Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400941/4/Gf/Mu/Ga

Linz, 06.05.2008

Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde der g Staatsangehörigen S A-D, vertreten durch RA Mag. N R, gegen ihre Festnahme und Anhaltung durch Organe des Polizei­direktors von Linz zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben; die Festnahme und Anhaltung der Rechtsmittelwerberin vom 7. April 2008 ab 17.30 Uhr bis zum 8. April 2008 werden als rechtswidrig festgestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist am 2. Juli 2005 unter Umgehung der Grenz­kontrolle und ohne gültige Reisedokumente ins Bundesgebiet eingereist und hat noch am selben Tag einen Asylantrag gestellt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylamtes vom 3. November 2006, Zl. , wurde dieser Asylantrag abgewiesen, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Ghana festgestellt und die Ausweisung ausge­sprochen. Dieser Bescheid wurde mit 8. November 2006 rechtskräftig und somit durchsetz­bar. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2006 abgelehnt.

In der Folge wurde zur Sicherung der Abschiebung der Beschwerdeführerin mit Bescheid der BPD Linz vom 13. November 2006, Zl. /FRB, gemäß § 77 Abs. 1 bis 3 des Fremdenpolizeigesetzes angeordnet, dass sich diese jeden zweiten Tag bei einer näher bezeichneten Polizeiinspektion in Linz zu melden habe; diese Anordnung wurde mit Bescheid vom 7. Jänner 2008, Zl. /FRB, mit Wirksamkeit vom selben Tag aufgehoben.

Um die Ausweisung durchsetzen zu können, hat die BPD Linz im Wege des Bundesministeriums für Inneres, Abt. II/3, versucht, für die Beschwerdeführerin ein Heimreisezertifikat zu erwirken; in diesem Zusammenhang wurde für den 8. April 2008 eine Vorsprache beim Honorarkonsulat der Republik Ghana in Wien vereinbart.

In der Folge hat daher die BPD Linz am 3. April 2008 einen Festnahmeauftrag gegen die Rechtsmittelwerberin erlassen, mit dem angeordnet wurde, ab dem 7. April 2008 nach ihr zu fahnden, sie festzunehmen und in das PAZ Linz einzuliefern, um sie am 8. April 2008 um 10.00 Uhr beim Honorarkonsulat vorführen zu können.

Dem entsprechend wurde die Beschwerdeführerin am 7. April 2008 um 17.30 Uhr festgenommen, am 8. April 2008 dem G Honorarkonsulat in Wien vorgeführt und anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt.

1.2. Gegen diese Festnahme und Anhaltung richtet sich die vorliegende, am 16. April 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde vom 11. April 2008.

Darin wird vorgebracht, dass sich diese Maßnahme im Hinblick darauf, dass sich die Rechtsmittelwerberin schon seit geraumer Zeit aus eigenem um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht habe und sie nie ordnungsgemäß vor eine Behörde vorgeladen worden sei, als rechtswidrig erweise.

Daher wird – erschließbar – die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Festnahme und Anhaltung beantragt.

1.3. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Akt des fremdenpolizeilichen Verfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Darin wird darauf hingewiesen, dass hier deshalb ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z. 3 des Fremdenpolizeigesetzes erforderlich gewesen sei, weil gegen die Rechtsmittelwerberin ein Abschiebe­auftrag erlassen werden sollte. Denn nach § 46 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes habe die Behörde für einen Fremden – der ohne ein gültiges Reisedokument nicht abgeschoben werden darf – bei der zuständigen Vertretungsbehörde ein Ersatzreise­dokument für die Abschiebung zu beschaffen. Denn nach Ansicht der belangten Behörde habe sich die Beschwerdeführerin in Wahrheit nicht um eine Neuausstellung eines Reisepasses bemüht, denn ansonsten hätte sie selbst beim Honorarkonsulat für Ghana in Wien vorstellig werden können.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. /FRB; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachver­halt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizei­gesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abge­sehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 82 Abs. 1 FPG hat u.a. ein Fremder, der nach den Bestimmungen des FPG festgenommen und/oder angehalten wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Festnahme und/oder Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG kann gegen einen Fremden ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen ihn ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll.

Nach § 46 Abs. 1 FPG können u.a. Fremde, gegen die eine Ausweisung durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise im Wege der Abschiebung verhalten werden; gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat die Behörde, wenn der Fremde über kein Reisedoku­ment verfügt und daher nicht abgeschoben werden kann, bei der zuständigen Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen.

3.2. Im gegenständlichen Fall konnte § 74 Abs. 2 Z. 3 i.V.m. § 46 Abs. 1 FPG zwar deshalb nicht zur Festnahme der Beschwerdeführerin herangezogen werden, weil deren Abschiebung im Hinblick auf das noch nicht vorliegende (Ersatz‑)Reisedokument nicht durchgeführt werden konnte; daher konnte auch ein entsprechender Ausreiseauftrag nach § 46 Abs. 1 FPG nicht erteilt werden, weshalb schließlich auch der Festnahmeauftrag nicht auf § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG gestützt werden konnte.

§ 39 Abs. 3 Z. 1 FPG sieht jedoch vor, dass Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und gegen die eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen werden dürfen. Diese Voraussetzungen lagen – worauf bereits eingangs hingewiesen wurde (vgl. oben, 1.1.) – vor, sodass sich die Festnahme und Anhaltung der Beschwerdeführern grundsätzlich als rechtmäßig erweist.

3.3. Allerdings steht auch die Ermächtigung des § 39 Abs. 3 Z. 1 FPG unter dem generellen Vorbehalt der Verfassungsbestimmung des Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG, wonach die  persönliche Freiheit jeweils nur entzogen werden darf, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die belangte Behörde offenbar selbst nicht davon ausgegangen ist, dass sich die Rechtsmittelwerberin ihrer bevorstehenden Abschiebung entziehen wird, hat sie doch zunächst anstelle der Schubhaft bloß das gelindere Mittel der periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle angeordnet und schließlich sogar davon abgesehen und damit auf Kontrollmaßnahmen überhaupt gänzlich verzichtet. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Festnahme an ihrer Meldeadresse auch tatsächlich problemlos angetroffen werden konnte.

Es ist daher unter dem Aspekt eines offensichtlich durchgängigen Wohlverhaltens der Rechtsmittelwerberin nicht ersichtlich, weshalb deren zeitgerechte (allenfalls bescheidmäßig verfügte) Vorladung vor die belangte Behörde für den Tag der Vorsprache beim Konsulat in Wien nicht in gleicher Weise zweckdienlich gewesen wäre.

Dem gegenüber muss aber eine offenbar nur zu dem Zweck, den festgesetzten Termin nicht zu versäumen, bereits am Vorabend erfolgte Festnahme und die nachfolgende Anhaltung während der gesamten Nachtstunden offensichtlich als unverhältnismäßig erscheinen – und zwar selbst dann, wenn die allfällige Vereinbarung eines neuen Vorsprachetermins in der Verwaltungspraxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre.  

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher im Ergebnis gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG festzustellen, dass die Freiheitsentziehung der Beschwerdeführerin vom 7. April 2008 um 17.30 Uhr bis zum 8. April 2008 rechtswidrig war.

4. Eine Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG war – obwohl die Rechtsmittelwerberin bei diesem Verfahrensergebnis nach § 79a Abs. 2 AVG als obsiegende Partei anzusehen ist – mangels eines darauf gerichteten Antrages der Beschwerdeführerin nicht  zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13,20 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

 

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