Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400943/5/Ste/Wb

Linz, 24.04.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Be­schwerde des M S, vertreten durch Mag. Dr. W F und Mag. Dr. B G, Rechtsanwälte, L, wegen Anhaltung in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Linz durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

I.                  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshaupt­mann des Bezirks Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs 1 und 83 Abs 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008) iVm. §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 11. März 2008, Sich 40-1540-2006, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 1 FPG iVm. § 80 Abs 4 FPG iVm. § 57 AVG verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz am selben Tag vollzogen.

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, dass der Asylantrag des Bf am 17. März 2006 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. April 2007, Zl.,  rechtskräftig negativ gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und gleichgehend die Ausweisung aus der Bundesrepublik Österreich verfügt worden sei. Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei mit 20. Juli 2007 abgelehnt und dem Bf nachweislich zugestellt worden. Der Bf sei weiters einer Beschäftigung nachgegangen, obwohl er über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügt habe.

Darüber hinaus sei der Bf vom Bezirksgericht Frankenmarkt wegen des Vergehens gemäß § 83 Abs 1 StGB zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.

Am 30. April 2007 habe sich der Bf ungerechtfertigt und ohne Abmeldung aus der Unterkunft entfernt und sei in die Illegalität in Österreich abgetaucht.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2007 sei über den Bf ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 Abs 1 Zif. 1 und 2 und Abs 2 Zif. 8 (Schwarzarbeit) für die Dauer von 10 Jahren für das Bundesgebiet von Österreich erlassen worden. Dieser Bescheid sei mit 23. Jänner 2008 in Rechtskraft erwachsen.

In Österreich habe der Bf keine weiteren Familienmitglieder, ebenso könne er das Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes nicht nachweisen und sei weiters mittellos.

Die Behörde habe daher erwogen, dass der Bf durch das untertauchen in die Illegalität nachdem der Bescheid II. Instanz erlassen worden sei, eindeutig dokumentiert habe, sich der fremdenpolizeilichen Verhaltung zur Ausreise sowie einer strafgerichtlichen Verfolgung vor dem Bezirksgericht entziehen wolle.

Unter Zugrundelegung der Gesamtheit des Sachverhalts könne die bescheiderlassende Behörde daher zu Recht von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand nehmen und einen konkreten und akuten Sicherungsbedarf bejahen.

Darüber hinaus habe der Bf, da er keine arbeitsrechtliche Genehmigung besitze sowie durch das Abtauchen in die Illegalität die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gestört, da er jedenfalls auf nicht legalem Weg seinen Lebensunterhalt finanziert habe.

Die Schubhaftverhängung sei im vorliegenden Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz seiner persönlichen Freiheit stehe ein dieses überwiegendes Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten, sei der Eingriff in das Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich und folgerichtig die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen gewesen.

2.1. In der vorliegenden Beschwerde vom 21. April 2008, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 22. April 2008 (Telefax eingebracht am 21. April 2008 nach Ende der Amtsstunden), stellt der Bf die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat möge

1.     die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der belangten Behörde vom 11. März 2008, GZ.: Sich40-2006 sowie der Anhaltung in Schubhaft im PAZ Linz, seit 11. März 2008 auf Grund des oben angeführten Schubhaftbescheides der belangten Behörde vom 11. März 2008 feststellen;

2.     den Bund gemäß § 79a AVG iVm. § 83 Abs 2 FPG zum Kostenersatz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution im verzeichneten Ausmaß zu Handen der ausgewiesenen Vertreter verpflichten.

Begründend führt der Bf insbesondere aus, dass er nicht bestreite, dass sein Asylverfahren auch im außerordentlichen Rechtswege mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juli 2007 negativ beendet worden sei und er ab diesem Zeitpunkt sich bis zu seiner neuerlichen Asylantragstellung im April 2008 illegal in Österreich aufgehalten habe. Auch bestreite er nicht, dass er Furcht hege, im Fall seiner Abschiebung nach Serbien einer unmenschlichen bzw. menschenunwürdigen Behandlung im Sinne des Art 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde könne jedoch aus seinem bisherigen Verhalten keineswegs automatisch abgeleitet werden, er würde – im Fall dass nicht die Schubhaft über ihn verhängt werde – in Österreich untertauchen. Auch seien die Ausführungen der belangten Behörde dahingehend, dass er in Österreich in die Illegalität abgetaucht sei, nicht richtig.

Hätte die belangte Behörde Einsicht in das Melderegister genommen, so hätte sie festgestellt, dass er zuerst in der N und ab 1. Februar 2008 in A ordnungsgemäß gemeldet gewesen sei bzw. es hätte sich auch ergeben, dass er sich an der jeweiligen Meldeadresse aufgehalten habe. Hätte er daher beabsichtigt, in Österreich in die Illegalität abzutauchen, so hätte er nicht offiziell seinen Hauptwohnsitz bei Meldeamt angemeldet. Aufgrund dieser Meldung wäre sein Aufenthaltsort auch für die Fremdenpolizei ohne größere Umstände ermittelbar gewesen.

Nach ständiger Rechtsprechung sei jedoch die Ausreiseunwilligkeit eines Fremden alleine kein Grund für eine Anhaltung in Schubhaft. Da der Bf seinen Wohnsitz ordnungsgemäß beim Meldeamt angemeldet habe, bestand für die belangte Behörde entgegen ihrer Ausführungen, keinerlei Grund zu Annahme, er würde sich der Abschiebung nach Serbien durch Untertauchen entziehen. Es habe daher kein Grund für die Verhängung der Schubhaft bestanden. Auch sei er entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht mittellos, sondern werde regelmäßig von seinem Schwager und seiner Schwester, welche beide in Deutschland leben, finanziell unterstützt.

Wenn die belangte Behörde schon annehme, dass Maßnahmen zur Sicherung  seiner Abschiebung nach Serbien notwendig seien, obwohl es seinem bisherigen Verhalten nicht zu entnehmen sei, dass er sich einer Abschiebung entziehen würde – dann hätte diese gelindere Mittel anordnen müssen. Als solches wäre neben der Gebietsbeschränkung insbesondere die Anordnung, sich in periodischen Abständen bei dem ihm bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden, in Betracht gekommen. Die Verhängung der Schubhaft sei im konkreten Fall unverhältnismäßig und daher rechtswidrig.

2.2. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den dort geführten Verwaltungsakt am 22. April 2008 übermittelt, eine Stellungnahme erstattet und eine kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

In dieser verweist sie im Wesentlichen darauf, dass das Asylverfahren des Bf am 16. April 2007 in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Mit 30. April 2007 sei der Bf polizeilich von Amts wegen an seiner Wohnadresse in N abgemeldet worden, nachdem er an seiner Meldeadresse nicht auffindbar gewesen sei und dem Zustellersuchen des Unabhängigen Bundesasylsenates nicht entsprochen werden konnte.

Mit 10. Mai 2007 sei der Bf gemäß § 74 Abs 2 Zif. 1 FPG 2005 zur Festnahme ausgeschrieben worden, nachdem er sich am 30. April 2007 ungerechtfertigt und ohne Abmeldung aus seiner Unterkunft nach unbekannt entfernt hatte und in die Illegalität in Österreich abgetaucht sei.

Darüber hinaus sei der Bf zur Aufenthaltsermittlung für Gericht wegen § 83 Abs 1 StGB ausgeschrieben worden.

Mit 3. März 2008 sei der Bf gemäß § 74 Abs 2 Zif. 1 FPG 2005 wiederum zur Festnahme ausgeschrieben worden, nachdem der belangten Behörde bekannt geworden sei, dass der Bf sich im Bezirk aufhalten würde. Eine Abfrage des zentralen Melderegisters am 3. März 2008 habe ergeben, dass der Bf in Attersee seit 1. Februar 2008 Unterkunft bezogen habe. Eine noch am 3. März 2008 erfolgte polizeiliche Nachschau an dieser Adresse habe ergeben, dass er sich unter der gemeldeten Anschrift A nicht aufgehalten habe. Nach Angaben des Unterkunftsgebers habe der Bf einmal genächtigt, er habe jedoch diesen seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Bei der angeführten Adresse handle es sich nach Angaben der Polizeiinspektion St. Georgen/Attergau zudem um ein Kellerabteil. Mit 4. März 2008 sei die Abmeldung von dieser Meldeadresse von Amtswegen erfolgt.

Nach erfolgter Festnahme des Bf am 11. März 2008, zum Zwecke der Vollstreckung der Ausweisung, sei die Schubhaft angeordnet worden.

Abschließend wird noch mitgeteilt, dass der Asylfolgeantrag vom 15. März 2008 mittels Bescheid vom 18. April 2008 gemäß § 68 AVG iVm. § 10 AsylG abgewiesen worden sei.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, der zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen ist (§ 83 Abs 2 FPG) hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt und unstrittig ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 Z 1 FPG abgesehen werden.

2.4. Da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde ergibt, verweist das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates auf die diesbezüglichen Ausführungen unter den Punkten 1, 2.1 und 2.2. Diese werden dem Grunde nach auch vom Bf nicht bestritten.

Widersprüche ergeben sich nur hinsichtlich der Angaben über die Abwesenheit des Bf im Zeitraum 30. April 2007 bis 1. Februar 2008 bzw. 1. Februar 2008 bis zum Zeitpunkt der Festnahme am 11. März 2008.

Aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 24. April 2007 und 8. Mai 2007 ergibt sich, dass der Bf an seiner Meldeadresse in N, im Zuge einer Nachschau der Polizeiinspektionen N und U, nicht aufgefunden werden konnte. Der Bf wurde daher von Amtswegen mit 30. April 2007 polizeilich abgemeldet.

Wie sich aus dem Zentralen Melderegister ergibt, hat der Bf am 1. Februar 2008 einen Wohnsitz in A, angemeldet. Eine am 3. März 2008 erfolgte polizeiliche Nachschau an der Adresse A ergab, dass der Bf sich dort jedoch nicht aufgehalten habe. Der Unterkunftsgeber gab dabei an, dass der Bf einmal genächtigt habe, der Unterkunftsgeber den Bf aber seit zwei Wochen nicht mehr gesehen habe. Der belangten Behörde wurde seitens eines Polizeibeamten der Polizeiinspektion St. Georgen/Attergau weiters mitgeteilt, dass es sich bei der angeführten Adresse um ein Kellerabteil handelt. Am selben Tag wurde von der belangten Behörde ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs 2 Z 1 FPG 2005 erlassen.

Aus dem Bericht der Polizeiinspektion St. Georgen/Attergau ergibt sich, dass der Bf am 11. März 2008, um 10:45 Uhr, auf der Astraße Richtung Autobahn gehend angetroffen und aufgrund des Festnahmeauftrages der belangten Behörde vorläufig festgenommen und nach Visitierung in die EASt West überstellt wurde.

Der Bf zieht sich in seiner Beschwerde lediglich darauf zurück, dass er nicht in die Illegalität untergetaucht ist und er an der jeweiligen Meldeadresse aufhältig war. Demgegenüber sind aber die Angaben der Polizisten der Polizeiinspektionen N, U und G klar und schlüssig. Es gibt keinen Hinweis oder Anhaltspunkte an den Schilderungen der Polizeiorgane zu zweifeln. Ebenso ist die Aussage des Unterkunftsgebers in A absolut glaubwürdig; im Übrigen kann vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats auch keine Veranlassung gesehen werden, dass der Unterkunftsgeber eine ihm wohl nicht näher bekannte Personen wahrheitswidrig belasten würden.

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats folgt daher im Ergebnis den Ausführungen der belangten Behörde.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs 4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Der Bf ist Fremder, wurde in Oberösterreich festgenommen und wird seit 11. März 2008 und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung war der Bf Fremder und infolge des rechtskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens nicht mehr als Asylwerber anzusehen.

3.3. Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

3.4. Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde auf § 76 Abs 1 FPG berufen und die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung für erforderlich erachtet. Die Notwendigkeit der Anhaltung des Bf in Schubhaft wurde ua. damit begründet, dass dieser – nachdem ein negativer Bescheid in II. Instanz erlassen wurde – in die Illegalität untergetaucht ist.

Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur ist im Rahmen vor der Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 1 FPG auch auf § 77 Abs. 1 FPG Bedacht zu nehmen und es darf Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf nach einer entsprechenden Einzelfallprüfung – hinsichtlich Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – angeordnet werden (vgl. zB. VfSlg. 17.288/2004, mwN).

Die Verhängung der Schubhaft erweist sich nämlich dann als rechtswidrig, wenn diese Maßnahme aus Gründen des Einzelfalls in Abwägung mit insbesondere verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten unverhältnismäßig ist oder an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel iSd. § 77 Abs. 1 FPG hätten angewendet werden können. Insoweit ist das in dieser Bestimmung von ihrem Wortlaut her vorgesehene Ermessen für die Behörde eingeschränkt und muss jeweils einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Ein Hinweis auf bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte genügt dabei nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen (vgl. bereits VfSlg. 14.981/1997).

Im konkreten Fall ergibt sich aus dem Sachverhalt unbestritten, dass sich der Bf im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem negativen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates im April 2007 von seiner Unterkunft in N, entfernt hat und untergetaucht ist. Erst nach etwa neun Monaten hat er sich nach den meldegesetzlichen Bestimmungen wieder angemeldet, wobei der gemeldete Wohnsitz sich als Kellerabteil darstellt.

Der Bf ist im gesamten Zeitraum von 30. April 2007 bis zu seiner Verhaftung am 11. März 2008 (über 11 Monate) nie bei der Behörde vorstellig geworden, obwohl er seit 18. Juli 2007 (Datum der Ablehnung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschwerde gegen den negativen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. April 2007) aus der Grundversorgung ausgeschieden ist und damit seine Versorgung nicht mehr sichergestellt war.

Im Dezember 2006 ging der Bf zumindest an zwei Tagen ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung einer Beschäftigung nach (vgl. dazu das – rechtskräftige – Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 20. April 2007, SV96-11-2007). Wenn die belangte Behörde auf dieser Basis davon ausgeht, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Bf seinen Lebensunterhalt nicht auf legalem Weg finanziert hat, und nicht auszuschließen ist, dass der Bf erneut untertaucht und sich seinen Lebensunterhalt auf illegalem Weg finanziert, kann ihr nicht entgegen getreten werden. Die in der Beschwerde mit dem Hinweis auf regelmäßig Unterstützung durch Schwager und Schwester bestrittene Mittellosigkeit des Bf ist nicht durch konkrete Beweise belegt.

3.5. Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gemäß Abs 3 leg. cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

Zusammenfassend war im Ergebnis die Verhängung der Schubhaft auf Grund des bisherige Verhaltens des Bf verhältnismäßig. Der Bf ist unbestritten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem negativen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates im April 2007 in die Illegalität abgetaucht.

Unter Berücksichtigung der Rechtsansicht der Verwaltungsgerichtshofes liegen im vorliegenden Fall konkrete und stichhaltige Gründe welche die Prognose, dass sich der Bf (nochmals) dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde vor. Die Prognoseentscheidung seitens der Behörde bezüglich eines drohenden Abtauchens des Bf in die Illegalität, ist aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf als schlüssig begründet anzusehen.

Wie oben dargestellt, besteht im Fall des Bf eindeutig ein konkreter Sicherungsbedarf, weshalb auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenat die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Frage kam.

3.6. Grundsätzlich hatte die belangte Behörde somit - bei Vorliegen sämtlicher formeller Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme - die Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG stützen können.

Stellt ein Fremder gemäß § 76 Abs. 6 während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

Da der Bf am 15. März 2008 einen Folgeantrag gestellt hat, war ab diesem Zeitpunkt die Schubhaft, da die Voraussetzungen vorliegen, auf § 76 Abs 2 FPG zu stützen.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0239, ausgeführt, dass sämtliche Schubhafttatbestände final determiniert sind und diese nur aus den in § 76 Abs. 1 und 2 FPG genannten Gründen verhängt werden darf (vgl. auch VwGH vom 20. Dezember 2007, 2006/21/359 und vom 24.Oktober 2007, 2006/21/0067).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FPG unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. In der Folge kommt der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FPG gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein darf (siehe auch Erkenntnisse des VwGH vom 30. August 2007, 2007/21/0043, mwN und vom 20. Dezember 2007, 2007/21/0261). Daraus folgt, dass eine alternative Heranziehung gelinderer Mittel nur dann nicht zum Tragen kommt, wenn das Sicherungsbedürfnis anders nicht erreichbar ist (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2007, 2007/21/0370).

Wie unter Punkt 3.4 dargestellt zeigt das bisherige Verhalten des Bf nicht nur seine Ausreiseunwilligkeit (dies begründet sich ua. in der neuerlichen – mit dem Zweck der Aufenthaltsverlängerung – Asylantragstellung) sondern insbesondere auch das Bestehen eines besonderen, erhöhten Sicherungsbedarfes (vgl ua. VwGH vom 30. August 2007, 2006/21/0107).

Neben des Fehlens einer sozialen Integration, einer Krankenversicherung, mangelnder ausreichender finanzieller Mittel liegt im Fall des Bf eben insbesondere auch ein besonderer erhöhter Sicherungsbedarf vor. Die In-Haft-Nahme und die Anhaltung des Bf sind somit keineswegs als bloß präventive Vorbereitungshandlung für die Abschiebung anzusehen, sondern Ergebnis des Verhaltens des Bf zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen.

3.7. Die Verhängung der Schubhaft wie auch die folgende Anhaltung sind somit im Ergebnis verhältnismäßig, da bei der gegebenen Sachlage, insbesondere dem oben näher geschilderten bisherigen und auf dieser Basis zu prognostizierenden Verhalten des Bf festgestellt und erwartet werden kann, dass in diesem Fall ein überwiegendes Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit gegenüber steht.

Es bestehen aufgrund der gegebenen Sachlage konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich der Bf – wenn ihm dies möglich wäre – unverzüglich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen in die Illegalität entziehen würde. Damit liegen auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor.

Eine weitere Anhaltung bis zu dem im Gesetz normierten höchstzulässigen Zeitpunkt ist somit zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm. § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro, Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

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