Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251789/2/Ste/TD/Ga

Linz, 07.05.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der Y P, vertreten durch Dr. H H M, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, R, gegen das Straferkenntnis  des Bezirkshauptmanns des Bezirks R vom 8. April 2008, GZ SV96-7-2008, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Bezirkshauptmann R hat über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) folgendes Straferkenntnis verhängt:

"Die P KG mit dem Sitz in R hat als Dienstgeber, den nach dem ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherten Herrn R O, geb. 01.01.1962, am 25.02.2008 von 12:00 Uhr bis 21:00 Uhr und am 26.02.2008 von 9:00 bis 21:00 Uhr mit verschiedenen Tätigkeiten wie Getränke servieren, Essen (Toast) zubereiten, Kassieren und Putzen im Lokal P KG (Cafe I), R, beschäftigt, ohne ihn vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Hierfür sind Sie als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der P KG mit dem Sitz in der Gemeinde R verantwortlich."

Wegen dieser angelasteten Verwaltungsübertretung nach "§ 33 Abs 1 iVm § 11 Abs 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2007" wurde über die Bwin gemäß § 111 Abs 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 730,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Verwaltungsübertretung auf Grund einer arbeitsmarktrechtlichen Kontrolle des Finanzamtes Braunau Ried Schärding/Team KIAB festgestellt worden sei. Die von Herrn O am 25. und 26. Februar 2008 im Lokal der P KG verrichteten Tätigkeiten würden von der Bwin nicht bestritten. Uneinigkeit bestehe lediglich hinsichtlich einer Meldungsverpflichtung dieser beim zuständigen Krankenversicherungsträger. Jene Melde- bzw. Versicherungspflicht ergäbe sich jedoch zweifelsfrei aus den gesetzlichen Bestimmungen. Die Tatsache, dass Herr O Kommanditist der P KG ist, würde daran im konkreten Fall nichts ändern.

1.2.  Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 18. April 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 25. April – und somit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte Berufung, mit der die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

Die Bwin führt insbesondere aus, dass auf Grund der Stellung des Herrn O als Kommanditist juristisch nicht eindeutig geklärt sei, ob überhaupt bzw. wenn ja bei welchem Versicherungsträger Meldungspflicht bestehe – die Bezirkshauptmannschaft selbst spräche nur von "zuständigen" Krankenversicherungsträgern, ohne konkret auszudrücken, wo die Anmeldung hätte erfolgen müssen – sodass  die belangte Behörde bei dieser Sach- und Rechtslage das Straferkenntnis nicht hätte fällen dürfen. Es sei auch weder das Verschulden der Bwin im angefochtenen Bescheid nachgewiesen, noch der Grundsatz "in dubio pro reo" berücksichtigt worden.

2.1. Der Bezirkshauptmann R hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Da keine Berufungsvorentscheidung erlassen und keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zu entscheiden (§ 51 c VStG).

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Da sich bereits aus den Akten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies und schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 bis 2180 Euro zu bestrafen, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

§ 23 ASVG richtet als Träger der Krankenversicherung ua. für jedes Bundesland eine Gebietskrankenkasse ein. Der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse ergibt sich aus der auf Grund des § 453 ASVG erlassenen Satzung. Nach § 2 der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ("nach dem Stand vom 1. Jänner 2008") ist Sitz der Kasse Linz.

3.2 Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde im Strafverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.

Erfolgt die Verwaltungsübertretung in Form einer Unterlassung der Erstattung von Meldungen und/oder Anzeigen oder der Nichterfüllung einer Auskunftspflicht ist beim Tatort darauf abzustellen, wo die geschuldete Handlung vorzunehmen gewesen wäre. Der Ort, an dem der Täter hätte handeln sollen, ist maßgebend. Somit ist der Erfüllungsort jener Ort, an dem die anfragende Behörde oder die Behörde, bei der die Meldung oder Anzeige erfolgen hätte müssen, ihren Sitz hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 15. Mai 2000, 98/17/0091ua zum Wiener Parkometergesetz, VwGH vom 16. September 1999, 98/20/0454 zum Waffengesetz sowie vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156 zu § 103 Abs 2 KFG).

Als Tatort der im erstinstanzlichen Verfahren angelasteten Verwaltungsübertretung ist demnach Linz als Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse anzusehen, da eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach § 33 ASVG nur durch Einlangen der Meldung oder Anzeige beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu erfüllen ist (vgl. in diesem Sinn ua. auch bereits die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 2. November 2004, VwSen-251161/2).

Mangels gesetzlicher Sonderbestimmungen im ASVG (vgl. bspw. § 123 Abs 4 KFG oder § 67 Bundesstatistikgesetz) war – entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung – im vorliegenden Fall der Bezirkshauptmann R nicht die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Zwar sieht § 358 ASVG die Möglichkeit vor, dass der Versicherungsträger in Verwaltungssachen die für den Wohnort einer einzuvernehmenden Person örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um ihre Vernehmung ersuchen kann, eine Ermächtigung zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens geht damit allerdings nicht einher, sodass das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde.

3.3. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

4. Aus dem oben genannten Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Beschlagwortung:
ASVG, örtliche Unzuständigkeit der Behörde I. Instanz

 

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