Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251567/112/Lg/Ba

Linz, 24.04.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 26. Juni 2007 und am 4. März 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der S B, H, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 26. März 2007, Zl. SV96-39-2006, wegen Übertretungen des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafen werden auf zwei Mal je 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf zwei Mal je 17 Stunden herabgesetzt.

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf zwei Mal je 50 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je zwei Tagen verhängt, weil sie es zu verantworten habe, dass die polnischen Staatsangehörigen S M Dk und W W auf der Baustelle der Bw in R, H, A Z, vom 21. März 2006 bis 23. März 2006 beschäftigt worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung wird auf die Anzeige des Zollamtes Linz vom 24.3.2006 und 19.10.2006 Bezug genommen. Bezug genommen wird ferner auf die niederschriftliche Einvernahme der Bw vor der BH Freistadt am 9.11.2006, eine Stellungnahme des Zollamtes Linz vom 14.11.2006, eine weitere Stellungnahme der Bw vom 23.11.2006, eine weitere Stellungnahme des Zollamtes Linz vom 16.2.2007.

 

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass unbestritten sei, dass die beiden Ausländer im gegenständlichen Zeitraum Innenausbau- bzw. Verspachtelungs­arbeiten durchgeführt hätten. Sie hätten dabei von der Bw zur Verfügung gestelltes Baumaterial verwendet, wobei unerheblich sei, ob dieses Material vom Baumeister aus W herbeigeschafft oder beim Baumarkt in F eingekauft wurde. Unbestritten sei auch, dass die Bw den Arbeitern eine Gratisübernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt habe.

 

Wie von den beiden Ausländern angegeben, hätten sie von der Bw Anweisungen erhalten, wo und welche Arbeiten auf der Baustelle auszuführen waren und seien diese Arbeiten auch von der Bw kontrolliert worden. Die Ausländer hätten sich bei der Bw bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende melden müssen und seien nicht frei gewesen, zu kommen und zu gehen wann sie wollten. Es liege daher ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor.

 

Die Bw sei trotz ihrer Nachfrage bei der KIAB nicht entschuldigt. Sie hätte die Kontrolle durch die Organe der KIAB abwarten müssen, um sicher zu gehen, dass auch alle erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorliegen. Das diesbezügliche Bemühen um Einholung von Informationen sei lediglich mildernd zu werten.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Strafantrag vom 24.3.2006 über die Kontrolle am 23.3.2006 liegt eine "Niederschrift mit dem Beschäftiger" bei.

 

Die Bw sagte aus: "F: Wie sind die beiden Polen auf die Baustelle gekommen? A: Herr J hat sie am Di. 21.08.2006 mit seinem Auto gebracht. F: Wer kaufte Materialien ein? A: Ich. F: Wer macht die Qualitätskontrolle? A: Ich schaue, dass alles augenscheinlich in Ordnung ist. J hat gesagt, wenn etwas nicht in Ordnung ist, kommt er vorbei und regelt alles. F: Wie werden die Fahrtkosten von wem mit den beiden Polen verrechnet? A: J verrechnet mit den beiden Herrn die Fahrtkosten. F: Wo wohnen die Polen? A: Sie wohnen während der Anwesenheit auf der Baustelle gratis bei mir."

 

Angefügt ist der Satz: "Alle vertraglichen Leistungen habe ich mit J J ausgemacht, da die beiden selbständigen Polen nichts verstehen."

 

Dem Strafantrag liegen die "Fragenkataloge zur Selbständigkeit von EU-Ausländern" bei. Demnach haben die beiden Ausländer folgende Antworten auf folgende Fragen gegeben:

 

1. Verstehen sie die deutsche Sprache?

W: ein Bisschen

S: ein Bisschen

 

2. Können sie diese lesen?

W: Nein

S: Nein

 

3. Wann sind sie nach Österreich gekommen?

W: 01.02.2005

S: 25.11.2004

 

4. Warum sind sie nach Österreich gekommen?

W: wegen Arbeit

S: wegen Arbeit

 

5. Aus welchem Grund haben sie in Österreich ein Gewerbe angemeldet?

W: damit ich legal arbeiten kann

S: damit ich legal arbeiten darf

 

6. Wer war ihnen bei den Behördenwegen behilflich bzw. wie viel mussten sie dafür bezahlen?

W: Frau B, € 30

S: E A, W

 

7. Haben sie für diese Kosten einen Beleg erhalten?

W: € 30

S: 30 €; Ja

 

8. Wer ist ihr Auftraggeber?

W: Frau S B.

S: S B. Hr. J J hat mich vermittelt.

 

9. Wer hat die vertraglichen Leistungen festgelegt?

W: S B

S: S B

 

10. Mit welchen Auftraggebern haben sie Verträge abgeschlossen?

W: S B, R, a Z

S: S B, R/a Z, Fa. K, W, …

 

11. Wenn sie einen schriftlichen Vertrag unterschrieben haben:

S: Nein.

 

11.1. Haben sie diesen verstanden?

W: -

S: -

 

11.2. Welche Tätigkeiten wurden vereinbart?

W: Innenausbau der Wohnung

S: Innenausbau der Wohnung

 

12. Seit wann arbeiten sie für diesen Auftraggeber?

W: Seit 21.03.2006

S: -

 

13. Gibt es mündliche oder schriftliche Zusatzvereinbarungen?

W: -

S: -

 

14. Was wurde vereinbart?

W: -

S: -

 

15. Auf welchen Baustellen?

W: R, a Z

S: nur im a Z

 

16. Wie lange sollen/wollen sie für ihn arbeiten?

W: ca. 10 – 12 Tage

S: ca. 10 Tage

 

17. Wo wohnen sie?

W: während d. Arbeit wohne ich in R, a Z

S: während der Arbeit hier im a Z, L

 

18. Wie sind sie zu dieser Wohnung gekommen?

W: wurde von Fr. S B zur Verfügung gestellt

S: wurde mir von Fr. B zur Verfügung gestellt

 

19. Wohnen sie alleine?

W: Nein

S: Nein

 

19.1. Wenn nicht: Mit wem wohnen sie zusammen?

W: mit Hr. S M D

S: mit Hr. W

 

20. Wer ist der Vermieter der Wohnung?

W: Frau S B

S: kann ich nicht sagen

 

21. Wem müssen sie die Miete bezahlen?

W: keine Miete

S: kann ich nicht sagen.

 

22. Wie hoch ist diese?

W: -

S: € 200,-…

 

23. Wo ist der Standort ihres Gewerbes?

W: W, E

S:  W, A

 

24. Welche Werkzeuge brauchen sie für die Ausübung ihres Gewerbes?

W: Spachtel u. Montierwerkzeug

S: Spachtel, Montierwerkzeug

 

25. Wer stellt dieses Werkzeug zur Verfügung?

W: ich selbst

S: ich selbst

 

26. Wer stellt ihnen das Arbeitsmaterial zur Verfügung?

W: Fr. S B

S: Fr. S B

 

27. Kaufen sie Arbeitsmaterialien ein?

W: Nein

S: Nein

 

28. Wer sagt ihnen, auf welcher Baustelle sie arbeiten sollen?

W: Fr. B

S: Fr. B und Hr. J J

 

29. Wer sagt ihnen wo sie auf dieser Baustelle arbeiten sollen?

W: Fr. B

S: Fr. B und Hr. J

 

30. Wer sagt ihnen, welche Arbeiten sie ausüben sollen?

W: Fr. B

S: Fr. B und Hr. J

 

31. Haben sie Mitarbeiter?

W: Nein

S: Nein

 

32. Werden sie bezüglich der Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und Arbeitsqualität kontrolliert?

W: Ja, Fr. B

S: Ja, Fr. B

 

32.1. Wenn ja, von wem?

W: Fr. B

S: Fr. B

 

33. Müssen sie sich bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende melden?

W: Ja

S: Ja

 

33.1. Wenn ja, bei wem?

W: um 8.00 bei Fr. B

S: um 8.00 bei Fr. B

 

34. Können sie kommen und gehen wann sie wollen?

W: Nein

S: Nein

 

35. Müssen sie melden, wenn sie krank sind oder auf Urlaub gehen?

W: -

S: -

 

36. Können sie sich durch eine andere Person bei ihrer Arbeit vertreten lassen?

W: Nein

S: Nein

 

37. Welches Entgelt bekommen sie?

W: € 100,- am Tag/Pauschale

S: € 100,- am Tag/Pauschale

 

38. In welcher Form wird abgerechnet?

W: Es wird eine Rechnung gestellt, mein Chef schreibt die Rechnungen

S: Es wird eine Rechnung gestellt, wenn wir fertig sind.

 

39. Wann und wie und von wem wird ausbezahlt?

W: Es wird bar ausbezahlt

S: Es wird bar bezahlt.

 

40. Wer trägt das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko?

W: Ich selbst

S: Ich

 

41. Haben sie bereits Honorarnoten gelegt?

W: nein

S: nein

 

42. Beziehen sie außer den Einkünften aus dem Werkvertrag noch andere Einkünfte?

W: Nein

S: -

 

43. Wie viel Steuer zahlen sie in ihrem Herkunftsland?

W: ich zahle keine Steuern

S: kann ich nicht sagen

 

44. Sind sie in ihrem Herkunftsland sozialversichert?

W: Nein

S: -

 

44.1. Wenn ja: Beträge in welcher Höhe müssen sie bezahlen?

W: -

S: Nein

 

45. Ist die Anmeldung in Österreich bei der Sozialversicherung bereits erfolgt?

W: Ja

S: Ja

 

46. Besitzen sie in ihrem Herkunftsland einen entsprechenden Gewerbeschein?

W: Nein

S: Nein

 

Unter amtliche Vermerke ist festgehalten unter den Angaben zu Gewerbescheine/Datum/Art des Gewerbes/Ausstellende Behörde/Ausstellungsort:

W: 03.02.2005/Verspachteln v. bereits montierten Gipskartonplatten/M W/W

S: 25.11.2004/Mobile Trennwände/M W/W

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung durch die BH Imst nahm die Bw am 25.7.2006 Akteneinsicht.

 

Daraufhin nahm sie wie folgt Stellung:

 

Nach der ersten Kontrolle am 17.10.2006 seien drei Arbeiter des Baumeisters J J von den Polizisten mitgenommen worden. Daraufhin habe sie den Baumeister kontaktiert und ihm den Fall geschildert. Er habe gesagt, dass sich die Bw deshalb keine Sorgen machen solle und habe ihr gleichzeitig mitgeteilt, dass er zwei weitere Arbeiter schicken werde, die eine gültige Arbeitserlaubnis besitzen bzw. Gewerbescheine haben und das von der Bw bei ihm bestellte Werk vollenden würden. Nach diesem Telefonat habe sich die Bw aber dennoch rückversichern wollen und habe selbst bei der Polizei angerufen und habe mitgeteilt, dass der Baumeister zwei neue Arbeiter schicken werde. Daraufhin hätten am nächsten Tag die Polizisten die beiden Arbeiter und deren Berechtigung überprüft und seien sodann, ohne diese mitzunehmen wieder gefahren. Die Bw habe somit angenommen, dass die beiden Arbeiter die nötige Berechtigung aufgewiesen hätten. Von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis hätten die Beamten nichts erwähnt. In der Annahme, dass alles seine Richtigkeit habe, habe sie die Arbeiter guten Gewissens das Werk vollenden lassen. Da diese selbständig auf eigene Rechnung arbeiten und von den Polizisten nichts Gegenteiliges ausgesagt wurde, habe die Bw davon ausgehen können, dass keine Probleme entstehen würden. Infolge dessen verstehe sie nicht, warum sie in diesem Fall eine Strafanzeige erhalten habe.

 

Das Straferkenntnis der BH Imst vom 21.8.2006 wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol mit Bescheid vom 3.10.2006 wegen örtlicher Unzuständigkeit aufgehoben.

 

In der Berufung hatte die Bw ua. angeführt, es sei dem Umstand nicht Rechnung getragen worden, dass sie selbst bei der Polizei angerufen habe, um von Polizisten feststellen zu lassen, ob diese beiden neuen Arbeiter legal arbeiten dürfen.

 

Im Übrigen wird zu drei gegenständlich nicht betroffenen polnischen Staatsangehörigen (vgl. VwSen-251568) argumentiert.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung durch die BH Freistadt vom 20.10.2006 rechtfertigte sich die Bw am 9.11.2006 niederschriftlich dahingehend, nachdem die ersten drei polnischen Staatsangehörigen weggeholt worden seien, habe sie den Baumeister J kontaktiert, welcher erklärt habe, dass er umgehend zwei neue Arbeiter bringen werde. In diesem Fall würde es keine Probleme mehr geben, weil diese Arbeiter selbständig seien und Gewerbescheine hätten.

 

Um jetzt ganz sicher zu sein, habe die Bw vor Eintreffen der Arbeiter sich bei der KIAB, Tel. Nr.: (Anm.: = Diensthandy B) erkundigt, ob sie diese Arbeiter beschäftigen dürfe. Es sei ihr gesagt worden, dass es eine weitere Kontrolle geben würde. Dass sie diese zwei Arbeiter nicht beschäftigen dürfe, habe niemand gesagt.

 

Die Bw sei der Meinung gewesen, sie dürfe die beiden Polen beschäftigen, weil sie ja selbständig seien bzw. einen Gewerbeschein hätten. Es sei mit den beiden Polen auch vereinbart worden, dass die Bw sie direkt bezahlen werde. Baumeister J habe die beiden Ausländer zur Baustelle gebracht und ihnen alles erklärt (wo und wie die Arbeiten durchzuführen seien) und sei dann nicht mehr auf die Baustelle gekommen. Bauaufsicht habe er keine durchgeführt.

 

Mit Schreiben vom 14.11.2006 nahm das Zollamt Linz dahingehend Stellung, dass dann, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, die Behörde berechtigt sei, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen. Der Umstand, dass die Ausländer das freie Gewerbe für Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten angemeldet haben, sei für die Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht maßgeblich. Die Ausländer seien in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Auftraggeberin gestanden, zumal die verarbeiteten Materialien und Werkzeuge von ihr besorgt worden seien.

 

Dazu äußerte sich die Bw am 11.12.2006 vor der Behörde wie folgt: Es sei nicht richtig, dass sie Werkzeug und Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt habe. Beides sei vom Baumeister J gebracht worden. Das Baumaterial sei am 16.3.2006 beim Baumax in F ergänzt worden, wobei die Bw den Baumeister begleitet habe. Bezahlt habe die Bw an der Kasse, eingekauft habe jedoch der Baumeister.

 

Im dem Akt beiliegenden Fragenkatalog hätten die beiden Ausländer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie selbst das Werkzeug zur Verfügung gestellt hätten.

 

Außerdem sei die Bw nach dem Telefonat mit Herrn B vom Zollamt Linz mit gutem Grund der Meinung gewesen, dass sie die zwei selbständigen, mit Gewerbescheinen ausgestatteten Ausländer ohne Bedenken beschäftigen könne, zumal diese Ausländer auch nach der Kontrolle weiter arbeiten hätten dürfen. Es sei ihr kein Wort darüber gesagt worden, dass die Arbeiter aufhören müssen (sie seien der Bw nicht weggenommen worden).

 

Die Bw habe sich bei Herrn B vorab erkundigt, welche Papiere die Polen benötigen würden, um legal zu arbeiten. B habe der Bw erklärt, dass sie vom Arbeitsamt eine Bestätigung haben müssen. Da die Polen jedoch nur Gewerbescheine vorweisen hätten können, habe die Bw Herrn B sofort wieder angerufen um zu erfahren, was zu tun sei, da die Polen nicht die von ihm genannten erforderlichen Papiere besaßen. Herr B habe gesagt, dass die Bw "da jetzt gar nichts tun könnte. Er würde selbst kommen und die Papiere prüfen. Es wurde mir auch nicht nahegelegt, diese Arbeiter wieder nach Hause zu schicken."

 

Am 29.1.2007 nahm die Bw vor der Behörde dahingehend Stellung, sie habe sich sozusagen blind auf den Baumeister verlassen. Nachdem später (gemeint: nach der ersten Kontrolle) andere – wieder polnische – Arbeiter zur Baustelle gebracht worden seien, habe sich die Bw bemüht, alles richtig zu machen und habe daher den Herrn von der KIAB darüber informiert, dass nun zwei polnische Arbeiter mit Gewerbeschein zur Baustelle gekommen seien. Die Bw habe Auskunft darüber einholen wollen, ob diese Arbeiter jetzt berechtigt sind (zu arbeiten). Die Bw habe sicherstellen wollen, dass alles rechtens ist. Trotz ihrer Bemühungen sei "der Schuss nach hinten losgegangen". Es sei Anzeige erstattet worden. Die Bw habe eine gute Staatsbürgerin sein und alles richtig machen wollen.

 

In der Stellungnahme des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 16.2.2007 wird ua. argumentiert, es sei unverständlich, dass die Bw erneut zwei Polen beschäftigt habe, da sie bereits unmittelbar zuvor bei einer Betretung anderer polnischer Staatsangehöriger "über das Ausländerbeschäftigungsgesetz" informiert worden sei.

 

4. Das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen Verhandlung.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte die Berufungswerberin zunächst dar, sie habe die Tätigkeit der gegenständlichen Ausländer als im Rahmen der Fortsetzung des Vertrages mit J (vgl. dazu VwSen-251567)  erfolgend verstanden. Nach ihrem Verständnis habe sie keine Verträge mit den Ausländern abgeschlossen. Sie räumte aber ein, im Gegensatz zur früheren Situation, verpflichtet gewesen zu sein, die Ausländer selbst zu entlohnen. Dies auf Grund einer Vereinbarung mit J, der "das gemanagt" habe. J habe zugesichert, dass diese Vorgangsweise rechtlich in Ordnung sei, da die Ausländer Selbständige seien und Gewerbescheine hätten. Die Berufungswerberin habe die Ausländer als Subunternehmer Js angesehen. Wenn sie "gepfuscht" oder nicht bzw. zu wenig gearbeitet hätten, hätte sich die Bw nach wie vor an J gehalten. Sie habe mit den beiden Ausländern "sicher keine mündlichen Vereinbarungen getroffen".

 

Die 100 Euro "Pauschale pro Tag" hätten nicht mit Arbeitsstunden korrespondiert. Im Zuge der Einvernahme Ws räumte die Bw jedoch ein, dass sich die 100 Euro pro Tag auf eine Vereinbarung von 10 Arbeitsstunden pro Tag bezogen hätten. Abweichend von den oben stehenden Angaben sagte die Bw auch aus, sie selbst habe als Auftraggeber der beiden Ausländer fungiert. Sie räumte ein, auf Grund der bestehenden Vereinbarung bzw. Berechnungsmethode ein Interesse an einer zügigen Arbeit der Ausländer gehabt zu haben. Auf Grund ihrer Präsenz wäre der Bw natürlich aufgefallen, wenn die Ausländer nicht gearbeitet hätten; sie sei "auf der Baustelle anwesend (gewesen) und (habe) daher den Arbeitsfortschritt beobachten (können)". Wenn die Ausländer nicht oder zu wenig gearbeitet hätten, hätte sie natürlich nicht die 100 Euro pro Tag bezahlt. Dies verstehe die Bw allerdings nicht als Arbeitszeitkontrolle.

 

Die Bw habe den Ausländern keine Weisungen erteilt. Die Ausländer hätten auf Grund der Erklärung Js "am Anfang" selbst gewusst, was zu tun gewesen sei.

 

J bestätigte zeugenschaftlich, dass er bezüglich der beiden hier gegenständlichen Ausländer nur einmal auf der gegenständlichen Baustelle gewesen sei, nämlich als er die beiden Ausländer dorthin verbracht habe.

 

Der Zeuge W (der die Situation des anderen Ausländers, welcher nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen werden konnte, als analog darstellte) sagte aus, er sei im Besitz eines österreichischen Gewerbescheins gewesen. Er zahle auch Steuern an das Finanzamt. J habe ihm gesagt, er könne "eine Arbeit bei der Berufungswerberin ausführen". J sei nach der Verbringung der Ausländer auf die Baustelle nicht mehr dort erschienen.

 

Der Zeuge hätte mit der Bw mündlich vor Ort eine Entlohnung von 100 Euro pro Tag bei einem Arbeitsvolumen von 10 Arbeitsstunden pro Tag vereinbart. Berechnungsgrundlage sei die Arbeitszeit gewesen. Die Ausländer hätten 10 Euro pro Stunde bekommen und 10 Stunden am Tag gearbeitet, von 8.00 bis 18.00 Uhr. Allgemein befragt, sagte der Zeuge jedoch, "Arbeitszeiten" habe "es nicht gegeben".

 

Die Arbeit hätten die Ausländer von der Bw – nicht von J – "angenommen". Die Arbeitspflicht habe gegenüber der Bw – nicht gegenüber J – bestanden. Wenn etwas "nicht gepasst" hätte, wäre die Bw zu den Ausländern "gekommen".

 

Die Bw habe den Ausländern am ersten Tag gesagt "das und das sollen wir ausführen". Sie habe aber den Ausländern "eigentlich" keine Weisungen erteilt. Allgemein befragt, sagte der Zeuge, eine Aufsicht über die Arbeit habe es nicht gegeben. Konkret sagte der Zeuge jedoch, die Bw sei täglich drei Mal "vorbeigekommen" und habe den Ausländern, nachdem J "weg gewesen" sei gesagt, "das und das sollen wir machen". Sie habe den Ausländern auch "das Material gezeigt" und gesagt, "dass wir dieses Material bei der Arbeit benützen sollen".

 

Das Werkzeug habe dem Zeugen gehört, das Material sei von der Bw zur Verfügung gestellt worden.

 

Nach Beendigung der Arbeit habe der Zeuge Rechnung gelegt und sei von der Bw bezahlt worden.

 

Das Ausfüllen des "Fragenkatalogs zur Selbständigkeit von EU-Ausländern" durch die Kontrollorgane sei trotz mangelhafter Deutschkenntnisse der Ausländer und des Verlangens nach einem Dolmetscher erfolgt.

 

Betreffend die Erkundigungen über die Berechtigung der Ausländer zu arbeiten, brachte die Bw vor, sie habe nach der ersten Kontrolle das Kontrollorgan B von der KIAB über dessen Handy kontaktiert und die Auskunft erhalten, dass die Ausländer eine "Bestätigung" des "Arbeitsamtes" über ihre "Arbeitserlaubnis" vorweisen müssten. Als die beiden gegenständlichen Ausländer bloß mit Gewerbeschein versehen "aufgetaucht" seien, habe die Bw B nochmals angerufen und ihm dies mitgeteilt. B habe gesagt, die Bw "könne gar nichts machen". Er werde in den nächsten Tagen vorbeikommen und das kontrollieren. B habe aber nicht gesagt, dass die Ausländer arbeiten dürfen. Dennoch habe die Bw die Auskunft so verstanden, dass die Ausländer arbeiten dürfen "bis die Situation geklärt ist".

 

Demgegenüber sagte das Kontrollorgan B aus, er könne sich an die Situation "teilweise" erinnern. Er habe die zweite Kontrolle auf Grund eines Anrufs der Polizei L durchgeführt. Die Bw habe ihn angerufen, als er in W "auf Kurs" gewesen sei. Sie habe ihn "auch" einmal nach der ersten Kontrolle angerufen und gefragt, "wie es weitergeht". Der Zeuge habe sie aufgeklärt, dass ein Strafantrag erfolgen werde und sich die Bw in Zukunft vergewissern solle, ob "die Papiere" in Ordnung sind. Es müsse eine "Arbeitsbewilligung vom Arbeitsamt" vorliegen. Auf "Details" der Gespräche könne sich der Zeuge jedoch nicht mehr erinnern. Es sei aber richtig, dass die Bw "nachgefragt" habe und zwar "nach den rechtlichen Voraussetzungen der legalen Arbeit der Ausländer". Sie habe aber nicht gesagt, dass "bereits Polen hier seien".

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im Hinblick auf den Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Bw zunächst einen Werkvertrag mit J abgeschlossen hatte, dessen Erfüllung jedoch durch die Kontrolle am 17. 3. 2006 unterbrochen wurde (vgl. dazu VwSen-251568). Entsprechend dem eigenen Vorbringen der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verständigte die Bw J von der Kontrolle und sagte dieser zu, "andere Arbeiter" ("selbständige  Subunternehmer mit Gewerbeschein") zu schicken. Dementsprechend brachte J die beiden gegenständlichen Ausländer zur Baustelle.

 

Die Ausländer vereinbarten (jeweils einzeln) mit der Bw (im Ergebnis) einen Lohn von 10 Euro pro Stunde. Dies wurde durch W in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt und entspricht auch dem Eingeständnis der Bw, dass eine Entlohnung von 100 Euro pro Tag bei 10 Arbeitsstunden pro Tag vereinbart waren. Vor diesem Hintergrund erscheint die Interpretation der Bw, J habe Subunternehmer eingeschaltet, realitätsfremd, wäre doch diesfalls die Weitergeltung des Pauschales von 4.000 Euro nahe gelegen. Vielmehr musste der Bw zu Bewusstsein kommen, dass durch den Einsatz der gegenständlichen Ausländer nicht mehr die frühere Vereinbarung mit J die rechtliche Basis der Arbeiter der Ausländer war, sondern die Vereinbarung des Stundenlohns mit den Ausländern, wobei es gleichgültig ist, ob explizit ein Stundenlohn vereinbart wurde oder ein Betrag von 100 Euro bei einer Arbeitsleistung von 10 Stunden pro Tag und ob J bei der mündlichen Übereinkunft (etwa übersetzend) assistierte oder nicht. Entscheidend ist allein, dass die Bw Geschäftspartnerin jedes der beiden Ausländer war, was ja auch von W ausdrücklich hervorgehoben wurde.

 

Ihrer Rechtsnatur nach waren diese Verträge zwischen der Bw und jeweils einem der beiden Ausländer keine Zielschuldverhältnisse, sondern Dauerschuld­verhältnisse. Die Bw vereinbarte mit dem jeweiligen Ausländer kein bestimmtes Werk, sondern die Erbringung von Arbeitsleistungen, wobei sich die Entlohnung nach der Zahl der erbrachten Arbeitsstunden (nicht nach einem vom jeweiligen Ausländer zu erbringenden Werk) bemaß. Im Zusammenhang mit der Entlohnung ist auch die im angefochtenen Straferkenntnis angesprochene – und unwidersprochen gebliebene – "Gratisübernachtungsmöglichkeit" von Bedeutung.

 

Auf der Grundlage eines solchen Rechtsverhältnisses standen der Bw naturgemäß Weisungs- und Kontrollbefugnisse zu, wobei es gar nicht darauf ankommt, in welchem Ausmaß diese faktisch aktiviert wurden bzw. inwieweit sprachliche Barrieren hinderlich waren oder sich auf Grund der gegebenen Situation Detailanweisungen mehr oder weniger erübrigten bzw. hinsichtlich der Fachgerechtigkeit der Ausführung auf Grund mangelnder Fachkenntnisse der Bw nicht getroffen werden konnten. Jedenfalls bestätigte W glaubwürdig, dass die Bw durchaus Anordnungen traf. Dazu kommt, dass auf Grund des Stundenlohnsystems ein Interesse der Bw bestand, den Fleiß der Ausländer zu kontrollieren und allein ihre Präsenz auf der Baustelle funktionell einer solchen Kontrolle gleichzuhalten ist, wobei W ausdrücklich hervorhob, dass die Bw mehrmals täglich "vorbeikam". Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung eines Arbeitsquantums von 10 Stunden täglich pro Ausländer durchaus im Sinne einer (wenn auch nicht uhrzeitmäßig fixierten) Arbeitszeitvereinbarung aufzufassen ist. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass das Arbeitsmaterial von der Bw zur Verfügung gestellt wurde. Gegenüber der Summe dieser Umstände fällt die Verwendung eigenen Werkzeugs durch die Ausländer nicht entscheidend ins Gewicht.

 

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass zwischen den Ausländern und der Bw Arbeitsverhältnisse (und somit Beschäftigungsverhältnisse) im Sinne des AuslBG bestanden. Dem steht nicht entgegen, dass es den Beteiligten gegebenenfalls freigestanden wäre, Verträge anderer Art (nämlich Werkverträge) mit den Ausländern als "Selbständige" abzuschließen; maßgeblich sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse (§ 2 Abs.4 AuslBG). Der Besitz einer Gewerbeberechtigung steht als "formaler Umstand" der Annahme der Beschäftigung nicht (zwingend) entgegen (vgl. VwGH 3.11.2004, Zl. 2001/18/0129).

 

Die Taten sind daher der Bw in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Was das Verschulden betrifft, ist der Telefonverkehr zwischen der Bw und B zu berücksichtigen. Diesbezüglich ist unklar, ob die (hier gegenständliche) zweite Kontrolle kausal auf ein Telefonat zwischen den beiden genannten Personen zurückzuführen ist oder nicht. Die eigene Darstellung der Bw stimmt mit jener Bs allerdings insoweit überein, dass die Bw eine Erkundigung über die rechtlichen Voraussetzungen einer legalen Tätigkeit von Ausländern einholte. Ferner steht außer Streit, dass B nicht die Auskunft gab, die gegenständlichen Ausländer dürften arbeiten (nach B sei von den gegenständlichen Polen gar nicht die Rede gewesen). Nach eigener Aussage der Bw habe B gesagt, "sie könne nichts tun".

 

Folgt man der Darstellung der Bw, so wurde ihr eben nicht die Auskunft erteilt, dass die gegenständlichen Polen (gleichgültig ob B über deren Anwesenheit bzw. deren Gewerbescheine informiert war oder nicht) arbeiten dürfen, und zwar auch nicht vorläufig (d.h. bis zu einer zweiten Kontrolle, sofern man der Bw darin folgt, dass B ihr gegenüber eine solche angekündigt hatte). Der objektive Erklärungswert des von der Bw angegebenen Wortlauts der Auskunft B legt keineswegs die Deutung in Richtung einer vorläufigen Arbeitsberechtigung nahe. Einem "maßstabsgerechten Normunterworfenen" wären zumindest Zweifel an der Richtigkeit dieser Interpretation gekommen. In Anbetracht dieser Situation wäre es der Bw oblegen, sich durch intensivere Erkundigung von der Richtigkeit ihrer Interpretation zu überzeugen. Dass sie dies unterließ, ist sorgfaltswidrig, mithin vorwerfbar und schuldhaft.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Folgt man der Bw – im Zweifel – in ihrer Darstellung, sie habe die Auskunft erhalten, die sinngemäß darauf hinausläuft, das Kontrollorgan werde die Sache näher prüfen (dies allerdings entgegen der freilich von Erinnerungsschwächen geprägten Aussagen des Kontrollorgans B in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) und daraus den Schluss gezogen, dass bis zur (unmittelbar bevorstehenden) Kontrolle die Tätigkeit der Ausländer zulässig sei, so war sie in einem – allerdings wie ausgeführt: vorwerfbaren – Rechtsirrtum befangen, welcher (wie auch im angefochtenen Straferkenntnis festgehalten) eine Strafmilderung rechtfertigt, ohne dass der Irrtum einem Entschuldigungsgrund nahe kommen muss (vgl. Ebner, RZ 29 zu § 34 StGB, in: Höpfel/Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Wien 2003). Unter Anwendung des § 20 VStG kann daher – unter Berücksichtigung der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung angegebenen finanziellen Verhältnisse der Bw (kein Einkommen, keine Sorgepflichten, Eigentum an einem Haus) die Geldstrafe auf die Hälfte herabgesetzt und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden. Diese Herabsetzung erspart der Bw außerdem die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat und mindert die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens dementsprechend. Die Taten bleiben jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre; insbesondere ist das im Zusammenhang mit dem Missverständnis der Auskunft gegebene Verschulden nicht als entsprechend geringfügig einzustufen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

 

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