Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163106/5/Br/Ps

Linz, 16.05.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W K, geb., W, R, vertreten durch Dr. W R, Rechtsanwalt, O, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13.2.2008, Zl. VerkR96-8272-2007, nach der am 7.5.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.            Die Berufung wird im Punkt 1.) als unbegründet abgewiesen; im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.   Im Punkt 1.) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungs­verfahren 5,80 Euro auferlegt. Im Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 u. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurden mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wegen Übertretungen der StVO 1960 1.) nach § 20 Abs.2 u. 2.) nach § 7 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zwei Geldstrafen verhängt (29 Euro und 80 Euro; für den Fall der Uneinbringlichkeit 12 u. 33 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen), weil er am 11.8.2007 auf der Innkreisautobahn A 8 in Fahrtrichtung Wels/Graz als Lenker des Kraftfahrzeuges der Marke B, Type , mit dem behördlichen Kennzeichen  kurz vor und nach 11.58 Uhr im Gemeindegebiet von Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, zwischen Strkm. 38,500 und Strkm. 35,000 der A 8 die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich (um 18 km/h nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze) überschritten habe und insofern nicht so weit rechts gefahren sei, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, indem er kurz vor und nach 11.58 Uhr in den Gemeindegebieten von Pram, Haag am Hausruck und Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, zwischen Strkm. 44,500 und Strkm. 33,000 der A 8 ständig den linken Fahrstreifen (Überholspur) dieser Autobahn trotz Regens und nasser Fahrbahn benützt habe, obwohl ihm mehrmals zum Einhalten der Rechtsfahrregel ein Fahrstreifenwechsel nach rechts möglich gewesen wäre.

 

1.1. Begründend führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind durch die dienstlichen Wahrnehmungen der Straßenaufsichtsorgane Herrn RevInsp. F und Herrn Bez.Insp. E der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis vom 11.08.2007 und durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

 

Am 11.08,2007 lenkten Sie kurz vor und nach 11.58 Uhr das Kraftfahrzeug der Marke B, Type , mit dem behördlichen Kennzeichen  auf der Innkreisautobahn A 8 in Richtung Wels/Graz. Dabei wurde mittels Nachfahren mit dem Dienstkraftfahrzeug der Marke Volkswagen, Type Sharan, mit dem behördlichen Kennzeichen  dienstlich festgestellt, dass Sie zwischen Strkm. 38,500 und Strkm. 35,000 der A 8 im Gemeindegebiet von Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich (um 18 km/h nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze) überschritten haben. Weiters benützten Sie ständig den linken Fahrstreifen (Überholspur) in den Gemeindegebiet von Pram, Haag am Hausruck und Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, zwischen den Strkm. 44,500 und Strkm. 33,000 der A 8, obwohl Ihnen mehrmals zum Einhalten der Rechtsfahrregel ein Fahrstreifenwechsel nach rechts möglich gewesen wäre.

 

Aufgrund dieser Vorfälle hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen über Sie mit Strafverfügung vom 03.09.2007 wegen Verwaltungsübertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 und nach § 7 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 29 Euro bzw. 80 Euro, im Nichteinbringlichkeitsfall 12 Stunden bzw. 33 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Dagegen hat Ihr bevollmächtigter Rechtsvertreter Herr Rechtsanwalt Dr. W R mit Schreiben vom 25.09.2007 fristgerecht Einspruch erhoben. In diesem Einspruch wird im Wesentlichen angeführt, dass beide Verwaltungsübertretungen bestritten würden und stellten verschiedene Anträge, die im durchgeführten Ermittlungsverfahren nach Möglichkeit erfüllt wurden. Eine Beschaffung und Auswertung von Satellitendaten des Dienstkraftfahrzeuges war insoferne nicht möglich, als dieses nicht mit einem eingebauten Satellitensystem ausgestattet ist.

 

Demnach wurden sowohl Herr Rev.lnsp.F als auch Herr Bez.Insp.E der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis als Zeugen einvernommen. Diese Zeugenniederschriften wurden Ihnen im Rechtshilfeweg über die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zur Kenntnis gebracht und sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Entscheidung.

 

Auch sollte Ihre Gattin einvernommen werden. Diese war jedoch am 13.12.2007 auf der Polizeiinspektion Regensburg nicht bereit dazu Angaben zu machen. Sie selbst machten ebenfalls keine konkreten Angaben, obwohl auch Ihre Einvernahme Ihr Rechtsanwalt beantragt hat, sondern bestritten ohne Angaben von Gründen die Ihnen zur Last gelegten Übertretungen und verwiesen auf das Schreiben Ihres Rechtsanwaltes.

 

Zur Nachfahrt ist in diesem Zusammenhang auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der ausgesprochen hat, dass es für Geschwindigkeitsfeststellungen durch Nachfahrt keines geeichten Tachometers im verwendeten Dienstfahrzeug bedarf (VwGH vom 28.03.1990, Zahl: 89/03/0261; UVS Oö. vom 24.07.2006, VwSen-161236).

 

Das Feststellen einer Geschwindigkeitsüberschreitung (ca. 40 km/h - hier 45 km/h) durch Nachfahren mit einem Streifenwagen in gleichbleibendem Abstand auf einer Strecke von 300 m und Ablesen von einem damit ausgestatteten Tachometer ist ein taugliches Mittel. Hiebei kommt in Hinblick auf das Ausmaß der Überschreitung dem Umstand, dass der Tachometer nicht geeicht war, keine Bedeutung zu. Ebenso ist ohne Belang, welcher (gleichbleibender) Abstand im Zuge des Nachfahrens bei der Ermittlung der Geschwindigkeit gegeben war (VwGH vom 18.10.1989, Zahl: 89/02/0089).

 

Zum ständigen Benutzen des linken Fahrstreifens (Überholspur) dieser Autobahn muss noch festgehalten werden, dass das Befahren des zweiten Fahrstreifens einer Autobahn grundsätzlich unzulässig ist, wenn der erste Fahrstreifen von anderen Fahrzeugen nicht befahren wird, und zwar unabhängig davon, ob durch die Fahrweise jemand behindert oder belästigt wird (VwGH vom 12.09.1980, Zahl: 677/79). Laut Zeugensagen wäre es Ihnen mehrmals möglich gewesen zum rechten Fahrstreifen zu wechseln.

 

Auf Grund des oa. Sachverhaltes, der geltenden Rechtslage, der dienstlichen Wahrnehmungen der oa. Straßenaufsichtsorgane und durch das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht für die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zweifellos fest, dass Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen gesetzt und zu verantworten haben und es war daher spruchgemäß zu erkennen, zumal gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 die Lenker eines Fahrzeuges auf österreichischen Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren dürfen. Auch hat gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung von Sachen möglich ist. Wer diesen Bestimmungen zuwiderhandelt, begeht Verwaltungsübertretungen und ist gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 jeweils mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu jeweils zwei Wochen zu bestrafen.

 

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten Verwaltungsübertretungen kann nicht als gering eingestuft werden, weil die Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten und das Verletzten des Rechtsfahrgebotes zu Verkehrsunfällen führen können, welche im übrigen schwere Verwaltungsübertretungen darstellen. Es sind daher diese Übertretungen aus general- sowie spezialpräventiven Überlegungen mit strengen Maßnahmen zu ahnden.

 

Bei der Strafbemessung wurde auf das Ausmaß des Verschuldens und die mit den Taten verbundene Schädigung bzw. Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafandrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Taten sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen haben, Bedacht genommen. Weiters wurde bei dieser Bemessung, wie im Schreiben vom 27.12.2007 angeführt, Ihr geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 1.200 Euro und der Umstand, dass Sie über kein Vermögen verfügen und keine Sorgepflichten haben, berücksichtigt. Erschwerende Umstände liegen keine vor. Als mildernd wurde gewertet, dass Sie bis zur Zeit bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen nicht nachteilig in Erscheinung getreten sind. Die nunmehr verhängten Strafbeträge liegen im Strafrahmensbereich und sind vor dem Hintergrund der anzuwendenden Strafbemessungskriterien als angemessen zu betrachten. Sie stellen auch das Maß dessen dar, um Sie in Hinkunft von ähnlichen oder gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Zur Schätzung Ihrer Familienverhältnisse darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Sie bei der Einschätzung dieser Verhältnisse es sich Ihrer unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben haben, sollte die hs. Behörde bei dieser Einschätzung zu Ihrem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne Ihrer Mitwirkung dem ha. Amt nicht zur Kenntnis gelangen konnte (siehe VwGH vom 14.1.1981, ZI.:3033/80).

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebt der Berufungswerber und Einschreiter Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Februar 2008, VerkR96-8272-2007, zugestellt am 21.02.2008, sohin innerhalb offener Frist die

 

BERUFUNG

 

an die Oberbehörde, weil mit dem angefochtenen Bescheid der Einschreiter rechtsirrig wegen Verletzung des § 20 Abs. 2 StVO 1960 und § 7 Abs. 1 StVO 1960 zu einer Geldstrafe von € 29,00 und € 80,00 sowie zum Kostenbeitrag von € 10,90 verurteilt wurde.

 

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht formale und materielle Rechtswidrigkeit und wird im Einzelnen hiezu ausgeführt wie folgt:

 

1) Zur formalen Rechtswidrigkeit:

 

a)

Die Erstbehörde hat das Beweisanbot auf Beiziehung eines KFZ-Sachverständigen unerledigt gelassen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und rechtsrichtiger Sachverhaltsfeststellung wäre die Behörde verpflichtet gewesen, diesen Beweisantrag zuzulassen und einen Sachverständigen aus dem KFZ-Wesen mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen.

 

Ein entsprechendes Gutachten hätte ergeben, dass die Tatvorwürfe weder hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung noch hinsichtlich der vorgeworfenen Verletzung des Rechtsfahrgebotes objektiviert werden können und daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen den in erster Instanz Verurteilten einzustellen ist.

 

Sowohl im Einspruch als auch in der Stellungnahme vom 17. Jänner 2008 wurde dieser Beweis angeboten, ist diese Beweisaufnahme unerledigt geblieben und ist daher die Entscheidung mit formaler und auch materieller Rechtswidrigkeit behaftet.

 

b)

Die Erstbehörde führt in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides aus, dass sowohl der Einschreiter und KFZ-Lenker als auch dessen Gattin keine konkreten Angaben gemacht hätten, obwohl die Einvernahme durch ihren Rechtsvertreter beantragt worden sei.

 

Der Bescheid ist diesbezüglich mit formaler Rechtswidrigkeit behaftet, weil es Aufgabe der Behörde gewesen wäre, sowohl den KFZ-Lenker als auch dessen Gattin darüber zu belehren, dass ihre Einvernahme von ihrem Rechtsanwalt beantragt wurde, und die österreichische Behörde die Formulierung "Ich beziehe mich auf das Schreiben meines Rechtsanwaltes" bzw. "Ich verweise ebenfalls auf das Schreiben des Rechtsanwaltes meines Mannes" als Nichtaussage werten würde.

 

Es ergibt sich wohl aus den Aussagen der rechtsunkundigen W K und dessen Gattin A K, dass sie das Vorbringen im Einspruch und in der Stellungnahme des Dr. R zum Teil ihrer Aussage machen wollten und / oder gemacht haben und ist jedenfalls infolge der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses insoferne formale und materielle Rechtswidrigkeit gegeben, als es die Behörde unterlassen hat, die genannten Personen konkret mit dem Vorbringen im Einspruch und der Stellungnahme zu befragen, sodass diesbezüglich das Verfahren an einem erheblichen formalen und materiellen Mangel leidet.

 

Die genaue Auseinandersetzung der Erstbehörde einschließlich der Rechtshilfebehörde hätte ergeben, dass die Vorwürfe der Beamten nicht objektivierbar sind und daher das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

 

Der Einschreiter beantragt daher ausdrücklich neuerlich seine eigene Einvernahme und die Einvernahme seiner Gattin vor der erkennenden Behörde, damit der Sachverhalt im Sinne der mangelnden Strafbarkeit unter Beweis gestellt werden kann.

 

2) Zur materiellen Rechtswidrigkeit:

 

Die Erstbehörde setzt sich mit dem Vorbringen des Einschreiters rechtswidrig nicht auseinander, wonach keineswegs dargetan ist, wo sich das Fahrzeug des Beschuldigten mit welcher Geschwindigkeit zur angeblichen Tatzeit um 11:58 Uhr befunden hat, dass die Aussage des Polizeibeamten F selbst von "starkem Verkehrsaufkommen" spricht, die Fahrbahn regennass war, und sohin keine Möglichkeit gegeben war und vor allem auch keine gesetzliche Notwendigkeit sich gefährdend in eine nicht vorhandene Lücke auf dem rechten Fahrstreifen hineinzuzwängen.

Insbesonders auch die Einholung eines KFZ-Sachverständigengutachtens hätte ergeben, dass kein objektives Faktum dem Berufungswerber vorzuwerfen ist und stützt sich das Straferkenntnis rechtsirrig einseitig auf die nicht objektivierten Angaben der Beamten, welche im Widerspruch zu den Angaben des Einschreiters und seiner Gattin stehen.

 

Bei richtiger Würdigung der Beweise und vor allem bei rechtsrichtiger vollständiger Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes hätte sich ergeben, dass kein objektiver Nachweis für eine Verwaltungsübertretung gegeben ist.

 

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass der Einschreiter die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und der Verletzung des Rechtsfahrgebotes nicht begangen hat und wird daher höflich gestellt der

 

ANTRAG,

 

die Oberbehörde wolle der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 13. Februar 2008 ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen W K einstellen.

 

M, am 06. März 2008                                                                 W K"

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Als Zeuge einvernommen wurde der Polizeibeamte RI F, wobei der Beamte BI E wegen eines UN-Einsatzes nicht geladen werden konnte. Dessen Aussage vor der Behörde erster Instanz findet sich im Akt. Dessen Wahrnehmung wurde zeugenschaftlich vor der Behörde erster Instanz am 22.10.2007 abgelegt.

Sowohl der Berufungswerber persönlich als auch dessen Rechtsvertreter nahm an der Berufungsverhandlung teil. Nicht jedoch ein Vertreter der Behörde erster Instanz.

Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen wurde vom Berufungswerber zuletzt nicht mehr aufrecht erhalten.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe zwecks unmittelbarer Darstellung und entsprechender Würdigung des Berufungsvorbringens in Wahrung der Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte den Pkw auf der Innkreisautobahn. Im Bereich des Strkm 35.000 wurde das von RI F mit einer Geschwindigkeit von 120 bis 130 km/h gelenkte und als solches erkennbare Polizeifahrzeug vom Berufungswerber mit erheblicher Geschwindigkeitsdifferenz überholt. Daraufhin wurde die Nachfahrt aufgenommen, wobei über eine größere Distanz ein annähend gleichbleibender Abstand gehalten werden konnte. Dabei wurde am Tacho des Polizeifahrzeuges eine Geschwindigkeit von 175 km/h abgelesen.

Unter Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beschuldigten ausgeschöpften Toleranzen kann letztlich von der wie im Tatvorwurf zur Last gelegten erwiesen geltenden Fahrgeschwindigkeit ausgegangen werden.

Das Verkehrsaufkommen ist am Vorfallstag als stark anzunehmen. Der Zeuge bestätigte dies, wobei als gesichert gelten kann, dass bei dieser doch relativ hohen Fahrgeschwindigkeit mit einem unterbliebenen Umspuren nicht gegen das Schutzziel des Rechtsfahrgebotes verstoßen wurde.

Dies räumte letztlich auch der Zeuge F anlässlich seiner Aussage bei der Berufungsverhandlung im Ergebnis mit der Darstellung ein, dass ein Einscheren in offene Lücken während der Nachfahrt nur von einem unmittelbaren Ausscheren gefolgt worden wären. Ebenfalls wurde kein anderes Fahrzeug dadurch auf der linken Fahrspur behindert.

Zu folgen war dem Zeugen jedoch auch in seiner Darstellung über die Nachfahrt im gleichbleibenden Abstand über eine Strecke von insgesamt dreieinhalb Kilometer, wobei durchaus plausibel erscheint, dass dabei einerseits die Tachogeschwindigkeit ebenso richtig abgelesen werden konnte, wie es einem Organ der Straßenaufsicht zugemutet werden kann, einen annähernd gleichbleibenden Abstand festzustellen.

Die unmittelbar im Anschluss auf die Amtshandlung erstellten Handaufzeichnungen belegen die Richtigkeit dieser Anzeigefakten ebenso wie die im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Verfahren dann im Oktober durchgeführte Vergleichsmessung der Tachoanzeige mittels eines Radarmessgerätes. Wenn diesbezüglich sämtliche Verkehrsfehler in Abzug gebracht wurden, kann bei einer abgelesenen Tachogeschwindigkeit von 175 km/h ein zur Last gelegter Geschwindigkeitsvorwurf von 148 km/h als nachvollziehbar und beweissicher erachtet werden.

Dass sich der Berufungswerber an seine konkrete Fahrgeschwindigkeit nicht mehr exakt zu erinnern vermochte, er andererseits eine nicht näher bezeichnete kurzzeitige Überschreitung des Geschwindigkeitslimits von 130 km/h selbst einräumte, widerlegt jedenfalls nicht den mit der Anzeige erhobenen Tatvorwurf.

Sehr wohl gefolgt konnte dem Berufungswerber darin werden, gegen das Rechtsfahrgebot unter Hinweis auf die Fahrdynamik auf der Autobahn und in Vermeidung permanenter  Spurwechsel nicht verstoßen zu haben.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Zur Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von 18 km/h bei Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenzen ist vorerst auf die zutreffend vorgenommene Subsumption des Tatverhaltens seitens der Behörde erster Instanz hinzuweisen. Zum Beweisergebnis als solchem ist unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu bemerken, dass einem Straßenaufsichtsorgan auch darin zugemutet wird, einen annähernd gleichbleibenden Tiefenabstand zwischen dem von ihm gelenkten Fahrzeug und dem Vorderfahrzeug festzustellen. Dies insbesondere, wenn sich die Nachfahrstrecke – so wie hier – gleich über mehrere Kilometer erstreckt  (vgl. VwGH 25.6.2003, 2001/03/0063).

Bei Berücksichtigung der üblichen Toleranz für ungeeichte Tachometer in einem Dienstfahrzeug ist eine darauf basierende Geschwindigkeitsfeststellung durch die Judikatur des  Verwaltungsgerichtshofes  gedeckt (VwGH 29.8.1990, 90/02/0056 mit Hinweis auf VwGH  28.3.1990, 89/03/0261).

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Diese Bestimmung normiert wohl das generelle Rechtsfahrgebot, wobei den Straßenbenützern in der Auslegung des Rechtsfahrgebotes, insbesondere die Bedachtnahme auf die Fahrgeschwindigkeit und die praktische Bezugnahme zum herrschenden Verkehrsumfeld zuzubilligen sein wird. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der ebenso gesetzlich normierten Bedachtnahme auf die "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs".

Dies bedeutet für den konkreten Fall, dass im Falle einer hohen Fahrgeschwindigkeit zwar nicht grundlos permanent links gefahren werden darf, andererseits lässt sich daraus auch nicht der Zwang ableiten, in jede sich auf der rechten Spur ergebende Lücke hineinfahren zu müssen, um aus dieser sogleich wieder auszuspuren. Bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h werden in zehn Sekunden fast 420 m zurückgelegt. Dies veranschaulicht, dass ein Hineinfahren in einzelne Lücken, die bei starkem Verkehr auf der A8, der vor allem sehr stark von dem mit etwa 85 km/h fließenden Lkw-Verkehr dominiert wird, eher nur selten vorzufinden sein dürfte, dies jedenfalls ein permanentes Pendeln zwischen den Fahrspuren zur Folge hätte, was wiederum fahrdynamisch als eher kontraproduktiv, jedenfalls aber nutzlos und praxisfremd zu bezeichnen wäre.

Andererseits wird jedenfalls ein mit keinem sich abzeichnenden Überholvorgang Bezug nehmendes permanentes Linksfahren innerhalb einer Wegstrecke von mehreren Kilometern sehr wohl als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zu qualifizieren sein. Diese Annahme ist hier jedoch durch das Beweisverfahren nicht gedeckt. 

In diesem Kontext ist auf den Aufsatz von Terlitza, über Richtiges Fahrverhalten im Straßenverkehr, ZVR 1981, 227, hinzuweisen, worin weittragende Ansätze von Verkehrsproblemen angesprochen werden, deren Lösung er im Ergebnis vielfach in der Vernunft jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers erblickt. (vgl. h. Erk. v. 28.2.2005, VwSen-160258/7/Br/Wü).

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 20 Abs.2 StVO vorgenommene Strafzumessung mit 29 Euro vermag mit Blick auf den Strafrahmen jedenfalls ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Vielmehr ist diese Geldstrafe als überdurchschnittlich milde bemessen zu bezeichnen. Dies nicht zuletzt mit Blick auf das in der erlaubten Höchstgeschwindigkeit verbundene Schutzziel erhöhter abstrakter Gefährdungspotenziale. Dabei wird durch die jüngsten Entwicklungen der Klimaproblematik immer mehr auch der Aspekt der Vermeidung unnötigen Schadstoffausstoß in das Zentrum der Betrachtung zu rücken sein. Es sollte nicht übersehen werden, dass der Treibstoffverbrauch und die Lärmemission mit hohen Fahrgeschwindigkeiten überproportional ansteigt.

Dies durchaus in Beachtung des Strafmilderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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