Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300826/2/BP/TD

Linz, 05.05.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der I N, vertreten durch Ing. M N, E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 5. März 2008, Gz Pol96-106-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs 1 und 2 VStG iVm § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 5. März 2008, Gz: Pol96-106-2007, wurde die Berufungswerberin (in der Folge Bw) bestraft, weil sie am 15. November 2007 zumindest in der Zeit von 09:50 bis 10.15 in E auf den Weiden nordöstlich bzw. südsüdöstlich ihres Anwesens G ihren in Gruppenhaltung bei ad libidum-Fütterung gehaltenen Schottischen Hochlandrindern keine Futtervorlage geboten haben soll, obwohl zur Sicherstellung, dass jedes einzelne Tier ausreichend Nahrung aufnehmen könne, eine ganztägige Futtervorlage erforderlich wäre. Da die Bw dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, wurde über sie gemäß § 38 Abs 3 Tierschutzgesetz (in der Folge TSchG) eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro bzw. bei Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt. Als verletzte Rechtsvorschriften wurden die §§ 13 Abs 2 und 24 Abs 1 TSchG, BGBl. I Nr. 118/2004, idF BGBl I Nr. 35/2008, iVm Anlage 2, Punkt 2.6. der 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004 idF BGBl II Nr. 530/2006 angeführt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Zuge eines am 15. November 2007 in der Zeit von ca. 09:50 bis 10:15 Uhr auf dem Anwesen der Bw durchgeführten Lokalaugenscheins festgestellt wurde, dass an diesem Tag die Fütterung der Tiere noch nicht durchgeführt worden sei. Es hätten sich lediglich Futterreste, welche teilweise schneebedeckt waren, in den drei aufgestellten Futterraufen befunden.

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirk Schärding vom 17. März 2008, Gz: Pol01-250-2007, wurde das oa. Straferkenntnis gemäß § 62 Abs 4 AVG dahin gehend berichtigt, dass die Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde "Bezirkshauptmannschaft Schärding" und nicht wie im Straferkenntnis versehentlich angeführt "Sozialhilfeverband Schärding" sei.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis bzw. den Berichtigungsbescheid richtet sich die von der Bw am 26. März 2008 innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebrachte Berufung. Begründend bringt die Bw vor, dass der Berichtigungsbescheid vom 17. März 2008 rechtswidrig sei, da von einer erkennenden Behörde gemäß § 62 Abs 4 AVG zwar Schreib- und Rechenfehler berichtigt werden könnten, jedoch damit nicht auch die Möglichkeit einherginge, eine Behörde auszuwechseln. Das Straferkenntnis selbst sei ebenfalls rechtswidrig, da die darin gemachten Angaben unrichtig seien und auf einem Willkürakt der anzeigenden Amtstierärztin beruhen würden. Im Übrigen enthalte das Verfahren Verfahrensgebrechen, da die Ergebnisse des Beweisverfahrens der Bw nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Die Bw beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses samt Einstellung des Verfahrens sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

2.1. Mit Schreiben vom 8. April 2008 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Da sich bereits aus den Akten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies und schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 13 Abs 2 TSchG hat, wer ein Tier hält, dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Asozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.  

Gemäß § 24 Abs 1 TSchG iVm Anlage 2, Punkt 2.6 der 1. Tierhaltungsverordnung ist bei der Fütterung von Rindern in Gruppenhaltung sicherzustellen, dass jedes einzelne Tier ausreichend Nahrung aufnehmen kann. Werden Rinder in Gruppen rationiert oder unter zeitlich begrenzter Futtervorlage gefüttert, muss für jedes Tier ein Fressplatz zur Verfügung stehen. Werden Rinder in Gruppenhaltung ad libitum bei ganztägiger Futtervorlage gefüttert, darf ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 2,5 : 1 nicht überschritten werden.

3.2. Eine explizite Regelung, wonach zur Gewährleistung ausreichender Nahrung eine ganztägige Futtervorlage erforderlich wäre, ist den seitens der belangten Behörde im Spruch des Straferkenntnis angeführten Bestimmungen nicht zu entnehmen. Generell ist eine solche weder im TSchG noch in der auf die Rinder anzuwendenden 1. Tierhaltungsverordnung ausdrücklich enthalten. Aus dem ersten Satzteil der Anlage, des Punktes 2.6. der 1. Tierhaltungsverordnung geht zwar hervor, dass von einer ganztägigen Futtervorlage auszugehen ist, jedoch knüpft eine eventuelle Strafnorm aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates nicht an diese ganztägige Futtervorlage, wie sie im Spruch angeführt wurde, sondern sieht als Folge ein bestimmtes nicht zu unterschreitendes Tier-Fressplatz-Verhältnis vor, das seinerseits Gegenstand der Bestrafung ist. 

 

3.3. Nach § 44a Ziffer 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Die herrschende Rechtsprechung legt an diese Konkretisierungsvorschrift einen strengen Maßstab an, sodass bezogen auf den konkreten Fall, die angeführten Gesetzesvorschriften explizit eine ganztägige Futtervorlage vorschreiben müssten um das im Spruch angeführte Verhalten tatbildlich erscheinen zu lassen.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die eben dargestellten formalrechtlichen Überlegungen nicht zutreffend wären, ergäbe sich im vorliegenden Fall dennoch wohl nicht ein tatbildliches strafbares Verhalten der Bw. Die Formulierung bei ganztägiger Futtervorlage drückt die Pflicht aus, eine kontinuierliche Futterversorgung zu gewährleisten. Würde man eine ununterbrochen ausreichende Futtermenge als Maßstab heranziehen, hätte ein Tierhalter die Pflicht auch während der Nachtstunden ununterbrochen die ausreichende Futtermenge zu kontrollieren. Allein die Tatsache, dass im relativ engen Überprüfungszeitraum im vorliegenden Fall nur Futterreste vorhanden waren, schließt nicht aus, dass noch im Laufe des Vormittags des ggst. Tages die Tiere ausreichend mit Futter versorgt wurden. Aus dem Vorhandensein von Futterresten wird – wie auch an den Folgetagen beobachtet – ersichtlich, dass die Bw grundsätzlich Sorge für die Fütterung der Tiere trug.

3.4. Abzulehnen ist hingegen, die Ansicht der Bw, dass ein Mangel des Bescheides wie im vorliegenden Fall nämlich, dass im Kopf des ursprünglichen Straferkenntnisses irrtümlich als Behördenapparat nicht die Bezirkshauptmannschaft Schärding sondern der Sozialhilfeverband Schärding genannt wurde, da als erkennende Behörde am Ende des Bescheids explizit der Bezirkshauptmann angeführt ist. Bei dem ggst. Mangel handelt es sich somit um ein auf automationsunterstützte Datenverarbeitung beruhendes Versehen, das gemäß § 62 Abs 4 AVG auch nach herrschender Lehre und Judikatur einer Berichtigung zugänglich ist.

3.5. Nach dem wie oben dargestellt schon die objektive Tatseite durch die Bw auch im Hinblick auf § 44a Abs 2 VStG nicht erfüllt wurde, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 64 VStG der Bw kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum