im Haus H in K wohnte. Am 5. November 2005 habe A L einen Arzt aufsuchen müssen und ersuchte daher ihre Schwester, J L, sie aus Gefälligkeit für den kurzen Zeitraum des Arztbesuches zu vertreten. Diesem Ersuchen kam J L nach. Dieser Sachverhalt werde von den Zeugen A L und W R vollinhaltlich bestätigt, wonach die Aushilfstätigkeit aus Gefälligkeit erfolgte und lediglich 1,5 Stunden dauerte. Da im Standort K, H, eine P und ein P betrieben werden, somit zwei gastronomische Betriebe, waren auch immer mindestens zwei Kellnerinnen beschäftigt, nämlich zumindest eine für die P und zumindest eine im P. In der anonymen Anzeige werde nicht angegeben, welche Person wann illegal beschäftigt worden sein soll. Die Behörde habe keinerlei Hinweise, dass der Arztbesuch der Frau A L nicht erfolgt sei, es sich somit bei den Umständen um reine Zufälle gehandelt habe. Festgestellt sei die Tätigkeit der J L lediglich im Ausmaß von 1,5 Stunden am 5.11.2005. Anhaltspunke für eine längere Tätigkeit lägen nicht vor und wurde ein solcher auch nicht festgestellt. Eine Tätigkeit von 1,5 Stunden könne kein Beschäftigungsverhältnis und auch keine illegale Beschäftigung begründen. Eine solche setze voraus, dass sich jemand auf eine gewissen Zeit zur Arbeitsleistung für einen anderen verpflichte und zwar im Rahmen einer Arbeitsleistung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Dienstnehmers, eingeordnet in den Organismus des Betriebes. Diese Merkmale seien bei der Tätigkeit von bloß 1,5 Stunden von vornherein nicht erfüllt. Die Tätigkeit erfolgte auch ohne Wissen und ohne Einverständnis des Beschuldigten. Er habe keine Möglichkeit gehabt, von diesem Vorgang Kenntnis zu erlangen, da er sich am 5. November 2005 nicht in K aufhielt. Auch dies habe nicht widerlegt werden können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

 Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

4. Unbestritten steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer ein verwaltungs­strafrechtlich verantwortbares Organ der P G GmbH, G, welche in K,  H, unter anderem auch eine P betreibt. Am Tattag war er in der P nicht anwesend. Vielmehr wurde bei der Kontrolle durch die Zollorgane am 5. November 2005 festgestellt, dass Frau J L anwesend war und Tätigkeiten als Servierkraft verrichtete. In dem im Akt einliegenden, bei der Kontrolle ausgefüllten Personenblatt wird von dieser unter der Rubrik: "Beschäftigt als:" "Aushilfe" angeführt und dies im Ausmaß von 1 Stunde. Als beobachtete Tätigkeit wurde offensichtlich vom Kontrollorgan "Service und Inkasso von Getränken" ausgefüllt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüber­lassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach dem vorliegenden Verfahrensakt ist schlüssig feststellbar, dass die tschechische StA weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem Ausbildungs­verhältnis gestanden ist, noch es sich um eine betriebsentsandte Ausländerin oder überlassene Arbeitskraft im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG handelt. Zu prüfen ist daher lediglich, ob ihre Tätigkeit als in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erfolgt zu qualifizieren ist und deshalb dem Beschäftigungsbegriff des AuslBG unterliegt oder bei ihrer Tätigkeit ein Gefälligkeitsdienst anzunehmen, der nicht unter den Beschäftigungsbegriff des AuslBG zu subsumieren ist.

 

Als Gefälligkeitsdienste, die keine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG darstellen, können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Bei dieser Prüfung ist eine Würdigung  aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. Wesentlich ist für die Annahme eines Gefälligkeitsdienstes die Freiwilligkeit der Arbeitsleistung insofern, als keine Verpflichtung zu ihrer Erbringung bestehen darf (vgl. VwGH 25.2.2004, 2001/09/0197, 27.3.2003, 2000/01/0017).

 

Gefälligkeitsdienste sind dadurch charakterisiert, dass aus den sie betreffenden Erklärungen bzw. Verhaltensweisen überhaupt kein Rechtsfolge- bzw. Gestaltungswille zum Abschluss eines Vertrages, insbesondere eines Dienstvertrages hervorgeht (Bachler, Ausländerbeschäftigung – eine Gratwanderung zwischen Legalität und Illegalität 1995). Nach dem unbestrittenen Akteninhalt steht fest, dass J L die Schwester der A L ist, welche in einem legalen Dienstverhältnis zum Berufungswerber zum Tatzeitpunkt gestanden hat. J L war auf Besuch bei ihrer Schwester A L in Österreich und läst eine derartige geschwisterliche Beziehung jedenfalls den Schluss zu, dass sie für ihre Schwester, welche einen Arztbesuch zu absolvieren hatte, kurzfristig in der P zur Durchführung von Serviertätigkeiten ausgeholfen hat. Ebenso nicht widerlegt werden konnte der Umstand, dass der Bw zur Tatzeit am Tatort nicht anwesend war. Derartiges wurde auch von den Zollorganen nicht behauptet.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist sehr wohl denkbar, dass ein Arbeitnehmer aus eigenem wirtschaftlichen Interesse eigenmächtig für den Zeitraum seiner zB verletzungsbedingten, im gegenständlichen Fall durch Arztbesuch erforderlichen, Abwesenheit für seine Vertretung durch einen Ausländer sorgen wollte, sodass die Behörde nicht vornherein davon ausgehen muss, dass ein bei grundsätzlich verbotener Beschäftigung angetroffener Ausländer zum Arbeitgeber in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden ist (VwGH 26.5.1999, 97/09/0117). Nur wenn ein Arbeitgeber seine legal bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer auffordert, zB wegen erhöhten Arbeitsaufwandes allenfalls Bekannte oder Verwandte aus Aushilfskräfte mitzubringen, bedürfte es zur Begründung eines Dienstverhältnisses im Sinne des AuslBG keines direkten Kontaktes zwischen dem Arbeitgeber und den vermittelten Aushilfskräften (VwGH 24.4.2003, 2002/09/0177). Derartiges liegt jedoch im gegenständlichen Falle nicht vor und wurde auch nicht behauptet.

 

Auf Grund des oben ausgeführten verwandtschaftlichen Naheverhältnisses der beiden Schwestern kann die kurzfristige Arbeitsleistung der J L in der P insofern als freiwillige Tätigkeit auf Grund der Beziehung zur Arbeitnehmerin des Bw gewertet werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Tätigkeit in einem Gewerbebetrieb stattgefunden hat. Durch die Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistung fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit. Die kurzfristige Serviertätigkeit der Frau J L stellt sich somit im gegenständlichen Falle als Gefälligkeitsdienst ohne jeglicher Rechtspflicht dar und sind damit die Merkmale eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht erfüllt. Es ist naheliegend, dass eine ihre Schwester besuchende Person bei dieser auch unentgeltlich wohnen kann. Die Tätigkeit der tschechischen StA in der Gastwirtschaft des Bw  erfüllt somit unter Berücksichtigung aller Tatumstände nicht den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs.2 AuslBG, zumal nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ein persönliches Naheverhältnis, eine Freiwilligkeit der Erbringung der Arbeitsleistung und die Tatsache, dass kein Entgelt geleistet wurde, als schlüssig und nachvollziehbar vorliegend anzusehen ist.

 

Unabhängig davon ist abschließend noch auf den Spruch des Straferkenntnisses im Grunde des § 44 VStG zu verweisen und festzuhalten, dass im Spruch eine Tatzeit in Bezug auf die zur Last gelegte Tat nicht aufscheint.

 

Aus all diesen Gründen ist insgesamt die von der Erstinstanz im gegenständlichen Straferkenntnis angelastete Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG als vom Berufungswerber nicht begangen zu werten, weshalb das gegenständliche Strafverfahren einzustellen und wie im Spruch zu entscheiden war.

 

6. Auf Grund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Beträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Reichenberger

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum