Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150654/5/Re/Hue

Linz, 23.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des U M, M, J-F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 24. Mai 2007, Zl. BauR96-47-2007, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991, §§ 66 Abs. 4, 63 Abs. 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrens­gesetz 1991 iVm § 11 Abs. 1 Zustellgesetz

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wie aus dem erstbehördlichen Akt ersichtlich ist, wurde das angefochtene Straferkenntnis – da eine Zustellung mittels Einschreibebrief nicht erfolgreich war – durch die Regierung der O aufgrund eines Zustellersuchens der belangten Behörde gemäß des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen zunächst durch Übergabe an einen Ersatzzusteller am
13. Oktober 2007 an die damals bekannte Wohnanschrift des Berufungswerbers (Bw) in  K zuzustellen versucht.

 

Die Erstbehörde erhielt auf Anfrage vom Einwohnermeldeamt K am 12. November 2007 die Information, dass der Bw am 15. September 2007 an die Adresse  M, J F, verzogen sei. Nach einem weiteren Zustellersuchen an die Regierung der O erfolgte schließlich von dieser eine Zustellung des bekämpften Bescheides durch einen Postbediensteten durch

 

Einlegen in den Briefkasten an der Wohnanschrift des Bw in M gem. § 180 der deutschen Zivilprozessordnung am 4. März 2008.  

 

2. Auf eine entsprechende Anfrage hinsichtlich des Zustellvorganges und Wahrung des Parteiengehörs erhielt der Unabhängige Verwaltungssenat vom Bw mit Schreiben vom 23. Februar 2007 (richtig wohl: 23. April 2008!) eingelangt am 28. April 2008, folgende Antwort: "Die Gründe für die verspätet eingebrachte Berufung entnehmen sie bitte aus der Anlage (Berufung). Des Weiteren möchte ich ab sofort keine Post mehr von ihnen, bzw. der Asfinag oder der BH, bezüglich der Maut in meinem Briefkasten vorfinden, da ich mich nunmehr, seit über einem Jahr mit dieser Sache auseinander setzen muss, obwohl mich das alles überhaupt nicht betrifft. Außerdem wäre es längst an der Zeit die Person ausfindig zu machen, die für diese Sache zur Verantwortung gezogen werden kann, und das bin ich nicht, wie sie aus der Anlage entnehmen können. Für weitere Fragen wenden sie sich an die Firma J d R in L."

Als Beilage ist die Kopie der Berufung vom 21. März 2008 angeschlossen. Aus dieser ist im Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand zu entnehmen: "Ich nehme Bezug auf ihr Schreiben vom 24. Mai 2007, welches ich, wie bereits telefonisch mitgeteilt, erst am 13. März 2008 wegen 2fachen Umzug und aus Beruflichen Gründen erhalten habe."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Die gegenständliche Zustelladresse liegt in der Bundesrepublik Deutschland. 

 

Gem. § 11 Abs. 1 des in Österreich geltenden Zustellgesetzes sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden vorzunehmen.

 

Gemäß Art.10 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen werden Schriftstücke in Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. 

 

Gemäß § 9 der deutschen Postdienstverordnung, dBGBl. 1994 Teil I, werden gewöhnliche Briefsendungen durch Einlegen in eine für den Empfänger bestimmte und ausreichend aufnahmefähige Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen zugestellt. Ist die Zustellung nach Satz 1 wegen der Art oder des Umfangs dieser Briefsendung nicht möglich und wird ein nach § 8 Abs. 1 und 2 Berechtigter nicht angetroffen, sind gewöhnliche Briefsendungen den in Absatz 2 genannten Ersatzempfängern zu übergeben. Sofern keine der in Absatz 2 genannten Personen angetroffen wird, können gewöhnliche Briefsendungen Haus- oder Wohnungsnachbarn als weiteren Ersatzempfängern übergeben werden.

 

Gemäß § 9 Abs. 2 leg.cit. können eingeschriebene Briefsendungen Ersatz­empfängern übergeben werden, sofern keiner der nach § 8 Abs. 1 und 2 Berechtigten angetroffen wird. Ersatzempfänger für eingeschriebene Briefsendungen sind

1. Angehörige der nach § 8 Abs. 1 und 2 Berechtigten,

2. in der Wohnung oder im Geschäft des Empfängers angestellte Personen,

3. der Inhaber oder Vermieter der in der Anschrift angegebenen Wohnung.

 

§ 3 des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG, dBGBl. I 2005, 2354, (Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde) lautet:

"(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

 

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der (deutschen) Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden. "

 

§ 5 VwZG (Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis) lautet:

"(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokuments oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.

 

(2) Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken:

1. im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt,

2. .....

3. in Fällen der Ersatzzustellung  nach §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der Ersatzzustellung sowie wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung schriftlich mitgeteilt wurde. "

 

 

§ 178 (Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen) der deutschen Zivilprozessordnung - dZPO lautet:

"Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.         in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der  

            Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen

            Mitbewohner,

2.         in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,

3.         in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem           dazu ermächtigten Vertreter."

 

§ 180 (Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten) dZPO lautet:

"Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den  Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung."

 

 

§ 182 (Zustellungsurkunde) dZPO lautet:

"(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den § 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hiefür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

 

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.         die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,

2.         die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück

            übergeben      wurde,

3.         im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen        hat,

4.         im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung

           rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie       die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,

5.         im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und      dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den                      Absender zurückgesandt wurde,

6.         die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das             zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,

7.         den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die            Uhrzeit der Zustellung,

8.         Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des   

            beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde."

 

Wie bereits oben unter Punkt 1. ausgeführt, wurde das gegenständliche Straferkenntnis – da eine Zustellung mittels Einschreibebrief nicht erfolgreich war – durch die Regierung der Oberpfalz aufgrund des Zustellersuchens der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen gemäß des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen zugestellt, in dem das Straferkenntnis laut Postzustellungsurkunde am 4. März 2008 durch einen Postbediensteten der Deutschen Post AG an den Bw an seiner Adresse zu übergeben versucht wurde. Weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich war, wurde dieses vom Zusteller in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten am 4. März 2008 eingelegt. Dieser Vorgang stellt eine Zustellung durch Einlegen in den Briefkasten gem. § 180 der deutschen Zivilprozessordnung (dZPO) dar. Es ist somit von einem Beginn der Rechtsmittelfrist am 4. März 2008 auszugehen. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufung jedoch erst am 21. März 2008 per E-Mail eingebracht. Die Vorbringen in der Berufung bzw. in der Stellungnahme, datiert mit 23. Februar 2008, sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Zustellung in Frage zu stellen, zumal der Bw angibt, dass der Grund für die verspätet eingebrachte Berufung u.a. in einem zweifachen Wohnungswechsel liege. Aus den erstbehördlichen Unterlagen ist jedoch ersichtlich, dass der Bw zum Zeitpunkt des Zustellvorganges bereits 5,5 Monate an seiner derzeitigen Wohnadresse wohnhaft war. Die Verspätung der Berufung kann somit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit eventuellen Wohnungswechseln des Bw stehen.   

 

Darüber hinaus erfüllt die Postzustellungsurkunde die gesetzlichen Erfordernisse des § 182 dZPO und stellt diese sohin einen rechtsgültigen Zustellnachweis dar.

 

Da die daher gem. § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist nicht eingehalten wurde, war die Berufung ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen und nach Wahrung des Parteiengehörs, als verspätet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro [ab 1. Juli 2008: 220 Euro] zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

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