Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280870/2/Wim/Da

Linz, 30.04.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, V, vom 2. November 2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17. Oktober 2005, Ge96-90-2005, wegen Übertretung des Arbeitnehmer­Innenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 200 Euro zu leisten, das sind 20 % der verhängten Strafe.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeitenschutzverordnung (BauV) verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 19 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG. mit Sitz in V ist, zu verantworten, dass bei einer am 22.08.2005 vom Arbeitsinspektorat Linz durchgeführten Kontrolle der Baustelle in L, B, Zubau U, festgestellt wurde, dass die Arbeitnehmer B M F M und N M auf dem Flugdach, in ca. 10 m Höhe, mit der Verlegung der Trapezbleche ohne jegliche Sicherungs­maßnahmen beschäftigt waren.

Es waren weder Absturzsicherungen noch Schutzeinrichtungen vorhanden, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzreinrichtungen gemäß §§ 7-10 BauV vorhanden sein müssen.

Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr gegen Absturz gesichert."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und den genannten Bescheid zur Gänze angefochten, wobei als Berufungsgründe Nichtigkeit, wesentliche Verfahrensmängel, unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

 

Zusammengefasst wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass seitens des Beschuldigten ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz an Kontrolleinrichtungen verwirklicht worden sei. Im Betrieb sei eine eigene Sicherheitsfachkraft damit beschäftigt ein Kontrollsystem aufgebaut zu haben und dessen Funktionieren zu überwachen. Dieses Kontrollsystem sei deshalb eingeführt worden, da dem Beschuldigten das hohe Gefährdungspotential der von seinem Betrieb auszuführenden Dacharbeiten durchaus bekannt sei, da die Vergangenheit gezeigt habe, dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften Probleme bereite. Dies werde auch in diversen betriebsinternen Rundschreiben und Dienstanweisungen immer wieder verdeutlicht. Weiters würden regelmäßig interne Schulungen für Mitarbeiter veranstaltet und Vorarbeiter und Bauleiter auf diverse externe Schulungen betreffend Arbeitnehmerschutzvorschriften geschickt. Diese Personen hätten firmenintern die Aufgabe auch alle anderen Mitarbeiter im Betrieb des Beschuldigten auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen hinzuweisen.

Unabhängig davon würden durch den Beschuldigten selbst regelmäßig persönliche Kontrollen durchgeführt, um die Wirksamkeit und Einhaltung der internen Dienstanweisungen und Richtlinien zu überprüfen. In der Vergangenheit habe hier tatsächlich teilweise festgestellt werden müssen, dass sich diverse Arbeitnehmer nicht an die Direktiven gehalten hätten. Dies habe dazu geführt dass seitens des Beschuldigten bereits mehrmals Verwarnungen ausgesprochen worden seien und bei wiederholten Verstößen gegen die Dienstanweisungen im Sinne der Einhaltung der Arbeitschutzvorschriften auch Sanktionen wie fristlose Kündigung und Verhängung von Geldstrafen angedroht worden seien und würden. Aufgrund dieser Maßnahmen sei tatsächlich in letzter Zeit festzustellen, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen beinahe ausschließlich eingehalten würden.

 

Der Berufungswerber sei bei der gegenständlichen Baustelle etwa Mitte August 2005 persönlich anwesend gewesen und seien anlässlich dieses Inspektionsbesuches keine Verletzungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften festgestellt worden. Es sei dem Beschuldigten nicht verständlich, weshalb sich ausgerechnet am Tag die Arbeitnehmer angeblich nicht den Arbeitnehmerschutz­vorschriften entsprechend verhalten hätten. Diese Arbeitnehmer seien vom Berufungswerber mittlerweile auch zur Rede gestellt und den beiden für das nochmalige Zuwiderhandeln die fristlose Kündigung angedroht worden.

 

Der Beschuldigte beschäftige in etwa 120 Mitarbeiter und habe im Rahmen des Möglichen dafür gesorgt, dass die firmeninternen Weisungen auf Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch regelmäßig und durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz kontrolliert würden, sodass im Einzelfall die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleistet sei. So hätte der Beschuldigte in Form von Herrn P M sogar eine eigene Sicherheitsfachkraft im Betrieb beschäftigt. Es sei jedoch nicht möglich sämtliche Baustellen und Arbeitnehmer ständig und lückenlos zu überwachen.

 

Mangels Verschulden sei daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu wurde beantragt unter Anwendung des § 21 von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. gemäß § 20 VStG eine außerordentliche Milderung der Strafe vorzunehmen.

 

Vom Beschuldigten wurde die Einvernahme der beiden Arbeitnehmer und Herrn P M, sowie die Einholung eines arbeitstechnischen Gutachtens zur Frage der firmeninternen Struktur der Organisation und Kontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften beantragt.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass die Angelegenheit entscheidungsreif ist, war von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

3.2.   Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt, nämlich die Durchführung der Arbeiten ohne Sicherungsmaßnahmen fest.

Am Tag der Arbeiten bzw. unmittelbar davor ist keine Baustellenkontrolle erfolgt. Im Betrieb der Firma I war Herr P M als Sicherheitsfachkraft mittels Werkvertrag mit ca. 100 Stunden pro Jahr beschäftigt, der eine Implementierung bzw. Zertifizierung nach SCC (Safety Contract Certificate) sowie Schulungen durchführte und von dem ca. 10 bis 12 Baustellen pro Jahr kontrolliert wurden.

 

3.3.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige sowie aus den dieser beiliegenden Lichtbildern ist dies für den Unabhängigen Verwaltungssenat eindeutig erwiesen.

Da die Übertretungen grundsätzlich nicht bestritten werden, war auch die Einvernahme der betroffenen Arbeitnehmer entbehrlich.

Der Berufungswerber war offensichtlich am Tattag nach seinem eigenen Vorbringen nicht auf der Baustelle. Es konnte auf seine Einvernahme verzichtet werden, da dies zur Klärung des Sachverhalts nichts beigetragen hätte. Auch die beantragte Einvernahme des Zeugen P M hinsichtlich des Kontrollsystems konnte entfallen, da durch das erkennende Mitglied dies bereits in mehrfachen Fällen zu der heutigen Tatzeit zeitnahen Übertretungen eine solche Einvernahme erfolgt ist und hier von Herrn M grundsätzliche Ausführungen über seine Tätigkeit und über das Kontrollsystem im Betrieb getätigt wurden, die durchaus auch für das gegenständliche Verfahren und für die praktisch gleichlautende Rechtfertigung des Berufungswerbers hinsichtlich dieses Umstandes herangezogen werden kann.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zu den rechtlichen Grundlagen und auch zur Begründung kann zunächst auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen werden.

 

Der objektive Tatbestand des Verstoßens gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften wurde nicht bestritten und ist aufgrund der Beweisergebnisse als erfüllt anzusehen.

 

4.2.   Gemäß § 5 Abs.1 VStG hat der Berufungswerber zur Widerlegung seines Verschuldens initiativ alles darzulegen was seiner Entlastung dient. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein wirksames und effizientes Überwachungs-, Kontroll- und Sanktionssystem eingerichtet sein. Dazu ist auszuführen, dass im Zusammenhang mit den Verstößen und dabei durchgeführten Arbeiten keine zeitnahen Kontrollen vorgenommen wurden. Stichprobenweise Überprüfungen von erteilten Weisungen erfüllen nicht die Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem. Auch die durch Herrn M vorgenommenen Baustellenkontrollen von durchschnittlich zwei pro Monat erfüllen bei einem Mitarbeiterstand von ca. 120 und den von diesen abzuwickelnden Baustellen nicht die Anforderungen an ein effizientes und wirksames Kontrollsystem wie es in der ständigen Judikatur der Höchstgerichte verlangt wird.

 

Da sich bereits aufgrund dieser Umstände eindeutig ergibt, dass dieses Kontrollsystem nicht ausreichend war, erwies sich auch das geforderte arbeitstechnische Gutachten als entbehrlich, wobei die Bewertung des Kontrollsystems überdies eine Rechtsfrage darstellt.

 

4.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Berufungswerber bereits eine Vielzahl einschlägiger Vorstrafen wegen gleichartiger Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes aufweist. Bei einem Strafrahmen im Wiederholungsfall von 290 Euro bis 14.530 Euro liegt die verhängte Strafe noch immer im untersten Bereich, wobei auch bei Annahme von bescheidensten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen im konkreten Fall angesichts der Umstände der Übertretungen diese keinesfalls als überhöht anzusehen ist. Angesichts der Vielzahl der einschlägigen Verwaltungsvorschriften waren die verhängten Strafen auch aus spezial­präventiven Gründen erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gemäß § 20 VStG liegt nicht vor. So scheinen gar keine Milderungsgründe auf. Angesichts der Umstände der Übertretung und der davon ausgehenden Gefährdungssituation für die Arbeitnehmer sowie dem Fehlen eines bloß geringfügigen Verschuldens für das sich aus dem Verfahren keine Anhaltungspunkte ergaben, gelangt auch die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung und es war spruchgemäß zu entscheiden. Aufgrund der bestehenden einschlägigen Verwaltungsvorstrafen kann dem Beschuldigten auch kein Rechtsirrtum bezüglich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu Gute kommen. Weiters sind auch noch weitere Berufungsverfahren wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften anhängig, sodass auch ein anschließendes Wohlverhalten nicht ohne weiteres zugebilligt werden kann.

 

5.      Die Höhe des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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