Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162949/10/Zo/Ps

Linz, 17.04.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Ing. M H, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte S, D, S & Partner, vom 13. Februar 2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. Jänner 2008, Zl. VerkR96-114-2008, wegen zwei Übertretungen des GGBG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. April 2008 und sofortiger Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

 

"1) Sie haben als Verantwortlicher der Firma A GmbH in L, P, diese ist Beförderer von Gefahrgut, es unterlassen, im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden. Mit der angeführten Beförderungseinheit wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort vom Lenker Herrn A H, geb. , H, M, Gefahrgut UN 1202 DIESELKRAFTSTOFF 3, III, 1 IBC aus Stahl (31A) mit Gesamtinhalt von ca. 86 Liter befördert, obwohl kein richtig ausgefülltes Beförderungspapier mitgeführt wurde, da lediglich ein Blankobeförderungspapier mitgeführt wurde. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

Tatort: Gemeinde Neumarkt im Mühlkreis, Landesstraße Freiland, Neumarkt im Mühlkreis, B 310 bei km 24,150 in Fahrtrichtung Linz.

Tatzeit: 13.09.2007, 17:40 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 27 Abs. 2 Ziffer 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 13 Abs.1a Ziffer 2 GGBG

 

2) Sie haben als Verantwortlicher der Firma A GmbH in L, P, diese ist Beförderer von Gefahrgut, sich nicht im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG durch eine Sichtprüfung vergewissert, dass das Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw. Mit der angeführten Beförderungseinheit wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort vom Lenker Herrn A H, geb. , H, M, Gefahrgut UN 1202 DIESELKRAFTSTOFF3, III, 1 IBC aus Stahl (31A) mit Gesamtinhalt von ca. 86 Liter befördert, wobei festgestellt wurde, dass keine Feuerlöschmittel gemäß Unterabschnitt 8.1.4.2 ADR mitgeführt wurden. Es sind Beförderungseinheiten, die gefährliche Güter gemäß Unterabschnitt 1.1.3.6 befördern, mit mindestens einem tragbaren Feuerlöschgerät für die Brandklassen1) A, B und C mit einem Mindestfassungsvermögen von 2 kg Pulver (oder einem entsprechenden Fassungsvermögen für ein anderes geeignetes Löschmittel) ausgerüstet sein. Es wurde unterlassen einen Feuerlöscher mit einem Mindestfassungsvermögen von 2 kg mitzuführen. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie II einzustufen.

Tatort: Gemeinde Neumarkt im Mühlkreis, Landesstraße Freiland, Neumarkt im Mühlkreis, B 310 bei km 24,150 in Fahrtrichtung Linz.

Tatzeit: 13.09.2007, 17:40 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 27 Abs. 2 Ziffer 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 13 Abs.1a Ziffer 3 GGBG

 

Fahrzeug:

Kennzeichen, LKW, Mercedes-Benz Sprinter213CDI, weiß".

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 27 Abs.2 lit.a sowie § 27 Abs.2 lit.b GGBG begangen, weshalb über ihn Geldstrafen von 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) sowie von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass bei der A GmbH dem Thema "Gefahrgut" besonderes Augenmerk hinsichtlich Schulung und Kontrolle gewidmet werde. Die Mitarbeiter würden mit hohem Aufwand sowohl intern als auch extern geschult und die entsprechenden Schulungsunterlagen habe der Beschuldigte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt. Der damalige Lenker, Herr H, habe an einer Schulung vom 12. bis 14. Februar 2007 teilgenommen. Herr H ist auch zur Sicherheitsvertrauensperson ausgebildet. Aufgrund dieser Schulung sowie dem firmeninternen Informationssystem habe der Beschuldigte davon ausgehen können, dass Herr H die entsprechenden Kenntnisse hat und dieser die Weisungen einhält. Herr H sei seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen tätig und habe in dieser Zeit keine Verwaltungsstrafen erhalten.

 

Sowohl der Berufungswerber selbst als auch die Sicherheitsfachkräfte überprüfen die Einhaltung der entsprechenden Weisungen stichprobenartig. Es sei aber notwendig, dass die konkreten Arbeiten von den jeweiligen Mitarbeitern durchgeführt werden, wobei alleine am Standort in Linz ca. 650 Personen beschäftigt sind. Es sei daher dem Berufungswerber nicht möglich, sämtliche Kontrollen persönlich durchzuführen, weshalb er ein entsprechendes Kontrollsystem etabliert habe. Im Rahmen dieses Systems wird jeder Mitarbeiter entsprechend geschult und von den Sicherheitsfachkräften Herrn Ing. S und Herrn K S stichprobenartig überprüft. Diese Kontrolltätigkeit wird wiederum vom Berufungswerber persönlich überwacht.

 

Insgesamt sei eine Kontrolle überhaupt nur bei Antritt der Fahrt am Bauhof möglich, die Kontrolle bei den einzelnen Baustellen sei aufgrund der Art der Tätigkeit und der Vielzahl von verschiedensten kurzfristigen Baustellen im Straßenbau faktisch nicht durchführbar.

 

Die Lenker übernehmen ihre Fahrzeuge am Bauhof, wobei die Arbeiter vom Bauhof vor der Abfahrt überprüft werden. Herr H habe am Vorfallstag den mitgeführten Diesel zum Betrieb des von ihm selbst genutzten Asphalteinbaugerätes auf der Baustelle benötigt und habe sich auf dem Rückweg von seinem Einsatz befunden. Der Transport von 86 l Diesel falle nicht unter die Bestimmungen des GGBG, weil keine Beförderung sondern ein Kleinmengentransport im Zuge von Bauarbeiten vorliege, welcher von den Gefahrgutvorschriften ausgenommen sei. Die Höchstmengen des Abschnittes 1.1.3.6 ADR seien nicht überschritten worden und es seien Maßnahmen gegen das Freiwerden des Inhaltes getroffen worden. Dieser Transport falle daher unter die Handwerkerbefreiung, es handle sich nicht um eine Lieferung zur Baustelle, sondern der Lenker H habe den mitgeführten Diesel zum Ausführen seiner Tätigkeit, nämlich der Bedienung eines Asphalteinbaugerätes auf der Baustelle gebraucht.

 

Die Durchführung von Versorgungsfahrten zur regelmäßigen Betankung von Arbeitsgeräten auf verschiedenen Baustellen der A GmbH finde nicht statt und es sei ausdrücklich untersagt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. April 2008. An dieser haben der Berufungswerber sowie sein Rechtsvertreter teilgenommen und es wurden die Zeugen RI R sowie A H zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Herr H lenkte zum Vorfallszeitpunkt einen Pritschenwagen auf der B310 in Fahrtrichtung Linz. Auf diesem befand sich ein IBC, in welchem 86 l Diesel waren. Der Lenker führte lediglich ein nicht ausgefülltes Blankobeförderungs­papier mit und es fehlte auch ein Feuerlöscher. Er kam von einer Baustelle in Freistadt, wobei er dort Baumaschinen bzw. Arbeitsgerät betankt hatte. Der Lenker ist als Baupolier tätig, weshalb der Polizeibeamte bei der Verkehrskontrolle davon ausgegangen ist, dass er als Polier diese Baumaschinen nicht selber bedient. Er hat den Fahrzeuglenker dazu aber auch nicht konkret befragt.

 

Der Zeuge H gab dazu an, dass er während des Tages auf einer Baustelle in Linz gearbeitet habe und dort Asphaltierungsarbeiten mit seinem Arbeitstrupp durchgeführt habe. Er hat bereits am Morgen den IBC bei der Shelltankstelle in Traun getankt und ist dann zur Baustelle in Linz gefahren, wo er unter anderem auch die Asphalteinbaumaschine betankt hat. Mit dieser Maschine wurde dann den ganzen Tag über gearbeitet, wobei der Zeuge auch diese selber bedient hat.

 

Nach Abschluss der Arbeiten bei der Baustelle in Linz ist der Zeuge zu einer weiteren Baustelle in Freistadt gefahren, wobei bei dieser Baustelle während des Tages von einem anderen Arbeitstrupp der Unterbau für die Asphaltierungs­arbeiten fertig gestellt worden war. Die Geräte zum Asphaltieren wurden von einem Subunternehmer zur Baustelle in Freistadt gebracht, dabei handelt es sich vor allem um eine 7,5 t schwere Walze sowie das Asphalteinbaugerät, welches ca. 18 t wiegt.

 

Der Zeuge selber hat nach seinen nicht widerlegbaren Angaben auf der Baustelle in Freistadt unter anderem die schwere Walze betankt und mit dieser den vorbereiteten Unterbau noch weiter befestigt. Dieser Arbeitsvorgang ist deshalb notwendig, weil der vorhergehende Arbeitstrupp nur über eine "leichte" Walze mit 2,5 t verfügt.

 

Zur entscheidungswesentlichen Frage, ob der Zeuge H die von ihm auf der Baustelle in Freistadt betankte Walze auch selber bedient hat, ist in freier Beweiswürdigung festzuhalten, dass seine diesbezüglichen Angaben durchaus realistisch erscheinen. Jedenfalls können sie nicht widerlegt werden, weil der Zeuge dazu vom Polizeibeamten nicht ausdrücklich befragt worden ist. Es ist damit im Zweifel davon auszugehen, dass seine Angaben den Tatsachen entsprechen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Unterabschnitt 1.1.3.1 lit.c ADR gelten die Vorschriften des ADR nicht für Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt werden, wie Lieferungen für oder Rücklieferungen von Baustellen im Hoch- und Tiefbau oder im Zusammenhang mit Messungen, Reparatur- und Wartungsarbeiten in Mengen, die 450 l je Verpackung und die Höchstmengen gemäß Unterabschnitt 1.1.3.6 nicht überschreiten. Beförderungen, die von solchen Unternehmen zu ihrer internen oder externen Versorgung durchgeführt werden, fallen jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung. Es sind Maßnahmen zu treffen, die unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhaltes verhindern. Diese Freistellungen gelten nicht für die Klasse 7.

 

5.2. Diese Ausnahme wird in Fachkreisen als "Handwerkerbefreiung" bezeichnet. Es handelte sich im konkreten Fall um eine Rückfahrt von der Baustelle und die vorgesehenen Mengenbegrenzungen wurden nicht überschritten. Die Handwerkerbefreiung ist daher dann anzuwenden, wenn es sich nicht um eine Beförderung zur internen oder externen Versorgung des Unternehmens handelt.

 

Entsprechend dem ADR Vollzugserlass 2007 dürfe die Regelung hinsichtlich der "internen Versorgung" nicht so ausgelegt werden, dass die Handwerkerbefreiung zur Gänze aufgehoben wird. Der Sinn der Handwerkerbefreiung liegt darin, dass Personen, die mit gefährlichen Gütern arbeiten, diese im Allgemeinen auch sicher befördern werden. Eine Versorgungsfahrt liegt daher immer dann vor, wenn das jeweilige Gefahrgut nicht von jener Person befördert wird, die es auf der Baustelle auch tatsächlich verarbeitet. Solange das Gefahrgut aber von jenen Personen befördert wird, welche auf der Baustelle auch tatsächlich mit dem Gefahrgut arbeiten, kann – dem Sinn der Handwerkerbefreiung entsprechend – auch davon ausgegangen werden, dass diese Personen die gefährlichen Güter im Allgemeinen sicher befördern werden.

 

Im konkreten Fall hat der Lenker H mit dem Diesel auf der Baustelle in Freistadt die 7,5 t schwere Walze betankt und in weiterer Folge mit dieser Walze auch tatsächlich gearbeitet. Etwas anderes kann jedenfalls nicht bewiesen werden. Es handelte sich daher beim Transport des Diesels nicht um eine bloße Versorgungsfahrt, sondern es wurde der beförderte Diesel vom Fahrzeuglenker auf der Baustelle auch selber verarbeitet. Es sind damit die Voraussetzungen für die Handwerkerbefreiung erfüllt, weshalb der gegenständliche Transport nicht unter die Bestimmungen des ADR fällt. Der Berufung kommt damit im Ergebnis Berechtigung zu und es war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Handwerkerbefreiung

 

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