Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162947/11/Sch/Ps

Linz, 06.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn J D, geb. am, F, A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 24. Jänner 2008, Zl. VerkR96-3985-2006, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. April 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Wortfolge "noch haben Sie den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen" zu entfallen hat und der Spruch wie folgt ergänzt bzw. berichtigt wird:

"… Sachschaden, mit dem Sie in ursächlichem Zusammenhang standen, es unterlassen, …".

 

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 15 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 AVG iVm 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 24. Jänner 2008, Zl. VerkR96-3985-2006, wurde über Herrn J D wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden, verhängt, weil er am 7. April 2006 um 20.45 Uhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen in Tumeltsham, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden (gemeint: mit dem er) in ursächlichem Zusammenhang stand und es unterlassen habe, die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, noch habe er den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nachgewiesen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausführlich erörtert. Dabei wurden zwei Zeugen und der Berufungswerber einvernommen, wobei hier vorerst auf die Aussage des Zeugen A H einzugehen ist.

 

Dazu ist vorauszuschicken, dass sowohl dieser Zeuge als auch der Berufungswerber und der geschädigte Fahrzeugbesitzer regelmäßig ein Fitnesscenter, zu welchem der Vorfallsparkplatz gehört, besuchen und einander vom Sehen her bekannt sind.

 

Konkret auf den Vorfall bezogen hat der Zeuge angegeben, dass er in seinem auf dem Parkplatz abgestellten Fahrzeug gesessen sei, um auf seine Gattin zu warten. In der Folge sei der Berufungswerber aus dem Fitnesscenter gekommen, in sein Auto gestiegen und wollte offenkundig wegfahren. Beim Rückwärtsausparken sei er gegen ein abgestelltes Fahrzeug angestoßen. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Zeuge sehr dezidiert diesen Anstoßvorgang geschildert hat. Er habe sowohl ein Anstoßgeräusch als auch eine Bewegung des abgestellten Fahrzeuges wahrgenommen. Hienach sei der Berufungswerber wiederum nach vorne auf die ursprüngliche Parkfläche gefahren und hätte dort die Fahrzeugbeleuchtung abgedreht. Nach kurzer Zeit sei er wiederum aus der Parklücke herausgefahren und habe letztendlich den Parkplatz verlassen. Die Wahrnehmungen konnte der Zeuge aus einer relativ geringen Entfernung, etwa 10 bis 15 Meter, machen. Dem Zeugen war das Fahrzeug des Berufungswerbers bekannt, das Kennzeichen merkte er sich im Zuge seiner Wahrnehmungen.

 

Vorerst hatte der Zeuge nicht vor, in der Angelegenheit irgendwelche Veranlassungen zu treffen, wohl in Anbetracht der Vermeidung einer weiteren Inanspruchnahme seiner Person für nachfolgende Befragungen. Seine inzwischen eingetroffene Gattin drängte ihn aber, seine Wahrnehmung im Fitnesslokal zu melden, um dem Geschädigten in diesem Sinne weiterzuhelfen. Dies war aber nicht mehr erforderlich, da etwa zeitgleich Letzterer aus dem Fitnesscenter kam, in sein Auto stieg und wegfahren wollte. Er wurde vom Zeugen angehalten und entsprechend informiert.

 

Der Zeuge H hat bei seiner Einvernahme einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Entgegen allfälligen Mutmaßungen war dem Zeugen der Unfallgeschädigte lediglich aus dem Fitnesscenter bekannt, interne freundschaftliche Beziehung bestand nicht. Seine Angaben sind überdies schlüssig, da, wie der Lokalaugenschein im Zusammenhang mit seinen Schilderungen ergeben hat, er seine Wahrnehmungen aus unmittelbarer Nähe machen konnte. Sohin war es ihm ohne weiteres möglich, den Anstoß sowohl optisch als auch akustisch wahrzunehmen. Nachdem der Berufungswerber wieder vorgefahren war, konnte er auch eine Delle im abgestellten Fahrzeug sehen. Auch ist seine bei der Verhandlung geäußerte Annahme nicht lebensfremd, der Berufungswerber wollte sich durch das anschließende Abdrehen von Fahrzeugmotor und Beleuchtung möglichst unauffällig machen, um sich möglicherweise unauffällig zu überzeugen, ob ihn jemand bei dem Anstoß bemerkt hätte. Die Berufungsbehörde konzediert allerdings auch, dass sein Verhalten darin begründet gewesen sein könnte, noch zu überlegen, welche Veranlassungen er nun treffen würde. Darauf kommt es aber letztlich ohnedies nicht an, da eine Meldung des Vorganges, wie gesetzlich gefordert, wenn ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten nicht erfolgt, bei der nächsten Polizeidienststelle nicht durchgeführt wurde.

 

Angesichts der Schilderungen des Zeugen kann nur angenommen werden, dass der Berufungswerber den Anstoß bemerkt hat. Aber auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, wäre es ihm ebenfalls bei gehöriger Aufmerksamkeit möglich gewesen, diesen wahrzunehmen. Diese aufgrund des hier zu beurteilenden Vorganges lebensnahe Annahme wird zudem auch durch ein schon von der Erstbehörde eingeholtes Gutachten eines verkehrstechnischen Amtsachverständigen gestützt (VT-010000/7509-2007-Kr vom 11. Oktober 2007).

 

Demgegenüber konnte der über Antrag des Berufungswerbers bei der Verhandlung gleichfalls einvernommene Zeuge G W zum eigentlichen Sachverhalt keine Angaben machen. Er war nämlich währenddessen noch im Fitnesslokal aufhältig gewesen und wurde erst aufmerksam, als der Geschädigte hereinkam und die anwesenden Gäste bzw. die Betreiber des Lokals nach einem möglichen Schädiger befragte. Die weitgehend allgemeinen Angaben dieses Zeugen über die üblichen Abläufe nach Beendigung eines Trainingsabends konnte die Aussage des erstgenannten Zeugen keinesfalls erschüttern. Selbst wenn man konzediert, dass möglicherweise die Zeitangaben des Zeugen H im Hinblick auf seine Wahrnehmungen nicht minutiös genau sind, ändert dies nichts daran, dass der angenommene Unfallszeitpunkt etwa 20.45 Uhr wohl im Wesentlichen zutreffen wird. Da völlig ausgeschlossen werden kann, dass der Berufungswerber in diesem zeitlichen Bereich auf dem erwähnten Parkplatz noch in einen zweiten Verkehrsunfall verwickelt war, entspricht die Tatzeitumschreibung jedenfalls der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG (vgl. VwGH 03.10.1985, Slg 11894A).

 

Wenn der Berufungswerber besonders hervorhebt, dass an seinem Fahrzeug keinerlei Schäden bei der anschließenden Besichtigung durch Polizeiorgane festgestellt worden seien, so ist auch dadurch für ihn nichts zu gewinnen. Bekanntlich ist es keinesfalls zwingend, dass bei einem Anstoß stets an beiden Fahrzeugen Spuren zurückbleiben müssen.

 

Somit ergibt sich zusammenfassend, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalls hintan gehalten, diese Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlange, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Auch im konkreten Fall ist dem Geschädigten die Schadensabwicklung durch das Verhalten des Berufungswerbers erschwert worden. Erst durch die Einschaltung der Polizei konnte der Berufungswerber als in Frage kommender Schädiger ermittelt und mit ihm Kontakt aufgenommen werden.

 

Angesichts dessen sollten derartige Delikte grundsätzlich nicht mit "Bagatellstrafen" abgetan werden. Bei einem Strafrahmen von 726 Euro, wie ihn § 99 Abs.3 StVO 1960 vorsieht, ist ein Strafbetrag in der Höhe von 200 Euro, wie von der Erstbehörde verhängt, allerdings bereits ein proportional dazu beträchtlicher. Auch kommt dem Berufungswerber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstraf­rechtlichen Unbescholtenheit zugute, der erwarten lässt, dass auch mit einer herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um ihn künftighin wieder zur Beachtung der einschlägigen Vorschriften im Zusammenhang mit dem Verhalten nach Verkehrsunfällen zu bewegen.

 

Den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wie von der Erstbehörde angenommen, insbesondere seinem monatlichen Einkommen von ca. 1.300 Euro, wurde im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Sie lassen erwarten, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe in der Lage sein wird.

 

Die Änderung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist zum einen darin begründet, um ihn von diversen grammatikalischen Fehlern zu befreien. Zum anderen besteht eine gesetzliche Verpflichtung für einen Unfallbeteiligten lediglich zur Meldung des Verkehrsunfalls bei der nächsten Polizeidienststelle, nicht aber zum Identitätsnachweis mit dem Geschädigten. In diesem Sinne gibt es eine umfangreiche und keinesfalls neue Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes (vgl. etwa VwGH 13.11.1981, 81/02/0131 uva.). Von der Berufungsbehörde wurde daher der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf reduziert, dass der Berufungswerber der Meldepflicht nicht entsprochen hat. Der Umstand, dass kein Identitätsnachweis erfolgte, geht hinreichend aus der Begründung des Straferkenntnisses und auch der gegenständlichen Berufungsentscheidung hervor.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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