Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720202/2/Gf/Mu/Se

Linz, 11.04.2008

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des R B, dzt. Justizanstalt Linz, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 4. März 2008, Zl. 10/FRB, wegen der Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der am 3. Jänner 1987 in W geborene p Beschwerdeführer hält sich seit 1991 im Bundesgebiet auf und verfügt seit 11. Juli 1995 über eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung.

1.2. Mit Urteil des LG Linz vom 29. Jänner 2008, Zl., wurde der Rechtsmittelwerber wegen eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz und mit Urteil des LG Linz vom 6. Juli 2007, Zl., wegen der Verbrechen des schweren Raubes und des gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Er wurde für schuldig erkannt, dass er am 28. Oktober 2006 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Freund − mit einer Schreckschusspistole bewaffnet und einer Sturmhaube maskiert − eine Tankstellenangestellte überfallen und von ihr Geld gefordert habe; dass er am 28. Dezember 2006 in eine Tankstelle gestürmt sei, dort die Angestellte mit einer Gaspistole von hinten angegriffen und wiederum von ihr Geld gefordert habe; und dass er im Zeitraum zwischen 21. Februar 2007 bis 2. März 2007 vorsätzlich gewerbsmäßig in vier Fällen den Verfügungsberechtigten einer Warenhandels-GmbH bewegliche Sachen weggenommen und sich damit selbst bzw. einen Dritten bereichert habe.

1.3. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 4. März 2008, Zl. FRB, wurde gegen den Rechtsmittelwerber ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine inländische gerichtliche Verurteilung vorliege. Im Rahmen des Parteiengehörs sei er zur Erlassung des beabsichtigten Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit eingeräumt worden, dazu Stellung zu nehmen. Darauf hin habe er aber lediglich angegeben, dass er sich seit seinem zweiten Lebensjahr ununterbrochen in Österreich aufgehalten habe, hier voll integriert sei, weil seine gesamte Familie und Bezugspersonen in Linz aufhältig seien und er zu Polen keinen Bezug habe, und er deshalb nach der Haftentlassung wieder einen engen Kontakt zu seiner in Linz aufhältigen Mutter pflegen möchte.

1.4. Gegen diesen ihm am 7. März 2008 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, über die Gefangenenhausleitung zur Post gegebene –im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1997, Zl. 95/21/0975, offenbar auch rechtzeitig eingebrachte – Berufung vom 18. Oktober 2008.

Darin bringt er vor, dass ihm im Zusammenhang mit seinen Straftaten eine unbefristete Tatbegehungsgefahr unterstellt werde, was jedoch im Hinblick auf die bereits abgeschlossenen Strafverfahren gänzlich unsubstantiiert sei. Hinsichtlich der Dauer seiner Strafhaft hätte man, um eine eventuelle neuerliche Gefährdungssituation zu verhindern, vielmehr mit gelinderen Mittel vorgehen müssen.

Es wird daher beantragt, das unbefristete in ein bloß befristetes Aufenthaltsverbot abzuändern.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. FRB; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Als bestimmte Tatsache in diesem Sinne gilt nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG u.a., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht – oder von einem ausländischen Gericht, wenn die Tat auch nach österreichischen Recht gerichtlich strafbar ist und die Verurteilung in einem Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen ist (vgl. § 60 Abs. 3 iVm § 73 StGB) – zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe bzw. zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist.

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden (§ 63 Abs. 1 FPG).

Nach § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei dieses persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall liegt – auch vom Beschwerdeführer unbestritten – eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG vor (s.o., 1.2.), die die Fremdenpolizeibehörde nach § 63 Abs. 1 FPG dazu ermächtigt, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen.

Angesichts des gerichtlich festgestellten gravierenden Fehlverhaltens bedeutet ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet daher eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität und von Kriminaldelikten gegen die Eigentumssphäre berührt. Zudem ist der seit dem Ende des Fehlverhaltens (2. März 2007) verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz, um die vom Rechtsmittelbewerber ausgehende Gefahr der Begehung gleichartiger Delikte bereits aus weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert ansehen zu können. Außerdem befindet sicher der Beschwerdeführer gegenwärtig noch in Strafhaft, sodass keinerlei Erfahrung über seinen tatsächlichen zwischenmenschlichen Umgang in normaler Gesellschaft und Umgebung besteht und daher eine dementsprechende Prognose derzeit überhaupt unmöglich ist.

Selbst wenn durch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes tatsächlich iSd § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG insofern in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird, als er vorbringt, dass er nach seiner Haftentlassung wieder "enge soziale Bindungen zu seiner in Linz lebenden Mutter pflegen möchte", ist dessen Erlassung aus den genannten spezialpräventiven Gründen, aber auch aus generalpräventiven Gründen, nämlich zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Wege der Hintanhaltung von Kriminalverbrechen, unverzichtbar.

Davon abgesehen bleibt es dem Rechtsmittelwerber ohnehin unbenommen, nach § 65 Abs. 1 FPG einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu stellen, wenn (er der Meinung ist, dass) die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

3.3. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro entstanden.

Dr. Grof

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 14. April 2011, Zl.: 2008/21/0504-9

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