Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222158/17/Kl/Sta

Linz, 24.04.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des M S, S. A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B, Mag. M, Mag. L, K,  L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt  vom 12. September 2007, Ge96-16-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22. April 2008,  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 3  und 51 VStG.

zu II.: §  66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. September 2007, Ge96-16-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z2 und 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der A S Gesellschaft m.b.H. für das Gewerbe "Handel mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II" (Gewerbestandort in  P, A S-S zu verantworten hat, wie aus den Anzeigen der Polizeiinspektion Freistadt, Weitersfelden und Bad Zell hervorgeht, dass zumindest in der Zeit vom 27. bis 29. Dezember 2006 in den weiteren Betriebsstätten in S. O, M, S. L, M, und S, pyrotechnische Gegenstände der Klasse II gelagert, zum Kauf angeboten und auch verkauft wurden, und dadurch genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlagen betrieben wurden (Betriebsanlagen, in denen mit pyrotechnischen Artikeln manipuliert wird und diese gelagert werden, sind geeignet, das Leben und die Gesundheit von Nachbarn und Kunden zu gefährden und bedürfen daher einer gewerbebehördlichen Genehmigung), obwohl keine hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigungen für den Betrieb dieser Betriebsanlagen vorlagen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Es wurde die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass der Spruch des Straferkenntnisses dem § 44a VStG nicht entspricht, zumal die konkreten Interessen gemäß § 74 Abs.2 Z1 bis 5 nicht zum Ausdruck kamen. Auch unterscheide die Gewerbeordnung nicht zwischen pyrotechnischen Artikeln der Klassen I und II. Der diesbezügliche Vorwurf sei daher unrichtig. Auch ist dem Spruch nicht zu entnehmen, warum die Behörde die Genehmigungspflicht der Änderung der genehmigten Betriebsanlage annimmt, zumal diesbezügliche Voraussetzungen nach der Pyrotechnik-Lagerverordnung nicht aus dem Spruch hervorgehen, aber von der Behörde zu Grunde gelegt wurden. Auch sei die belangte Behörde unzuständig, weil der Gewerbestandort sich in P, A-S-S, befinde. Schließlich wurde dargelegt, dass es unrichtig sei, dass bei jeder Lagerung von pyrotechnischen Artikeln eine Betriebsanlagenge­nehmigungspflicht vorliege. Vielmehr dürfen gemäß dieser Verordnung in nicht genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlagen pyrotechnische Gegenstände der Klasse I und II nach Maßgabe der §§ 2, 3, 5 und 6 gelagert werden. So schreibe § 6 fest, dass in Verkaufsräumen und Vorratsräumen jeweils bis zu insgesamt 30 kg pyrotechnische Gegenstände der Klasse I und II gelagert werden dürfen, sodass eine weitere Genehmigungspflicht nicht bestehe. Auch liege eine Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung und Bezirkshauptmannschaft Lienz diesbezüglich vor. Es liege daher kein vorwerfbares Verschulden des Berufungswerbers vor.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Hinsichtlich einer schriftlichen Anfrage des Oö. Verwaltungssenates betreffend die Betriebsstätten in S. O, S. L und S M teilte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 31. März 2008 mit, dass für die genannten Betriebsstätten keine Betriebsanlagen­genehmigungsbescheide vorliegen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. April 2008, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter geladen wurden und erschienen sind. Die belangte Behörde ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen BI H Z, GI P H und AI C B geladen und einvernommen.

 

4.1. Vom Berufungswerber wurden zur mündlichen Verhandlung Bescheide gemäß § 359b GewO 1994 betreffend die Betriebsanlagen Drogeriemarkt am Standort M in S. O, M in S. L und S vorgelegt. Hinsichtlich des Standortes S. O wurde mit Bescheid vom 23. Februar 2004, Ge20-88-2003, in der Anlagenbeschreibung bereits festgehalten, dass während der Jahreswende pyrotechnische Artikel der Klasse I und II zum Verkauf angeboten werden. Im Verkaufsraum werden max. 5 kg in einem versperrten Schrank aufbewahrt. Im Lager werden in einem versperrbaren Metallschrank weitere 5 kg vorrätig gehalten. Die Dauer der Lagerung beschränkt sich auf max. 1 Monat vor und 1 Monat nach Silvester. Diesbezüglich wurde auch unter Auflagenpunkt 8 aus gewerbetechnischer Sicht der Auftrag erteilt: "Im Schrank für pyrotechnische Artikel dürfen keine sonstigen Waren gelagert werden. Im Aufstellungsraum dieses Schrankes dürfen keine Heizgeräte mit offenen Feuerstellen verwendet werden."

Hinsichtlich der übrigen Standorte wurde mit Bescheid vom 27.5.1999, Ge20-23-1999-R-Wg, betreffend S. L und mit Bescheid vom 13. August 2001, Ge20-31-2001, betreffend S festgestellt, dass die Betriebsanlage die im § 359b Abs.1 GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen erfüllt. Die Lagerung pyrotechnischer Artikel ist nicht Gegenstand.

 

4.2. Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht im Übrigen fest, dass bei einer Kontrolle am 29.12.2006 am Standort S. O im Verkaufslokal in einem versperrten Stahlschrank im Kassenbereich des Verkaufslokals pyrotechnische Artikel der Klasse II vorgefunden wurden. Es wurden 15 Pakete vorgefunden.

Bei der Kontrolle am 27.12.2006 im Standort S. L wurden im Verkaufslokal in einem versperrten Stahlschrank mit einem Glassichtfenster pyrotechnische Artikel der Klasse I und II vorgefunden, wobei sicher nicht mehr als 10 kg pyrotechnischer Artikel vorhanden waren.

Am 27.12.2006 wurden bei einer Kontrolle im Verkaufslokal am Standort S pyrotechnische Artikel der Klasse I und II in einem versperrten Metallschrank vorgefunden.

An sämtlichen Standorten wurden die vorgefundenen Packungen gezählt und in der Anzeige angeführt. Mengenmäßige Angaben (Gewicht) konnten mit Ausnahme von S. L nicht gemacht werden.

Sämtliche Verkaufslokale werden von der A S GmbH mit dem Sitz in P, A-S-S, betrieben. Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist der Berufungswerber. Die A S GmbH besitzt die Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln sowie von Zündmitteln und sonstigen Sprengmitteln, die nicht dem Schieß- und Sprengmittelgesetz unterliegen, und Handel mit diesen Erzeugnissen (Pyrotechnikunternehmen), beschränkt auf den Handel mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II.

 

4.3. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden Betriebsanlagenbescheide sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen und des Berufungswerbers selbst. Die Zeugen wirkten glaubwürdig und bestätigten die Angaben in ihrer Anzeige. Es besteht kein Zweifel an der Richtigkeit der Aussage. Es konnten daher die Angaben der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs.1 und 2 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst  geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerinnenschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden. Als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes geltend auch die in § 2 Abs.1 Z4 lit. g angeführten Nutzungsrechte.

 

Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer

...

2. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

3. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81 f).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Änderung somit in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde (VwGH 27.3.1990, 89/04/0223). Ob eine Änderung vorliegt bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage  genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031; 3.4.2002, 2001/04/0069). Erfasst ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Betriebsinhabers, durch die sich in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteiligen Einwirkungen ergeben können (VwGH 20.9.1994, 93/04/0081).

Aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3 ergibt sich, dass für eine Änderung einer Betriebsanlage nur dann eine eigene Genehmigungspflicht bestehen kann, wenn die Betriebsanlage selbst bereits gewerberechtlich genehmigt ist; aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, Springer, S. 1009f, RZ 29 und 32).

Darüber hinaus ergibt sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3, dass diese Gesetzesstelle zwei – alternative – Straftatbestände enthält, wobei jedes Verhalten für sich ein eigenes Delikt bildet.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

 

5.2. Auf Grund des Beweisverfahrens steht jedenfalls fest, dass hinsichtlich des Standortes M, S. O, ein Betriebsanlagenbescheid vom 23.2.2004 besteht und dieser jedenfalls auch den Verkauf von pyrotechnischen Artikeln der Klasse II beinhaltet. Es ist daher der entsprechende Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich des Betriebsstandortes S. O, nämlich dass keine hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung vorlag, nicht erfüllt, sodass der Berufungswerber die ihm diesbezüglich angelastete Tat nicht  begangen hat. Es war daher diesbezüglich das Straferkenntnis jedenfalls aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen. Im Übrigen wurde die Übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO erstmalig im Straferkenntnis und sohin nach Ablauf der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen, sodass auch der Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG vorlag.

 

5.3. Hinsichtlich der Standorte S und S. L  ist ebenfalls eine Betriebsanlagengenehmigung mittels der bereits zitierten Feststellungsbescheide gegeben. Der Verkauf von pyrotechnischen Artikeln ist darin nicht enthalten, sodass allenfalls von einer Änderung der genehmigten Betriebsanlage auszugehen ist. Es war daher auch diesbezüglich der Tatvorwurf gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich einer bewilligungspflichtigen Änderung der gewerbebehördlichen Betriebsanlage ist aber anzumerken, dass im von der Erstbehörde durchgeführten Verwaltungs­strafverfahren in der ersten Verfolgungshandlung, nämlich Strafverfügung vom 13. Februar 2007 sowie auch in der darauf folgenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. März 2007 dem Berufungswerber von der belangten Behörde eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 vorgeworfen wurde. Diesbezüglich wird aber auf die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, dass nämlich beim Tatbestand des Betriebs einer Betriebsanlage nach genehmigungspflichtiger Änderung ohne die erforderliche Änderungsgenehmigung zum Tatbestand die genehmigungs­pflichtige Betriebsanlage, nämlich die Zitierung des Genehmigungsbescheides im Tatvorwurf erforderlich ist. Dies insbesondere auch deshalb, um im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde, festzulegen und daher klar im Spruch zum Ausdruck zu bringen, dass die nunmehr angeführten Anlagen und Nebeneinrichtungen eine Abänderung darstellen. Ein entsprechender der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes genügender Tatvorwurf wurde aber innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gemacht, sodass diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es hat daher der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Tat gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 nicht begangen, ein ausreichender Tatvorwurf hinsichtlich einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ist aber nicht rechtzeitig erfolgt und Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher auch diesbezüglich das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 und 3 VStG einzustellen.

 

5.4. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass jeder Standort für sich eine eigene Betriebsstätte und Betriebsanlage darstellt, für welche eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist. Der Betrieb ohne Betriebsanlagengenehmigung bzw. einer geänderten Betriebsanlage ohne die erforderliche Änderungsgenehmigung stellt daher für jeden Standort einer Betriebsanlage ein gesondertes Delikt dar. Auf Grund des in § 22 VStG festgelegten Kumulationsprinzips sind Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungs­übertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Dies hat auch im Schuld- und Strafausspruch zum Ausdruck zu kommen. Auch diesbezüglich liegt Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses vor.

 

5.5. Der Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde besteht jedoch nicht zu Recht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z3 bzw. Z2 GewO auf die Errichtung und den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage ab. Es kann daher nicht angenommen werden, dass die in Rede stehende Übertretung nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre, weshalb auch im Beschwerdefall kein Hinweis für eine andere gemäß § 27 Abs.1 VStG örtlich zuständige Behörde als die für den Standort der im Straferkenntnis bezeichneten Betriebsstätte besteht (VwGH 2.7.1992, 92/04/0100).

 

5.6. Zur Genehmigungspflicht hinsichtlich des Betriebs einer Betriebsanlage durch Verkauf von pyrotechnischen Artikeln ist die grundsätzliche Bestimmung des § 74 GewO 1994 über die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen heranzuziehen, insbesondere Abs.2 Z1 bis 5, und bei der bereits abstrakten Möglichkeit der Beeinträchtigung der dort umschriebenen Interessen von Genehmigungspflicht auszugehen. Über eine Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage sagt daher die im Grunde der §§ 69 und 82 GewO ergangene Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004 nichts aus, sondern  ist diese gemäß § 1 Abs.1 der Verordnung sowohl für genehmigungspflichtige als auch für nicht genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlagen anzuwenden. Der § 4 der Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004 regelt lediglich, dass in nicht genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlagen bestimmte pyrotech­nische Gegenstände nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen gelagert werden dürfen. Über die Lagerung von diesen Gegenständen bei genehmigungs­pflichtigen gewerblichen Betriebsanlagen wird keine Aussage getroffen, sondern ist vielmehr von der allgemeinen Bestimmung über die Genehmigungspflicht nach der GewO auszugehen, wobei auf die Übergangsbestimmung des § 20 der Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004 – welche hier nicht zum Tragen kommt – Bedacht zu nehmen ist.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil der Berufung Folge zu geben war, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

genehmigungspflichtige Änderung, Zitierung des Genehmigungsbescheides, Spruchkonkretisierung; pyrotechnische Artikel, keine Ausnahme von der Genehmigungspflicht gemäß Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004.

 

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