Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420536/30/BP/Se

Linz, 23.04.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Beschwerde des C N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W D, Dr. H M, Mag. A D, Dr. E R in L, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch dem Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck zurechenbare, der Polizeiinspektion St. Georgen/i.A. zugehörige Organe am 4. Dezember 2007 im Zusammenhang mit der Abnahme der Kennzeichen seines PKWs, mit der Durchsuchung der Liegenschaft S zu Lasten des Beschwerdeführers, mit der erkennungsdienstlichen Behandlung (insbesondere der Abnahme und Anfertigung von Fingerabdrucken), mit der Abnahme des Mobiltelefons und mit der Einholung einer Strafregisterauskunft – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. April 2008 – zu Recht erkannt:

 

 

 

 

I.                  Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Abnahme des hinteren Kfz-Kennzeichens vom PKW des Beschwerdeführers durch ein Organ der PI St. Georgen i.A. am 4. Dezember 2007 in der Zeit von ca. 10.15 Uhr bis ca. 11.10 Uhr für rechtswidrig erklärt wird.

 

II.              Die Beschwerden gegen

a)                        die behauptete Abnahme des Mobiltelefons des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2007,

b)               die erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers insbesondere durch Abnahme der Fingerabdrücke am 6. Dezember 2007 sowie

c)                die behauptete Einholung einer Strafregisterauskunft während der Vernehmung  am 4. Dezember 2007 zwischen 11.30 und 11.50 Uhr werden als unbegründet abgewiesen.

 

III.          Die Beschwerde wird hinsichtlich der Durchsuchung der Liegenschaft S durch Organe der PI St. Georgen am 4. Dezember 2007 in der Zeit von ca. 12:30 bis ca. 12:45 als unzulässig zurückgewiesen.

 

IV.            Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 660,80 Euro Schriftsatzaufwand, 826 Euro Verhandlungsaufwand, und 13.20 Euro Eingabegebühr, insgesamt also 1.500,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

V.                Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 220,30 Euro Schriftsatzaufwand je Spruchpunkt II a) - c) sowie III (vierfach), 275,30 Euro Verhandlungsaufwand sowie 51,50 Euro Vorlageaufwand je Spruchpunkte II a) – c) sowie III (vierfach), insgesamt also 1362,50 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 79a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2008 erhob der Beschwerdeführer (in der Folge Bf) durch rechtsfreundliche Vertretung Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Beamte der Polizeiinspektion St. Georgen i. A. im Rahmen von Vorfällen in Attersee und St. Georgen i. A. am 4. Dezember 2007.

 

Zum Sachverhalt führt der Bf im Wesentlichen aus, dass er am 4. Dezember 2007 um ca. 9 Uhr mit seinem PKW, einem BMW mit dem amtlichen Kennzeichen  in Attersee zur Filiale der H-Volksbank Vöcklabruck gefahren sei und sich anschließend in die Bank begeben habe. Um für die Bankgeschäfte erforderliche, fehlende  Unterlagen zu besorgen habe er sich mit dem Auto nach A, A) auf das Anwesen der Mutter seiner Freundin begeben, sei in der Folge zur Bank zurückgefahren, habe dort das Auto abgestellt und sich dann bis ca. 10 Uhr 45 in der Bäckerei Baier aufgehalten.

 

Um 10 Uhr 45 habe der Bf während der Durchführung der Bankgeschäfte von der dortigen Bediensteten erfahren, dass er von 3 Polizeibeamten gesucht worden sei, weil er bei einem Auto angefahren sei. Der Bf habe festgestellt, dass von Organen der PI St. Georgen i. A. die Kennzeichen seines PKW´s abmontiert und auf den Posten St. Georgen mitgenommen worden seien. Der Bf habe sich mit dem Auto dorthin begeben, wo er von einer Polizeibeamtin – glaublich Frau K – dahingehend befragt worden sei, ob er um 9 Uhr dieses Tages Radkappen vom PKW des Herrn H abmontiert habe. Dazu führt der Bf aus, das Herr H gerade zur Bank gefahren sei, als der Bf diese um 9 Uhr verlassen habe, was durch Videoaufzeichnungen der Bank belegt werden könne.

 

Die Beamtin habe den Bf jedoch massivst bedrängt den Diebstahl zuzugeben, als sie von einem Kollegen zusätzlich auf einen 7 Jahre zurückliegenden – offensichtlich dem Strafregister entnommenen-vermögensdeliktsrelevanten Vorfall aufmerksam gemacht worden sei. Nach einer ergebnislosen Durchsuchung des PKW´s hätten die Polizeibeamten in der Folge auch eine dem Anwesen A zugehörige Holzhütte durchsucht. Gegenüber der befragten Zeugin, der Bankbediensteten Frau R, die bestätigt habe, dass der Bf nach Verlassen der Bank um 9 Uhr ins Auto gestiegen sei ohne irgendwelche Manipulationen an einem anderen Fahrzeug vorgenommen zu haben, habe die Polizeibeamtin K Äußerungen hinsichtlich des im oben erwähnten strafregisterrelevanten Vorfalls gemacht.

 

Während einer Einvernahme am Posten St. Georgen sei der Bf genötigt worden sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen, die im Flüchtlingslager Thalham durchgeführt worden sei.

 

Über Befragen des Bf sei ihm mitgeteilt worden, dass entsprechender Zwang ausgeübt werde, wenn er sich nicht der erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen wolle. Die Anordnung sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen und sich dazu nach Thalham zu begeben, sei einem Entzug der persönlichen Freiheit für diesen Zeitraum gleichzuhalten. Vor dieser Anordnung habe der angeblich Geschädigte den Polizeibeamten bereits mitgeteilt, dass es sich bei der Beschuldigung gegenüber dem Bf um einen Irrtum gehandelt habe, ganz abgesehen davon, dass hier jegliche Grundsätze der Unverhältnismäßigkeit von Zwangsmaßnahmen seitens der Polizeibeamten missachtet worden seien.

Dem Bf sei von den Polizeibeamten mitgeteilt worden, dass ihn 5 Zeugen bei der Abnahme von 4 Radkappen vom Pkw des Herrn H um 9 Uhr beobachtet hätten. Auf die Überlegung, dass der Bf völlig saubere Hände gehabt habe, da ansonsten ja eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht hätte durchgeführt werden können und er so Radkappen von den Rädern gar nicht habe abnehmen können, sei hier nicht Bedacht genommen worden.

 

Überdies sei dem Bf von den Polizeibeamten sein Mobiltelefon abgenommen worden.

 

Ohne richterlichen Befehl

-         zur Abnahme der Kennzeichen,

-         zur Durchsuchung der Liegenschaft S zu Lasten des Bf,

-         zur erkennungsdienstlichen Behandlung (insbesondere Abnahme und Anfertigung von Fingerabdrücken),

-         zur Abnahme des Mobiltelefons,

-         zur Einholung einer Strafregisterauskunft, sowie

-         zum Vorhalt, dass der Bf kein unbeschriebenes Blatt sei,

sei gegenüber dem Bf rechtswidrigerweise Befehls- und Zwangsgewalt seitens der Polizeibeamten ausgeübt worden.

 

Der Bf führt weiters aus, dass die Abnahme der Kennzeichen ohne Rechtsgrundlage im KFG und ohne Grund erfolgt sei. Die Abnahme des Mobiltelefons stelle einen Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf dar, da es keine gesetzliche Grundlage für diese Maßnahme gegeben habe.

 

Weiters sei davon auszugehen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung des Bf entgegen den Bestimmungen des § 65 SPG erfolgt sei; betrachte man den Anlassfall, sei weder eine kriminelle Verbindung erkennbar, noch seien sonst Umstände gegeben, die in der Person des Bf gelegen seien bzw. nach Art der begangenen Handlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Bf eine erkennungsdienstliche Behandlung zu rechtfertigen. Dazu komme, dass ja bereits vor der Anordnung der Polizeibeamten der angeblich geschädigte die Beschuldigung des Bf als Missverständnis bekannt gegeben habe.

 

Durch den Vorhalt der Polizeibeamtin K, dass der Bf kein unbeschriebenes Blatt sei, sei dieser in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt worden. Gänzlich unvertretbar sei die Vorgangsweise dieser Beamtin, die Tatsache einer vorangegangenen Jugendstraftat einer außenstehenden Person zur Kenntnis zu bringen. Das Verhalten der Polizeibeamten verstoße zudem gegen Art.1 Abs.4 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. 684/1988.

 

Abschließend stellt der Bf die Anträge:

 

-         Der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich wolle nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die vorbezeichneten Verwaltungsakte, nämlich zur Abnahme der Kennzeichen, zur Durchsuchung der Liegenschaft S zu Lasten des Bf, zur erkennungsdienstlichen Behandlung (insbesondere Abnahme und Anfertigung von Fingerabdrucken), zur Abnahme des Mobiltelefons, zur Einholung einer Strafregisterauskunft, und zum Vorhalt, dass der Bf kein unbeschriebenes Blatt sei, für rechtswidrig erklären.

 

-         Folgende Zeugen zum Beweise des Vorbringens einvernehmen:

 

Die einschreitenden Polizeibeamten des Postens St. Georgen im Attergau, deren Namen dem Bf nur hinsichtlich der weiblichen Polizeibeamtin bekannt ist, welche Frau K heißt.

 

M S, A, A

Herrn H, Inhaber der Firma H, P

H R, S, A

 

-         Einholung der Videoaufzeichnungen der H-Volksbank Vöcklabruck, Zweigstelle Attersee, zum zeitlichen Ablauf des Verlassens des Herrn C N und Ankommens bzw. Eintrittes des Herrn H in das Bankgebäude der H-Volksbank Vöcklabruck, Zweigstelle Attersee.

 

-         Einvernahme des Bf.

 

-         Weiters wolle die erkennungsdienstliche Behandlung des Bf für rechtswidrig erklärt werden und angeordnet werden, dass die diesbezüglichen Vorgänge zu vernichten sind.

 

Die belangte Behörde wolle zum Ersatz der Kosten zu Handen der Rechtsvertretung des Bf verpflichtet werden.

 

An Kosten werden verzeichnet:

Schriftsatzaufwand                            €   660,80

Eingabegebühr                                  €     13,00

Summe                                            €   673,80

 

1.2. Mit Beschluss des Oö. Verwaltungssenates vom 16. Jänner 2008, VwSen-440094, wurde die Beschwerde hinsichtlich des Vorhalts, dass der Bf kein unbeschriebenes Blatt sei, zuständigkeitshalber an das Landespolizeikommando Oberösterreich weitergeleitet, um eine eventuelle Verletzung der aufgrund § 31 SPG ergangenen Richtlinie zu überprüfen.

 

1.3. Mit Schreiben vom 16. Jänner 2008 wurde der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck als belangte Behörde eingeladen zu den Vorwürfen bis 11. Februar 2008 Stellung zu nehmen und ersucht, den bezughabenden Verwaltungsakt zu übermitteln. Auf Grund einer telefonischen Anfrage seitens der belangten Behörde wurde diese Frist – wegen eines Krankheitsfalls des dortigen Bearbeiters um 3 Wochen erstreckt.

 

1.4. Mit Schreiben vom 4. März 2008 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt und erstattete eine umfassende Gegenschrift.

 

Darin führt sie zunächst aus, dass gegen den Bf wegen des Verdachts des Diebstahls von der PI St. Georgen i. A. am 13. Dezember 2007 Strafanzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Frankenmarkt erstattet worden sei. Hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs der bekämpften Amtshandlungen verweist die belangte Behörde auf die Stellungnahmen der beteiligten Polizeibeamten vom 23. Jänner 2008 und führt deren ladungsfähige Adressen an.

 

Zu den einzelnen Beschwerdepunkten gibt die belangte Behörde an, dass der Bf nach Zeugenaussagen die in Rede stehenden Radkappen vom BMW des Herrn H abgenommen, diese auf seinen BMW montiert habe und in der Folge weggefahren sei.

 

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde seien nur zwei Polizeibeamte (Insp. K und Rev. Insp. N) bei der Amtshandlung anwesend gewesen. Es sei auch nicht richtig, dass diese gegenüber der Bankangestellten geäußert hätten, dass jemand bei einem Auto angefahren sei und sie deshalb eine Nachricht am Auto des Bf hinterlassen hätten, sondern die Polizeibeamten hätten nur gefragt, wem der rote 3er-BMW gehöre und, dass eine Nachricht hinterlassen worden sei.

 

Seitens des Polizeibeamten Rev. Insp. N sei das lediglich hinten am BMW vorhandene Kennzeichen deshalb abgenommen worden, weil das Auto einen gesamt desolaten Zustand gezeigt habe (die Reifen seien stark abgefahren gewesen, in der Windschutzscheibe hätte sich ein Riss befunden, es sei nur ein Kennzeichen vorhanden gewesen) um mit dem PKW-Inhaber hinsichtlich des Verkehrszustands seines Autos zu reden, weshalb auch eine Verständigungsnachricht hinterlassen worden sei. Die Abnahme des Kennzeichens sei gemäß § 57 Abs. 8 KFG erfolgt.

 

In der Beschwerde werde angeführt und angeblich durch eine Videoaufzeichnung auch belegt, dass Herr H gerade zur Bank fuhr, als der Bf die Bank verlassen habe. Laut Zeugenaussage des Herrn H sei dieser jedoch in den Schalterraum der Bank gegangen, als der Bf diese verlassen habe.

 

Nachdem der Bf durch die Zeugen konkret als Täter bezeichnet worden sei, sei dieser dazu befragt worden, wobei eine intensive Befragung in solchen Fällen erforderlich sei. Es sei jedoch nicht richtig, dass seitens der Beamtin Insp. K der Bf mit einem Strafregisterauszug konfrontiert worden sei und es sei auch nicht richtig, dass ihm ein solcher auf andere Weise vorgehalten worden sei. Der Beamtin sei auch nicht erinnerlich, dass ein anderer Polizeibeamter diesen Vorhalt gemacht habe. Richtig sei jedoch, dass ein der Zeugin nicht erinnerlicher Beamter möglich festgestellt habe, dass ihm der Bf durch eine andere frühere Amtshandlung bekannt sei.

 

Weiters wird in der Gegenschrift festgestellt, dass sowohl Frau S als auch der Bf selbst freiwillig eine Nachschau in der kleinen Hütte und deren unmittelbaren Umgebung auf dem Anwesen S zuließen. Es habe sich somit um keine Durchsuchung der Liegenschaft im Sinne einer Durchsuchungsanordnung gehandelt.

 

Seitens Frau Insp. K sei über Befragen unmissverständlich festgestellt worden, dass sie gegenüber Frau R keinesfalls den oben erwähnten Hinweis auf "ein Register" gemacht habe.

 

Der Bf sei weiters keinesfalls genötigt worden, sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen. Er sei sowohl mündlich als auch schriftlich darüber verständigt worden, dass eine entsprechende Anordnung durch die zuständige Sicherheitsbehörde im Sinne des SPG erfolgen würde, wenn er sich nicht freiwillig erkennungsdienstlich behandeln lasse. Die Gründe dafür seien ihm zur Kenntnis gebracht worden.

 

Zur Feststellung in der Beschwerde, dass Herr H den Beamten mitgeteilt habe, dass es sich um einen Irrtum hinsichtlich der Täterschaft des Bf gehandelt habe, sei festzustellen, dass Herr H erst am 13. Dezember 2007 den Polizeibeamten gegenüber mitgeteilt habe, dass er an der Täterschaft des Bf zweifle.

 

Zum Vorwurf des Bf, man habe ihm sein Mobiltelefon abgenommen, werde mitgeteilt, dass dies keinesfalls der Fall gewesen sei und davon in der gesamten Sachverhaltsdarstellung kein Hinweis darauf vorliege. Von den Polizeibeamten werde unmissverständlich in Abrede gestellt, dass dem Bf ein Mobiltelefon abgenommen worden sei.

 

Abschließend beantragt die belangte Behörde die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

1.5. Mit Telefax vom 13. März 2008 wurde die Stellungnahme der belangten Behörde vom 4. März 2008 der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf übermittelt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt, die eingebrachten Schriftsätze sowie insbesondere durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. April 2008. Daraus ergibt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt zweifelsfrei.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus .

 

Der Bf fuhr am 4. Dezember 2007 um ca. 9 Uhr mit seinem PKW, einem BMW mit dem amtlichen Kennzeichen  in Attersee zur Filiale der H-Volksbank Vöcklabruck und begab sich anschließend in die Bank.

 

Den Zeugen H wurde von der Zeugin V J berichtet, dass sie und ihre Familie den Diebstahl von vier Radzierkappen an seinem PKW durch einen jungen Burschen beobachtet hätten. Der junge Bursche sei zunächst mit seinem BMW weggefahren, dann jedoch wieder zurückgekehrt. Darauf erstattete Herr H Anzeige bei der Polizei.

 

Auf Grund dieser telefonischen Anzeige des Geschädigten Herrn H um 10:05 Uhr begaben sich zwei Beamte der PI St. Georgen i.A. (Rev. Insp. R N und Insp. G K) zum Parkplatz bei der Volksbank in Attersee. Dort wurde Herr H angetroffen. Der den Beamten gegenüber aussagte, dass ihm die Radzierkappen seines BMW gestohlen worden seien, seitdem er seinen PKW auf dem Parkplatz der Volksbank abgestellt habe und danach in die Volksbank gegangen sei.

 

Der PKW des C N (BMW 3, rot, KZ: ) stand beim Eintreffen der Beamten am Tatort wiederum am Parkplatz der Volksbank Attersee. Der Zeuge H hatte dort auf das Eintreffen der Polizei gewartet. Das Wiedereintreffen des Bf beobachtet, diesen jedoch nicht angesprochen und ihn in der Folge aus den Augen verloren.

 

Daraufhin begaben sich die Polizeibeamten in die Bank, um den Lenker des BMW auszuforschen, trafen diesen dort jedoch nicht an. Anschließend suchten die Beamten das von Herrn H angegebene Nachbarhaus auf, wo von A J der mutmaßliche Tatvorgang nochmals angezeigt wurde. Für die einschreitenden Beamten bestand kein Zweifel daran, dass der Lenker des in Rede stehenden BMW als Tatverdächtiger anzusehen war.

 

Da der Lenker nicht anzutreffen war, wurde ein Verständigungszettel um 10:15 Uhr hinter dem Scheibenwischer der Windschutzscheibe angebracht. Von RI N wurde das hinten am BMW befindliche Kennzeichen abmontiert und zunächst einbehalten.

 

Der Bf kam um ca. 11.00 Uhr selbst mit seinem PKW zur PI St. Georgen im Attergau. Bei einer am 4. Dezember 2007 um 11.10 Uhr genauen Überprüfung der Mindestprofiltiefe stellte Revierinspektor N fest, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe gerade noch ausreichend war. Daraufhin wurde die Kennzeichentafel ausgefolgt. Das Fahrzeug befand sich in keinem die Verkehrssicherheit gefährdenden Zustand.

 

Auf der Dienststelle wurde der Bf mit dem Vorwurf des Diebstahls von vier Radzierkappen konfrontiert und mit ihm von ca. 11.30 Uhr bis 11.50 Uhr eine Niederschrift aufgenommen. Dem Bf wurde im Rahmen dieser Amtshandlung keine Strafregisterauskunft vorgehalten; er wurde jedoch auf Grund des Wiedererkennens durch einen Polizeibeamten mit einer früheren Jugendstraftat, die seit dem Jahr 2005 gelöscht worden war, konfrontiert.

 

Dem Bf wurde sein Mobiltelefon – auch kurzfristig - nicht abgenommen. 

 

Um ca. 12.30 Uhr wurde am Anwesen der Zeugin M S (Mutter der Freundin des Bf) eine Nachschau in der dort befindlichen Gartenhütte und deren unmittelbaren Umgebung durchgeführt, wobei sowohl der Bf als auch die Zeugin S dieser Nachschau freiwillig zustimmten. Der Bf ist an dieser Adresse weder polizeilich gemeldet noch verfügt er über Eigentums- oder Wohnrechte an dieser Liegenschaft.

 

Per Telefonat vom 5. Dezember 2007 wurde mit dem Bf vereinbart, dass er sich am folgenden Tag um ca. 15.00 Uhr zum Posten St. Georgen begeben solle, wo er sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hatte. Dabei wurde für den Fall, dass er die erkennungsdienstliche Behandlung verweigern würde, weder physischer Zwang angedroht noch ausgeübt. Dies war nicht erforderlich, da der Bf dem Ansinnen freiwillig nachkam. Die erkennungsdienstliche Behandlung wurde am 6. Dezember 2007 um ca. 15.00 Uhr vollzogen.

 

Am 13. Dezember 2007 teilte der Zeuge H der Polizei mit, dass er nicht glaube, dass der Bf den Diebstahl der ggst. Radkappen begangen habe.

 

2.2. Beweiswürdigung:

 

2.2.1. Hinsichtlich der Beweiswürdigung ist zunächst festzustellen, dass der Sachverhalt im Bezug auf das ursprüngliche Einschreiten der Polizeiorgane, die glaubhaft vom Bf als Tatverdächtigen ausgegangen waren – dies auf Basis der Anzeige des anscheinend Geschädigten sowie der vorliegenden Zeugenbeobachtungen; klar und unwidersprochen ist.

 

2.2.2. Unwidersprochen ist, dass die hintere Nummerntafel des in Rede stehenden BMW vom RI N am Parkplatz der H-Volksbank Attersee abmontiert wurde. Strittig ist, ob die Windschutzscheibe des BMW einen Riss aufwies, wie von RI N behauptet wird. Die vom Vertreter des Bf in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumente lassen zumindest den Schluss zu, dass – gleich ob überhaupt ein Riss in der Windschutzscheibe bestand – dieser Mangel nicht als gravierend und sofort augenscheinlich zu Tage trat. Weder Insp. K noch der Zeuge H konnten sich an einen derartigen Riss erinnern. In dem vom Bf vorgelegten Begutachtungsnachweis der Firma Auto M GmbH vom 03. Dezember 2007 wird nur die Scheibenabdichtung als vorhanden bestätigt. Ein Hinweis auf die absolute Mängelfreiheit der Windschutzscheibe findet sich darin jedoch nicht. Die Frage eines eventuell bestehenden Risses der Windschutzscheibe musste im ggst. Beweisverfahren jedoch nicht abschließend geklärt werden. Faktum ist, dass die Reifenprofiltiefe den rechtlichen Vorgaben genügte, weshalb bei einer Gesamtbetrachtung keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass der PKW des Bf ein immanentes Verkehrssicherheitsrisiko bei dessen Betrieb aufgewiesen hat. Unbestritten ist, dass die abmontierte Kennzeichentafel kurz nach dem Eintreffen des Bf am Posten St. Georgen diesem retourniert wurde.

 

2.2.3. In der Verhandlung konnte nicht bestätigt werden, dass dem Bf eine Strafregisterauskunft vorgehalten wurde. Diesbezüglich scheint die Aussage von Insp. K absolut glaubwürdig, dass eine solche Strafregisterauskunft erst zum Zeitpunkt der Verfassung der Strafanzeige eingeholt wurde. Der Vertreter des Bf verzichtete während der mündlichen Verhandlung auf die Übermittlung dieser Daten, sofern sie in das ggst. Erkenntnis einbezogen würden. Nachdem der Zeitpunkt der elektronischen Abfrage nur mit unverhältnismäßigem Zeitaufwand ermittelt werden hätte können, verzichtete der Vertreter des Bf am 23. April auf die Einholung dieser Auskunft.

 

Glaubhaft ist grundsätzlich jedoch, dass ein – namentlich nicht mehr nachvollziehbarer – Polizeibeamter den Bf wegen einer Jahre zurückliegenden Jugendstraftat wiedererkannte. Dass er unmittelbar mit einer Strafregisterauskunft konfrontiert wurde, behauptete im Übrigen der Bf auch nicht mehr in der mündlichen Verhandlung, da er dort angab, dass ein Polizist mit einem Papierstoß während der Vernehmung in den Raum gekommen sei, ohne, dass er eine Strafregisterauskunft dabei konkret gesehen hätte.

 

2.2.4. Vom Bf wird behauptet, dass ihm vor der Abfahrt zur Liegenschaft S sein Mobiltelefon von Insp. K abgenommen worden sei. Diese Aussage steht im krassen Gegensatz zu den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen K und N. Die Glaubwürdigkeit der Aussage des Bf wird auch durch die Aussage der Zeugin M S erschüttert, die trotz mehrmaliger Nachfrage sich zunächst nicht daran erinnern konnte, dass dem Bf von den Beamten, als diese die Liegenschaft S verließen irgendetwas ausgehändigt worden sei. Angesprochen auf die angebliche Abnahme des Mobiltelefons konnte sich Frau S nicht konkret daran erinnern, sondern nur angeben, dass ihr der Bf nachträglich davon erzählt hatte. Es ist nicht wahrscheinlich und entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Zeugen S, die nach eigenen Aussagen stets im Nahebereich der amtshandelnden Beamten war, die vom Bf behauptete Forderung nach Rückgabe seines Mobiltelefons nicht mitbekommen oder gar vergessen hätte. Die ansonsten teilweise vagen Angaben der Polizeibeamtin K waren hier zudem völlig klar, eindeutig und erfolgten prompt.

 

2.2.5. Hinsichtlich der Durchsuchung der Liegenschaft S ist unbestritten, dass der Bf dort weder gemeldet ist, noch über privatrechtliche Ansprüche gleich welcher Art daran verfügt. Im Übrigen kann die in der mündlichen Verhandlung umstrittene Frage, ob er RI N gleich beim Eintreffen oder erst nach dem Gespräch mit M S in dem auf der Liegenschaft befindlichen Schuppen und in dessen Umgebung Nachschau hielt dahingestellt bleiben, da übereinstimmend ausgesagt wurde, dass dieser Schuppen unverschlossen und unter Tags frei zugänglich war und sowohl die Zeugin S als auch der Bf der Nachschau zustimmten.

 

2.2.6. Auch wenn sich die Zeugin K nicht mehr an ihren Anruf beim Bf am 5. Dezember 2007 erinnern konnte, in dem sie ihn zwecks der erkennungsdienstlichen Behandlung aufforderte sich am nächsten Tag zum Posten St. Georgen zu begeben, kann – gestützt auf die Aussagen von RI N sowie des Bf selbst – davon ausgegangen werden, dass sich der Bf auf Grund dieses Telefonats am nächsten Tag freiwillig zum Posten begab. Es wurde nicht behauptet, dass in diesem Telefonat bereits physischer Zwang für das Nichtentsprechen gegenüber dieser Aufforderung angedroht wurde. Unbestritten ist und wird auch vom Bf selbst nicht in Abrede gestellt, dass er der Aufforderung hinsichtlich der erkennungsdienstlichen Behandlung, die in der EAST-West erfolgte, freiwillig nachkam. Auch auf Nachfrage des Verhandlungsleiters gab der Bf ausdrücklich an, dass ihm am Posten St. Georgen keinerlei Zwangsmaßnahmen angedroht wurden und er nicht einmal überlegte dieser Aufforderung nicht Folge zu leisten. Er ging vielmehr von der rechtlichen Deckung der Vorgangsweise des Beamten aus, weshalb er ein Widersetzen gar nicht in Betracht zog.

 

2.2.7. In der mündlichen Verhandlung konnte bestätigt werden, dass die Zeugin E die Zweifel an der Täterschaft des Bf erst am 4. Dezember 2007 um ca. 17.00 Uhr, der Zeuge H gar erst am 13. Dezember 2007 gegenüber der Polizei äußerten, weshalb auf Grund der bestehenden Zeugenaussagen der Familie J sowie von Herrn M die Beamten keinen Grund hatten, am Tatverdacht dem Bf gegenüber zu zweifeln und ihr grundsätzliches Einschreiten zweifellos auf dieser Annahme beruhte.

 

2.2.8. Abschließend ist festzustellen, dass verschiedene Beweisfragen, die im alleinigen Zusammenhang mit der Aufklärung des mutmaßlichen Diebstahls in Verbindung stehen, nicht im Rahmen des gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahrens endgültig abzuklären waren und in einem strafrechtlichen Verfahren zu behandeln sind.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 5/2008, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

 

Die behaupteten Maßnahmen fanden – unbestritten – am 4. bzw. 6. Dezember 2007 statt. Die Beschwerde wurde am 11. Jänner 2008 zur Post gegeben und ist daher rechtzeitig erhoben worden.

 

3.2. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 29. Juni 2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

3.3. Im vorliegenden Fall behauptet der Bf gleich durch mehrere Maßnahmen in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Im Einzelnen werden

- die Abnahme der Kennzeichen,

- die Durchsuchung der Liegenschaft S zu Lasten des Bf,

- die erkennungsdienstliche Behandlung (insbesondere Abnahme und Anfertigung  von Fingerabdrücken),

- die Abnahme des Mobiltelefons sowie

- die Einholung einer Strafregisterauskunft angeführt.

In rechtlicher Hinsicht waren diese fünf behaupteten Maßnahmen getrennt von einander zu würdigen.

Wie unter Punkt 1.2. dargestellt wurde die Beschwerde hinsichtlich eines weiteren Beschwerdepunktes mit Beschluss des Oö. Verwaltungssenats zu VwSen-440094 zuständigkeitshalber an das Landespolizeikommando für Oberösterreich weitergeleitet.

 

Bei den einschreitenden Polizeibeamten handelt es sich zweifelsfrei um Organe der öffentlichen Aufsicht, die in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben einerseits eine privat erstattete Anzeige in strafrechtlicher Hinsicht näher prüfen wollten, andererseits im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht nach dem KFG einschritten.

 

3.4. Abnahme des hinteren KFZ-Kennzeichens:

 

3.4.1. Gemäß § 57 Abs. 8 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG. 1967), BGBl. 267/1967, in der hier relevanten Fassung BGBl. I Nr. 117/2005, sind bei Gefahr im Verzug, unbeschadet der Bestimmungen des § 44 Abs. 1 lit. a über die Aufhebung der Zulassung, der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln unverzüglich abzunehmen, wenn die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet wird.

 

3.4.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 2001, VwGH 2001/11/0037, unter Rückgriff auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1973, Slg. Nr. 7091, näher dargelegt hat, stellt nicht jeder anlässlich einer Überprüfung vorgefundene Mangel eines Fahrzeugs, der die Ursache des nichtverkehrs- und betriebssicheren Zustandes desselben bildet, schon einen solchen dar, bei dessen Vorliegen die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet wird. Zur Frage der Zulässigkeit der vorläufigen Abnahme der Kennzeichen hat der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis ausgesprochen, dass ein anlässlich einer Überprüfung an Ort und Stelle entdeckter Mangel nur dann einen Akt der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch Abnahme des Zulassungsscheins und der Kennzeichentafeln erlaubt, wenn er sich augenscheinlich als so schwer erweist, dass unter Zugrundelegung von kraftfahrtechnischem Erfahrungswissen befürchtet werden muss, es werde sich bei (bestimmungsgemäßer) weiterer Verwendung des Fahrzeuges im Straßenverkehr eine Unfallsituation ergeben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 2001, VwGH. 2000/11/0048).

 

3.4.3. Im hier zu beurteilenden Fall wies der PKW des Bf – wie im Sachverhalt und der Beweiswürdigung dargestellt- bei genauerer Betrachtung keine gravierenden Mängel hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit auf. Einen - in den eben dargestellten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes beschriebenen – gravierenden Mangel mit entsprechender Prognose einer zu erwartenden Unfallsituation anzunehmen, ist sohin unzulässig.

 

3.4.4. Unbestritten ist, dass es sich bei der – wenn auch nur zeitweiligen - Abnahme der Kennzeichentafel um einen Akt der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt handelte, der jedoch durch § 57 Abs. 8 KFG nicht gedeckt war. Es war der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben und die Maßnahme für rechtswidrig zu erklären.

 

3.5. Durchsuchung der Liegenschaft S zu Lasten des Bf:

 

Unbestritten ist, dass Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft nicht der Bf, sondern die Zeugin Frau M S ist. Entgegen den Darstellungen des Bf kann grundsätzlich nur diese oder allenfalls Personen, die über sonstige privatrechtliche Ansprüche an der Liegenschaft verfügen, durch die Durchsuchung beschwert sein. Dem Bf fehlt es diesbezüglich schon an der Grundvoraussetzung, weshalb dieser Beschwerdepunkt als unzulässig zurückzuweisen war.

 

Eine Beschwerde wäre im Übrigen - auch bei deren Zulässigkeit - nicht erfolgreich gewesen, da – wie im Sachverhalt festgestellt – sowohl die Eigentümerin als auch (rechtlich zwar unerheblich) der Bf der Nachschau in der auf der Liegenschaft S befindlichen Hütte sowie in deren Umgebung freiwillig zugestimmt hatten. Selbst wenn man annehmen würde, dass der Schuppen zunächst von RI N ohne Zustimmung der Eigentümerin untersucht worden wäre, würde diese Annahme zu keinem anderen Ergebnis führen, da dieser Schuppen weder versperrt noch verriegelt war und somit keine physische Kraft zur Überwindung eines Hindernisses aufgewendet werden musste.

 

3.6. Erkennungsdienstliche Behandlung (insbesondere Abnahme und Anfertigung  von Fingerabdrücken)

 

3.6.1. Gemäß § 65 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG; BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008) sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies sonst auf Grund von Umständen in der Person des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint. Wer erkennungsdienstlich zu behandeln ist hat gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung, an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde einen Menschen, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern. 

 

3.6.2. Im vorliegenden Fall konnte das Vorgehen der Sicherheitsorgane allenfalls auf § 65 Abs 1 zweite Alternative gestützt werden. Es stellt sich jedoch zunächst die Frage, ob es sich bei der Aufforderung an den Bf sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen, um eine Maßnahme der Befehls- und Zwangsgewalt handelte oder, ob der Bf freiwillig nach der Aufforderung daran mitwirkte.

 

3.6.3. In seinem Erkenntnis vom 19. September 2006, VwGH, 2005/06/0018, nimmt der Verwaltungsgerichtshof zu der Problematik Stellung und führt einige grundsätzliche Überlegungen an: "Eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt nur dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. Walter – Mayer, Bundesverfassungsrecht9, S. 272, Rz. 610). Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt" zumindest aber als – spezifisch verstandene – Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Weil das Gesetz auf Befehle, also auf normative Anordnungen abstellt, sind behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird (vgl. Hauer – Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz2, Kommentar, S. 669, Punkt B. 6.4. zu § 88 SPG und die dort angeführte hg. Judikatur). Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken. (…) Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (vgl. die in Hauer – Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz S. 669 unter B. 6.4. dargestellte hg. Judikatur)."

 

In diesem Sinne ist festzustellen, dass die Ankündigung behördlichen Einschreitens bei Nichtbefolgung einer Einladung wenn sie auch vom Bf als Befehl verstanden wurde, nicht als Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen ist. Wie im Sachverhalt dargestellt wurde weder physischer Zwang ausgeübt noch angedroht, da der Bf auch nach eigenen Angaben freiwillig im Sinne der eben dargestellten Rechtsprechung an der erkennungsdienstlichen Behandlung mitwirkte. Der Bf hat ein Widersetzen gegen diese Aufforderung weder in Betracht gezogen noch realisiert. Daher kann im vorliegenden Fall nicht vom Bestehen einer Maßnahme der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt ausgegangen werden. In diesem Sinne war der Beschwerdepunkt als unbegründet abzuweisen.

 

3.7. Abnahme des Mobiltelefons:

 

Im vom Oö. Verwaltungssenat festgestellten Sachverhalt finden sich keine Anhaltspunkte, die die Behauptung verifizieren würden, es sei dem Bf im Rahmen der Amtshandlungen sein Mobiltelefon von den einschreitenden Beamten der PI St. Georgen abgenommen worden, weshalb dieser haltlose Beschwerdepunkt als unbegründet abzuweisen war. Selbst wenn man der in der mündlichen Verhandlung getätigten Aussage des Bf volle Glaubwürdigkeit zumessen würde, wonach er bei der Abfahrt vom Posten in St. Georgen bis zum Ende der Nachschau im Anwesen S das Mobiltelefon kurzzeitig abgenommen worden wäre, käme man zu keinem anderen Ergebnis. In der mündlichen Verhandlung stellte der Bf wiederum ausdrücklich fest, dass er der Beamtin K sein Mobiltelefon freiwillig und ohne dass von ihr physischer Zwang angedroht oder ausgeübt worden wäre ausgehändigt habe. Im Sinne der oben dargestellten Überlegungen läge diesfalls ebenfalls kein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt vor.

 

3.8. Einholung einer Strafregisterauskunft:

Zunächst ist in Frage zu stellen, ob die Einholung eines Strafregisterauszuges überhaupt eine Maßname der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt dem Bf gegenüber darstellen kann, da ihm gegenüber keinerlei physischer Zwang ausgeübt bzw. angedroht wird, wenn Polizeiorgane im Rahmen von Ermittlungen jedenfalls für den internen Gebrauch derartige Informationen einholen. Die Beantwortung dieser Frage kann jedoch offen bleiben, da sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, dass im vorliegenden Fall der Bf mit keiner Strafregisterauskunft konfrontiert wurde, sondern allenfalls dem Bf die mutmaßlich begangene Jugendstraftat auf Grund der persönlichen Erinnerung eines Polizeibeamten vorgehalten wurde. Dabei schadet es nicht, dass die konkrete Person im Sachverhalt nicht ermittelt werden konnte, da es bei der Beurteilung des Beschwerdepunktes alleine darauf ankommt ob der Bf, wie in der Beschwerde behauptet bereits während seiner Vernehmung mit einer Strafregisterauskunft konfrontiert wurde. Diese Behauptung hat sich als haltlos erwiesen. Dass bei Verfassen der Strafanzeige allenfalls eine diesbezügliche Auskunft elektronisch abgerufen wurde beschwert den Bf keinesfalls in seinen Rechten, da ein solches Vorgehen im Sinne der Strafrechtspflege durchaus geboten scheint. Es war somit auch dieser Beschwerdepunkt als unbegründet abzuweisen.

 

 

4.1. Gemäß § 79a Abs. 1 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

 

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg.cit. die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. gelten als Aufwendungen gem. Abs. 1:

1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

§ 1 UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003, setzt die Höhe der nach § 79a Abs. 5 und Abs. 7 AVG im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge wie folgt fest:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

660,80 €

2. Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

826,00 €

3. Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

51,50 €

4. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

220,30 €

5. Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

275,30 €

6. Ersatz des Aufwandes, der für die Partei mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand), wenn die Wiederaufnahme aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG bewilligt wird

495,60 €

 

4.2. Die in den Spruchpunkten IV und V angeführten Kostenentscheidungen gründen auf die eben dargestellten Rechtsbestimmungen. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass in Anwendung des § 79a Abs. 7 AVG iVm. §§ 52ff VwGG eine gesonderte Kostenentscheidung hinsichtlich der vorgebrachten Beschwerdepunkte vorzunehmen war. Die in einem Schriftsatz gemeinsam gestellten Beschwerden waren somit formal grundsätzlich als fünf Beschwerden anzusehen, da sie jede für sich – entsprechend dem behaupteten Geschehensablauf – einer isolierten Beurteilung zugänglich sind.

 

Der Verhandlungsaufwand war jedoch nur jeweils einfach zuzusprechen, da sämtliche Beschwerdepunkte gemeinsam in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erörtert wurden. Aufgrund der überaus umfangreichen Darstellungen zu den einzelnen Beschwerdepunkten in der Gegenschrift der belangten Behörde, die auch eigene Ermittlungen einschloss, war ihr der Vorlage- bzw. Schriftsatzaufwand je ab- bzw. zurückgewiesenem Beschwerdepunkt zuzusprechen.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

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