Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420502/37/WEI/Ga

Linz, 29.04.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des G W, vertreten durch Dr. M B, Rechtsanwalt in S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 16. Februar 2007 im Zuge einer Lenkerkontrolle durch dem Bürgermeister von Schärding zurechenbare Organe des Gemeindewachkörpers von Schärding zu Recht erkannt:

 

I.        Der Beschwerde wird Folge gegeben und die durch zwei Sicherheitswachebeamte der Stadt Schärding am 16. Februar 2007 wenige Minuten nach 05:00 Uhr am Privatgrundstück des Beschwerdeführers in S unter Anwendung von Körperkraft mittels Armwinkelsperre und Niederdrückens auf den Boden vorgenommene gewaltsame Anhaltung des Beschwerdeführers, bei der der Beschwerdeführer in Bauchlage minutenlang bis zum Eintreffen von angeforderten Beamten der Bundespolizei festgehalten wurde und eine Schürfwunde und Schwellung am rechten Knie sowie eine Zerrung des linken Mittelfingers erlitt, wird für rechtswidrig erklärt.

 

II.    Die Stadtgemeinde Schärding hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 1.550,40 Euro (darin enthalten 63,60 Euro an Stempelgebühren) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG ; §§ 67c und 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003).

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit den Eingaben vom 28. März 2007 und 2. Mai 2007 hat der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Rechtsvertreter eine Beschwerde wegen Ausübung von verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend einen Vorfall vom 16. Februar 2007 beim Oö. Verwaltungssenat rechtzeitig eingebracht. Er brachte dazu vor, dass ihm zwei Schärdinger Polizisten mit einem Polizeiauto mit Blaulicht gefolgt waren und, nachdem er schon in die Einfahrt des Grundstückes B gebogen und ausgestiegen war, auf das Privatgrundstück kamen, und ihn zum Alkotest aufforderten. Er wäre der Meinung gewesen, auf seinem Privatgrundstück der Aufforderung nicht Folge leisten zu müssen. Den Beamten W H habe er bereits von früheren Amtshandlungen gekannt und ihm diese vorgehalten. Plötzlich wäre er von H unter Mithilfe des zweiten Beamten gepackt, der Arm nach hinten gebogen und auf der Stiege niedergedrückt worden. Er hätte dafür überhaupt keinen Anlass geboten und wäre auch nicht aggressiv gewesen. Im Gegenteil habe er vielleicht nur laut gesprochen, eine Zigarette geraucht und anschließend ins Haus gehen wollen.

 

Die Aktion der Beamten wäre völlig überraschend gekommen. Der Bf sei dabei auch erheblich verletzt worden und habe danach das Krankenhaus Schärding um 05:43 Uhr aufsuchen müssen. Er sei von den Beamten am Boden bis zum Eintreffen der Gendarmerie (gemeint Organe der Bundespolizei) fixiert worden, was erhebliche Zeit gedauert hätte. Die Beamten hätten dabei die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt.

 

Zum geltend gemachten Sachverhalt wurde auch eine mit dem Bf auf der Polizeiinspektion (PI) Schärding am 16. Februar 2007 um 07.35 Uhr aufgenommene Niederschrift über den Vorfall und eine Ambulanzkarte zu U/07001026 der unfallchirurgischen Ambulanz des AKH Schärding vorgelegt.

 

Aus der Niederschrift vom 16. Februar 2007 geht hervor, dass der Bf bereits zur Haustüre gehen wollte, als die Beamten der Stadtpolizei plötzlich vor ihm standen. Er hätte die Beamten mindestens drei Mal vergeblich aufgefordert, das Grundstück zu verlassen. Nachdem er ein Telefonat mit der PI Schärding gehört hatte, hätte er gesagt, dass er nun ins Bett gehen werde. Als er die erste Stufe zum Hauseingang hinaufging, hätte ihn W H an der linken Hand gepackt und ihm den Haustorschlüssel aus der Hand nehmen wollen, was ihm jedoch nicht gelang. Der zweite Beamte hätte ihn an der rechten Hand gepackt, den Arm nach hinten gebogen und ihn niedergedrückt. W H hätte weiter versucht, ihm den Haustorschlüssel aus der Hand zu nehmen. Unmittelbar danach wären zwei Beamte der PI Schärding eingetroffen, worauf ihn die Stadtpolizisten los ließen. Nach kurzem Gespräch hätte ihn einer der Beamten der PI Schärding zum Alkotest aufgefordert, dem er vorerst zustimmte, dann aber seine Meinung änderte und doch nicht zur PI Schärding mitfuhr. Die Beamten hätten dann das Grundstück verlassen, ohne ihm noch etwas zu sagen.

 

Durch die Amtshandlung der Stadtpolizisten wäre er an der linken Hand und am rechten Knie verletzt worden. Im LKH Schärding sei eine Zerrung am linken Mittelfinger und eine Schürfwunde mit Schwellung am linken Knie festgestellt worden. Er habe das LKH nach der ambulanten Behandlung verlassen und befinde sich derzeit nicht im Krankenstand. Nach dem Verlassen des Krankenhauses wäre er gleich zur PI Schärding gegangen, um den Sachverhalt anzuzeigen.

 

1.2. In rechtlicher Hinsicht wird zunächst Freiheitsentziehung geltend gemacht und dazu vorgebracht, dass eine "Verhaftung" nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs vorliege, wenn Amtsorgane im Zuge einer Amtshandlung Ortsveränderungen unter Anwendung physischen Zwanges entweder überhaupt unterbinden oder auf bestimmte begrenzte Örtlichkeiten und Gebiete, die nicht verlassen werden dürfen, einschränken. Auf die Dauer kämme es dabei nicht an. Die Organe wären weder zur Verhaftung- als solche habe er die Fixierung empfunden - noch zur Anhaltung berechtigt gewesen.

 

Weiters wird Beeinträchtigung der Menschenwürde geltend gemacht und auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs hingewiesen, wonach physische Zwangsakte gegen das Verbot des Art 3 EMRK dann verstießen, wenn ihnen einen die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person zu eigen ist. Auch das treffe auf den Bf zu, der keinen Anlass für die Aktion der Sicherheitsorgane geboten habe.

 

Der Bf stellte den Antrag seine Festnahme-Anhaltung vom 16. Februar 2007 mit Eingriff in die körperliche Integrität unter den genannten Aspekten für rechtswidrig zu erklären und die belangte Behörde zum Kostenersatz gemäß § 79a AVG zu verpflichten.

 

2. Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 hat der Oö. Verwaltungssenat dem Bürgermeister der Stadtgemeinde Schärding die gegenständliche Beschwerde übermittelt, auf die Bestimmungen der §§ 94c und 97 Abs 1 StVO hingewiesen und ersucht allfällige Übertragungsverordnungen oder sonstige behördliche Ermächtigungen vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten.

 

2.1. Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 legte der Bürgermeister von Schärding die Verordnung der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996, Zl. VerkR-110.015/17-1996/Kof (veröffentlicht in der ALZ Folge 24 vom 24.11.1996), im Grunde des § 94c Abs 3 StVO vor, mit der die Angelegenheiten der Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit. a StVO) auf die Stadtgemeinde Schärding übertragen werden, soweit sie sich nicht auf Bundes-, Landes- oder Bezirksstraßen beziehen (Blg 1). Ferner wurde eine Verordnung des Sicherheitsdirektors für Oberösterreich vom 31. Mai 2001 vorgelegt, mit der die Angehörigen der städtischen Sicherheitswache Schärding der Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Versehung des sicherheitspolizeilichen Exekutivdienstes unterstellt wurden (Blg 6). Vorgelegt wurden weiters die Benachrichtigungen der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (Blg. 4 und 5) von der Zurücklegung der Strafanzeigen wegen §§ 83, 313 StGB gegen die Beamten W H und M H, Zlen. 2 St 168/07i-1 (2.BS) und 2 St 168/07i – 1(3.BS) gemäß dem § 90 Abs 1 StPO betreffend die Anzeige der PI Schärding zu Zl. 1726/07 vom 22. März 2007 (Blg 3). Schließlich wurde auch die RI H betreffende Ermächtigungsurkunde entsprechend dem Formular 21 der Verwaltungsformularverordnung mit weiteren Eintragungen als Beilage 2 im Original vorgelegt. Vom wesentlichen Inhalt hat der Oö. Verwaltungssenat in der Folge Kopien angefertigt und die Originalurkunde in der durchgeführten Verhandlung vom 29. Jänner 2008 dem Vertreter des Bürgermeisters zurückgegeben.

 

2.2. In der Sache bringt der Bürgermeister von Schärding vor, dass bei der Amtshandlung am 16. Februar  2007 der Einsatz von Körperkraft erforderlich gewesen wäre, weil der Bf einen gefährlichen Angriff gemäß § 16 Abs 3 SPG gegen die Beamten gesetzt habe. Die Amtshandlung sei in der Früh des 16. Februar 2007 mit dem Aktenvermerk der diensthabenden Sicherheitswachebeamten dokumentiert worden.

 

Die PI Schärding habe den Sachverhalt extern erhoben und den Bf wegen Verdachts auf: "Tätlicher Angriff auf einen Beamten" sowie die Sicherheitswachebeamten wegen des Verdachts auf: "Körperverletzung" angezeigt. Mit Scheiben der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis vom 26. April 2007 sei das Verfahren gegen die Sicherheitswachebeamten eingestellt worden.

 

Nach den übereinstimmenden Aussagen der Beamten sei der Bf nicht von den städtischen Sicherheitswachebeamten, sondern von einem Bundespolizeibeamten zum Alkotest aufgefordert worden. Die Fixierung des Bf mittels Armwinkelsperre wäre ausschließlich im Hinblick auf den drohenden gefährlichen Angriff gegen die Beamten erfolgt, welche daher im Sinne der einschlägigen Bestimmungen nach dem SPG gehandelt hätten.

 

2.3. Der Bf nahm dazu durch seinen Rechtsvertreter mit Eingabe vom 25. Juli 2007 Stellung. Die Umschreibung eines Angriffsakts durch Herumfuchteln mit einer brennenden Zigarette sei völlig lebensfremd. Der Bf sei verständlicherweise aufgeregt gewesen, weil die Beamten sein Grundstück betreten hatten. Er fühlte sich ungerecht behandelt und hätte lediglich gestikuliert und die Beamten aufgefordert, sein Grundstück zu verlassen. Auch der zweite Vorwurf, wonach er mit der Spitze eines Autoschlüssels in der Faust offenbar die Absicht verfolgte "waffenartig" auf die Beamten loszugehen, sei absolut unrichtig. Der Bf wäre nicht auf die Beamten losgegangen, sondern hätte nur die Haustür aufsperren wollen, nachdem er gesagt hatte, nunmehr zu Bett gehen zu wollen. Er wäre dann auf der Stiege zum Hauseingang niedergedrückt worden. Er hätte sich daher von den Beamten wegbewegt. Das Verhalten der Beamten wäre maßlos überzogen gewesen.

 

Zum Beweis für seine Darstellung und zur Rekonstruktion der Nachfahrt der Beamten beantragte der Bf einen Lokalaugenschein. Fakt sei, der Beamte H hätte den Bf offensichtlich erkannt und man wäre ihm deshalb nachgefahren. Mit diesem Beamten hätte es schon wegen zurückliegender Amtshandlungen Probleme gegeben, weshalb der Bf auch dementsprechend erregt gewesen wäre.

 

2.4. Mit Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 19. Oktober 2007, Zl. 1U 165/07m-8, rechtskräftig seit Zurückziehung der von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis  angemeldeten Berufung am 8. November 2007, wurde der Bf von der wider ihn erhobenen Anklage des Vergehens des tätlichen Angriffes auf einen Beamten nach dem § 270 Abs 1 StGB betreffend den gegenständlichen Vorfall vom 16. Februar 2007 gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Der Bezirksrichter konnte weder feststellen, dass der Bf die Sicherheitswachebeamten tätlich angreifen wollte, noch dass er es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe, dass seine Verhaltensweise einen tätlichen Angriff darstellen würde.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl Urteil, Seite 8) meinte das Gericht, dass RI H zugestand, lediglich vermutet zu haben, der Beschuldigte ziele auf seinen Bauch. Die Frage, ob dieser zuschlagen wollte oder nicht, konnte er nicht beantworten. Für RI H hätte der Beschuldigte völlig unerwartet einen Schritt auf RI H zu gemacht, weshalb er reflexartig den Arm ergriffen hätte. Er verneinte dezidiert, dass der Beschuldigte die linke Faust erhoben und auf einen von ihnen gezielt hätte.

 

In seiner rechtlichen Beurteilung ging der Strafrichter davon aus, dass ein tätlicher Angriff iSd § 270 StGB zu verneinen war und führte dazu begründend aus (vgl Urteil, Seiten 6 f):

 

                   "Nach den getroffenen Feststellungen gestikulierte der Beschuldigte zunächst mit seiner angezündeten Zigarette vor dem Gesicht von RI H, sodann hob er seine geschlossene linke Faust, aus welcher – lediglich für RI H erkennbar – der Autoschlüsselbart etwa 5 cm hervorragte, etwa auf Höhe der Körpermitte von RI H auf und machte einen Schritt auf diesen zu. Diese Verhaltensweise des Beschuldigten (leichtes Anheben der geschlossenen linken Faust und ein Vorwärtsschritt auf RI H zu) vermag jedoch noch keine konkrete Gefahr der Einwirkung auf den Körper von RI H zu begründen, weshalb die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des Vorliegens eines 'tätlichen Angriffs' zu verneinen war. Da auch das bloße Hervorragen des Schlüsselbartes aus der geschlossenen linken Faust und ein Vorwärtsschritt auf RI H zu – ohne Aufzielen der linken Faust - mangels konkreter Gefahr einer Einwirkung auf den Körper von RI H keine einem tätlichen Angriff unmittelbar vorangehende Handlungen darstellen, war auch die Verwirklichung des Versuchs eines tätlichen Angriffes auf einen Beamten zu verneinen.

 

                   Demnach war der Beschuldigte G W von dem wider ihn erhobenen Vorwurf des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 29. Jänner 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Bf und seiner Rechtsvertreterin Mag. B B sowie des KI W S (Dienststellenleiter der Stadtpolizei) als Vertreter des Bürgermeisters von Schärding durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Erörterung der vorgelegten Akten und Urkunden und des beigeschafften Strafaktes zu Zl. 1 U 165/07m des Bezirksgerichts Schärding sowie Einvernahme der Sicherheitswachebeamten RI W H und RI M H von der Stadtpolizei Schärding als Zeugen.

 

Auf Grund der durchgeführten Verhandlung und einer ergänzender Erhebung ergibt sich in Verbindung mit der Aktenlage im Wesentlichen der im Folgenden geschilderte S a c h v e r h a l t:

 

3.1. Am 16. Februar 2007 gegen 5.00 Uhr früh fiel dem RI W H, der im Rahmen des Nachtdienstes eine Objektsicherung des Geschäftes "Eduscho" am Oberen Stadtplatz in Schärding am Inn durchführte, auf, dass eine offenbar alkoholisierte Person zu einem abgestellten Fahrzeug der Marke Audi ging und einstieg. Der mit dem Dienstfahrzeug durch das Linzer Tor stadteinwärts fahrende RI H ließ den Kollegen RI H kurz nach dem Linzer Tor einsteigen. Als RI H den Kollegen auf seine Wahrnehmung aufmerksam machte, kam ihnen das Fahrzeug der Marke Audi auch schon entgegen und RI H konnte den Bf als den Lenker erkennen. RI H wendete sofort das Dienstfahrzeug und nahm die Verfolgung des Bf auf. Der Bf war an einer Kreuzung nach dem Linzer Tor stadtauswärts entgegen einem Linksabbiegeverbot in die Bahnhofstraße abgebogen. Das Dienstfahrzeug folgte mit Blaulicht und schloss dann in der Bahnhofstraße, in der sich eine Baustelle wegen Kanalisationsarbeiten befand, zum Fahrzeug des Bf so weit auf, dass die Beamten den Bf beim Abbiegen in die im rechten Winkel gelegene Einfahrt zum Haus B beobachten konnten. Der offenbar unter Alkoholeinfluss stehende Bf benötigte mehrere Versuche, um durch das offen stehende Tor zu fahren, und rammte beim Abbiegen eine Zaunsäule des Einfahrtstores, welche dabei umfiel (vgl Bf Tonbandprotokoll –  im Folgenden nur TP, Seite 2, HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seite 2).RI H stellte das Dienstfahrzeug schräg vor der Grundstückseinfahrt des Hauses B ab, damit der Bf nicht wieder wegfahren konnte (Zeuge H, TP, Seite 9). Die Beamten eilten danach auf das Grundstück und RI H, der näher zum verfolgten Fahrzeuglenker war, begann mit der Amtshandlung und forderte den Bf, nachdem dieser sein Fahrzeug bereits abgestellt hatte, zur Fahrzeug- und Lenkerkontrolle auf. Dabei befand sich der Bf noch im Bereich der Fahrerseite seines Fahrzeuges. RI H übernahm auf der rechten Seite des Fahrzeuges (Beifahrerseite) die Rolle des sichernden Beamten. Die Beamten konnten beim Bf deutliche Alkoholisierungssymtome wie starken Alkoholgeruch, lallende Aussprache und unsicheren Gang feststellen. Der Bf wurde vom RI M H wiederholt aufgefordert, Führerschein und Zulassungsschein vorzuweisen. Er suchte längere Zeit in seinem Dokumentenetui, überblätterte dabei aber nach Eindruck des Beamten seinen Führerschein. Dann erklärt er, ihn nicht dabei zu haben, sagte aber, dass er W heiße (Zeuge H, Niederschrift PI Schärding vom 28.02.2007 im Strafakt Seite 45; und TP, Seiten 9 u 10). 3.2. Der Sache nach war es – und zwar unabhängig davon, ob nun eine förmliche Aufforderung durch die Beamten der städtischen Sicherheitswache von Schärding erfolgte oder nicht (vgl diese Feststellung im Strafurteil vom 19.10.2007, Seite 2, und dagegen die Zeugen H und H, TP, Seiten 5, 7 f u 10) - schon von der Situation her klar, dass es um eine Lenker- und Alkoholkontrolle des Bf ging. RI H kannte den Bf zumindest vom Sehen von früheren Amtshandlungen, bei denen es sich meist um Alkoholdelikte handelte (vgl TP, Seite 5). Im Zuge der Amtshandlung wurde ihm der Bf nach seiner eigenen Darstellung vor der PI Schärding wieder als G W bekannt (vgl Niederschrift PI Schärding vom 17.02.2007 im Strafakt, Seite 41).

 

Nach der insoweit glaubhaften Darstellung des Bf ging es den Stadtpolizisten in erster Linie um eine Alkoholkontrolle. Auf seinem Privatgrund hielt dies der Bf für nicht berechtigt. Er hatte wegen der früheren Amtshandlungen auch ein gespanntes Verhältnis zu RI H, der ihm angeblich schon einmal eine ganze Nacht nachgefahren wäre, um ihn zu erwischen (vgl Bf, TP, Seiten 2 f). Deshalb protestierte der Bf von Anfang an gegen die seiner Meinung nach unberechtigte Amtshandlung auf seinem Privatgrund und forderte die beiden Beamten der Stadtpolizei Schärding mehrfach auf, das Grundstück zu verlassen.

 

Der Bf begann schon bald lautstark auf RI H einzureden und ihn wegen der früheren Amtshandlungen zu beschimpfen. Er reagierte dann nicht mehr auf die Aufforderungen des RI H, dem die Durchführung einer geordneten Amtshandlung nicht mehr möglich erschien. RI H verständigte die Bezirksleitzentrale Schärding per Funk und ersuchte um Unterstützung. Dabei wurde ihm die umgehende Verständigung der Sektorstreife Suben zugesichert (vgl Niederschrift PI Schärding vom 28.02.2007 im Strafakt, Seite 47).

 

3.3. Der Bf veränderte wiederholt seine Position im Frontbereich seines abgestellten Fahrzeuges und wandte sich immer wieder in Protesthaltung dem RI H zu. Dabei schimpfte er und forderte wiederholt auf, von seinem Grundstück zu verschwinden. Als dann der aufgebrachte Bf mit einer angezündeten Zigarette in der Nähe des Gesichts von RI H gestikulierte, forderte ihn dieser auf, die Zigarette auszumachen. Der Bf antwortete, dass er auf seinem Grundstück tun und lassen könnte, was er wolle. (Zeuge H, TP, Seite 5). Daraufhin nahm ihm dieser schließlich die Zigarette mit schnellem Griff ab, was der alkoholisierte Bf übersah (Zeuge H, TP, Seite 11). RI H erachtete sich zu dieser Zeit schon mehr als der sichernde Beamte, zumal sich die Aktivität des Bf immer mehr vom RI H zu RI H verlagert hatte. Alle drei Personen befanden sich zwischen der Fahrzeugfront und dem Hauseingang mit Stiegenaufgang des Bf. Dieser stand mit dem Rücken zum Hauseingang und aus seiner Sicht schräg rechts befand sich RI H und etwas links gegenüber ihm RI H. (Zeuge H, TP, Seite 11). Die Beamten waren etwa auf gleicher Höhe, wobei RI H nicht mehr als einen Meter seitlich von RI H stand. Die Position des Bf war bereits in der Nähe des Stiegenaufganges, der höchstens noch 2 bis 3 Meter entfernt lag (Zeuge H, TP, Seite 6).

RI H war durch die Aktion mit der Zigarette besonders sensibilisiert und aufmerksam geworden. Er beobachtete dann den Bf und bemerkte wie dieser einen Schlüssel in der linken Faust hielt. Da für RI H der Schlüsselbart irgendwie bedrohlich aus der Faust herausragte, forderte er den Bf auf, "er soll das aus der Hand geben". Obwohl sich RI H in unmittelbarer Nähe aufhielt, konnte dieser aus seiner seitlichen Position und auf Grund der Dunkelheit nicht erkennen, was der Bf in der Hand hielt. Er wunderte sich über die Aussage des Kollegen H und wusste zuerst nicht, was dieser meinte (Zeuge H, HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seite 7). Als der Bf seine linke Faust einmal leicht anhob und einen Schritt auf den RI H zu machte, befürchtete dieser voreilig einen Angriff und vermutete, dass der Bf auf seinen Bauch zielen könnte. Ob er tatsächlich zuschlagen wollte oder nicht, konnte er nicht sagen. RI H reichte bereits die Vorwärtsbewegung und er reagierte, weil er sich nicht gerne hauen lassen wollte (Zeuge H, HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seite 5).

 

RI H reagierte mit Anwendung von Körperkraft und sein Kollege RI H half sofort mit. Beide nahmen den Bf jeweils links und rechts in eine Armwinkelsperre und drückten ihn anschließend am Fuße des Stiegenaufgangs zu Boden, wo er bis zum Eintreffen der Bundespolizeibeamten der Sektorstreife in Bauchlage fixiert wurde. RI H versuchte noch, dem Bf den in der Faust gehaltenen Schlüssel abzunehmen, was ihm aber nicht gelang, weil sich der Bf heftig dagegen wehrte (Zeuge H, TP Seite 6). Erst jetzt sah RI H, dass aus der geschlossenen linken Faust des Bf ein Schlüsselbart mehrere Zentimeter hervorragte. Der Zeuge nahm an, dass es sich um den Autoschlüssel vom alten Audi 100 des Bf handelte (TP, Seite 12). RI H konnte nicht mehr genau sagen, ob es sich um den Auto- oder Haustorschlüssel gehandelt hatte (vgl Zeuge H, TP, Seite 6). Einige Minuten später traf die angeforderte Sektorstreife der Bundespolizei mit den Polizeibeamten GI A S und GI H S ein und der Bf wurde dann wieder los gelassen.

 

Der Bf erlitt durch diesen körperlichen Zugriff auf seine Person leichte Verletzungen. Er suchte um 5.43 Uhr die unfallchirurgische Ambulanz des Aö. Landeskrankenhauses Schärding auf und wurde wegen einer Schürfwunde und Schwellung am rechten Knie und einer Zerrung des linken Mittelfingers ambulant behandelt (Niederschrift der PI Schärding vom 16.02.2007 mit dem Bf und Verletzungsmeldung des LKH Schärding vom 16.2.2007 zu U/07001026, im Strafakt, Seiten 33 ff, 39).

 

3.4. RI H informierte die eingetroffenen Bundespolizeibeamten kurz über die Angelegenheit. Diese übernahmen anschließend die Amtshandlung (vgl dazu näher Niederschriften der PI Schärding vom 19 u. 23.02.2007 im Strafakt, Seiten 49 ff und 53 ff). Sie konnten die Beschädigungen am Gartenzaun und am Audi mit dem Kennzeichen ebenso wie eine deutliche Alkoholisierung des Bf feststellen, der neben dem Alkoholgeruch aus dem Mund auch eine deutlich veränderte Sprache und einen schwankenden Gang zeigte. GI S bemerkte sogar ein Schwanken beim Stehen (Niederschrift PI Schärding vom 19.02.2007 im Strafakt, Seite 50). Dem GI S teilte der Bf mit, dass der Beamte H schon seit einigen Jahren etwas gegen ihn hätte und er sich so ein Verhalten auf seinem Grundstück nicht gefallen ließe. Fragen zum Lenken des Fahrzeuges ignorierte der Bf. Auf Grund der Alkoholisierungsmerkmale forderte GI S den Bf um 05:13 Uhr zum Alkotest auf. Dieser verweigerte mit dem Hinweis, dass ihn auf seinem Grundstück niemand zum Alkotest auffordern könne. Gleich danach forderte er die Beamten wieder auf, sein Grundstück zu verlassen. Da die erforderlichen Daten erhoben waren, gingen die Beamten zu ihren Fahrzeugen. Der Bf eilte ihnen nach und wollte den Alkotest doch noch durchführen. Jedoch vor dem Einsteigen ins Dienstfahrzeug überlegte er es sich wieder anders, weil er zur PI Schärding hätte mitfahren müssen, was ihm zu umständlich erschien (vgl Bf, TP, Seite 3).

 

3.5. Die getroffenen Feststellungen beruhen weitgehend auf den Angaben der vernommenen Zeugen RI H und RI H, die aber nur mit Einschränkungen einen glaubwürdigen Eindruck hinterließen. Zur Würdigung der Beweise wird auf die in Klammern angeführten Belegstellen aus der Aktenlage verwiesen. Auch die übereinstimmenden Aussagen der Bundespolizeibeamten GI S und GI S in den Niederschriften der PI Schärding vom 19. und 23. Februar 2007 wurden ausgewertet. Sie erschienen völlig unbedenklich und belegen die erhebliche Alkoholisierung des Bf eindeutig.

 

Den Zeugenaussagen der Schärdinger Stadtpolizisten in der Verhandlung des Oö. Verwaltungssenats konnte nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Die Beweiskraft und Glaubhaftigkeit ihrer Angaben musste unter Berücksichtigung von früheren Aussagen vor der PI Schärding und in der Hauptverhandlung vom 19. Oktober 2007 vor dem Bezirksgericht Schärding geprüft und beurteilt werden. Dabei waren durchaus Abweichungen und Unsicherheiten festzustellen. So hat RI H in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat im Gegensatz zur Darstellung des Bf nur eingeräumt, den Bf bloß vom Sehen auf Grund von schon Jahre zurückliegenden Amtshandlungen zu kennen (vgl TP, Seite 5). In der Niederschrift der PI Schärding vom 17.02.2007 wurde dagegen protokolliert: "Der Lenker, der mir nunmehr im Zuge ggstl. Amtshandlung wieder als G W bekannt wurde, zeigte Alkoholisierungssymptome ....". Diese frühere Aussage, wonach dem Zeugen H die Identität des Bf wieder erinnerlich wurde, erscheint dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats wesentlich glaubhafter und lebensnäher. Dies umso mehr, als nach den übereinstimmenden Angaben der einvernommenen Zeugen der Bf den Beamten H wegen früherer Amtshandlungen beschimpft hatte. Die Aussage des RI H (vgl TP, Seite 9), dass sein Kollege H während der ganzen Amtshandlung nie geäußert hätte, den Bf zu kennen, ist angesichts der dargelegten Umstände nicht überzeugend und deutet wohl auf eine gewisse Befangenheit hin.

 

Auch der Widerspruch in der Frage der Aufforderung des Bf zum Alkotest durch die Schärdinger Polizisten sei erwähnt. Im Hauptverhandlungsprotokoll des Bezirksgerichts Schärding ist auf Seite 4 nachzulesen, dass der Zeuge H damals von einer Aufforderung zum Alkotest durch seinen Kollegen gesprochen hat. In der späteren Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat wusste er davon nichts mehr und konnte sich diese Protokollierung nicht erklären (TP, Seiten 7 f).

 

Die Angaben des RI H zum Geschehen unmittelbar vor dem Zugriff auf den Bf waren eher unsicher und teilweise widersprüchlich. In der öffentlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat stellte er sein Rolle so dar (vgl TP, Seiten 11 f), dass er schon als der sichernde Beamte fungierte und seinen Kollegen H den Bf auffordern hörte, den Schlüssel aus der Hand zu geben. Diese Aufforderung hätte RI H auch noch wiederholt. RI H hätte aber von seiner Position aus (seitlich rechts vom Bf im Winkel von 45°) in der Dunkelheit nichts erkennen können. Der Bf habe dann sehr überraschend einen Schritt auf den Kollegen hin gemacht, was er ihm vorher nicht zugetraut hätte (TP, Seiten 12 u 13). In der Hauptverhandlung vor dem Bezirksrichter (vgl HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seite 7) war keine Rede von der wiederholten Aufforderung, den Schlüssel aus der Hand zu geben. Hier meinte der Zeuge nur, dass er sich gewundert hätte über die Aussage des Kollegen H, der Bf "soll das aus der Hand geben", weil er nicht wusste, was gemeint war. Den Schlüssel hätte er erst bei dem am Boden fixierten Bf bemerkt. Diese frühere Darstellung des Zeugen H erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat lebensnäher und besser zu der besonderen Überraschung des Zeugen H über den plötzlichen Schritt des Bf in Richtung des Kollegen zu passen.

 

RI H hat stets angegeben, dass er – obwohl er angeblich nur einen Meter seitlich von RI H gestanden haben soll (so Zeuge H, TP, Seite 6) – nicht gesehen hätte, was der Bf in der linken Hand hielt, und dass er auch kein Anheben der Faust oder ein Aufzielen des Bf hätte erkennen können. Deshalb wäre das Ganze so überraschend für ihn gewesen (zum Ganzen Zeuge H, HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seiten 7 f und TP, Seiten 12 f).

 

Nach der Ansicht des erkennenden Mitglieds, die durchaus mit den Ausführungen des vom Vorwurf nach § 270 Abs 1 StGB freisprechenden Urteils des Bezirksgerichts Schärding im Einklang steht (vgl Strafurteil vom 19.10.2007, Seiten 4 f und 6 f und Punkt 2.4.), kann auf Grund er gegebenen Beweislage schon objektiv nicht festgestellt werden, dass der Bf mit dem Schlüssel in der linken Faust tatsächlich einen Angriff auf RI H unternahm. Ebenso wenig kann eine solcher Angriffswille des Bf aus den objektivierbaren Umständen abgeleitet werden. Irgendwelche Anzeichen eines Angriffs auf RI H konnte der in unmittelbarer Nähe stehende Zeuge H beim Bf gerade nicht wahrnehmen. Er hat nur auf einen Schritt des Bf nach vorne und auf seinen voreilig zugreifenden Kollegen reagiert. RI H war durch die erregt schimpfende und renitente Haltung des Bf besonders sensibilisiert und glaubte in der Dunkelheit eine gefährliche Aktion des Bf wahrzunehmen. Die plötzliche Vorwärtsbewegung des gegenüber dem Zeugen H stehenden Bf, die nach Überzeugung des erkennenden Mitglieds durch ein vom Bf unkontrolliertes Schwanken infolge seiner erheblichen Alkoholisierung gut erklärbar ist, hat der nervlich angespannte RI H dann als Angriff auf seine Person missverstanden und überreagiert. Wie dieser Zeuge vor dem Bezirksrichter selbst einräumte, hatte er nur vermutet, dass der Bf auf seinen Bauch zielte. Ihm reichte schon die Vorwärtsbewegung des Bf für einen körperlichen Zugriff (vgl HV-Protokoll vom 19.10.2007, Seite 5).

 

Dagegen spricht auch nicht, dass der Zeuge H schließlich bei dem am Fuße der Eingangsstiege fixierten Bf einen zwischen den Fingern der linken Faust mehrere Zentimeter herausragenden Schlüsselbart wahrnehmen konnte. Denn diese relativ gute Festhalteposition konnte sich beim Bf auch erst im Zuge des Handgemenges während der Fixierung des Bf ergeben haben, bei dem RI H bekanntlich versucht hatte, dem sich heftig dagegen wehrenden Bf den Schlüssel abzunehmen (dazu Bf, TP, Seite 3 und Zeuge H, TP, Seite 6).

 

Bemerkenswert ist schließlich, dass GI H S und GI A S von der Bundespolizei bei ihren Vernehmungen vor der PI Schärding am 19. und 23. Februar 2007 übereinstimmend aussagten, der Beamte H hätte sie über den Vorfall unterrichtet und den Bf als W bezeichnet. Im Zuge der Amtshandlung habe W mit der Faust, aus der ein Schlüssel hervorgestanden sei, vor dem Körper des Beamten H herumgefuchtelt (vgl die Niederschriften im Strafakt, Seiten 51 und 55). Somit berichteten diese beiden Beamten der Bundespolizei über eine abweichende Version des Geschehens, die in einem gewissen Widerspruch zu den Aussagen der vernommenen Zeugen steht. Auch wenn situativ bedingt Verwechslungen und Missverständnisse nicht ausgeschlossen werden können, fällt doch auf, dass RI H den Bundespolizisten bei ihrem Eintreffen jedenfalls keinen konkreten Angriff des Bf mitteilte. Dies bestätigt einmal mehr, dass ein solcher auch nicht stattgefunden hatte.

 

Letztlich erachtet es das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats in einer Situation, wo ein alkoholisierter Lenker von zwei Sicherheitswachebeamten auf kleinem Raum gestellt und bis zum Eintreffen der bereits verständigten Bundespolizei unter Kontrolle gehalten werden soll, als nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich, dass dieser Lenker einen von vornherein sinn- und aussichtslosen Angriff der in Rede stehenden Art auf einen der Beamten unternimmt. Dafür müssten schon besondere Umstände wie Jähzorn, frühere Gewalttätigkeiten des Bf (selbst Zeuge H, HV-Protokoll, Seite 5, gab an, dass er nie mit Tätlichkeiten des Bf zu tun hatte) oder ein unbeherrschbares Motiv des Bf vorliegen, was im gegenständlichen Verfahren aber nicht bekannt geworden ist. Naheliegender erscheint dagegen, dass ein solcher Lenker versucht, sich der Kontrolle zu entziehen. In diesem Sinne war die Schilderung des Bf, wonach er den Haustorschlüssel aus der Hose genommen habe und in Richtung Stiege ins Haus gehen wollte, um sich niederzulegen, nicht unplausibel.

 

3.6. Mit Schreiben vom 13. Februar 2008 hat der Oö. Verwaltungssenat die Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen aufgetauchter Bedenken zur Reichweite der Befugnisse der Stadtpolizisten von Schärding ins Verfahren einbezogen und auch das bezüglich der Verhandlung vom 29. Jänner 2008 ausgefertigte Tonbandprotokoll vom 6. Februar 2008 zur Kenntnisnahme übermittelt. In der Verhandlung hat sich nämlich ergeben, dass die Bahnhofstraße in Schärding eine Bezirksstraße ist und dass u.A. Bezirksstraßen nach der aktenkundigen Verordnung gemäß § 94c Abs 3 StVO der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996, mit der Angelegenheiten der Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit. a StVO) auf die Stadtgemeinde übertragen worden waren, ausgenommen wurden. Die Zeugen RI H und RI H hatten aus diesem Grund Zweifel an ihrer Zuständigkeit. Sie verständigten auch aus diesem Grund die örtlich zuständigen Kollegen von der Bundespolizei (vgl Zeuge H, TP, Seite 8; Zeuge H, TP, Seite 11).

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats war daher noch abklären, ob die städtischen Sicherheitswachebeamten als Hilfsorgane der Bezirksverwaltungsbehörde gehandelt haben könnten. Deshalb wurde diese Behörde mit näheren rechtlichen Erläuterungen um Stellungnahme und Übermittlung der entsprechenden Akten ersucht, falls durch die Bezirksverwaltungsbehörde eine Ermächtigung von Mitgliedern des Gemeindewachkörpers von Schärding zur Handhabung der Verkehrspolizei nach § 97 Abs 1 StVO oder eine Ermächtigung nach Art 118a Abs 2 B-VG zur Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes erfolgt wäre.

 

3.7. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding reagierte mit Schreiben vom 6. März 2008 und legte Ablichtungen ihrer Verwaltungsakten betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (VerkR21-123-2007) und betreffend Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bf (VerkR96-198-2007) sowie Ablichtungen von zwei Verordnungen vor. Mit ihrer Stellungnahme erstattete die Bezirksverwaltungsbehörde eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Zurück- oder Abweisung der Beschwerde.

 

In den Punkten 1 und 2 der Stellungnahme wird zunächst entgegen der Aktenlage behauptet, dass die "Zufahrt zum Gebäude B in 4780 Schärding" (in Wahrheit ist es eine Grundstückseinfahrt) weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet und daher gemäß § 1 Abs 1 StVO eine Straße mit öffentlichem Verkehr wäre. Die Organe der städtischen Sicherheitswache hätten daher auf Basis der Übertragungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996 als Organe der Straßenaufsicht auf eventuell im Privateigentum stehenden Zufahrten einschreiten und gemäß § 97 Abs 5 StVO 1960 eine Lenker – und Fahrzeugkontrolle durchführen dürfen. Der Bf hätte auch gemäß § 102 Abs 5 lit. b KFG 1967 zur Aushändigung der Zulassungsbescheinigung bzw gemäß § 14 Abs 1 Z 1 FSG zur Aushändigung des Führerscheins aufgefordert werden dürfen.

 

In den weiteren Punkten 3 bis 6 der Stellungnahme wird auf eine korrekte Amtshandlung abgestellt und auf das Vorsatzdelikt des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 StGB hingewiesen. Auch auf die in Ablichtung vorgelegte und schon zuvor aktenkundige Verordnung des Sicherheitsdirektors für Oberösterreich vom 31. Mai 2001, mit der die Organe der städtischen Sicherheitswache von Schärding der Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Versehung des exekutiven Sicherheitsdienstes unterstellt wurden, wird verwiesen.

 

Das Verhalten des Bf wäre als tatbestandnahe Vorbereitungshandlung zu einem tätlichen Angriff gemäß § 270 StGB und damit als gefährlicher Angriff gemäß § 16 Abs 1 Z 1 und Abs 3 SPG zu werten gewesen. Im Hinblick auf die Aufgabe nach § 21 Abs 2 SPG hätte gemäß § 33 SPG hätten die Befugnis bestanden, gefährlichen Angriffen durch unmittelbare Zwangsgewalt zu beenden. Von dieser Befugnis hätten die einschreitenden Organe maßhaltend Gebrauch gemacht. Diese Befugnisausübung – und nur diese sei Gegenstand des Maßnahmenbeschwerdeverfahrens - wäre nach dem SPG erfolgt und deshalb wäre die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde anzusehen.

 

Im Punkt 7 meint die Bezirksverwaltungsbehörde, dass die Ermächtigungsfrage bei der gegebenen Sachlage auf sich beruhen könnte, weil Befugnisse nach dem Sicherheitspolizeigesetz und nicht nach dem Verwaltungsstrafgesetz wahrgenommen worden wären. Die Voraussetzungen für eine Befugnisausübung nach dem Verwaltungsstrafgesetz hätten gefehlt, weil die Amtshandlung hinsichtlich der Identitätsklärung des Bf noch nicht abgeschlossen gewesen wäre, sohin keine Festnahmebefugnis nach § 35 Abs 1 Z 1 VStG bestanden hätte und allein wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft keine Festnahmebefugnis denkbar wäre.

 

Unabhängig davon vertritt die Bezirksverwaltungsbehörde im Punkt 8 die Ansicht, dass eine korrekte Ermächtigung der Organe der städtischen Sicherheitswache vorliege, zumal die anfängliche "Ermächtigungsunterschrift" (im Formular 21 der Verwaltungsformularverordnung zu §§ 37a und 50 VStG) auch für die nachfolgende behördliche Eintragung gelte.

 

Im Übrigen wird im Punkt 9 festgehalten, dass die erwähnten Organe auch keine Aufforderung an den Bf gerichtet hätten, sich einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen.

 

3.8. Zu dieser Gegenschrift erstattete der Bf durch seinen Rechtsvertreter die Stellungnahme vom 1. April 2008, in der er den Ausführungen der Bezirksverwaltungsbehörde entgegen getreten ist. Die Behauptungen im Punkt 1 werden als völlig unverständlich angesehen, da es sich im gegenständlichen Fall um einen Garten mit Hauszufahrt handle, welche durch Säulen und ein Einfahrtstor abgegrenzt sei. Auch wenn das Tor offen war, könne nicht von einer Straße mit öffentlichem Verkehr ausgegangen werden.

 

Der Bf weist zutreffend darauf hin, dass die einvernommenen Beamten der städtischen Sicherheitswache in den Niederschriften der PI Schärding von einer Garten- oder Hauszufahrt (besser Garteneinfahrt) ausgingen. Es sei daher sehr wohl ein Tor und damit eine Abschrankung vorhanden gewesen.

 

Die Belegstellen aus der Aktenlage lauten:

 

Zeuge W H in der Niederschrift vom 17. Februar 2007 (Strafakt, Seite 41):

 

"Vorgenanntes Fahrzeug wurde schließlich durch die offene Zufahrt auf die Liegenschaft B gelenkt, wobei der Lenker mehrere Versuche benötigte und dabei die Ummauerung und das Metalltor einer Umzäunung stark beschädigte."

 

Zeuge M H in der Niederschrift vom 28. Februar 2007 (Strafakt, Seite 45):

 

"Der verfolgte Lenker tuschierte anschließend beim Versuch in die Grundstückzufahrt des Hauses B einzubiegen die rechte Säule der Einfahrt und stieß diese Säule vom Mauerfundament. Auch wurde der rechte Teil des Gartentores aus der Verankerung gerissen. Schließlich benötigte der Lenker zwei oder drei Versuche, um die Grundstückseinfahrt zu passieren und sein Fahrzeug abzustellen."

 

Der Bf geht weiterhin davon aus, dass das Handeln der Organe der Stadtgemeinde Schärding zuzuordnen sei und schließt sich hinsichtlich der Ermächtigungsurkunde der Meinung des Oö. Verwaltungssenats im Schreiben vom 13. Februar 2008 an.

 

Zu Punkt 9 der Stellungnahme verweist der Bf auf die Aussage des RI H in der Hauptverhandlung vom 19. Oktober 2007 (HV-Protokoll, Seite 4), die er dann vor dem Oö. Verwaltungssenat als Irrtum in der Protokollierung bezeichnete (TP, Seite 8). Diese Erklärung reiche nicht aus. Das Strafgericht habe diese Aussage den Feststellungen im Urteil zugrunde gelegt.

 

3.9. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. April 2007, Zl. VerkR96-198-2007, wurde der Bf wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie lenkten am 16.2.2007 um 05.04 Uhr den PKW Audi 100 mit dem Kennzeichen im Stadtgebiet Schärding auf der Linzerstraße stadtauswärts bis zur Kreuzung mit der O L ("Braustüberl-Kreuzung") und bogen nach links in Richtung Bahnhof ab, wobei

1) Sie das Verbotszeichen "Einbiegen nach links verboten" nicht beachteten, und

2) fuhren Ihnen die Beamten der Sicherheitswache der Stadtgemeinde Schärding nach, wurden Sie im Eingangsbereich Ihres Wohnhauses Bahnhofstraße in Schärding kontrolliert, an Ihnen Alkoholisierungsmerkmale festgestellt, wurden zusätzlich die Beamten einer Streife der Polizeiinspektion Schärding angefordert, welche die Amtshandlung übernahmen, stellte auch der Anzeiger an Ihnen Alkoholisierungsmerkmale wie deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, unsicherer Gang, veränderte Aussprache und deutlich gerötete Augenbindehäute fest, wurden Sie aufgrund dieser Alkoholisierungssymtome von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Polizeiorgan aufgefordert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen und leisteten sie dieser Aufforderung um 05.13 Uhr auf dem Stiegenaufgang zur Haustüre Ihres Wohnhauses B in Schärding mit der Bemerkung 'auf meinem Grundstück fordert mich keiner auf, da blas ich nicht' keine Folge."

 

Dadurch erachtete die Strafbehörde zu 1) § 52 lit. a Z 3a StVO und zu 2) § 99 Abs 1 lit. b iVm § 5 Abs 2 StVO als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte zu 1) eine Geldstrafe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) und zu 2) eine Geldstrafe von 1.300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage).

 

Die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 2. Mai 2007 gegen dieses Straferkenntnis wurde am 31. Mai 2007 zurückgezogen, sodass das Straferkenntnis in Rechtskraft erwuchs.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12. April 2007, Zl. VerkR21-123-2007 wurde die am 2. Mai 2000 zu Zl. VerkR20-883-2000/SD erteilte Lenkberechtigung der Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit des Bf für die Dauer von 4 Monaten und zwei Wochen, gerechnet ab 6. März 2007 (Entzug bis 20. Juli 2007) entzogen. Für den gleichen Zeitraum wurde dem Bf das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit verboten. Ferner wurden eine verkehrspsychologische Stellungnahme und Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung angeordnet.

 

Die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung gegen diesen Bescheid vom 3. Mai 2007 wurde am 31. Mai 2007 zurückgezogen.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Zulässigkeit der Beschwerde

 

Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610).

 

Im vorliegenden Fall ist nach dem festgestellten Sachverhalt die Frage der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber dem Bf durch die Beamten der städtischen Sicherheitswache Schärding auf dem Privatgrundstück B in Schärding unzweifelhaft zu bejahen.

 

4.2. Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des Bf

 

4.2.1. Eingriff in die persönliche Freiheit

 

Nach Art 5 Abs 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit. a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art 1 Abs 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich [1988] Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt - hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

Beim gegebenen Sachverhalt wurde der Bf am 16. Februar 2007 nach einer offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand kurz nach 05.00 Uhr früh im Stadtgebiet von Schärding unternommenen Fahrt mit seinem PKW auf seinem Grundstück in der Bahnhofstraße angehalten und einer Amtshandlung zur Kontrolle seiner Fahrtüchtigkeit unterzogen. Neben der Beschädigung des Einfahrtstores durch den Bf nahmen die Beamten der Stadtpolizei Schärding deutliche Alkoholisierungsmerkmale beim Bf wahr. Dieser verhielt sich renitent und protestierte gegen die Amtshandlung. Wegen der renitenten Haltung des Bf und weil den Organen der städtischen Sicherheitswache nach ihren eigenen Angaben bewusst war, dass sie außerhalb der Übertragungsverordnung der Oö. Landesregierung tätig werden, forderten sie im Wege der Bezirksleitzentrale die Bundespolizei an. Bis zum Eintreffen der Sektorstreife der Bundespolizei sollte der Bf angehalten werden, damit die Amtshandlung von den Kollegen der Bundespolizei übernommen und die Atemluftuntersuchung vorgenommen werden konnte.

 

Spätestens ab dem Zeitpunkt als die Amtshandlung durch den körperlichen Zugriff der Beamten auf den Bf eskalierte und dieser mittels Armwinkelsperre beim Stiegenaufgang der Haustür zu Boden gedrückt und fixiert wurde, liegt ein Eingriff in die Freiheit des Bf vor, der einige Minuten bis zum Eintreffen der Sektorstreife der Bundespolizei dauerte. Auch wenn keine förmliche Festnahme ausgesprochen wurde, kann nach der Art und Intensität des Organverhaltens kein Zweifel an der vorübergehenden Freiheitsentziehung bestehen.

 

4.2.2. Unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art 3 EMRK

 

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

 

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1986, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausgesprochen. Eine den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetz 1969 entsprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung verstößt nicht gegen Art 3 EMRK (vgl VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10427/1985, 11.809/1988; 12.271/1990). Auch die Anwendung von Körperkraft ist daher nur dann gesetzmäßig, wenn die Zwangsausübung "notwendig und maßhaltend" ist (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar2 [2001], 927, Anm B.1. zu § 4 WaffGG).

 

Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt gegen Art 3 EMRK, wenn ihr eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person eigen ist (VfSlg 10.250/1984; VfGH 29.9.1992, B 590/98).

 

Der Bf wurde von den Beamten der städtischen Sicherheitswache am Boden in Bauchlage bis zum Eintreffen der Bundespolizeibeamten fixiert. Dabei wurde nicht unerheblich in seine körperliche Integrität eingegriffen. Er wurde in dieser misslichen Lage einige Minuten festgehalten und erlitt dabei eine Schürfwunde und Schwellung am rechten Knie sowie eine Zerrung des Mittelfingers der linken Hand. Er könnte daher in seiner nach Art 3 EMRK geschützten Rechtsposition verletzt worden sein, sofern die Gewaltanwendung nicht notwendig und verhältnismäßig war.

 

4.2.3. Im Folgenden ist näher zu prüfen, ob die in Beschwerde gezogene Amtshandlung der Organe des Gemeindewachkörpers von Schärding und der Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen des Bf auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht und maßhaltend war.

 

4.3. Befugnisausübung der Gemeindewachorgane nach Sicherheitspolizeirecht

 

4.3.1. Betrauung mit sicherheitspolizeilichem Exekutivdienst

 

Gemäß § 9 Abs 3 Sicherheitspolizeigesetz – SPG können auf Antrag einer Gemeinde die Angehörigen ihres Gemeindewachkörpers der Bezirksverwaltungsbehörde mit deren Zustimmung unterstellt werden, um sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst (§ 5 Abs 3 SPG) zu versehen. Die Unterstellung erfolgt mit Verordnung des Sicherheitsdirektors und hat unter Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit des Wachkörpers den Umfang der übertragenen Aufgaben (§§ 19 bis 27a SPG) im einzelnen festzulegen. Die Unterstellung ist vom Sicherheitsdirektor auf Antrag der Bezirksverwaltungsbehörde einzuschränken oder aufzuheben, soweit der Gemeindewachkörper die ihm übertragenen Aufgaben nicht erfüllt.

 

Nach § 9 Abs 4 SPG versehen die Angehörigen des Gemeindewachkörpers hiebei den Exekutivdienst, soweit er darin besteht, die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht (§ 19 SPG) zu erfüllen, gefährlichen Angriffen durch Maßnahmen, die keinen Aufschub dulden, ein Ende zu setzen (§ 21 Abs 2 SPG), hilflose Menschen und gewahrsamsfreie Sachen vorbeugend zu schützen (§ 22 Abs 1 Z 1 und 4 SPG), wahrscheinlichen gefährlichen Angriffen bei Gewalt in Wohnungen vorzubeugen oder Streitfälle zu schlichten (§ 26), unmittelbar für die Bezirksverwaltungsbehörde. Dies gilt nicht, soweit bei der Erfüllung solcher Aufgaben das Gebiet der Gemeinde zu überschreiten oder aus anderem Grunde ein Zusammenwirken mit Angehörigen der Bundespolizei geboten ist; in solchen Amtshandlungen oder im Rahmen der Erfüllung anderer mit Verordnung zugewiesener Aufgaben unterstehen die Angehörigen der Gemeindewachkörper dem Bezirks- oder Stadtpolizeikommando und haben es unverzüglich von der Amtshandlung in Kenntnis zu setzen.

 

Mit der Gegenschrift hat der Bürgermeister von S die auf § 9 Abs 3 und 4 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (BGBl Nr. 566/1991 idF BGBl I Nr. 146/1999) gestützte Verordnung des Sicherheitsdirektors für das Bundesland Oberösterreich vom 31. Mai 2001 vorgelegt, die in ihrem § 1 die Angehörigen der Städtischen Sicherheitswache Schärding der Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Ver­sehung des sicherheitspolizeilichen Exekutivdienstes unterstellt. Dieses Unterstellungsverhältnis umfasst folgende Aufgaben:

 

  1. die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht (§ 19 SPG);
  2. die Abwehr gefährlicher Angriffe auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt (§ 21 Abs 2 SPG);
  3. den vorbeugenden Schutz hilfloser Menschen oder gewahrsamsfreier Sachen (§ 22 Abs 1 Z 1 und 4 SPG);
  4. die Fahndung (§ 24 SPG);
  5. die kriminalpolizeiliche Beratung (§ 25 SPG);
  6. die Streitschlichtung (§ 26 SPG);
  7. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (§ 27 SPG).

 

4.3.2. Befugnisausübung gemäß § 33 SPG zur Beendigung eines gefährlichem Angriffs?

 

Im gegenständlichen Fall wäre an einen Exekutivdienst der städtischen Sicherheitswachebeamten zu denken, der darin besteht, gefährlichen Angriffen durch Maßnahmen, die keinen Aufschub dulden, ein Ende zu setzen. Dabei bildet die Frage des gefährlichen Angriffs im § 16 Abs 2 und 3 SPG den entscheidenden Anknüpfungspunkt.

 

Nach der strafrechtsakzessorischen Begriffsbestimmung im § 16 Abs 2 SPG liegt ein gefährlicher Angriff in der Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach dem StGB mit Ausnahme der §§ 278, 278a und 278b StGB (Z 1), nach dem Verbotsgesetz (Z 2), nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (Z 3)oder nach dem Suchtmittelgesetz (Z 4) handelt, es sei denn es ginge nur um den Erwerb und Besitz eines Suchtmittel zum eigenen Gebrauch.

 

Voraussetzung für die Bedrohung eines Rechtsguts iSd § 16 Abs 2 SPG ist demnach die rechtswidrige Verwirklichung eines gerichtlich strafbaren Vorsatzdelikts einschließlich der Versuchsstrafbarkeit nach § 15 StGB mit Ausnahme von Privatanklage- und Antragsdelikten (näher dazu Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar3 [2005] A.10. ff zu § 16). Der § 16 Abs 3 SPG erweitert den Begriff des gefährlichen Angriffs auf ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine Bedrohung iSd § 16 Abs 2 SPG vorzubereiten, sofern dieses Verhalten im engen zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird. Damit sollen über den Versuch hinaus auch an sich straflose, aber gefährliche tatbestandsnahe Vorbereitungshandlungen erfasst werden. Diese müssen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung auf eine Bedrohung iSd § 16 Abs 2 SPG abzielen und dafür geeignet sein (vgl auch Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar3 [2005] A.12. zu § 16).

 

Entgegen der Ansicht der Bezirksverwaltungsbehörde Schärding kommt im gegenständlichen Fall ein gefährlicher Angriff und damit eine Befugnisausübung durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 33 SPG nicht in Betracht. Dies folgt schon aus dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 19. Oktober 2007, Zl. 1 U 165/07m-8 (vgl oben Punkt 2.4.), mit dem der Bf vom Vergehen des tätlichen Angriffes auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB mit der Begründung freigesprochen wurde, dass durch das Verhalten des Bf keine konkrete Gefahr der Einwirkung auf den Körper von RI H begründet worden ist. Außerdem konnte der Strafrichter auch nicht feststellen, dass der Bf die Beamten tätlich angreifen wollte oder es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass seine Verhaltensweise einen gefährlichen Angriff darstellen würde (vgl Strafurteil vom 19.10.2007, Seite 4).

 

Der erkennende Verwaltungssenat teilt diese Auffassung und geht nach den getroffenen Feststellungen weiter davon aus (näher unter Punkten 3.4. und 3.5.), dass RI H nur glaubte, in der Dunkelheit eine gefährliche Körperhaltung des Bf, der einen Schlüssel in der linken Faust hielt, zu erkennen, wobei er dann eine unkontrollierte Vorwärtsbewegung des deutlich alkoholisierten Bf, der sogar im Stehen schwankte, zum Anlass für einen voreiligen körperlichen Zugriff nahm. In Wahrheit hatte der Bf weder eine tatsächliche Angriffshandlung gesetzt, noch einen entsprechenden Vorsatz gefasst. Der nach eigener Darstellung sehr überraschte RI H, der selbst in unmittelbarer Nähe befindlich keinerlei Anzeichen eines Angriffs wahrnehmen konnte, hatte in dieser Situation nur auf seinen Kollegen reagiert und diesem geholfen. Bei diesem Sachverhalt scheidet eine tatbestandsnahe Vorbereitungshandlung iSd § 16 Abs 3 SPG ebenso aus, weil das Verhalten des Bf auch nicht auf einen gefährlichen Angriff abzielte. Dieser hatte keinen Angriffswillen, sondern protestierte nur gegen die Amtshandlung, indem er teilweise auch gestikulierend seinen Unmut vor allem gegenüber RI H äußerte.

 

Deswegen kann entgegen der Ansicht der Bezirksverwaltungsbehörde Schärding die Frage nach dem Wirkungsbereich und nach allfälligen Ermächtigungen der städtischen Sicherheitswachebeamten zur Vornahme der gegenständlichen Amtshandlung nicht auf sich beruhen.

 

4.4. Befugnis zur Amtshandlung nach Straßenverkehrs- und Kraftfahrrecht

 

4.4.1. Amtshandlung auf der Grundlage von Übertragungsverordnungen

 

4.4.1.1. Gemäß § 94c Abs 1 StVO 1960 kann die Landesregierung durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten (§ 94b), die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Bei der Besorgung der übertragenen Angelegenheiten tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde. Nach § 94c Abs 2 StVO 1960 kann sich die Übertragung sowohl auf gleichartige einzelne, als auch auf alle im § 94b leg.cit. bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich einzelner oder aller Straßen beziehen. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme der Vollziehung des § 50 VStG sind von der Übertragung ausgeschlossen.

 

Sofern eine Gemeinde über einen Gemeindwachkörper verfügt, kann ihr gemäß § 94c Abs 3 StVO 1960 die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit. a) durch diesen übertragen werden. Hiebei können alle oder nur bestimmte Angelegenheiten der Verkehrspolizei hinsichtlich aller oder nur einzelner Straßen übertragen werden.

 

Nach der auf Grund des § 94c Abs 3 StVO 1960 ergangenen Verordnung der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996, Zl. VerkR-10.015/17-1996/Kof (vö in der ALZ, Folge 24 v 21.11.1996), wurden der Stadtgemeinde Schärding die Angelegenheiten der Verkehrspolizei gemäß dem § 94b Abs 1 lit. a) StVO 1960 übertragen, soweit sie sich nicht auf Bundes-, Landes- oder Bezirksstraßen beziehen. Ausgenommen von der Übertragung wurden die Angelegenheiten nach dem § 4 StVO 1960 und des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme des § 50 VStG.

 

Auf der Grundlage des § 123 Abs 3 KFG 1967 kann der Landeshauptmann Gemeinden, denen gemäß § 94c StVO 1960 die Handhabung der Verkehrspolizei durch deren Gemeindewachkörper übertragen ist, durch Verordnung für dieselben Straßen die Mitwirkung an der Vollziehung des Kraftfahrgesetzes durch den Gemeindewachkörper im Umfang der Mitwirkung der Bundespolizei nach dem § 123 Abs 2 leg.cit. übertragen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit ihrer Stellungnahme vom 6. März 2008 die auf Grund des § 123 Abs 3 KFG 1967 ergangene Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. März 1990, Zl. VerkR-1068/63-1990–III/H, in Ablichtung vorgelegt. Nach dem § 1 dieser Verordnung wurde der Stadtgemeinde Schärding (gemeint durch den Gemeindewachkörper) die Mitwirkung an der Vollziehung des KFG 1967 im Umfang des § 123 Abs 2 leg.cit übertragen, wobei die Übertragung für Straßen im Gemeindegebiet Schärding mit Ausnahme von Bundes-, Landes- oder Bezirksstraßen gilt. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens sind von der Übertragung ausgeschlossen worden.

 

4.4.1.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Verfolgung des Bf wegen des Verdachts einer Übertretung des § 5 Abs 1 StVO 1960 durch eine Alkoholfahrt im Stadtgebiet von Schärding auf Bundes-, Landes- oder Bezirksstraßen erfolgte (vgl dazu auch das Straferkenntnis der BH Schärding vom 11.4.2007). Die Bahnhofstraße ist jedenfalls eine Bezirksstraße, die von den oben zitierten Übertragungsverordnungen ausgenommen ist. Die Überprüfung des Bf fand schließlich im Bereich vor seinem Hauseingang auf dem Privatgrundstück in der B statt.

 

Entgegen der aktenwidrigen Behauptung in der Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde vom 6. März 2008 kann überhaupt keine Rede davon sein, dass die Hauszufahrt des Bf eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs 1 StVO sein könnte. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Entscheidend ist nicht ein Besitz- und Eigentumsverhältnis am Straßengrund, sondern die Widmung durch den Eigentümer, wobei es auf die Kennzeichnung und den äußeren Anschein ankommt (dazu näher mwN Messiner, StVO10 [1999] § 1 Anm 3 u 7 sowie E 2, E 3 u E 13 ff).

 

Wie bereits unter Punkt 3.1. festgestellt, handelte es sich gegenständlich um eine Grundstückseinfahrt zum Haus B mit einem offen stehenden Einfahrtstor. Der Bf hat in seiner letzten Stellungnahme zutreffend auf die diesen Umstand belegenden Aussagen der städtischen Sicherheitswachebeamten hingewiesen, wonach beim Abbiegen auf sein Grundstück eine Zaunsäule bzw das Einfahrtstor beschädigt worden ist (vgl dazu Punkt 3.8.).

 

Bei einer, wenn auch offen stehenden, Grundstückseinfahrt kann demnach von einem äußeren Anschein der Widmung für den allgemeinen Gebrauch nicht gesprochen werden. Damit ist auch allen weiteren Überlegungen der Bezirksverwaltungsbehörde zur Zuständigkeit der Sicherheitswachebeamten auf der Grundlage der Übertragungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996 oder der Übertragungsverordnung des Landeshauptmannes vom 5. März 1990 der Boden entzogen. Auch der Anwendungsbereich des Kraftfahrgesetzes 1967 (vgl § 1 Abs 1 KFG) und des Führerscheingesetzes (vgl § 1 Abs 1 FSG) bezieht sich nur auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.

 

4.4.2. Vollzugsaufgaben außerhalb des Wirkungsbereichs der Gemeinde

 

4.4.2.1. Vorbemerkungen

 

Im gegebenen Zusammenhang ist zunächst zu erwähnen, dass gegen die früher bloß auf einfachgesetzlicher Ebene vorgesehenen Möglichkeiten der Betrauung von Gemeindeorganen mit Vollziehungsaufgaben außerhalb des Wirkungsbereichs der Gemeinden verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet wurden (vgl Nachw in FN 6 bei Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118a B-VG Rz 1; Hauer/Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, 1993, 500 Anm 2 zu Art 118 B-VG). Erst die Verfassungsnovelle 1999 (BVG BGBl I Nr. 8/1999) hat den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen und im Art 118a Abs 1 B-VG eine Annexkompetenz für den Bundes- oder Landesgesetzgeber mit der Möglichkeit geschaffen, Angehörige einer Gemeindesicherheitswache ganz allgemein zur Besorgung des Exekutivdienstes für die zuständige Behörde zu ermächtigen (vgl näher zum Ganzen Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118a Rz 21 ff).

 

Mit der B-VG-Novelle 1999 wurde anstelle des bisherigen Art 118 Abs 8 B-VG der Art 118a B-VG eingefügt, wobei der Abs 1 die bisherige Regelung erweitert und der Abs 2 diese nur sprachlich leicht modifiziert hat. Nach den Materialien sollte der mit der B-VG-Novelle 1991 eingeschlagene Weg, wonach Gemeindewachkörper erstmals unabhängig vom Wirkungsbereich der Gemeinden zur Handhabung des VStG ermächtigt werden konnten, fortgesetzt werden. In Erweiterung der Regelung des alten Art 118 Abs 8 B-VG sollte der Materiengesetzgeber nunmehr entscheiden können, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen die Angehörigen eines Gemeindewachkörpers für die zuständige Behörde zur Handhabung des Exekutivdienstes ermächtigt werden können (vgl Bericht des Verfassungsausschusses, 1562 BlgNR 20. GP, Seite 2 - "Zu Art.118 Abs. 8:" und Seite 4 - "Zu ... Z 14"; zur historischen Entwicklung und Bedeutung näher Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118 Abs 8 Rz 1-5 und Art 118a Rz 1-5 ).

 

Art 118 Abs 8 B-VG idF BGBl Nr. 565/1991 genügte den Anforderungen der Praxis immer noch nicht, weil er Gemeindewachkörpern nach wie vor die Setzung von Verwaltungsakten außerhalb des Verwaltungsstrafgesetzes verwehrte. Die Erweiterung durch den neu geschaffenen Art 118a Abs 1 B-VG ermöglichte es, Angehörige von Gemeindewachkörpern außerhalb des Wirkungsbereichs von Gemeinden mit Angelegenheiten der Bundes- oder Landesvollziehung zu betrauen, und lässt damit eine Ausnahme vom Grundsatz zu, dass jeder Rechtsträger die Aufgaben durch eigene Organe zu besogen hat (vgl zum Ganzen mwN Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118a Rz 3 ff).

 

Die einfachgesetzliche Rechtslage ist nach wie vor uneinheitlich. Für die Zuständigkeit von Angehörigen von Gemeindewachkörpern etwa zur Fahrzeug- und Lenkerkontrolle außerhalb des Wirkungsbereichs der Gemeinde (also nicht im Bereich von Übertragungsverordnungen) bestehen unterschiedliche einfachgesetzliche Regelungen.

 

4.4.2.2. Mitwirkung bei der Vollziehung der Straßenverkehrsordnung

 

Im gegebenen Fall einer unter die Straßenverkehrsordnung fallenden Lenkerkontrolle (vgl auch § 97 Abs 5 StVO 1960) kommt als einschlägige Norm zunächst der § 97 Abs 1 StVO 1960 in Betracht:

 

    § 97 (1)  Die Organe der Straßenaufsicht, insbesondere der Bundespolizei und im Falle des § 94c Abs. 1 auch der Gemeindewachkörper, haben die Ver-       kehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit. a) zu handhaben und bei der Vollziehung          dieses Bundesgesetzes durch

    a) Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen,

    b) Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich   sind,

    c) Anwendung körperlichen Zwanges, soweit er gesetzlich vorgesehen ist, mitzuwir-       ken.

       Darüber hinaus können Mitglieder eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen Organe der Straßenaufsicht zur Mitwirkung bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die in lit. a bis c angeführten Maßnahmen ermächtigt werden. In diesem Fall unterstehen die Mitglieder des Gemeindewachkörpers in fachlicher Hinsicht der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.

 

Wie der Verweis auf § 94b Abs 1 lit. a) StVO 1960 zeigt, geht es um die Ermächtigung zur Mitwirkung an der Verkehrspolizei, welche als die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen definiert wird. Die im ersten Satz des § 97 Abs 1 StVO 1960 unter lit. a bis c angeführten Maßnahmen werden im Rahmen der Handhabung der Verkehrspolizei durch Organe der Straßenaufsicht gesetzt.

 

Nach dem zweiten Satz des § 97 Abs 1 StVO 1960 können Mitglieder eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen Organe der Straßenaufsicht (Bundespolizei) zur Mitwirkung bei der Vollziehung der StVO im Umfang des ersten Satzes (lit. a bis c) ermächtigt werden. In diesem Fall unterstehen sie fachlich der Bezirksverwaltungsbehörde und schreiten damit als deren Hilfsorgane ein. Organe der Straßenaufsicht handeln, gleichgültig wem sie organisatorisch unterstehen, im Namen der für die Verkehrspolizei zuständigen Behörde. Dies ist im vorliegenden Fall der Bezirkshauptmann von Schärding, dem auch durch Weisungsrecht iSd Art 20 Abs 1 B-VG eine Einflussmöglichkeit auf die Tätigkeit der Hilfsorgane eingeräumt sein muss (vgl Pürstl, StVO12 [2007] § 97 Anm 1 und 2).

 

Die gegenständliche Amtshandlung der beiden städtischen Sicherheitswachebeamten diente der verkehrspolizeilichen Überprüfung des Bf als Lenker des Kraftfahrzeuges Audi 100 mit dem Kennzeichen auf seine Fahrtüchtigkeit und der Vorbereitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen des Verdachts eines Alkoholdeliktes nach § 5 iVm § 99 Abs 1, 1a oder 1b StVO 1960. Auch wenn die Stadtpolizisten den Bf nicht ausdrücklich zum Alkotest aufgefordert haben sollten, erfolgte die Amtshandlung im Rahmen der "Handhabung" der Verkehrspolizei nach § 97 Abs 1 StVO 1960. Sie bedurfte außerhalb des Bereichs der Übertragungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 4. November 1996 auf einer Bezirksstraße und danach auf Privatgrund jedenfalls der Ermächtigung der Gemeindewacheorgane durch die Bezirksverwaltungsbehörde Schärding nach dem 2. Satz des § 97 Abs 1 StVO 1960. Wie aus der Stellungnahme dieser Behörde vom 6. März 2008 abzuleiten ist, ist offenbar eine Ermächtigung iSd § 97 Abs 1 Satz 2 leg.cit. durch die Bezirksverwaltungsbehörde nie erfolgt. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat weder eine solche Ermächtigung behauptet, noch entsprechende Aktenvorgänge übermittelt.

 

Die Amtshandlung der städtischen Sicherheitswachebeamten war daher schon wegen der Überschreitung des der Gemeinde übertragenen Wirkungsbereiches rechtswidrig. Dies gilt ungeachtet der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass eine Aufforderung zum Alkotest auch auf Privatgrund möglich ist und die Verpflichtung zur Ablegung einer Atemluftuntersuchung besteht, weil nur entscheidend sei, dass das Lenken auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr stattgefunden hat (vgl mwN VwGH 16.4.1997, Zl. 96/03/0374; VwGH 19.10.2004, Zl. 2002/02/0049).

 

4.4.2.3. Mitwirkung bei der Vollziehung im Kraftfahrrecht

 

Neben der Straßenverkehrsordnung könnte noch das Kraftfahrrecht (Kraftfahrwesen im Art 10 Abs 9 B-VG) am Rande eine untergeordnete Rolle spielen. Dabei ist zwischen Kraftfahrgesetz und dem Führerscheingesetz zu unterscheiden.

 

Gemäß § 123 Abs 2 KFG 1967 hat die Bundespolizei an der Vollziehung des KFG 1967 durch die zuständigen Behörden mitzuwirken. Dabei hat die Bundespolizei

 

1. die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf den Straßen mit öffentlichem Verkehr zu überwachen,

2. Maßnahmen, die für die Einleitung oder Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind zu treffen und

3. in den im KFG 1967 ausdrücklich vorgesehenen Fällen einzuschreiten.

 

§ 123 Abs 3 KFG 1967 sieht durch Verordnung des Landeshauptmannes die Übertragung der Mitwirkung an der Vollziehung des KFG 1967 auf Gemeinden durch deren Gemeindewachkörper im Umfang der Mitwirkung der Organe der Bundespolizei nach § 123 Abs 2 leg.cit. vor. Eine in Analogie zu § 97 Abs 1 Satz 2 StVO darüber hinaus gehende, außerhalb des Wirkungsbereichs der Gemeinde wirksame Ermächtigung von Organen der Gemeindewachkörper im Umfang des § 123 Abs 2 KFG 1967 durch die Bezirksverwaltungsbehörde ist gar nicht vorgesehen.

 

Kraftfahrrechtliche Amtshandlungen von Angehörigen der Gemeindewachkörper außerhalb einer Übertragungsverordnung des Landeshauptmannes iSd § 123 Abs 3 KFG 1967 kommen demnach von vornherein nicht in Betracht. Eine Ermächtigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde kann nur gemäß Art 118a Abs 2 B-VG zur Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes im Zusammenhang mit kraftfahrrechtlichen Übertretungen (vgl unten Punkt 4.5.), nicht aber auch in Bezug auf administrative Maßnahmen nach dem Kraftfahrrecht erfolgen.

 

Im Führerscheingesetz ist gemäß § 35 Abs 2 Z 3 FSG ganz allgemein vorgesehen, dass an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die zuständigen Behörden auch Organe der Gemeindewachen mitzuwirken haben. Dies Regelung erscheint allerdings im Hinblick auf die Annexkompetenznorm des Art 118a Abs 1 B-VG, die nur die gesetzliche Regelung einer mit Zustimmung der Gemeinde möglichen Ermächtigung zur Besorgung des Exekutivdienstes durch Angehörige von Gemeindewachkörpern vorsieht, verfassungsrechtlich nicht gedeckt.

 

Beim Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kommt der Mitwirkung an der Vollziehung des Führerscheingesetzes aber ohnehin keine maßgebende Bedeutung zu.

 

4.5. Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes

 

4.5.1. Verfassungsrechtliche Grundlage

 

 Art 118a Abs 2 B-VG (idF BGBl I Nr. 8/1999) lautet:

 

"Mit Zustimmung der Gemeinde kann die Bezirksverwaltungsbehörde Angehörige eines Gemeindewachkörpers ermächtigen, an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes im selben Umfang mitzuwirken wie die übrigen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Diese Ermächtigung kann nur erteilt werden, soweit die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildenden Angelegenheit die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu überwachen haben oder soweit diese Angelegenheit im Wirkungsbereich der Gemeinde zu besorgen ist."

 

Die Angehörigen der Gemeindewachkörper können nach Art 118a Abs 2 B-VG ermächtigt werden, "an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes ... mitzuwirken" (Art 118 Abs 8 B-VG idF BGBl Nr. 565/1991 sprach noch  von "zur Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes ... ermächtigt werden"). Der Umfang dieser Ermächtigung wird heute wie früher durch den Hinweis auf die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgelegt. Der Unterschied in der Formulierung erklärt sich wohl nur daraus, dass die Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes als Aufgabe der Behörde zu sehen ist, an der die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als Hilfsorgane mitwirken.

 

Nach dem Bericht des Verfassungsausschusses beschränkt sich der vorgeschlagene Art 118a Abs 2 B-VG im Wesentlichen auf terminologische Anpassungen des Art 118 Abs 8 B-VG. Durch die Verwendung des Begriffs Bezirksverwaltungsbehörde sollte klargestellt werden, dass die Bestimmung auch für Bürgermeister der Städte mit eigenem Statut gilt. Zum Begriff der Handhabung verweist der Verfassungsausschuss auf Art 11 Abs 4 B-VG, wo dieser Begriff im Zusammenhang mit Bedarfsgesetzen verwendet wird (vgl zum Ganzen AB, 1562 BlgNR 20. GP, Seite 5 aE).

 

Unter der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes ist dessen Vollziehung zu verstehen, so wie dies auch für die Handhabung der Bedarfsgesetze nach Art 11 Abs 4 B-VG gilt (vgl Mayer, B-VG3, Anm III.2. zu Art 11 B-VG). Damit beschränkt sich diese Befugnis auf die Setzung jener Rechtshandlungen, zu denen das Verwaltungsstrafgesetz auch die übrigen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beruft. Amtshandlungen, die im Verwaltungsvollstreckungsgesetz oder in Materiengesetzen geregelt sind, können nicht Gegenstand einer Ermächtigung nach Art 118a Abs 2 B-VG sein (vgl Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, 3. Lfg. 2000, Art 118a Rz 11). Die schon vom Verfassungsgesetzgeber 1991 (vgl AB, 241 BlgNR 18. GP, 2) angestrebte Gleichstellung der Mitglieder von Gemeindewachkörpern mit Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes kann sich nur auf die Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes und damit auf die dort geregelten Verwaltungsakte beziehen (vgl Keplinger, Die Handhabung des VStG durch Angehörige der Gemeindewachen, ÖGZ 1994/5, 22; ders, Zum Entwurf eines neuen Art. 118 Abs. 8 B-VG, ÖGZ 1994/7, 11 f ; Pöschl, aaO, Art 118a Rz 11).

 

4.5.2. Zum Inhalt und Umfang der Ermächtigung

 

Die Möglichkeit zur Ermächtigung nach Art 118a Abs 2 B-VG ist auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt, nämlich auf solche die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überwachen haben oder in den Wirkungsbereich der Gemeinde fallen. Der Ermächtigungsumfang ist jeweils mit Zustimmung der Gemeinde auch inhaltlich speziell festzulegen, weil ein verfassungsrechtlich vorgegebener Standard fehlt (vgl Keplinger, Die Handhabung des VStG durch Angehörige der Gemeindewachen, ÖGZ 1994/5, 23 unter Zitierung des AB, ders, Zum Entwurf eines neuen Art 118 Abs 8 B-VG, OGZ 1994/7, 13), wobei die Zustimmung der Gemeinde (bzw. des Bürgermeisters als Dienstbehörde) eine notwendige Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen der Ermächtigung darstellt (vgl Pöschl, in Korinek/Holoubek (Hrsg.) Bundesverfassungsrecht, Art 118a Rz 18). Im Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (vgl 241 BlgNR 18. GP, 2) wird betont, dass der Umfang der Ermächtigung, die Mitgliedern eines bestimmten Gemeindewachkörpers erteilt wird, sowohl von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als auch von der betreffenden Gemeinde abhängig ist. Bei der Festlegung der Ermächtigung sei insbesondere auf die Leistungsfähigkeit des in Frage kommenden Gemeindewachkörpers zu achten.

 

Hauer/Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz (1993), 502, sehen in der "Ermächtigung" einen der Erteilung von Approbationsbefugnis vergleichbaren behördlichen Akt. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 899, gehen bei der vergleichbaren Ermächtigung für Organstrafverfügungen nach § 50 VStG sogar von Bescheidcharakter aus.

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der öffentlichen Aufsicht benötigen nur für § 37a VStG (Einhebung einer vorläufigen Sicherheit) und für § 50 VStG (Organstrafverfügungen) eine besondere Ermächtigung der Strafbehörde. Im Hinblick auf die verfassungsunmittelbare Ermächtigungsmöglichkeit nach dem Art 118a Abs 2 B-VG (früher Art 118 Abs 8 B-VG) brauchen Gemeindesicherheitswachebeamte nach der zutreffenden Ansicht von Hauer/Keplinger, Handbuch, 502 Anm 7 und 8, auch für die anderen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes, die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch ohne besondere Ermächtigung handhaben können, eine ausdrückliche Ermächtigung. Danach müsste sich die in der Praxis verwendete "Ermächtigungsurkunde" bei Angehörigen von Gemeindewachkörpern auf folgende Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes beziehen: § 21 Abs 2 (Absehen von Strafe – Abmahnung), § 27 Abs 3 und 4 (sprengelüberschreitende Amtshandlungen und Vorführungen), § 35 (Festnahme), § 37a (vorläufige Sicherheitsleistung), § 39 Abs 2 (vorläufige Beschlagnahme) und § 50 (Organstrafverfügungen).

 

Im Ergebnis bedarf es für eine wirksame Ermächtigung iSd Art 118a Abs 2 B-VG der materiellen und formellen Festlegung des Ermächtigungsumfanges durch die Bezirksverwaltungsbehörde mit der (nachweislichen) Zustimmung der Gemeinde (Bürgermeister als Dienstbehörde). Demnach hat die Bezirksverwaltungsbehörde in der Ermächtigung eines Angehörigen des Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde die Materien, in denen das Verwaltungsstrafgesetz von dem Angehörigen des Gemeindewachkörpers vollzogen werden soll, und zusätzlich in formeller Hinsicht alle oder nur einzelne der oben angeführten Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausdrücklichen anzuführen.

 

Im Falle einer wirksamen Ermächtigung nach Art 118a Abs 2 B-VG zur Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes handeln Organe des Gemeindewachkörpers als Hilfsorgane und nach den Weisungen der Bezirksverwaltungsbehörde. Handlungen im Rahmen der Ermächtigung werden der Bezirksverwaltungsbehörde zugerechnet (vgl Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118a Rz 19).

 

4.5.3. Ermächtigungsurkunden der Bezirksverwaltungsbehörde Schärding

 

Die städtischen Sicherheitswachebeamte RI H und RI H verfügten über eine Ermächtigungsurkunde der Bezirkshauptmannschaft Schärding je vom 14. Februar 2007 in Anlehnung an das Formular 21 der Verwaltungsformularverordnung (BGBl II Nr. 508/1999) betreffend die §§ 37a und 50 VStG. Am Deckblatt ist ausdrücklich die Rede von Ermächtigungsurkunde zur Empfangnahme einer vorläufigen Sicherheit, für Organstrafverfügungen und zur Untersuchung der Atemluft. Die letztgenannte Ermächtigung (der Dienstbehörde) fällt allerdings unter § 5 Abs 2 und 3 StVO 1960 und nicht unter das Verwaltungsstrafgesetz. Auf einem Blatt danach werden die ermächtigende Behörde, das Amtsorgan mit Dienstausweis. Nr. genannt und unter der Klausel "mit Zustimmung der Dienstbehörde ermächtigt" befindet sich die Klausel "Für den Bezirkshauptmann:" mit Amtssiegel und Unterschrift des Approbationsbefugten.

 

Auf dem nachfolgenden Blatt unter "Raum für behördliche Eintragungen:" ist zu lesen:

 

Die gegenständliche Ermächtigung umfasst weiters die Ermächtigung für jedes, für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Betracht kommende Verwaltungshandeln nach dem VStG.

 

Schärding, am 23. Jan. 2007 (Datumsstempel)

Bezirkshauptmannschaft Schärding (Amtssiegel)

Name und Unterschrift des Genehmigenden (Approbationsbefugten) fehlen!

 

Darunter befindet sich eine vom Bürgermeister von Schärding (als Dienstbehörde) am 24. Jänner 2007 unterschriebene Eintragung mit der Ermächtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gemäß § 5 Abs 2 und 3 StVO 1960.

 

Das verwendete Formular entspricht nicht genau der Veröffentlichung laut Anlage zur Verwaltungsformularverordnung BGBl II Nr. 508/1999, sondern wurde abweichend davon und unübersichtlich zusammengestellt. Das veröffentlichte Original besteht aus dem Deckblatt "Ermächtigungsurkunde" mit der Fußnote "Formular 21 zu §§ 37a und 50 VStG", dann dem Blatt 2 mit der Angabe von Behörde, Geschäftszahl, Name des Amtsorgans, Dienstausweis-Nr., Dienstnr. (Dienstkarte) und der Klausel "ist mit Zustimmung der Dienstbehörde ermächtigt:", danach aus den Blättern 3 und 4 mit insgesamt 6 Gliederungspunkten im Zusammenhang mit den §§ 37a und 50 VStG, wobei Punkt 5. auf die Atemluftuntersuchung gemäß §§ 5 Abs 2 und 5a Abs 3 StVO 1960 abstellt. Erst am Ende dieser 6 Gliederungspunkte sind die Angabe von Ort, Datum und Unterschrift (der ermächtigenden Behörde) vorgesehen. Ein "Raum für behördliche Eintragungen" ist darüber hinaus gar nicht vorhanden.

 

Entgegen der Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde hält der erkennende Verwaltungssenat die aktenkundigen Ermächtigungsurkunden schon aus formellen Gründen für ziemlich bedenklich. Die Fertigung "Für den Bezirkshauptmann" mit Amtssiegel und Unterschrift findet sich nicht entsprechend der Verwaltungsformularverordnung erst am Ende des Ermächtigungstextes, sondern bereits auf dem Blatt unmittelbar nach dem Deckblatt. Somit ist diese Form von Beurkundung offenbar missbrauchsanfällig und können nachträglich Blätter ausgetauscht oder ergänzt werden, ohne dass dies auffallen muss.

 

Die Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Schärding, dass eine korrekte Ermächtigung zur Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes vorliege, ist schon aus formellen Gründen abzulehnen. Die behördliche Unterschrift vom 14. Februar 2007 nach dem Deckblatt "Ermächtigungsurkunde zur ...." kann man allenfalls mit Bedenken noch hinsichtlich der §§ 37a und 50 VStG gelten lassen, weil diese schon am Deckblatt angesprochen werden. Die nachfolgende mit Datumsstempel 23. Jänner 2007 auch anders datierte (!) "behördliche Eintragung" ohne Unterschrift eines Approbationsbefugten ist entgegen der Ansicht der Bezirksverwaltungsbehörde schon vom äußeren Anschein her weder "zweifellos mit umfasst", geschweige denn hinreichend determiniert. Wie den Ausführungen unter Punkt 4.5.2. im Einzelnen zu entnehmen ist, entspricht die beschriebene "Pauschalermächtigung" durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht annähernd den aus der verfassungsrechtlichen Grundlage des Art 118a Abs 2 B-VG abzuleitenden Kriterien.

 

Im Ergebnis war von keiner wirksamen Ermächtigung iSd Art 118a Abs 2 B-VG der Organe des Wachkörpers der Stadt Schärding auszugehen.

 

4.6. Festnahmebefugnis nach dem Verwaltungsstrafgesetz?

 

Da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich schon keine wirksame Ermächtigung zur Mitwirkung an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes vorliegt, können sich die Beamten der städtischen Sicherheitswache schon aus diesem Grund nicht auf eine Festnahmebefugnis nach dem Verwaltungsstrafgesetz berufen. Aber selbst wenn man diese Ansicht nicht teilen will, vermag dies aus folgenden Gründen nichts am Ergebnis zu ändern:

 

4.6.1. Zur Festnahmebefugnis nach § 35 Z 1 VStG

 

Eine Festnahme gemäß § 35 Z 1 VStG scheitert schon daran, dass der Bf nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nicht unbekannt war, auch wenn er sich nicht auswies. Er stellte sich RI H als W vor und RI H kannte ihn von früheren Amtshandlungen (vgl dazu die Feststellungen im Punkt 3.2.). Außerdem wäre die Identität durch Anfrage per Funk bei der Bezirksleitzentrale nach dem Zulassungsbesitzer des Audi 100 mit dem Kennzeichen sofort feststellbar gewesen. Selbst die Bezirksverwaltungsbehörde Schärding hat in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2008 diese Festnahmemöglichkeit mit der Begründung verneint, dass die Identitätsklärung des Bf noch nicht abgeschlossen war und allein wegen der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt keine Festnahmebefugnis denkbar sei.

 

4.6.2. Zur Festnahmebefugnis gemäß § 35 Z 3 VStG

 

Diese Befugnis setzt voraus, dass der Bf nicht nur auf frischer Tat betreten, sondern trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht. Als strafbare Handlung könnte man im vorliegenden Fall an den § 82 Abs 1 SPG denken, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe bis 218 Euro oder bei Vorliegen erschwerender Umständen mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist,

 

wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetz­lichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Das zentrale Tatbestandsmerkmal dieser Verwaltungsübertretung ist das aggressive Verhalten. Dabei bedeutet aggressives (im alten Art IX Abs 1 Z 2 EGVG: ungestümes) Benehmen angreifend oder angriffslustig und feindsselig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist damit sowohl in Sprache und Tonfall als auch in der Bewegung und Gestik ein mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten gemeint (vgl zum Ganzen näher mit zahlreichen Nachw Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar3 [2005], B.5.1. ff zu § 82). Die städtischen Sicherheitswachebeamten haben weder selbst ausdrücklich ein aggressives Verhalten nach § 82 Abs 1 SPG behauptet, noch konnten sie durch ihre Angaben das erkennende Mitglied davon überzeugen. Dass der Bf an der von RI H geführten Amtshandlung nicht konstruktiv mitwirkte und eine Protesthaltung einnahm, wobei er vor allem RI H, zu dem er wegen früherer Amtshandlungen ein gespanntes Verhältnis hatte, beschimpfte, reicht noch nicht für ein aggressives Verhalten aus. Ebenso wenig, dass er rauchte und mit der Zigarette gestikulierte. In Bezug auf den später von RI H befürchteten Angriff des Bf mit einem Schlüssel in der Faust wurde der Bf bekanntlich vom Strafrichter rechtskräftig freigesprochen. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass der Bf auch keinen von vornherein sinnlosen Angriff auf RI H vorbereiten wollte. Vielmehr war dieser Beamte nervlich angespannt und hatte überreagiert (dazu unter Punkten 3.5. und 4.3.2.).

 

Beim festgestellten Sachverhalt war demnach schon zu bezweifeln, dass das renitente Benehmen des Bf eine solche Intensität erreichte, um von einem aggressiven Verhalten sprechen zu können. Unmutsäußerungen oder beleidigende Äußerungen und Beharrlichkeit genügen nämlich noch nicht. Der Bf hat im Übrigen den nur teilweise unzutreffenden Rechtsstandpunkt vertreten, dass er auf seinem Grund nicht blasen müsste und die beiden Beamten sein Grundstück zu verlassen hätten. Das wenn auch entschiedene Vertreten eines Rechtsstandpunktes reichte nach der Rechtsprechung schon nicht zur Verwirklichung des früheren Straftatbestandes des ungestümen Benehmens aus (vgl Hauer /Keplin­ger, SPG-Kommentar3 [2005], C.3. zu § 82).

 

Wie oben unter Punkt 4.4.2. näher dargelegt, waren die Organe des Gemeindewachkörpers der Stadt Schärding mangels einer Ermächtigung gemäß dem § 97 Abs 1 Satz 2 StVO durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu der die Fahrtüchtigkeit des Bf überprüfenden Amtshandlung gar nicht berechtigt. Sie hatten selbst Zweifel an ihrer Kompetenz und wollten deshalb die Alkoholkontrolle auch nicht selbst abschließen, sondern verständigten für die Atemluftuntersuchung die Bundespolizei. Selbst wenn man also das aggressive Verhalten des Bf bejahte, fehlte es am Tatbestandsmerkmal "während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen", weil es schon an der Befugnis zur Amtshandlung und damit an der Rechtmäßigkeit im formalen Sinne fehlte (dazu näher Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar3 [2005], B.5.4. zu § 82). Auch die vom Tatbild des § 82 Abs 1 SPG vorausgesetzte Abmahnung, der Bf möge ein allfälliges aggressives Verhalten einstellen, konnte nicht festgestellt werden. Noch weniger wurde die vor einer Festnahme vorgeschriebene Abmahnung gemäß § 35 Z 3 VStG vorgenommen, die beim Festnahmegrund der Fortsetzung oder Wiederholung des strafbaren Verhaltens notwendig ist.

 

4.7. Ergebnis

 

Auf Grund der dargestellten Rechtslage steht im vorliegenden Beschwerdefall fest, dass der unter Punkt 4.2.1. umschriebene Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf nicht durch eine gesetzliche Grundlage gerechtfertigt werden kann.

 

Die im Punkt 4.2.2. angesprochene erniedrigende Behandlung des Bf gemäß Art 3 EMRK durch den physischen Zwangsakt der Gemeindewacheorgane kann nicht als notwendig und verhältnismäßig betrachtet werden. Wie bereits näher dargelegt kommt nach dem festgestellten Sachverhalt kein gefährlicher Angriff des Bf auf RI H in Betracht. Deshalb bestand auch unter Bedachtnahme auf seine Eigensicherung kein Grund für die Anwendung von Körperkraft gegen den Bf. Die Zwangsausübung war schon dem Grunde nach nicht erforderlich. Die Vorwärtsbewegung des Bf auf RI H war auf seine erhebliche Alkoholisierung, nicht aber auf ein gewolltes Verhalten zur Einwirkung auf den Körper dieses Beamten zurückzuführen. RI H konnte dem alkoholisierten und daher offenbar reaktionsschwachen Bf schon zuvor die Zigarette einfach abnehmen. Wieso dann kurze Zeit später eine massive Gewaltanwendung gegen den Bf erforderlich sein sollte, wurde nicht plausibel gemacht. Objektiv betrachtet, ist der Eingriff in die körperliche Integrität des Bf nur mit einer unangemessenen Überreaktion der Beamten erklärbar. Vom Bf ging auch keine Gefahr aus, die es rechtfertigen konnte, ihn minutenlang am Boden in Bauchlage zu fixieren. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds wurde der Bf durch die Vorgangsweise der Beamten erniedrigend und menschenunwürdig behandelt.

 

Im Ergebnis wurde der Bf durch den körperlichen Zugriff bei der Amtshandlung sowohl in seinem Recht auf persönliche Freiheit (Art 1 PersFrSchG, Art 5 Abs 1 EMRK) als auch in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK, nicht unmenschlich oder erniedrigend behandelt zu werden, verletzt.

 

4.8. Zurechnung des Verwaltungsaktes

 

In der Frage der Zurechnung des angefochtenen Verwaltungsaktes geht der erkennende Verwaltungssenat auf Grund der Überlegungen unter den Abschnitten 4.4. und 4.5. davon aus, dass die beiden Angehörigen des Gemeindewachkörpers von Schärding nicht als Hilfsorgane der Bezirksverwaltungsbehörde Schärding tätig geworden sind, weil sie nicht im Rahmen von übertragenen Vollzugsaufgaben durch wirksame Ermächtigungen agiert haben. Die Zuständigkeitserklärung der Bezirkshauptmannschaft Schärding unter Hinweis auf die Verordnung des Sicherheitsdirektors für Oberösterreich vom 31. Mai 2001 geht deshalb fehl, weil nach dem festgestellten Sachverhalt kein Fall des sicherheitspolizeilichen Exekutivdienstes in Unterordnung unter den Bezirkshauptmann in Frage kommt (vgl dazu unter 4.3.).

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung ist der Bürgermeister von Schärding als belangte Behörde anzusehen. Dies folgt aus den nachstehenden Gründen:

 

Werden Organe von Gemeindewachkörpern im Rahmen von wirksam erteilten Ermächtigungen tätig, so handeln sie als weisungsgebundene Hilfsorgane der Bezirksverwaltungsbehörde (vgl Keplinger, ÖGZ 1994/5, 24 und ÖGZ 1994/7, 14 f). Bei einem Tätigwerden außerhalb der erteilten oder auf Grund einer nicht wirksam erteilten Ermächtigung ist das Handeln der Gemeindewachorgane dem Bürgermeister als Dienstbehörde zuzurechnen. Dieser hat nämlich die Wachorgane anzuweisen, von rechtswidrig erteilten Ermächtigungen keinen Gebrauch zu machen (vgl Pöschl, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 118a Rz 19).

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird der angefochtene Verwaltungsakt für rechtwidrig erklärt, dann ist nach § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder vom Beschwerdeführer zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

 

Als Aufwendungen gelten gemäß § 79a Abs 4 AVG neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Beim vorliegenden Ergebnis war auf Antrag des Bf die Stadtgemeinde Schärding als der zuständige Rechtsträger für den belangten Bürgermeister zum Aufwand­ersatz zugunsten des Bf zu verpflichten. Für die Berechnung des pauschalierten Aufwandersatzes ist von der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr.  334/2003), auszugehen. Danach beträgt der Pauschalbetrag für den Bf als obsiegende Partei bezüglich Schriftsatzaufwand 660,80 Euro und Verhandlungsaufwand 826 Euro. Daneben sind Stempelgebühren nach § 14 TP 5 und TP 6 Gebührengesetz 1957 idgF für die Beschwerde (Eingabengebühr 13,20 Euro), die Eingabe vom 2.5.2007 (13,20 Euro) mit 3 Beilagen kurz (3 x 3,60 = 10,80 Euro), die Stellungnahmen vom 25.7.2007 (13,20 Euro) und vom 1.4.2008 (13,20 Euro) angefallen. Insgesamt hat der Bf daher für Stempelgebühren von 63,60 Euro aufzukommen, die ihm im Wege der Kostenentscheidung zu ersetzen sind.

 

Es war daher dem Bf ein pauschalierter Verfahrensaufwand von 1.486,80 Euro und Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 63,60 Euro zuzusprechen und die Stadtgemeinde Schärding als der zuständige Rechtsträger zum Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 1.550,40 Euro zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 63,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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