Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521927/6/Br/Ps

Linz, 23.04.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M T, geb., K, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 3.4.2008, AZ: FE-669/2007, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und dem Berufungswerber die Lenkberechtigung der Klasse B mit der Auflage (wieder)erteilt, der Führerscheinbehörde (Bundespolizeidirektion Linz) in der Dauer eines Jahres (bis April 2009) alle drei Monate die alkoholspezifischen Laborparameter [MCV,  Gamma-GT und CDT - jeweils bis Monatsmitte mit einer Toleranzfrist von sieben Tagen] unaufgefordert vorzulegen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008 und  § 5 Abs.5 u. § 8 Abs.3 Z2 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008, sowie § 2 Abs.1 u. Abs.3, § 3 Abs.1, § 5 Abs.1 und § 14 Abs.1 und 5 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert BGBl. II Nr. 64/2006;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten und im Anschluss einer unter Hinweis auf die Aktenlage aufgenommenen Niederschrift mündlich verkündeten Bescheid, hat die Bundespolizeidirektion Linz gestützt auf  24 Abs. 1 FSG die von dieser Behörde dem Berufungswerber am 12.11.2003, Zahl F03178/2003, für die Kl. B erteilte Lenkberechtigung ab Verkündung des Bescheides, mangels gesundheitlicher Eignung, bis zur Feststellung deren Wiedererlangung entzogen.

Einer Berufung wurde nach § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, diese unter anderem zu entziehen, wenn sie zum Lenken eines Kraftfahrzeuges gesundheitlich nicht geeignet sind.

 

Nach § 3 Abs. 1 FSG-Gesundheitsverordnung gilt zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse als gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften 1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, 2) die nötige Körpergröße besitzt, 3) ausreichend frei von Behinderungen ist und 4) aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 01.04.2008 sind Sie derzeit gesundheitlich nicht geeignet, KFZ zu lenken.

 

Einer vorgeschriebenen VPU  ist zu  entnehmen,  dass zwar die  kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen gegeben sind, sich aber massive Bedenken bzgl. der Persönlichkeit ergeben.  So ist neben einer geringen Verkehrsbewährung eine für die Mehrheit der Bevölkerung   nicht  üblichen  Alkoholverträglichkeit  auch  eine  verminderte  Fähigkeit der Kontrolle des Alkoholkonsumverhaltens vor.

Eine selbstkritische und problembewusste Auseinerdersetzung mit dem Trinkverhalten hat bisher nicht stattgefunden.

Es sind somit Prozesse für eine zukünftig stabile Veränderung des Alkoholtrinkstils und Vermeidung neuerlicher Auffälligkeiten nicht garantiert.

 

Auch in einer ergänzenden psychiatrischen Stellungnahme von Dr. S ist von einem zeitweiligen Rauschtrinken im Rahmen einer Alkoholmissbrauchsproblematik die Rede. Sie haben keinen ausreichenden Lernprozess durchgemacht und aus den negativen Erlebnissen nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen, über dies auch aus den angeordneten Nachschulungsmaßnahmen nicht ausreichend profitiert.

 

Die Gefahr dass es neuerlich zu verstärkten Alkoholkonsum sowie aggressiven Übertretungen kommt, ist auch aufgrund der Tatsache, dass Sie noch immer in Gefährdungszonen bewegt, erhöht.

 

Aus Gründen der öffentlichen Verkehrsicherheit war bei Gefahr im Verzug einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen."

 

 

2. Mit der dagegen fristgerecht erhobenen und bei der Behörde erster Instanz persönlich überreichten Berufung beruft sich der Berufungswerber auf ein zwischenzeitig eingeholtes positives psychiatrisches Gutachten des Univ.-Doz. FA f. Neurologie u. Psychiatrie Prim. Dr. med. F L. Gleichzeitig bat der Berufungswerber darin um eine Vorsprache.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Behörde erster Instanz. Diesem Akt angeschlossen fanden sich die im angefochtenen Bescheid angeführten Gutachten, insbesondere das im Zuge der Berufung vorgelegte Gutachten.  Dieses wurde dem Amtsarzt Dr. G zwecks Evaluierung seines unter Hinweis auf die VPU negativen amtsärztlichen Gutachtens zur Kenntnis gebracht. Dieses wurde folglich umgehend schriftlich und per E-Mail der Berufungsbehörde zugeleitet, evaluiert und die Eignung mit einer Auflagenempfehlung bescheinigt.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Mangels Antrages konnte in Verbindung mit dem beidseitig gewährten Parteiengehör die Durchführung einer Berufungsverhandlung unterbleiben (§67d Abs.1 AVG).

 

 

4.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann angesichts der im Ergebnis unstrittigen Faktenlage zur Vorgeschichte auf die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und die darin getroffenen Feststellungen verwiesen werden.

Festzustellen gilt es in Kürze an dieser Stelle, dass dieses Verfahren in einer Alkofahrt des Berufungswerbers als Lenker eines Pkw´s am 7.6.2007 um 02:40 Uhr gekommen ist, wobei beim Berufungswerber ein Atemalkoholgehalt von 0,99 mg/l festgestellt wurde.

Am 15.6.2007 idZ von 00:05 bis 00:10 Uhr kam es dann abermals zu einer Alkofahrt seitens des Berufungswerbers  mit einem Fahrrad. Damals wurde ein Atemluftalkoholgehalt von 0,78 u. 0,82 mg/l festgestellt. Laut Protokollübersicht des Führerscheinregisters musste dem Berufungswerber bereits idZ vom 14.11.2004 bis 14.12.2004 die Lenkberechtigung wg. einer Alkofahrt zwischen 0,4 bis 0,6 mg/l entzogen werden.

Im Verlaufe dieser Amtshandlung ist es dabei auch zu aggressiven Ausschreitungen des Berufungswerbers gegen die Organe der Polizei gekommen. Der Berufungswerber wurde folglich festgenommen.

Wegen des Lenkens des Pkw wurde ihm mittels Mandatsbescheid die Lenkberechtigung auf 6 Monate wg. mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

 

 

4.2. Der Berufungswerber unterzog sich einem erfolgreichen Nachschulungskurs beim Institut I, L014, welchen er am 2.3.2008 abschloss.

Die ebenfalls von diesem Institut über Zuweisung des Amtsarztes Dr. G erstattete verkehrspsychologische Stellungnahme verlief mit nachfolgend zusammenfassender Stellungnahme im Hinblick auf die Fragestellung negativ:

"T M, geb. am 29. 09. 1985, bot bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung am 15. 02. 2008 folgende Befunde: Die Reaktionsfähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit sind befriedigend vorhanden. Die reaktive Dauerbelastbarkeit ist ausreichend gegeben. Die rasche und detailgetreue optische Überblicksgewinnung ist sehr zufriedenstellend und die gezielte visuelle Wahrnehmungsfähigkeit ist befriedigend ausgeprägt. Die sensomotorische Koordinationsfähigkeit ist ausreichend gegeben. Im Bereich der Kurzzeitmerkfähigkeit ist eine Schwäche festzustellen. Die kognitive Auffassungsfähigkeit ist befriedigend ausgebildet. Die kraftfahrspezifische Leistungs­fähigkeit ist in der Gesamtschau derzeit weitgehend befriedigend gegeben.

Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen KFP30 wird hinsichtlich eines verkehrsrelevanten Risikopotentials keine normabweichende Akkumulation von psychischen Fehlhaltungen ausgewiesen. Die Explorationsdaten zeigen punkto Alkohol aber eine bisher geringe Verkehrsbewährung des Untersuchten. Insbesondere ohne Wandel des Untersuchten ist dies prognostisch nicht günstig, denn Verkehrsverstöße und Unfälle sind keine zufälligen Ereignisse, sondern brauchbare Prädiktoren für zukünftiges Fehlverhalten. In der Vergangenheit kam es beim Untersuchten des weiteren zu einem illegalen Cannabiskonsum. Die Kontrollskala des empirisch-statistisch genormten Persönlichkeits­fragebogens EPPD weist eine deutliche Normabweichung aus, welche für eine Orientierung der Antworten an sozialer Erwünschtheit spricht. Aufgrund dieser oberflächlichen Abwehrhaltung muss auf eine weitere Interpretation dieses Verfahrens verzichtet werden. Im empirisch-statistisch genormten Selbstbeurteilungsfragebogen zu den empfundenen psychischen und sozialen Funktionen des Trinkens (FFT) sind psychometrisch derzeit keine inneren Fehlhaltungen festzustellen, welche als Auslösefaktoren für eine eventuelle pathologische Alkoholtrinkgewohnheit herangezogen werden könnten. Die Skala 5 dieses Fragebogenverfahrens deutet aber an, dass beim Untersuchten eventuell eine klinisch relevante verminderte Fähigkeit besteht, sein Alkoholkonsumverhalten zu kontrollieren. Im Alkoholfragebogen KFA ist autodeskriptiv derzeit keine klinisch relevante Alkoholgefährdung abzuleiten, beim Alkoholfragebogen AUDIT wird, zumindest bezogen auf das letzte Jahr, aber eine gesundheitsschädigende Alkoholtrinkgewohnheit ausgewiesen. Die Explorationsdaten sprechen für eine für die Mehrheit der Bevölkerung nicht übliche Alkoholverträglichkeit. Eine selbstkritische und problembewusste Auseinandersetzung mit seinen Alkoholtrinkmustern und einen Änderungsprozess, der auf eine stabile Veränderung seines Alkohol­trinkstils und des zugrundeliegenden Lebensstils spricht, kann der Untersuchte nicht auf­zeigen. Im Explorationsgespräch ist der Untersuchte ungeniert offen, der Untersuchungs­situation war sein Verhalten durch seine Unbekümmertheit insofern nur oberflächlich angepasst. Wegen der bisher geringen Verkehrsbewährung des Untersuchten, wegen der oberflächlichen Abwehrhaltung im Persönlichkeitsfragebogen, der psychometrisch nicht ausschließenden klinisch relevanten verminderten Fähigkeit zur Kontrolle seines Alkoholkonsumverhaltens bzw. des nicht unproblematischen Alkoholgebrauchs, der fehlenden selbstkritischen und problembewussten Auseinandersetzung mit seinen Alkoholtrinkmustern und dem fehlenden Änderungsprozess, der für eine stabile Veränderung seines Alkoholtrinkstils und des zugrundeliegenden Lebensstils sprechen würde, ist derzeit die psychologische Verkehrsanpassungsbereitschaft im Sinne der Fragestellung nicht ausreichend gegeben.

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr T M, geb. am, derzeit nicht geeignet Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

Dem Untersuchten wird im Anschluss an die Nachschulung der regelmäßige Besuch einer Alkoholberatung oder die Absolvierung einer Verkehrstherapie empfohlen. Bei einer konsequenten Umsetzung / einer guten Compliance ist eine abermalige Untersuchung des Persönlichkeits- und Einstellungsbereichs schon in einem halben Jahr denkbar. Dem Untersuchten wird die Einhaltung einer Alkoholkarenz nachdrücklich angeraten."

 

 

4.3. Facharzt Prim. Univ.-Doz. Dr. L führt in seinem Gutachten vom 10.4.2008 Folgendes aus:

" Anamnese mit dem Untersuchten

 

Vorgeschichte - Zuweisungsgrund / Anamnese:

2. § 5 STVO Delikt 2004 mit Auto

07.06.2007 mit 0,99 mg/1 AAK

15.06.2007 mit 0,78 mg/l AAK mit Fahrrad und anschließendem aggressivem Verhalten

 

Perinatalanamnese unauffällig; übliche Kinderkrankheiten; keine Fieberfraisen; keine epileptischen Anfälle

 

Schulische / berufliche Entwicklung normal; Volksschule, Hauptschule, Berufsschule (Kfz-Technikerlehre) abgeschlossen; zunächst bis 2004 Autozusteller, dann bei Leasingfirma bis 2006; im Anschluss 1 Jahr bei Firma S, danach Staplerfahrer.

 

Familienanamnese bezüglich neuropsychiatrischer Erkrankungen unauffällig; in der Familie keine Alkoholabhängigkeit; Vater Maurer, Mutter Hausfrau. Eine Schwester, 3 Jahre älter, Hausbesorgerin. Zu allen Familienmitgliedern bestehe ein gutes Verhältnis. Herr T ist Vater einer 3-jährigen Tochter, geschieden, jetzt ist er aber wieder mit der Kindesmutter zusammen.

 

 

Alkoholanamnese:

 

Alkoholkonsum seit dem 17. Lebensjahr, nie regelmäßiger Alkoholkonsum, nur zu bestimmten Anlässen.

 

14.11.2004, erster Führerscheinentzug, hätte bei Party Alkohol getrunken, sei bei Routinekontrolle angehalten worden, 1,21 Promille festgestellt, 1 Monat Führerscheinentzug.

 

07.06.2007, ebenso nach einer Party nachhause gefahren, wurde anlässlich  einer Routineverkehrskontrolle angehalten, 0,99 Promille festgestellt, 6 Monate Führerscheinentzug, da sich Untersuchter noch in Probezeit befand.

 

15.06.2007, mit dem Fahrrad alkoholisiert gefahren, 0,78 Promille, hatte dann aggressives Verhalten an den Tag gelegt.

 

Verkehrspsychologisches Gutachten, vom 25.02.2008 sei negativ gewesen (es wurde verminderte Fähigkeit zur Kontrolle seines Alkoholkonsumverhaltens bzw. des nicht unproblematischen Alkoholgebrauchs postuliert).

Gutachten Dr. H S, vom 27.03.2008:

 

Ausreichender Lernprozess wird in Frage gestellt, es sollte zumindest ein weiteres Beratungsgespräch stattfinden, bei positiver Absolvierung könnte die Lenker­berechtigung wieder erteilt werden, zunächst befristet auf ein Jahr.

Größe:

175 Gin

Gewicht:

60 kg

Blutdruck:

o. B

Alkohol:

abstinent

Raucher:

10Zig/d

Medikamente:

keine

 

Neurologischer Befund

 

HIRNNERVEN:

 

I :                     anamnestisch oB

II:                      Gesichtsfeld bei Fingerprüfung intakt / regelrecht

I-IV-VI:              Augenmotilität koordiniert, kein Nystagmus, Pupillen rund, isocor,

prompte Reaktion auf L, C

V:                    Sensibilität im Gesicht seitengleich

VII:                    Mimik seitengleich

VIII:                  Gehör subjektiv oB

IX-X:                 Gaumensegel symmetrisch, Würgreflex, Schlucken oB, keine Heiserkeit

XI:                     Kopfdrehen, Schulterheben seitengleich

XII:                   Zunge gerade vorgestreckt, kein Fibrillieren

 

OBERE EXTREMITÄTEN:

 

Re-Händer, Trophik oB, Tonus beidseits normal, Motilität aktiv und passiv frei, GK seitengleich gut,. kein Fingertremor,  Eudiadochokinese,

FNV beidseits zielsicher,  kein Intentionstremor,

BR, TR, BRR symmetrisch mittellebhaft Positionsversuch ohne Absinken, ohne Pronation, kein Tremor,    Sensibilität oB,     Knips beidseits negativ,

 

STAMM:             Bauchhautreflexe in allen 3 Etagen seitengleich

 

UNTERE EXTREMITÄTEN:

 

Trophik oB,     Tonus beidseits normal,

Motilität aktiv und passiv frei,

GK in aElen Abschnitten seitengleich gut,     Sensibilität oB,

Lasegue beidseits negativ,     KHV Zielsicher,

QR, TSR seitengleich,     Babinski beidseits negativ

 

Psychiatrischer Befund

bewusstseinsklar,     voll orientiert,

Stimmung indifferent,     keine SMG,

keine paranoiden, phobischen Gedankeninhalte,

Kritikvermögen, mnestische sowie kognitive Fähigkeiten im Normbereich

 

Hilfsbefunde:

Laborbefund Dr. Kimeswenger, Arzt f. Allgemeinmedizin, vom 03.03.2008

Gamma GT

14

U/l

(0-55)

GOT (AST)

17

U/l

(0-35)

GPT (ALT)

11

U/l

(0-45)

Gesamt Bilirubin

1.00

mg/dl

(0- 1)

CD-Dtect

1,37

%

(0-1,8); vom 26.02.2008

 

Zusammenfassung und Stellungnahme

 

Der Untersuchte zeigte bei der klinischen Untersuchung am 10.04.2008 einen regelrechten neurologischen und psychiatrischen Befund. Es fanden sich  keinerlei  Hinweise für eine chronische toxisch - nutritive Schädigung des zentralen oder des peripheren Nervensystems, wie sie bei regelmäßigem Alkoholkonsum gefunden werden. Anamnestisch keine Hinweise für Alkoholabhängigkeit

Auch die beigebrachten Laborparameter vom 13.02.2008, 26.02.2008, und 03.03.2008 (Leberenzyme, MCV, CDT) innerhalb der Normgrenzen sprechen gegen einen regelmäßigen Alkoholmissbrauch .

Es kam zu 3-maligem Delikt mit Blutalkoholwerten von 1,21 Promille (14.11.2004), 0,99 Promille (07.06.2007) und schließlich 0,78 Promille (15.06.2007).

Laut vorliegendem verkehrspsychologischem Gutachten fraglich verminderte Fähigkeit, Alkoholkonsum zu kontrollieren mit erhöhter Rückfallwahr­scheinlichkeit.

Im neurologisch psychiatrischen Gutachten (Dr. H S, vom 27.03.2008) wurde ebenso ein ausreichender Lernprozess in Frage gestellt und zumindest ein weiteres Beratungsgespräch postuliert.

 

Der Untersuchte reflektierte durch diese Kritik während der Untersuchung seine Einstellung hinsichtlich Alkoholkonsum grundlegend geändert, Problem-bewusstsein erscheint nunmehr doch in ausreichendem Maß vorhanden.

 

Weitere unterstützende ambulante Betreuung etwa in Hilfsorganisationen und weitere Kontrolle der spezifischen Laborparameter sind angezeigt. Unter diesen Voraussetzungen kann die Lenkerberechtigung für die Gruppe 1, B, zunächst zeitlich begrenzt wiederum erteilt werden."

 

 

4.4. Seitens des Amtsarztes wurde unter Hinweis auf das obige Facharztgutachten von Dr. L dem Berufungswerber eine entsprechende "Nachreifung" gutachterlich bescheinigt.

Einer bedingten Erteilung mit der Auflage der Beibringung der alkoholrelevante Parameter yGT; MCV; CDT in viermonatigem Intervallen, würde der Erteilung aus der Sicht des Amtsarztes nichts mehr im Wege stehen; diese Auflage solle als entsprechender Abstinenznachweis dienen.

 

 

5. Vor dem Hintergrund dieser Gutachtenslage schließt sich die Berufungsbehörde den amts- u. fachärztlichen Ausführungen inhaltlich an. Es kann kein Zweifel daran gehegt werden, dass diesen in der Einschätzung der gesundheitlichen Eignung ein höherer Substanzgehalt als der hier negativen VPU zuzuordnen ist. So bescheinigt auch bereits das dem erstinstanzlichen Verfahren vorgelegene fachärztliche neurologisch psychiatrische Gutachten des Dr. S eine bedingte gesundheitliche Eignung zum Lenken  mit einer Befristungs– bzw. Auflagenempfehlung hinsichtlich der Kontrolle des Trinkverhaltens während der Dauer eines Jahres.

Dafür sprechen auch die schon derzeit normgerechten Laborbefunde, wobei der Berufungswerber zu einer Abstinenzkontrolle und dadurch zu (s)einer Eignungserhaltung verhalten werden soll.

Mit dem Hinweis, dass der Berufungswerber noch an den Anschluss an die Nachschulung noch regelmäßig eine Alkoholberatung und Verkehrstherapie absolvieren sollte, lässt für die Beurteilung der gesundheitlichen Nichteignung nicht wirklich Nachvollziehbares erkennen. Selbst für die Frage der Verkehrszuverlässigkeit lässt sich daraus kein logisch erscheinendes Kalkül ableiten. Warum dies nach einem halben Jahr anders sein sollte als es schon jetzt der Fall ist, wird durch zwei psychiatrische Gutachten im Ergebnis positiv beantwortet, wobei die VPU darüber schweigt.

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat erwogen:

Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die u.a. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Weil jedoch beim Berufungswerber dzt. noch eine erhöhte Rückfallgefahr zum unkontrollierten Alkoholkonsum besteht und dies einer entsprechenden Kontrolle bedarf um von einer "eignungserhaltenden" Abstinenz ausgehen zu können, rechtfertigt die Anordnung der entsprechend fachlich begründeten Auflagenempfehlung . Dem tritt der Berufungswerber im Rahmen des im niederschriftlich gewährten Parteiengehörs nicht entgegen. 

§ 5 FSG lautet:

Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

 ...

 4.  schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

  a)  Alkoholabhängigkeit oder  b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten, ...

.....

Nach § 8 Abs.1 FSG hat vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist. Die der gegenständlichen Sachentscheidung zu Grunde liegenden Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar (s. VwGH v. 4.7.2002, 2001/11/0015).

 

 

6.1. Gemäß § 14 Abs.5 FSG darf Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 erteilt oder wiedererteilt werden.

Ausdrücklich ist an dieser Stelle festzustellen, dass laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 14 Abs.5 FSG-GV keine Grundlage für eine Befristung bietet. Nach dieser Verordnungsstelle wäre ausschließlich die Bedingung (nunmehr Auflage) ärztlicher Kontrolluntersuchungen zulässig (VwGH 20.01.2001, 2000/11/0258).

 

Weil der Berufungswerber schon derzeit ausreichend in der Lage ist das Trinken vom Fahren trennen zu können, besteht keine Veranlassung ihm die Lenkberechtigung aus gesundheitlichen Gründen zu versagen (VwGH 18.1.2002, 99/11/0266 u. VwGH 24.4.2001, 2000/11/0337 siehe auch (s. J. Wittkowski & W. Seitz, Praxis der verkehrspsychol. Eignungsbegutachtung, S 19 ff - über die personenorientierten Erklärungsansätze zum Trinkverhalten));

Dass letztlich die Behörde erster Instanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch von einer negativen Befundlage ausgehen musste, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. 

 

 

6.2. Hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung (§ 62 Abs.2 AVG) wird festgestellt, dass diese Anordnung im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit wegen Gefahr im Verzug gerechtfertigt war und daher der Berufungswerber hiedurch nicht in seinen Rechten verletzt worden ist.

 

Abschließend ist noch zu bemerken, dass auch wirtschaftliche Interessen an der Mobilität gegenüber dem öffentlichen Interesse, nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen, zurückzutreten haben bzw. nicht zu berücksichtigen wären (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Sollten die medizinischen Parameter bis dahin normwertig verlaufen, gilt die Lenkberechtigung wieder uneingeschränkt erteilt.

 

Der Berufung war daher im Sinne des nunmehr vorliegenden Gutachtens mit den entsprechenden Auflagen Folge zu geben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungs­gerichts­hof und/oder an den Verfassungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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