Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110834/3/Wim/Rd/Ps

Linz, 28.05.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des A S, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei H O B, A, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17.1.2008, VerkGe96-147-1-2007, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz  zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis        bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum     Berufungsverfahren den Betrag von 290,60 Euro, ds 20% der        verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17.1.2008, VerkGe96-147-1-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in M, S, am 14.8.2007 gegen 14.20 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8 bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen  und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: A S, M, S, Lenker: M Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt habe, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt worden sei.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass die zuständigen deutschen Behörden Anträge von Güterkraftverkehrsunternehmen auf Erteilung von Fahrerbescheinigungen für Fahrer türkischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in der Türkei, die im gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei eingesetzt werden, prinzipiell ablehnen. Der Bw habe insoweit keinen Anspruch auf die Erteilung von Fahrerbescheinigungen iSd Art.3, 6 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92. Da zwischen der EG und der Türkei als Drittland bislang kein Abkommen existiere, das die Anwendung der VO 881/92 zum Gegenstand hätte, finde die Verordnung auf den Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei keine Anwendung. Insbesondere gelten deshalb auch die Vorschriften über die Gemeinschaftslizenz und die Fahrerbescheinigung nicht. Vielmehr sei für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei eine CEMT-Genehmigung erforderlich und auch ausreichend. Da für Verkehre, die aufgrund der Grundlage einer CEMT-Genehmigung durchgeführt werden, nicht parallel noch eine EU-Lizenz notwendig ist, sei schon aus diesem Grunde keine Fahrerbescheinigung notwendig.

Des Weiteren wurde auch noch ausführlich auf die Stillhalteklausel in Art.41 des Zusatzprotokolls des Assoziationsabkommens zwischen der EWG und der Türkei hingewiesen. Darüber hinaus dürfe aber auch die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Bw nicht außer Acht gelassen werden, für den Fall, dass der Bw nur Fahrer mit den entsprechenden Fahrerbescheinigungen einsetzen dürfe. Der Bw  wäre in diesem Fall zur Einstellung seiner unternehmerischen Tätigkeiten gezwungen. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

4. Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 14.8.2007 gegen 14.20 Uhr hat der Bw als Unternehmer eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Güterbeförderung durch den Lenker M Ö (Staatsangehörigkeit: Türkei), und zwar von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchführen lassen, ohne dafür gesorgt zu haben, dass der Lenker eine Fahrerbescheinigung mitführt.

Anlässlich der Amtshandlung wurde den Kontrollbeamten durch den Lenker eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. D, ausgestellt auf A S, T, S (gültig vom 26.3.2007 bis zum 6.1.2009), ein Frachtbrief sowie zwei Fahrzeugscheine, vorgewiesen. Hingegen konnte vom Lenker weder eine CEMT-Genehmigung noch eine Fahrerbescheinigung vorgewiesen werden.  

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbe­scheinigungen mitgeführt werden.

 

Strafbar ist nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist  diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, diese Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 anzuwenden.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 (kurz: EU-VO genannt), unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß  Art.3 Abs.3 EU-VO wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.   

 

5.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes wurde der gewerbliche Gütertransport unter Verwendung einer gültigen Gemeinschaftslizenz – eine gültige beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz wurde mitgeführt und vorgewiesen – durchgeführt, allerdings wurde die Fahrt durch einen türkischen Staatsangehörigen als Lenker vorgenommen und bestand eine Fahrerbescheinigung für diesen Lenker nicht. Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt, weil nach den obzitierten Bestimmungen bei Verwendung eines Fahrers, welcher Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, der grenzüberschreitende Güterverkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt und sohin der Bw als Unternehmer dafür zu sorgen gehabt hätte, dass vom eingesetzten Lenker eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

 

Diese Übertretung hat der Bw aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und reicht daher fahrlässige Tatbegehung, die vermutet wird, für eine Strafbarkeit aus. Eine Entlastung ist dem Bw hingegen nicht gelungen. Insbesondere hat der Bw kein Vorbringen gemacht, welche Maßnahmen er getroffen hat, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften erwarten lassen.

Da gegen den Bw bereits zahlreiche Verwaltungsstrafverfahren anhängig waren, muss er Kenntnis davon haben, dass eine Fahrerbescheinigung vonnöten ist und auch mitzuführen ist. Im Übrigen ist ihm die Erforderlichkeit auch bekannt und hat der Bw offenkundig zum einen ein entsprechendes Ansuchen an die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr, Baurechtsamt, gerichtet und zum anderen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Verwaltungsgericht Hamburg, welcher jedoch mit Beschluss vom 15.8.2003 abgelehnt wurde, gestellt. Aus seinen zahlreichen grenzüberschreitenden Fahrten muss er Kenntnis über die Vorgangsweise der EU-Länder haben und hätte er entsprechende rechtliche Schritte, nötigenfalls auch Rechtsmittel in Deutschland zur Ausstellung einer Fahrerbescheinigung ergreifen müssen. Dass er solches angestrebt hat, wird von ihm nicht behauptet, vielmehr begründet er seine diesbezügliche Untätigkeit mit der zu drohenden Erfolglosigkeit. Es hat der Bw somit auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, dass ein gewerblicher Gütertransport über die Grenze durch einen türkischen Lenker ohne Fahrerbescheinigung vorgenommen wurde.

 

5.3. Wenn der Bw in seiner Berufung vermeint, dass Firmen mit Agenturverträgen – wie im gegenständlichen Fall mit der Firma B – nicht unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 fallen, ist zum einen auf das jüngst ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 13.9.2007, BVerwG 3 C 49.06, VGH 2 UE 2037/05, hinzuweisen. Diesem Urteil liegt ein dem Beschwerdefall gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde. Unter Hinweis auf die Bestimmung des Art.3 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 ist Voraussetzung für die Erteilung der Bescheinigung, dass der Fahrer rechtmäßig beschäftigt ist oder rechtmäßig eingesetzt wird, wobei letzteres heißt, dass er gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt wird, die in Deutschland für die Beschäftigung solcher Fahrer durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt wurden. In Randnummer 13ff legt das Bundesverwaltungsgericht ausführlich und nachvollziehbar dar, dass die Erlaubnispflicht für die Überlassung des türkischen Fahrers durch die türkische Tochterfirma nicht wegen der besonderen Stellung entfällt, die türkische Arbeitnehmer im Hinblick auf das Assoziierungsabkommen EWG – Türkei genießen. Ebenso wenig scheidet eine Erlaubnispflicht deswegen aus, weil das dem Einsatz des Fahrers zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren wäre. Es wird dargelegt, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor der Stillhalteklausel des Zusatzprotokolls in Kraft getreten ist. Auch sieht das Bundesverwaltungsgericht in der Erstattung der Personalkosten und dem durch die Verleihtätigkeit mittelbar zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteil Gewerbsmäßigkeit gegeben. Das Konzernprivileg hingegen kommt nicht zum Tragen, weil wesentlicher Inhalt  der Arbeitsverhältnisse ist, dauerhaft für die deutsche Firma zu arbeiten, weshalb eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu verneinen ist. Leistet ein Lenker eine Arbeit dauerhaft in einem in Deutschland ansässigen Unternehmen, liegt es nahe, dass mit dieser Gestaltung die inländischen arbeits- und sozialrechtlichen Standards unterlaufen werden sollen, die im Falle einer Anstellung im Inland gelten würde. Gerade dies soll durch die Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verhindert werden. "Die gewählte Gestaltung läuft auch dem Zweck der EG-Bestimmungen zur Fahrerbescheinigung zuwider, die erklärtermaßen ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und zu niedrigen Löhnen und daraus resultierenden Gefährdungen der Verkehrssicherheit und Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken sollen (vgl. Erhebungsgründe 6 und 7 zu der Verordnung [EG] Nr. 484/2002)".

Zum anderen hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 26.3.2008, Zl. 2007/03/0221, zu den vom Bw erhobenen Einwendungen in einem gleichgelagerten Fall sehr ausführlich und richtungsweisend geäußert. Unter anderem heißt es dort:

"Was 'grenzüberschreitender Verkehr' im Sinne von Art.1 Abs.1 bzw Art.3 Abs.1 VO bedeutet, wird in Art.2 festgelegt. Danach gelten als 'grenzüberschreitender Verkehr' im Sinne dieser Verordnung nicht nur Fahrten eines Fahrzeuges, bei denen sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, sondern auch Fahrten eines Fahrzeuges, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland (oder umgekehrt) befindet, sowie auch Fahrten eines Fahrzeugs zwischen Drittländern mit Durchfahrt durch das Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten.

Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung ist nächst festzuhalten, dass hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Güterbeförderung (von der Türkei nach Holland) ein 'grenzüberschreitender Verkehr' im Sinne von Art.2 VO vorliegt, der somit gemäß Art.1 Abs.1 und 2 leg.cit. jedenfalls hinsichtlich der innerhalb Österreichs zurückgelegten Wegstrecke der genannten Verordnung unterliegt: In Österreich fand keine Be- oder Entladung statt, weshalb die Regelung nach Art.1 Abs.2 leg.cit. diesbezüglich nicht zum Tragen kommt.

...

Die Regelung nach Art.1 Abs.2 VO stellt also insofern die Ausnahme von der durch die Verordnung grundsätzlich zu bewirkenden innergemeinschaftlichen Dienstleistungsfreiheit dar, führt aber nicht dazu, dass bei Transporten, die über mehrere Mitgliedstaaten in ein Drittland führen, entgegen der Regelung des Art.1 Abs.1 VO die genannte Verordnung gar nicht anzuwenden wäre.

Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird schließlich noch dadurch unterstrichen, dass bei anderer Lesart der Anwendungsbereich für die durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 eingeführte Fahrerbescheinigung ein sehr schmaler wäre, was im Gegensatz zu den dargestellten Erwägungsgründen stehen dürfte: Ziel der zuletzt erwähnten Verordnung sei es doch gewesen, den Einsatz von 'regelwidrig' – 'in ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und zu niedrigen Löhnen' – beschäftigten Fahrern einzudämmen, was nicht nur der Verkehrssicherheit, sondern vor allem auch dem Wettbewerb zwischen den Verkehrsunternehmen zu Gute komme. Wäre nun bei einer Beförderung nach einem Drittland der innergemeinschaftliche Verkehr generell nicht von der Neuregelung erfasst, hätte dies zur Konsequenz, dass gerade für den Einsatz von Fahrern aus Drittländern 'anfällige' Fälle, also Transporte von dem oder in den Heimatstaat des Fahrers nicht erfasst wären; angesichts der dargestellten Erwägungen kann ein solches Ergebnis dem Normsetzer nicht zugesonnen werden.

....

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat in seinem über ein Vorabentscheidungsersuchen des deutschen Bundessozialgerichts ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003, Rs C-317/01, Rs C-369/01, ausgeführt, dass Art.13 des Beschlusses Nr.1/80 auf türkische Staatsangehörige nur dann anzuwenden ist, wenn diese sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats nicht nur ordnungsgemäß, sondern auch während eines hinreichend langen Zeitraumes aufhalten, um sich dort schrittweise integrieren zu können.

Handelt es sich also um Fernfahrer türkischer Staatsangehörigkeit, die bei einem Unternehmen in der Türkei angestellt sind, deren Familien in der Türkei wohnen und die sich nur im Mitgliedstaat aufhalten, um aus der Türkei stammende Waren  dorthin einzuführen und dort zu entladen oder dort Waren aufzunehmen, um sie in die Türkei zu befördern und die nach jeder Fahrt in die Türkei zurückkehren, wo sie mit ihrer Familie wohnen und das Unternehmen, bei dem sie beschäftigt sind und von dem sie entlohnt werden, seinen Sitz hat, fehle es an der Absicht, sich in dem Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats zu integrieren, weshalb Art.13 des Beschlusses Nr. 1/80 auf eine derartige Situation nicht anzuwenden sei (Rn 89ff).

Hingegen ist nach dem erwähnten Urteil Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls auf grenzüberschreitende Gütertransporte aus der Türkei auf der Straße anzuwenden, wenn Leistungen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erbracht werden. Es können sich auf Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls nicht nur Unternehmen mit Sitz in der Türkei, die Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat erbringen, sondern auch die Beschäftigten solcher Unternehmen berufen, um sich gegen eine neue Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu wenden. Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls verbietet es, im nationalen Recht eines Mitgliedstaats für die Erbringung von Dienstleistungen im Inland durch ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei den Besitz einer Arbeitserlaubnis vorzuschreiben, wenn eine solche Arbeitserlaubnis nicht bereits beim Inkrafttreten dieses Zusatzprotokolls erforderlich war.

...

Entscheidend für die Vereinbarkeit mit Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls ist vielmehr, ob durch die innerstaatlichen Normen ('Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge', vgl. Art.3 Abs.3 VO) weitergehende Beschränkungen für den Einsatz türkischer Fernfahrer festgelegt wurden, als sie bei Inkrafttreten von Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls (in Deutschland nach der Ratifizierung durch den Bundestag am 1. Jänner 1973 in Kraft getreten) bestanden haben."

 

Diesbezüglich wird daher auf das oben zitierte Urteil des Bundesverwaltungs­gerichts­hofes vom 13.9.2007, BVerwG 3 C 49.06, VGH 2 UE 2037/05, hingewiesen, wonach das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor der Stillhalteklausel des Zusatzprotokolls in Kraft getreten ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Bw, der für den gegenständlichen Transport einen drittstaatsangehörigen Fahrer eingesetzt hat, gemäß Art.6 Abs.3 und 4 VO verpflichtet war, dem Fahrer die entsprechende Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen.

 

Auch wirkt die vom Bw erst im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegte CEMT-Genehmigung nicht schuldbefreiend. Zum einen wurde anlässlich der Anhaltung keine CEMT-Genehmigung vorgewiesen und zum anderen ist aus der nachträglich vorgelegten CEMT-Genehmigung ersichtlich, dass diese sowohl in Österreich als auch in Italien und in Griechenland keine Gültigkeit besitzt. Es wurde daher erwiesenermaßen die gegenständliche Güterbeförderung mittels mitgeführter und vorgewiesener Gemeinschaftslizenz durchgeführt und hätte daher – da ein drittstaatsangehöriger Lenker zum Einsatz gekommen ist – der Bw dafür zu sorgen gehabt, dass vom eingesetzten Lenker eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

 

5.4. Zur Strafbemessung wird Nachstehendes ausgeführt:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei  der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Diesen Ausführungen wurde auch in der Berufung nichts entgegengesetzt und wurden keine bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Umstände vorgebracht. Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Verwaltungs­übertretung und auf das Verschulden hingewiesen, insbesondere ist darauf Bedacht zu nehmen, dass mangels einer Fahrerbescheinigung eine Kontrollmöglichkeit grenzüberschreitender Transporte eingeschränkt wird. Es wurde gegen den Bw die Mindeststrafe verhängt. Angesichts des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat ist diese gerechtfertigt und war zu bestätigen. Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist. Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Bw nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen. 

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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